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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: 1 K 2077/06
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 228
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 K 2077/06

In der Streitsache

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...

ohne mündliche Verhandlung

am 18. Oktober 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides und insbesondere, ob Zahlungen des Klägers Schuld mindernd verbucht wurden. Darüber hinaus ist streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf den Erlass von Säumniszuschlägen und steuerlichen Nebenleistungen zusteht.

Der Kläger wendet sich gegen den Abrechnungsbescheid des Beklagten - des Zentralfinanzamtes München (ZFA) - vom 7. November 2005.

Er trägt vor, es seien Zahlungen in Höhe von 4.892,00 DM nicht verbucht, sondern unterschlagen worden. Er verweist auf anderweitig eingereichte Überweisungsbelege. Hierzu finden sich in der Vollstreckungsakte des ZFA und der Klageakte aus dem Verfahren des Klägers mit dem Az. 1 K 416/03 in Kopie sieben Überweisungsbelege über insgesamt 5.092,58 DM aus dem Zeitraum bis Januar 1986. Diese Beträge wurden ausweislich des vorgelegten Kontoauszugs der Finanzkasse des ZFA vom 3. November 1986 mit Ausnahme eines Betrages von 712,18 DM als Zahlungseingänge verbucht. In der Vollstreckungsakte findet sich bis zum Jahr 2000 kein Hinweis darauf, dass der Kläger in Bezug auf diese Überweisungen eine Rückzahlung mangels Verbuchung begehrt hätte.

Wegen der weiteren Einwendungen des Klägers gegen den Abrechnungsbescheid wird auf seine Schriftsätze im vorliegenden Verfahren vom 20. Mai 2006, 29. Mai 2006 und 24. Juni 2006 verwiesen (FG-Akte, Bl. 1, 19, 25).

Der Kläger wendet sich ferner gegen den weiteren Inhalt der Einspruchsentscheidung (EE) vom 27. April 2006, die auch den Einspruch des Klägers gegen einen Verwaltungsakt des ZFA vom 17. August 2005 zum Gegenstand hatte. In diesem Bescheid lehnte das ZFA einen weitergehenden Erlass von Säumniszuschlägen und Zinsen zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer und des Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer 2. Vierteljahr 1996 im Gesamtbetrag von 1.705,24 EUR ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die mit dem Klageschriftsatz eingereichte Einspruchsentscheidung verwiesen (FG-Akte, Bl. 2 ff).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. das ZFA zu verpflichten, unter Aufhebung des Verwaltungsakts vom 17. August 2005 und der EE vom 27. April 2006 Säumniszuschläge und Zinsen zur Einkommensteuer (ESt) und Umsatzsteuer (USt) und den Verspätungszuschlag zur USt 2. Vierteljahr 1996 mit den in der dem Abrechnungsbescheid vom 7. November 2005 beigefügten Rückstandsaufstellung vom selben Tag ausgewiesenen Einzelbeträgen - im Gesamtbetrag von 1.707,24 EUR - zu erlassen;

2. den Abrechnungsbescheid vom 7. November 2005 unter Aufhebung der EE vom 27. April 2006 in der Weise zu ändern, dass anstelle der bisherigen Forderung des ZFA in Höhe von 1.705,24 EUR ein Erstattungsbetrag in Höhe von 4.293,84 EUR zuzüglich banküblicher Zinsen festgesetzt wird.

Das ZFA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Der Berichterstatter hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2006 die Akte des Klageverfahrens vor dem Finanzgericht München 1 K 416/03 beigezogen.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Die Anträge des Klägers waren im o.g. Sinne auszulegen.

1. Soweit der Kläger geltend macht, das ZFA sei zu einem Erlass der Säumniszuschläge, der über den bereits gewährten hälftigen Erlass hinaus geht, sowie der Zinsen und des Verspätungszuschlags verpflicht, ist die Klage unbegründet. Das ZFA war zu einem solchen Erlass nicht verpflichtet.

Ein Erlass von Säumniszuschlägen aus sachlichen Billigkeitsgründen ist geboten, wenn ihre Einziehung im Einzelfall, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Säumniszuschläge, nicht mehr zu rechtfertigen ist, weil die Erhebung - obwohl der Sachverhalt den gesetzlichen Tatbestand erfüllt - den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft. Sachlich unbillig ist die Erhebung von Säumniszuschlägen dann, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuer wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit unmöglich ist und deshalb die Ausübung von Druck zur Zahlung ihren Sinn verliert (Urteile des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 23. Mai 1985 V R 124/79, BStBl II 1985, 489; vom 16. September 1992 X R 169/90, BFH/NV 1993, 510). Für die Höhe des Erlasses ist jedoch auch der weitere Zweck der Säumniszuschläge zu berücksichtigen; denn Umstände, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestands einer steuerrechtlichen Vorschrift bewusst in Kauf genommen hat, rechtfertigen keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. Ausgehend von den Wertungen des Gesetzgebers, wonach Säumniszuschläge auch als Gegenleistung für das Hinausschieben der Fälligkeit und zur Abgeltung des Verwaltungsaufwands dienen, kommt, wenn sie ihren Zweck als Druckmittel verfehlen, in der Regel nur ihr Teilerlass in Betracht. Sie sind regelmäßig nur zur Hälfte zu erlassen, denn ein Säumiger soll grundsätzlich nicht besser stehen als ein Steuerpflichtiger, dem Aussetzung der Vollziehung oder Stundung gewährt wurde (BFH-Urteil vom 29. August 1991 V R 78/86, BStBl II 1991, 906, m.w.N.; vgl. auch BFH-Beschluss vom 20. Dezember 1988 X B 107/87, BFH/NV 1989, 761).

