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Gericht: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 18.06.2008
Aktenzeichen: 3 K 102/07
Rechtsgebiete: StromStG, AO


Vorschriften:

StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3
AO § 172 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern

3 K 102/07

Stromsteuer

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 3. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2008 unter Mitwirkung

des Präsidenten des Finanzgerichts ... als Vorsitzenden, des Richters am Finanzgericht ... und ... der Richterin am Finanzgericht ... sowie der ehrenamtlichen Richter Herr ... und Frau ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 610.361,00 EUR.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Blockheizkraftwerke (im Folgenden BHKW) der Klägerin als eine Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz (StromStG) zu beurteilen und folglich steuerbefreit sind.

Die Klägerin betreibt am Standort "xxx in xxx das BHKW-Nord mit 4 Kraft-Wärme-Kopplungsmodulen (im Folgenden KWK-Module) und am Standort xxx in xxx das BHKW-Süd mit 3 KWK-Modulen. Im BHKW-Nord befinden sich 4 technisch identische Module vom Typ JMS 612 GS-NLS mit einer elektrischen Nennleistung von 1,069 bzw. 1,055 MW. Im BHKW-Süd befinden sich 3 technisch identische KWK-Module vom Typ TBG 441 DV 16 mit einer elektrischen Nennleistung von je 1,938 MW. Im BHKW-Nord befinden sich darüberhinaus 2 Heizkesselanlagen zur Erzeugung von Wärme und im BHKW-Süd 3 Heizkesselanlagen zur Erzeugung von Wärme. Jedes einzelne KWK-Modul besteht im Wesentlichen aus einem 4-Takt-Otto-Gas-Motor und einem an den Motor angeschlossenen Generator. Der Motor wird mit Erdgas angetrieben und erzeugt Kraft und Wärme. Die Kraft wird vollständig zum Antrieb des Generators eingesetzt, während die Wärme dem Kühlwasser, dem Motoröl sowie dem vom Verbrennungsmotor abgegebenen Abgas über sogenannte Wärmetauscher entnommen und auf den Fernwärmeträger (Wasser) übertragen wird. Die über die Wärmetauscher auf den Fernwärmeträger übertragene Wärme wird über eine selbständige Heizkreispumpe und Rohrleitungen der Fernwärmesammelleitung dem öffentlichen Fernwärmeversorgungsnetz zugeführt. Vor dem Abgas-Wärmetauscher ist ein Schalldämpfer sowie ein Katalysator und nach dem Abgas-Wärmetauscher nochmals ein Schalldämpfer angebracht. Das Abgas wird über ein separates Abgasrohr, dass zusammen mit den Abgasrohren der anderen KWK-Module von einem Tragrohr ummantelt ist, in die Umgebung abgegeben. Jedes KWK-Modul wird über einen separaten Schaltschrank gesteuert. Die separate Steuerung ermöglicht einen vollständig selbständigen Betrieb jeder einzelnen Anlage. Für jedes KWK-Modul wird über eine separate Messeinrichtung, die Erdgaszufuhr, die Stromerzeugung sowie die Wärmeabgabe gemessen.

Neben jedem BHKW ist eine Gasdruckregelstation errichtet worden, über die das Erdgas aus einer Hochdruckleitung entnommen und auf Mitteldruck entspannt wird. Die Hochdruckleitung und die Gasdruckregelstation sind Bestandteile des öffentlichen Erdgasversorgungsnetzes. Das auf Mitteldruck entspannte Erdgas wird über eine jeweilige Hausanschlussleitung in die Gebäude und sodann innerhalb der Gebäude an die einzelnen KWK-Module zugeführt.

Der in den Generatoren erzeugte Strom wird jeweils über separate Leitungen und Transformatoren nach Umspannung in das Mittelspannungsnetz der Klägerin eingespeist. Sämtliche Stromerzeugungsanlagen sind technisch selbständig, sie können vollständig unabhängig voneinander betrieben werden.

Sowohl die KWK-Module am BHKW-Nord als auch die KWK-Module am BHKW-Süd sind jeweils von einem Gebäude umgeben.

