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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 08.08.2007
Aktenzeichen: 1 K 4873/06
Rechtsgebiete: EStG, BauNV
Vorschriften:
EStG § 10e Abs. 1 | |
BauNV § 10 |
Finanzgericht München
In der Streitsache
...
hat der 1. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
... sowie
der ehrenamtlichen Richter ... und ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08. August 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Streitig ist, ob die Kläger für die Anschaffung eines Hauses einen Abzugsbetrag nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für die Streitjahre gültigen Fassung bei der Ermittlung des Einkommens abziehen dürfen.
Die Kläger werden vom Beklagten -dem Finanzamt (FA) -für die Streitjahre 1994 bis 2001 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt.
Sie erwarben im Jahr 1994 zu je hälftigem Miteigentum ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude mit der Flurnummer xxx der Gemarkung xxx in xxx und nutzen es seit September 1994 zu eigenen Wohnzwecken. Im Grundbuch war das Grundstück eingetragen als "Wohnhaus, Garten".
Für das Gebiet, in dem sich das Grundstück befindet, bestand seit 1971 ein Flächennutzungsplan, der dieses als Wochenend- und Ferienhausgebiet auswies. Im nachfolgenden Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans war das Gebiet ebenfalls als Wochenendbzw. Ferienhausgebiet gem. § 10 der Baunutzungsverordnung (BauNV; damals gültige Fassung) ausgewiesen. Die entsprechende Satzung der Gemeinde von 1973 war allerdings fehlerhaft. Der Bebauungsplan wurde erst im Dezember 1977 rechtsverbindlich. Allerdings erteilte das Landratsamt xxx dem damaligen Vorbesitzer wegen der Planungsreife bereits am 27. Mai 1975 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses unter der aufschiebenden Bedingung, dass dieser die künftigen Feststellungen des Bebauungsplans schriftlich anerkennt. Es gab ihm weiter auf, diese Erklärung spätestens eine Woche vor Baubeginn dem Landratsamt vorzulegen. Der Vorbesitzer bebaute das Grundstück mit einem Wohnhaus, die Schlussabnahme fand am xx. September 1978 statt. Bereits im Dezember 1974 also vor Baubeginn und Baugenehmigung -erkannte das Landratsamt -offenbar auf Grundlage der Baupläne -das Bauvorhaben als steuerbegünstigt im Sinne der §§ 82 und 83 des II. Wohnungsbaugesetzes an (auf den Bescheid in der Rechtsbehelfsakte, Bl. 32, wird verwiesen). Mit ihren ESt-Erklärungen für die Jahre 1994 bis 1998 reichten die Kläger jeweils die Anlage FW ein, in der sie einen Abzugsbetrag nach § 10e EStG beantragten. Dabei gaben sie die Anschrift des Hauses sowie die Bemessungsgrundlage und die Zahl der Kinder an. Die in Zeile 30 des Vordrucks für die Jahre 1994 bis 1996 vorgesehenen Ankreuzkästchen mit den Fragen "Im Ferien- oder Wochenendgebiet belegen" und "Zum Dauerwohnen baurechtlich zugelassen" ließen sie frei. In den Vordrucken für die Jahre 1997 und 1998 kreuzten die Kläger das Ankreuzkästchen "Zum Dauerwohnen baurechtlich zugelassen" in Zeile 1 an. Das FA zog daraufhin einen Abzugsbetrag nach § 10e EStG in Höhe von jeweils 9.000 DM bei der Ermittlung des Einkommens der jeweiligen Streitjahre ab.
Das FA erkannte im Dezember 1999, dass das Grundstück in einem Wochenend-bzw. Ferienhausgebiet gem. § 10 BauNV liegt. Nach Anhörung der Kläger änderte es daraufhin mit Änderungsbescheiden nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) die ESt- Bescheide für 1994 bis 1998, indem es nunmehr den Abzugsbetrag nach § 10e EStG nicht mehr berücksichtigte. Den Einspruch der Kläger wies das FA zurück.
In der mit der ESt-Erklärung eingereichten Anlage FW für das Jahr 1999 kreuzten die Kläger das Ankreuzkästchen "Zum Dauerwohnen baurechtlich zugelassen" in Zeile 1 an, in den Anlagen für die Jahre 2000 und 2001 beide Ankreuzkästchen. Das FA berücksichtigte in diesen Jahren -ab 1999 -bereits bei der erstmaligen Veranlagung keinen Abzugsbetrag mehr. Auch die Einsprüche insoweit blieben erfolglos.
Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor,
Ihnen stehe der Abzugsbetrag nach § 10e EStG für ihr Wohnhaus zu. Das ergebe sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25. November 1981 M 3432 X 80 (n.v.). Aus Gründen der Gleichbehandlung mit den dortigen Klägern müsse ihnen der Abzug gewährt werden. Das Urteil, auf das sich die Kläger beziehen, erging zugunsten von Klägern, die ein offensichtlich baurechtlich vergleichbares Nachbargrundstück besaßen und denen die Anerkennung nach § 82 Abs. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 des II. Wohnungsbaugesetzes nach den Urteilsgründen rechtswidrig versagt worden war. Auf den Abdruck des Urteils in der Rechtsbehelfsakte Bl. 36 wird verwiesen.