Im Streitfall setzte sich das ZFA in der EE (ab S. 8) umfänglich mit der Natur und den Voraussetzungen für einen Erlass von Säumniszuschlägen auseinander. Der erkennende Senat folgt insoweit dieser Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gem. § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Das ZFA hat sein Ermessen im ablehnenden Verwaltungsakt vom 17. August 2005 fehlerfrei ausgeübt und auch die - jedenfalls zeitweilige - Zahlungsunfähigkeit des Klägers hinreichend berücksichtigt, indem es die zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehenden Säumniszuschläge zur Hälfte erlassen hat (Bescheid vom 11. Juli 2005). Ein darüber hinausgehender Erlass kommt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, regelmäßig nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 16. Juli 1997 XI R 32/96, BStBl II 1998, 7).

Andere Gründe, die das ZFA zu einem weitergehenden Erlass von Säumniszuschlägen berechtigen würden oder veranlassen müssten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Gründe für eine Unbilligkeit, die den Erlass der Zinsen und Verspätungszuschläge rechtfertigen würden, hat der Kläger ebenfalls nicht vorgetragen; auch aus der Akte sind solche nicht ersichtlich.

Die Entscheidung des ZFA, Zinsen und Verspätungszuschläge nicht zu erlassen, ist somit nicht zu beanstanden.

2. Soweit der Kläger einen Erstattungsanspruch mit der Behauptung geltend macht, Zahlungen seien nicht verbucht, sondern vielmehr unterschlagen worden, ist die Klage ebenfalls unbegründet.

Ein mit der Nichtverbuchung von Zahlungen aus einem Zeitraum bis Januar 1986 begründeter Erstattungsanspruch wäre - selbst wenn er ursprünglich gegeben gewesen wäre - in jedem Falle zahlungsverjährt.

Nach § 228 der Abgabenordnung (AO) verjähren Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in fünf Jahren. Dieser Zahlungsverjährung unterliegen auch etwaige Erstattungsansprüche (vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2002 VII R 33/01, BStBl II 2002, 447). Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist (§ 229 Abs. 1 AO). Das wäre im Streitfall spätestens mit Ablauf des Jahres 1986, weil der Kläger Zahlungen vorträgt, die bis Januar 1986 geleistet worden und die nicht auf fällige Steuerschulden verbucht worden sein sollen. Zahlungen über den Betrag von fälligen Steueransprüchen hinaus wären aber ohne Rechtsgrund gezahlt und würden einen Erstattungsanspruch auslösen. Ein etwaiger Erstattungsanspruch des Klägers aus diesem Sachverhalt wäre somit spätestens mit Ende des Jahres 1991 verjährt und damit erloschen. Eine Geltendmachung erfolgte jedenfalls nicht vor dem Jahr 2001.

Der Senat braucht sich daher nicht mehr mit dem - im Übrigen unsubstantiierten - Vorbringen des Klägers, die Beträge seien unterschlagen worden, auseinander zu setzen. Davon abgesehen hat das ZFA ausweislich des vorgelegten Steuerkonto-Auszugs vom 3. November 1986 mit Ausnahme eines Betrages in Höhe von 712,18 DM sämtliche geltend gemachten Überweisungen verbucht. Dies spricht gegen das Vorbringen des Klägers. Hinsichtlich des nicht verbuchten Überweisungsbetrags hat der Kläger auch keinen Nachweis erbracht, dass tatsächlich eine Zahlung erfolgt ist.

3. Soweit der Kläger sich auf eine unzutreffende Steuerfestsetzung ("unzutreffende Forderungen, Alt-Schätzungslügen") stützt, kann er mit diesem Vorbringen im - alleine das Erhebungsverfahren betreffenden - Rechtsstreit gegen den Abrechnungsbescheid nicht gehört werden, denn es betrifft -die Festsetzung als Grundlage der Verwirklichung des gesetzlichen Steueranspruches (vgl. § 218 Abs. 1 AO). Im Erhebungsverfahren ist grundsätzlich nur zu prüfen, ob eine Steuerfestsetzung gegen den Abrechnungsschuldner vorliegt und ob sie wirksam ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juni 1999 VII R 3/97, BStBl II 2000, 46). Diese vom Kläger nicht bestrittenen Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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