Die Stromsteueranmeldung der Klägerin für das Jahr 2002 ging am 26. Mai 2003 beim Beklagten ein. Darin errechnete die Klägerin eine Stromsteuer i. H. v. 1.283.659,75 EUR. Eine Veranlagung erfolgte zunächst nicht. Der Beklagte führte in der Zeit vom 12. Juni bis zum 29. Oktober 2003 mit Unterbrechungen eine Außenprüfung bei der Klägerin für die Stromsteuer 2002 durch. Der Beklagte setzte durch Stromsteuerbescheid vom 09. Dezember 2003 die Stromsteuer auf 1.278.052,44 EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) fest. Durch weiteren Bescheid vom 09. Dezember 2003 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Am 27. Mai 2004 reichte die Klägerin eine berichtigte Stromsteueranmeldung für das Jahr 2002 beim Beklagten ein. Dieser legte dann die geänderte Stromsteueranmeldung für das Jahr 2002 als Änderungsantrag gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO aus und setzte durch Bescheid vom 11. Juni 2004 die Stromsteuer antragsgemäß auf 1.284.705,14 EUR herauf. Dieser Bescheid enthält keinen Vorbehalt der Nachprüfung.

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2004, eingegangen beim Beklagten am 28. Dezember 2004 beantragte die Klägerin die Berichtigung der Stromsteuerfestsetzung für 2002 hinsichtlich der in dem BHKW-Süd und dem BHKW-Nord erzeugten Strommengen. Die Klägerin beantragte die Herabsetzung der Stromsteuer auf 1.094.113,82 EUR.

Durch Bescheid vom 06. Juni 2005 legte der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 27. Dezember 2004 als einen solchen nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO aus und lehnte diesen ab.

Zur Begründung führte er aus, unter Berücksichtigung der technischen Gegebenheiten betrage die elektrische Nennleistung des BHKW-Nord 4,248 MW und die des BHKW-Süd 5,814 MW. Der in dem jeweiligen BHKW erzeugte und im räumlichen Zusammenhang geleistete Strom sei somit nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG von der Stromsteuer befreit, da der Strom nicht in einer Anlage bis 2 MW erzeugt worden sei.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2005 legte die Klägerin Einspruch ein und führte zur Begründung aus, das aufgrund der technischen Voraussetzungen in den jeweiligen BHKW die Stromerzeugungsanlagen getrennt betrieben würden. Dies zeige sich u.a. auch darin, dass aus wirtschaftlichen Gründen jedes einzelne KWK-Modul abgeschaltet werden könne. Auch sei zu berücksichtigen, dass jedes KWK-Modul über einen Leasing-Vertrag finanziert werde und folglich mobil sein müsse. Außerdem verwies die Klägerin auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. April 2004 (VII R 57/03, BFH/NV 2005, 578).

Die Stromsteueranmeldung für 2003 der Klägerin ging am 27. Mai 2004 beim Beklagten ein. Darin errechnete die Klägerin eine Stromsteuer i. H. v. 1.920.091,08 EUR. Der Beklagte führte in der Zeit vom 14. Juni bis zum 07. Oktober 2004 mit Unterbrechungen eine Außenprüfung bei der Klägerin für die Stromsteuer 2003 durch. Der Beklagte erließ am 09. November 2004 einen Stromsteuerbescheid für das Kalenderjahr 2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 2 AO und setzte die Stromsteuer auf 1.937.361,56 EUR fest.