Die Kläger beantragen,
die geänderten ESt-Bescheide für die Jahre 1994 bis 1998 -jeweils vom 8. März 2000 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung (EE) vom 5. Dezember 2006 aufzuheben, so dass die vorher für diese Jahre ergangenen Bescheide wieder in Kraft treten;
die ESt-Bescheide für das Jahr 1999 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. Juli 2005, für das Jahr 2000 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. Juli 2005 und für das Jahr 2001 vom 5. September 2005 sowie die zu diesen Bescheiden ergangene EE vom 5. Dezember 2006 aufzuheben und die Steuer für diese Jahre neu festzusetzen und dabei jeweils bei der Ermittlung des Einkommens einen Betrag von 7.500 DM abzuziehen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bezieht sich im Wesentlichen auf die EE, auf die wegen der dortigen Rechtsausführungen im Einzelnen verwiesen wird. § 10e EStG knüpfe alleine an die baurechtlich zulässige Nutzung an, die sich aus der Baugenehmigung ableite. Die Bedingung in der Baugenehmigung knüpfe die genehmigte Nutzung an den Bebauungsplan, der lediglich eine Wochenend- und Ferienhausnutzung rechtfertige. Für Wochenend- und Ferienhäuser gewähre § 10e EStG jedoch keinen Abzugsbetrag. Auf die tatsächliche Nutzung als Dauerwohnstätte komme es nicht an. Auch eine etwaige Duldung der Dauernutzung durch die Gemeinde oder das Landratsamt ändere nichts an deren Baurechtswidrigkeit. Eine Genehmigung der Dauernutzung hätten die Kläger weder vorgetragen noch nachgewiesen.
II. Die Klage ist nicht begründet.
Das FA hat zu Recht den Abzugsbetrag nach § 10e EStG nicht gewährt.
Nach § 10e Abs. 1 EStG kann der Steuerpflichtige einen gestaffelt gestalteten Teilbetrag der Anschaffungskosten einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus wie Sonderausgaben abziehen. Voraussetzung ist, dass die Wohnung keine Ferienwohnung oder Wochenendwohnung ist (§ 10e Abs. 1 Satz 2 EStG). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung hängt die rechtliche Einstufung einer Wohnung als Wochenend- bzw. Ferienwohnung allein von der dem Nutzer oder seinen Rechtsvorgängern erteilten Baugenehmigung ab. Alleine diese beinhaltet die -auch die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit bindende -Feststellung, dass das Gebäude nicht nur zu Wochenend- und Ferienzwecken, sondern zu Dauerwohnwecken genutzt werden darf (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH]vom 14. November 2001 X R 24/00, BStBl II 2002, 514, m.w.N.). Dabei kommt es allein auf den Regelungsgehalt der Baugenehmigung selbst an. Willensäußerungen der genehmigenden Behörde oder Gebietskörperschaft, die sich in der Baugenehmigung nicht niedergeschlagen haben, kommt dagegen keine Bedeutung zu (BFH-Urteil vom 19. Januar 2005 X R 12/03, BFH/NV 2005, 885).
Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist die Wohnung der Kläger als Wochenend- bzw. Ferienwohnung zu beurteilen, mit der Folge, dass § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG keinen Abzug zulässt. Wie das FA zutreffend in den EEen ausgeführt hat, wurde durch die in die Baugenehmigung aufgenommene aufschiebende Bedingung die Baugenehmigung an das Anerkenntnis des künftigen Bebauungsplans und damit an dessen Festsetzungen geknüpft. Das ergibt sich trotz des Wortlauts "Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses" aus dem Verweis auf die Tz. V der Baugenehmigung. Dort ist die aufschiebende Bedingung - drucktechnisch hervorgehoben - in eindeutiger Weise formuliert. Damit entspricht die nach der Baugenehmigung zulässige Nutzung den Festsetzungen des späteren Bebauungsplans, der sich zum Genehmigungszeitpunkt im Stadium der "Planreife" befand. Dieser Bebauungsplan sah für das Gebiet, in dem sich das Grundstück der Kläger befand, lediglich die Nutzung als Wochenend- und Ferienhaus vor. Dieser Nutzungsbeschränkung bleiben auch die Kläger als Rechtsnachfolger unterworfen (BFH-Urteil vom 19. Januar 2005 X R 12/03, BFH/NV 2005, 885).
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Existenz des von den Klägern in Bezug genommenen Verwaltungsgerichtsurteils. Eine Bindung des Finanzgerichts an die Beurteilung des Verwaltungsgerichts besteht schon dem Grunde nach nicht. Auch kann sich nach den Vorschriften des EStG eine andere Beurteilung der "Steuerbegünstigung" ergeben, als sie das Verwaltungsgericht für die Frage der Förderung nach dem II. Wohnungsbaugesetz zu treffen hatte. Im Übrigen hatte das Verwaltungsgericht ausweislich der Urteilsgründe einen wesentlich vom vorliegenden abweichenden Fall zu entscheiden. Während im hier zur Entscheidung stehenden Fall die Baugenehmigung durch die Bedingung die Nutzungsbeschränkungen des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans in sich aufnimmt, war im Urteil des Verwaltungsgerichts offenbar eine Baugenehmigung ohne solche Einschränkungen zu beurteilen.
Das FA war verfahrensrechtlich nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) zu einer Änderung der Bescheide berechtigt, weil die Belegenheit des streitgegenständlichen Grundstücks in einem Ferien- oder Wochenendhausgebiet bzw. die baurechtliche Unzulässigkeit einer Dauerbewohnung für das FA im Dezember 1999 eine neue Tatsache darstellte, die ihm weder aus den Erklärungen noch sonst bekannt war. Eine Änderung scheitert auch nicht an einer etwaigen Festsetzungsverjährung. Da die Frist aufgrund der fehlenden Angaben in der Steuererklärung (unausgefüllte Ankreuzfelder) gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 5 Jahre beträgt, die Steuererklärung für das erste Streitjahr 1994 Ende des Jahres 1995 abgegeben wurde, lief die Festsetzungsfrist erst zum Ende des Jahres 2000 ab. Die Änderungsbescheide sind somit vor der Verjährung ergangen.
Im Übrigen folgt das Gericht der Begründung der EEen und sieht von einer weiteren Begründung nach § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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