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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 07.03.2007
Aktenzeichen: 1 K 2423/06
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b |
Finanzgericht München
In der Streitsache
hat der 1. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
... sowie
der ehrenamtlichen Richter und
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07. März 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Streitig ist, ob der Kläger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer - beschränkt auf einen Betrag von 1.250 EUR - als Werbungskosten absetzen darf.
Der Kläger wird für das Streitjahr 2003 beim Beklagten - dem Finanzamt (FA) - zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er erzielte im Streitjahr im Wesentlichen Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit als Assistenz-Kinderarzt an einem Krankenhaus.
In seiner ESt-Erklärung für das Jahr 2003 machte der Kläger u.a. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer - begrenzt auf den Betrag von 1.250 EUR - als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit geltend. Den betreffenden Raum in seiner Wohnung in München nutze er ausschließlich beruflich. Hier studiere er Fachliteratur und werte Fortbildungsmaßnahmen aus. Auch erfolgten hier häusliche Arbeiten, die im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Kinderarzt anfielen. Er legte eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vor, wonach ihm bei diesem kein Arbeitszimmer zur Verfügung gestanden habe, das nur von ihm genutzt worden wäre.
Das FA lehnte im ESt-Bescheid vom 5. August 2005 den Abzug dieser Aufwendungen mit der Begründung ab, es habe ihm zwar kein Arbeitszimmer zur alleinigen Nutzung, wohl aber eines zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung gestanden. Da die Nutzung des Arbeitszimmers auch nicht mehr als 50% seiner gesamten beruflichen Tätigkeit betrage, lägen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG nicht vor. Andere Werbungskostenansätze sind nach Teilabhilfe im Bescheid vom 11. Mai 2006 nicht mehr streitig. Hinsichtlich des Ansatzes des Arbeitszimmers blieb der Einspruch in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 19.Mai 2005 erfolglos.
Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, der beim Arbeitgeber zur Verfügung stehende Raum zur gemeinschaftlichen Nutzung sei deutlich durch den täglichen Klinikbetrieb geprägt. Dort würden Gespräche zwischen den Ärzten und den Eltern der pädiatrischen Patienten oder Besprechungen mit den Kinderkrankenschwestern geführt, weshalb ein permanenter Geräuschpegel herrsche, der ein intensives Studium von Fachliteratur nicht zulasse. Für die von der Berufsordnung für Ärzte vorgeschriebene Fortbildung habe ihm daher kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des ESt-Bescheids für 2003 vom 5. August 2005, geändert am 11. Mai 2006, und der EE vom 19. Mai 2005 die ESt für 2003 neu festzusetzen und dabei zusätzliche Werbungskosten in Höhe von 1.250 EUR bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Das FA beantragt
die Klage abzuweisen.
Es verweist im Wesentlichen auf die EE, in der es ausgeführt hat, dass nach der Rechtsprechung ein Arbeitsplatz auch dann zur Verfügung stehe, wenn der Steuerpflichtige diesen in dem konkret erforderlichen Umfang und der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Dies sei mit dem zur Verfügung gestellten, gemeinsam mit anderen nutzbaren Raum der Fall.
Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. März 2007 wird Bezug genommen.
II. Die Klage ist nicht begründet.
1. Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern.
Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen .so Satz 3. wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist; weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind nicht zu stellen. Die Abzugsbeschränkung setzt insbesondere keinen eigenen, räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus; sowohl Publikumsverkehr wie die Tatsache, dass der Steuerpflichtige sich den Arbeitsplatz mit anderen teilen muss, hindern nicht dessen Eignung als Arbeitsplatz (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 7. August 2003 VI R 17/01, BStBl II 2004, 78).
Der andere Arbeitsplatz steht allerdings nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der --an sich vorhandene-- andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Es genügt jedoch nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz verrichtet werden könnten. Die Beweggründe, die ihn dazu veranlassen, die Arbeiten im häuslichen Arbeitszimmer zu erledigen, sind unbeachtlich (BFH-Urteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BStBl II 2004, 78).
Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger seinen anderen Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nutzen kann, betrifft die Tatsachenfeststellung.
Sie muss von den Finanzgerichten anhand der objektiven Umstände des konkreten Einzelfalls beantwortet werden. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes selbst (Größe, Lage, Ausstattung etc.) als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes bzw. Zugang zu dem betreffenden Gebäude etc.) ergeben.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der BFH entschieden, dass beispielsweise ein TÜV-Prüfer, der lediglich einen ihm nicht individuell zugeordneten Arbeitsplatz in einem Großraumbüro nutzen kann, einen anderen Arbeitsplatz in diesem Sinne beim Arbeitgeber zur Verfügung hat (BFH-Urteil vom 7. August 2003 VI R 17/01, BStBl II 2004, 78). Ebenso hat der BFH für den Arbeitsplatz in einer Schalterhalle entschieden, an dem eine konzentrierte Arbeit nicht möglich ist (BFH-Urteil vom 7. August 2003 VI R 162/00, BStBl II 2004, 83).
2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall kann die Klage keinen Erfolg haben. Dem Kläger stand bei seinem Arbeitgeber ein Raum zur Verfügung, der zur Erledigung der konkreten Arbeiten des Klägers zum Zwecke der Fortbildung -insbesondere dem Studium der Fachliteratur- geeignet war. Er konnte die Räumlichkeiten der Klinik grundsätzlich ohne Einschränkung nutzen. Lediglich die Mitnutzung durch andere Kollegen sowie der Geräuschpegel und die Unruhe erscheinen dem Kläger als hinderlich. Derartige Erschwernisse für eine konkrete Nutzung sind aber nach der oben dargestellten Rechtsprechung unbeachtlich.
Im Übrigen handelt es sich bei den Tätigkeiten, die der Kläger in seinem häuslichen Arbeitszimmer ausübt, um typische Vor- und Nacharbeiten zu seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit.
Insbesondere das Studium von Fachliteratur ist eine Tätigkeit, die eine Vielzahl von Berufstätigen unter den Bedingungen der heutigen Arbeitswelt häufig nicht im Büro, sondern abseits vom Tagesgeschäft und seinen Störungen typischerweise zu Hause durchführen.
Dem Gesetzgeber ging es aber bei der Einführung des Abzugsverbotes gerade darum, Räumlichkeiten, die für derartige nachrangige Nebenarbeiten benutzt werden, von der steuerlichen Abzugsfähigkeit auszunehmen (vgl. Schmidt/Drensek, Kommentar zum EStG, § 19 Rz. 60 "Arbeitszimmer" Tz. 2). Daher kann die Klage keinen Erfolg haben.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.
Ende der Entscheidung
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