Durch weiteren Bescheid vom 09. November 2004 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der Beklagte erließ am 28. April 2005 einen geänderten Stromsteuerbescheid für das Kalenderjahr 2003 gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO, mit dem er die Stromsteuer auf 1.974.399,96 EUR festsetzte. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass die Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Am 30. Mai 2005 ging eine geänderte Stromsteueranmeldung für 2003 der Klägerin ging beim Beklagten ein. Darin errechnete die Klägerin eine Stromsteuer i. H. v. 1.931.991,71 EUR. Der Beklagte erließ am 27. Juni 2005 einen erneut geänderten Stromsteuerbescheid und setzte gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO die Stromsteuer auf 1.969.039,04 EUR fest. Dabei behandelte er die eingereichte geänderte Stromsteueranmeldung als Antrag der Klägerin nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO. Am 21. Juli 2005 legte die Klägerin Einspruch gegen den Stromsteuerbescheid vom 27. Juni 2005 mit der Begründung ein, dass die in dem BHKW-Süd und in dem BHKW-Nord erzeugten Strommengen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG von der Stromsteuer befreit seien.

Am 30. Mai 2005 gab die Klägerin die Stromsteueranmeldung 2004 ab und errechnete eine Stromsteuer i. H. v. 1.973.045,19 EUR. Durch Stromsteuerbescheid vom 07. Juni 2005 setzte der Beklagte hiervon abweichend die Stromsteuer auf 1.973.045,16 EUR fest. Die Festsetzung stand gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Schreiben vom 23. Juni 2005 legte die Klägerin Einspruch unter Hinweis auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ein.

Der Beklagte führte in der Zeit vom 29. Juni bis zum 22. November 2005 bei der Klägerin mit Unterbrechungen eine Außenprüfung für die Stromsteuer 2004 durch. Durch geänderten Stromsteuerbescheid vom 12. Januar 2006, der gemäß § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde, setzte der Beklagte die Stromsteuer 2004 auf 1.980.135,58 EUR fest. Durch Bescheid vom 12. Januar 2006 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Durch erneut geänderten Stromsteuerbescheid vom 06. Juli 2006, der gemäß § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde, setzte der Beklagte die Stromsteuer 2004 auf 1.986.285,04 EUR fest.

Durch Einspruchsentscheidungen vom 07. Februar 2007 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG Strom von der Steuer befreit sei, wenn er in Anlagen mit einer Nennleistung von bis zu 2 MW erzeugt und im räumlichen Zusammenhang mit dieser Anlage entnommen und von demjenigen, der die Anlage betreibe oder betreiben lasse, geleistet werde. Der Begriff der Anlage sei im StromStG nicht definiert. Die Frage, ob es sich um eine einzelne oder mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom handele, sei in jedem Einzelfalle nach dem Gesamtbild der technischen Gegebenheiten auf der Grundlage von sachlichen Abgrenzungskriterien zu beurteilen. Die Klägerin betreibe 2 BHKW, in dem sich die KWK-Module in jeweils einem Raum befänden. Die Erdgasversorgung der KWK-Module erfolge über eine gemeinsame Gasdruckregelstation. Für die in den KWK-Modulen erzeugte Wärme werde ein gemeinsames Rohrleitungssystem genutzt. Die KWK-Module seien an eine gemeinsame Rohrleitung angeschlossen. Diese technischen Gegebenheiten führten dazu, dass es sich hier jeweils bei jedem BHKW um eine Anlage im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG handele.

Die Klägerin hat am 07. März 2007 Klage erhoben und führt zur Begründung aus, dass die einzelnen KWK-Module jeweils eine Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG seien. Das StromStG definiere den Begriff der "Anlage" nicht, jedoch sei auf § 2 Nr. 7 StromStG zu verweisen, der Strom aus Wasserkraftwerken mit einer installierten Generatorenleistung von über 10 MW von der Steuer befreie. Die Verwendung unterschiedlicher Begriffe belege, dass auch von einem unterschiedlichen Regelungsgehalt auszugehen sei. Hiernach sei bei Wasserkraftwerken, die in einem Kraftwerk insgesamt installierte Generatorenleistung maßgebend, sodass in einem Wasserkraftwerk mehrere Stromerzeugungsanlagen installiert worden sein könnten, deren Einzelleistungen zusammenzuaddieren seien. Verwende der Gesetzgeber nun an anderer Stelle des StromStG nicht den Begriff Kraftwerk, sondern den Begriff der Anlage, bringe er zum Ausdruck, dass eine Zusammenfassung von Anlagen, die innerhalb eines Kraftwerks installiert worden seien, an dieser Gesetzesstelle gerade nicht gewollt sei. Eine Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG sei mithin die kleinste selbständige Einheit zur Stromerzeugung. Dieses Verständnis von dem Begriff der Anlage ergebe sich auch aus anderen Gesetzen, wie dem Emmissionsschutzrecht, dem Emmisionshandelsrecht sowie dem Gesetz für die Erhaltung, Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, KWKG 2002). So sei in § 3 Abs. 3 des KWKG 2002 bestimmt, dass kleine KWK-Anlagen, Anlagen nach Abs. 2 mit Ausnahme von Brennstoffzellen-Anlagen, mit einer elektrischen Leistung von bis zu 2 MW, seien. Mehrere unmittelbar miteinander verbundene kleine KWK-Anlagen an einem Standort gelten als eine KWK-Anlage.

Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der Anlage mehrere Anlagen umfassen solle, biete § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nicht. Denn im Gegensatz zu anderen anlagenbezogenen Gesetzen fehle im Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG jeder Hinweis auf eine gesetzliche Fiktion der Zusammenfassung mehrerer Anlagen zu einer. Hinzuweisen sei auch auf die Gesetzeshistorie. Es widerspreche dem Willen des Gesetzgebers bei der Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 9 StromStG, wenn nunmehr die Regelung in unzulässiger Weise eng auf die elektrische Nennleistung mehrerer Anlagen insgesamt bezogen würde. Hätte der Gesetzgeber hingegen den Anlagenbegriff im StromStG auch im Sinne einer Fiktion über die Zusammenfassung mehrerer Anlagen zu einer Anlage normieren wollen, so hätte er zwischenzeitlich das entsprechende Gesetz ergänzen können. Dass er dies nicht getan habe, lasse allein den Schluss zu, dass im Falle des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG gerade keine Fiktion einer Zusammenfassung gelten solle.

Auch die Finanzverwaltung ginge in ihrem Erlass vom 18. Oktober 2004 (III A 1 - V 4250 -9/04, [...]) davon aus, dass mehrere KWK-Module zu einer Anlage zusammenzufassen seien. Jedoch sei dieser Erlass keinesfalls so zu verstehen, dass unabhängig vom Ergebnis einer Einzelfallbetrachtung stets eine zusammengefasste Anlage anzunehmen sei. Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe habe nach dem Bericht vom 08. Mai 2006 (V 4250 B - 127, 148/06 - Z 312) das Bundesministerium der Finanzen (BMF) gebeten mitzuteilen, ob ein BHKW, welches aus mehreren Motoren-Generator-Einheiten bestehe, stromsteuerrechtlich als eine Einheit oder aber als mehrere Einheiten zu betrachten seien. Das BMF habe in seiner Antwort vom 06. Juli 2006 (III A 1 - V 4250/05/0003) mitgeteilt, dass es dieser Sichtweise nicht folge. Ausschlaggebend sei, ob die Module in einem Raum bzw. in einem Gebäude untergebracht seien und somit letztlich eine Funktion erfüllen würden. Die Gesamtheit aller Module könne mithin als ein Kraftwerk bezeichnet werden. Dieser Rechtsauffassung des BMF sei jedoch erst durch § 12 a der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (Stromsteuer-Durchführungsverordnung - StromStV -) Rechnung getragen worden. Der § 12 a StromStV sei jedoch erst durch die Verordnung vom 31. Juli 2006 (BGBl. I S. 1753) mit Wirkung vom 04. August 2006 eingeführt worden und könne mithin aus Rechtsstaatsgesichtspunkten keine Rückwirkung auf die Streitjahre entfalten.

Im Übrigen habe der Verordnungsgeber durch § 12 a StromStV den Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nicht lediglich klargestellt, sondern mit der Einführung des § 12 a StromStV eine fiskalisch motivierte verengende Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG erreichen wollen. Der § 12 a StromStV sei mithin von der gesetzlichen Ermächtigung in § 11 Nr. 8 StromStG nicht gedeckt, da diese nur Verordnungen zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, zur Verfahrensvereinfachung und zur Vermeidung unangemessener wirtschaftlicher Belastungen zulasse.

Auch die Änderung des Stromsteuerbescheides für das Streitjahr 2002 sei rechtlich noch möglich. Bei dem Antrag der Klägerin vom 27. Dezember 2004 handele es sich um einen Antrag nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO und nicht um einen Antrag nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO. Zwar enthalte der Steueränderungsbescheid für 2002 vom 11. Juni 2004 keinen ausdrücklichen Vorbehalt i.S.d. § 164 Abs. 1 AO, es genüge jedoch der im Bescheid vom 09. Dezember 2003 insoweit festgesetzte Vorbehalt, auch wenn er im Bescheid vom 11. Juni 2004 nicht ausdrücklich wiederholt werde. Sollte der § 164 Abs. 2 Satz 2 AO als Rechtsgrundlage des Änderungsantrages ausscheiden und stattdessen § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO einschlägig sein, führe dies zu keiner anderen Betrachtung. Nach dieser Vorschrift habe der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen, in der Sache erneut zu entscheiden oder eine neue Sachentscheidung zu unterlassen, fehlerfrei ausgeübt, indem er sich für eine erneute Sachentscheidung entschieden habe. An dieser fehlerfreien Ermessenausübung müsse sich der Beklagte festhalten lassen, sodass ein Anspruch der Klägerin auf Änderung der Steuerfestsetzung bestehe.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 06. Juni 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. Februar 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Stromsteuer für 2002 auf 1.100.766,53 EUR herabzusetzen,

den Ablehnungsbescheid vom 27. Juni 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. Februar 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Stromsteuer für 2003 auf 1.750.066,24 EUR herabzusetzen und abweichend von dem Bescheid vom 06. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. Februar 2007 die Stromsteuer für 2004 auf 1.778.835,29 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen aus, dass durch die einzelnen KWK-Module an ihrem jeweiligen Standort in einem Raum befinden würden, die Erdgasversorgung über eine gemeinsame Gasdruckregelstation erfolge sowie die Wärmeweiterleitung über ein gemeinsames Rohrleitungssystem erfolge. Die KWK-Module seien daher, an ihren jeweiligen Standorten, zu einer Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zusammenzufassen. Die Möglichkeit einer getrennten technischen Fahrweise gewährleiste lediglich die Aufrechterhaltung der Strom- und Wärmeerzeugung des BHKW-Nord und des BHKW-Süd während der Durchführung von Wartungsarbeiten bzw. Störungen. Im Übrigen werde auf § 12 a Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) verwiesen. Weiterhin führt der Beklagte aus, dass der Gesetzgeber den Begriff der Anlage lediglich verwendet habe, um nicht sämtliche technische Möglichkeiten der Stromerzeugung einzeln aufzählen zu müssen. Unter einer Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG sei daher nicht die kleinste selbständige Einheit zur Stromerzeugung zu verstehen. Das StromStG sei insofern gegenüber den von der Klägerin vergleichsweise bemühten Gesetzen lex speciales.

Die Klägerin unterhalte mithin 2 Anlagen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG, die nicht die Voraussetzungen des Gesetzes erfüllen.

Dem Gericht lag 1 Band Akten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 100 Abs. 1 Satz 1, 101 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat im Ergebnis zu Recht die Änderung der angefochtenen Stromsteuerbescheide abgelehnt.

1. Kalenderjahr 2004

Die KWK-Module des BHKW-Nord und des BHKW-Süd der Klägerin sind keine Anlagen, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG begünstigt sind. Vielmehr handelt es sich bei den jeweiligen KWK-Modulen nur um Teile einer Anlage, in der Strom erzeugt wird.

Die hier streitige Steuerbefreiung richtet sich nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) StromStG. Danach ist Strom von der Steuer befreit, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 MW erzeugt wird und von demjenigen, der die Anlagen betreibt oder betreiben lässt, an Letztverbraucher geleistet wird, die den Strom im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage entnehmen.

Bei der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die eine Befreiung von der grundsätzlichen Stromsteuerpflicht vorsieht und schon deshalb eng auszulegen ist (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 06. Februar 2008 4 K 3703/06 VSt, [...]). Für die Annahme, dass lediglich kleinere Anlagen von der Stromsteuerpflicht ausgenommen werden sollten, spricht § 2 Nr. 2 StromStG, der als Eigenerzeuger in dem hier interessierenden Zusammenhang nur diejenigen bezeichnet, die Anlagen zur Erzeugung von Strom mit einer Nennleistung von nicht mehr als 2 MW erzeugen. Da die Stromsteuer bei Eigenerzeugern nach § 5 Abs. 1 Satz 2 StromStG durch die Entnahme zum Selbstverbrauch entsteht, hat die dem Begriff des Eigenerzeugers einengende Bestimmung des § 2 Nr. 2 StromStG zur Folge, dass Betreiber derartiger Anlagen von der Stromsteuerpflicht ausgenommen sind.

Werden demnach nur Kleinanlagen von einer Nennleistung von bis zu 2 MW von der Stromsteuerpflicht ausgenommen, muss eine Anlage, wie die von der Klägerin betriebenen BHKW, deren Strom- und Wärmeerzeugung mit gemeinsamen Zu- und Ableitungen zur gemeinsamen Versorgung des nahen Wohngebietes abgegeben werden, von der Steuerbefreiung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ausgenommen bleiben, da ihre Nennleistung jeweils über 2 MW liegt. Das jedes BHKW der Klägerin aus mehreren KWK-Modulen mit einer Nennleistung jeweils unter 2 MW liegt, die getrennt gesteuert und versorgt werden, ist insofern unerheblich.

Die Annahme einer die Nennleistung von 2 MW übersteigenden Anlage ergibt sich nicht nur aus dem gemeinsamen Betrieb mit jeweils einer gemeinsamen Gaszuleitung und einer gemeinsamen Strom- und Wärmeableitung in dem zu versorgenden Stadtteil, sondern auch aus den gemeinsamen Standorten in einer Halle. Auch dieser beweist das Vorliegen einer einzigen Anlage. Insoweit stellt der erst mit Wirkung zum 04. August 2006 durch Art. 2 Nr. 11 der Verordnung zur Durchführung energiesteuerrechtlicher Regelungen und zur Änderung der StromStV vom 31. Juli 2006 geschaffene § 12 a StromStV eine Bestimmung dar, die im Rahmen der Ermächtigung des § 11 Nr. 8 Buchst. a) StromStG nur den Begriff der Anlage im § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG in zulässiger Weise einengt.

Die Richtigkeit der Auslegung des Beklagten ergibt sich zudem aus folgenden Überlegungen. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Steuerbefreiung nach § 9 Abs.1 Nr. 3 StromStG eine Förderung der dezentralen Stromversorgung sowie des sogenannten Contracting. Ferner wollte der Gesetzgeber Verwaltungsaufwand bei Kleinanlagen einsparen, indem er diese von der Steuer befreite (vgl. Teichner in Teichner/Alexander/Reiche, § 9 StromStG, Rz. 6, 6 a). Der Begriff der Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG verfolgt somit einen stromsteuerspezifischen Sozialzweck. Die von der Klägerin vergleichsweise bemühten Gesetze sind daher nicht einschlägig für die Auslegung des Begriffs der Anlage im StromStG.

Nach Auffassung der Verwaltung ist der Begriff der Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG eng auszulegen und nach dem Gesamtbild der Anlage zu entscheiden. Dieser Auffassung ist insofern zu folgen, als dass der Begriff der Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ein Typusbegriff ist. Um Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zu erfüllen, kann der Begriff der Anlage nicht durch einen abschließenden Katalog unabdingbarer Merkmale umschrieben werden, sowie es die Klägerin versucht, wenn sie meint, eine Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG sei immer die kleinste selbständige Einheit. Der Begriff der Anlage ist allein schon deshalb ein Typusbegriff, weil unter dem Begriff der Anlage die verschiedensten Einrichtungen unterschiedlichster Stromerzeugungsarten und -weisen subsumiert werden müssen. Ob eine Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG vorliegt, ist folglich nach sämtlichen maßgeblichen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Als Maßstab kommt nach der Rechtsauffassung des erkennenden Senats u.a. die technische Bauweise, die Art und Weise der Stromerzeugung, die örtlichen Gegebenheiten, die separate oder gemeinsame Energieversorgung der Anlage sowie der Zweck der Betreibung der einzelnen KWK-Module in Betracht.

Im vorliegenden Fall befinden sich die einzelnen KWK-Module an ihrem jeweiligen Standort in einem Gebäude. Sie werden von einer Erdgasleitung mit Energie versorgt und für die genutzte Wärme wird ein gemeinsames Rohrleitungssystem verwendet. Ferner werden die Anlagen mit dem gemeinsamen Zweck zusammen betrieben, die Einwohner der Stadt Güstrow mit Strom zu versorgen. Es ist mithin nicht so, dass das KWK-Modul eins im Rahmen eines Contractings für Gewerbepark A das KWK-Modul 2 für das Hausobjekt B o. ä. betrieben wird. Da aber die Klägerin mit den streitbefangenen KWK-Modulen ein und denselben Zweck verfolgt, ist sie insofern mit einem Anbieter vergleichbar, der nur ein Modul mit einer Nennleistung mit 5,814 MW (so das BHKW-Süd) betreibt. Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Klägerin bezüglich eines Anbieters der nur ein Modul betreibt, wäre gleichheitswidrig und nicht zu rechtfertigen. Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ist es gerade nicht, große bzw. größere Anbieter dazu zu bewegen, mehrere kleine Kraftwerke an einem Ort zu bauen, sondern kleine Anbieter mit Kleinkraftwerken an einem Ort von der Stromsteuer zu befreien. Die größeren Anbieter sollen sich nicht dadurch von der Stromsteuer befreien können, indem sie viele kleine Kraftwerke an einem Ort bauen, anstatt ein großes. Das jedoch wäre die Konsequenz, wollte man den Begriff der Anlage, wie die Klägerin ihn interpretiert, dem § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zugrundelegen. Eine dezentrale Stromversorgung würde dann aber gerade gefährdet, statt gefördert zu werden. Zudem würde die Entscheidung des Gesetzgebers, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei Anlagen die weniger als 2 MW Strom erzeugen, unverhältnismäßig ist, unterlaufen, wenn man der Klägerin in ihrer rechtlichen Würdigung des Anlagenbegriffs folgen würde.

Die Klage ist nach den obigen Ausführungen mithin unbegründet, ohne das es auf die Frage ankommt, ob der von der Klägerin erzeugte Strom in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang entnommen wurde, was höchst zweifelhaft ist (vgl. BFH in BFH/NV 2005, 578).

2. Kalenderjahre 2002 und 2003

Der Beklagte hat es zwar verabsäumt eine Ermessensentscheidung zu treffen, so dass die angefochtenen Ablehnungsbescheide wegen Ermessensunterschreitung aufzuheben wären, jedoch liegt im Streitfall eine Ermessensreduzierung auf Null vor.

a) Der Beklagte ist im Ergebnis zu Recht von einer Änderbarkeit des Stromsteuerbescheides 2002 vom 09. Dezember 2003 nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO ausgegangen, denn die Festsetzungsverjährung war noch nicht eingetreten.

Nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO können Hauptzollämter bestandskräftige Bescheide über Verbrauchsteuer auch zugunsten des Steuerpflichtigen ändern. Das gilt aber nicht für Bescheide, für die die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (vgl. BFH-Urteil vom 05. März 1987 VII R 29/84, BFHE 149, 132, BStBl II 1987, 413). Die Stromsteuer ist eine Verbrauchsteuer i.S.d. Abgabenordnung (§ 1 Abs. 1 Satz 3 StromStG).

Im vorliegenden Fall ist die Festsetzungsfrist nicht am 31. Dezember 2004 abgelaufen, denn der Änderungsantrag vom 27. Dezember 2004 führt zu einer Ablaufhemmung. Nach § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist für Verbrauchsteuern 1 Jahr. Gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AO beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird. Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Stromsteuer.

Gemäß § 8 StromStG hat der Steuerschuldner für Strom, für den die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Steuerschuldner ist der Versorger, § 5 Abs. 2 StromStG. Die Klägerin hat als Versorgerin im Streitfall die Stromsteueranmeldung für das Kalenderjahr 2002 am 25. Mai 2003 beim Beklagten eingereicht. Die Festsetzungsfrist begann mithin am 01. Januar 2004.

Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Außenprüfung begonnen, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuer, auf die sich die Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 3 Monate verstrichen sind (§ 171 Abs. 4 AO). Im Streitfall hat der Beklagte im Jahre 2003 eine Außenprüfung bei der Klägerin für den Prüfungszeitraum 2002 durchgeführt. Auf der Grundlage der Außenprüfung erging der Bescheid vom 09. Dezember 2003.

Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der Bescheid vom 09. Dezember 2003 ist nach Aktenlage am 09. Dezember 2003 zur Post gegeben worden und gilt damit als am Freitag den 12. Dezember 2003 zugegangen. Die Einspruchsfrist begann mithin am 13. Dezember 2003 und endete am 12. Januar 2004 (Montag), denn der Bescheid wurde nicht angefochten. Der Ablauf der Festsetzungsfrist war somit am 13. Januar 2004 nicht mehr gehemmt.

Der Ablauf der Verjährungsfrist ist jedoch durch die Antragstellung gehemmt worden (§ 171 Abs. 3 AO). Nach dieser Bestimmung läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung unanfechtbar entschieden worden ist, sofern der Antrag vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellt worden ist. Der Antrag auf Änderung der Stromsteuer 2002 ging am 27. Dezember 2004 und damit vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Beklagten ein.

b) Weder die angefochtenen Ablehnungsbescheide für 2002 vom 06. Juni 2005 und für 2003 vom 27. Juni 2005 noch die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen lassen erkennen, dass der Beklagte von dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat.

Die Befugnis zur Änderung nach § 172 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AO unterliegt grundsätzlich keiner Beschränkung. Da die Änderung aber in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt ist, muss bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides durch ein Gericht auch geprüft werden, ob die Finanzbehörde bei der Änderung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1988 VII R 8/84, BFHE 152, 430, BStBl II 1988, 517).

Der Beklagte hat im Streitfall weder das Bewusstsein noch den Willen gehabt, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Folglich fehlen im Ablehnungsbescheid wie auch in der Einspruchsentscheidung jegliche Ermessenserwägungen. In diesem Fall der irrtümlichen Annahme einer gebundenen Entscheidung liegt eine Ermessensunterschreitung vor, die aufgrund der nur eingeschränkten Prüfungskompetenz des Gerichts grundsätzlich die Aufhebung des angefochtenen Ablehnungsbescheids zur Folge hat. Jedoch ist in beiden Jahren von einem Fall der sog. Ermessenseinengung oder Ermessensreduzierung angesichts des Umstandes auszugehen, dass dem Beklagten der maßgebliche Sachverhalt bei Antragstellung durch die Klägerin aufgrund der Betriebsprüfungen vollends bekannt war und dem Beklagten lediglich ein nicht von der Klägerin veranlasster Rechtsfehler unterlaufen ist. Im vorliegenden Fall ist deswegen von dem Erlass eines Bescheidungsurteils gemäß § 101 Satz 2 FGO abzusehen, weil der Beklagte zur Abweisung der Anträge der Klägerin verpflichtet war. Im Streitfall ist einzig und allein die Ermessensentscheidung rechtmäßig, die Stromsteuerbefreiung zu versagen (siehe oben unter 1.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Ende der Entscheidung

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