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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 02.07.2008
Aktenzeichen: 1 K 951/08
Rechtsgebiete: AO
Vorschriften:
AO § 284 Abs. 4 S. 1 |
Finanzgericht München
In der Streitsache
...
hat der 1. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
... sowie
der ehrenamtlichen Richter ... und
...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Streitig ist, ob der Kläger zu Recht zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen wurde.
Gegen den Kläger vollstreckt der Beklagte - das Zentralfinanzamt München (ZFA) - seit mehreren Jahren wegen Steuerforderungen. Im Rahmen seiner Vollstreckungsbemühungen erfuhr das ZFA um den Februar 2007, dass der Kläger am xx. Januar 2007 vor dem Obergerichtvollzieher A die eidesstattlicher Versicherung gem. §§ 807/903 der Zivilprozessordnung (ZPO) abgegeben hatte. In dem hierzu abgegebenen Vermögensverzeichnis gab der Kläger u.a. an, arbeitslos zu sein und daher kein Arbeitseinkommen zu erzielen, keinerlei Einkommen und keine Ansprüche aus selbständiger Erwerbstätigkeit und Nebenverdienst zu haben (VollstrA Bd. 2, Bl. 115 ff.). Die Frage auf Beteiligungen an Gesellschaften verneinte er. Er gab an, Kontoguthaben über insgesamt rd. 110 EUR auf Konten bei der F-bank, der G Bank und der H bank zu besitzen.
Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger Mitgesellschafter der mit Urkunde vom 18. Oktober 2006 gegründeten X GmbH (Amtsgericht München, HRB xxxxxx) und zu deren Alleingeschäftsführer bestellt. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 25.000 EUR und war nach der Satzung zur Hälfte sofort in Bar einzuzahlen. Ausweislich der Gesellschafterliste vom xx. März 2007 (VollstrA Bd. 3, Bl. 73) hatte der Kläger eine Stammeinlage von xx.750 EUR übernommen. Darüber hinaus gehen seit der Pfändung beim Drittschuldner Y Verlag GmbH & Co. KG im Oktober 2006 laufende Drittschuldnerzahlungen ein, so am xx. Januar 2007 ein Betrag von xxx,24 EUR, am 5. Januar 2007 ein Betrag von xxx,24 EUR, am 9. Januar 2007 ein Betrag von xxx,24 EUR. Am 3. Juli 2007 legte der Kläger zum Nachweis eines Rückforderungsanspruchs eine Rechnung der X GmbH vom 15. Januar 2007 für "Arbeiten... zwischen 1. November 2006 und 31. Dezember 2006" vor. Darüber hinaus führten Pfändungen im Juli 2007 zu erheblichen Drittschuldnerzahlungen, so etwa von Z in Höhe von 2.xxx,68 EUR. Eine Pfändung bei der Postbank im Juli 2007 ergab, dass der Kläger dort ein Sparbuch mit einem Guthaben von 7.xxx,74 EUR unterhielt.
Nachdem der Kläger mehrfach während der üblichen Vollstreckungszeiten nicht angetroffen worden war, durchsuchte das ZFA mit Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 14. Februar 2007 am 13. August 2007 die Wohnung des Klägers. Ausweislich des Pfändungsprotokolls (VollstrA Bd. 2, Bl. 215 ff.) verweigerte der Kläger auf die Frage nach Forderungen und anderen Vermögensrechten eine Auskunft, ebenso auf die Frage, wer die Wohnungsmiete von nach Angabe 1.300 EUR übernimmt. Der Pfändungsversuch führte nicht zur Auffindung pfändbaren Vermögens. Der Aufforderung, Beweisurkunden wie z.B. Sparbücher vorzulegen, kam der Kläger nicht nach (vgl. Zwangsgeldandrohung vom 30. August 2007 (- VollstrA Bd. 3, Bl. 4 f. -).
Mit Verfügung vom 16. Oktober 2007 forderte das ZFA den Kläger auf, ein Vermögensverzeichnis vorzulegen und lud ihn zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (VollstrA III, Bl. 45) auf den 5. Dezember 2007. Ausweislich der beigefügten Rückstandsaufstellung befand sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt mit der Zahlung von insgesamt 95.296,61 EUR fälligen Steuerschulden im Rückstand. Die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Verfügung wurde mit Zustellungsurkunde am 19. Oktober 2007 zugestellt (VollstrA III, Bl. 49). Hiergegen wandte sich der Kläger mit Einspruchsschreiben vom 24. Oktober 2007. Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 14. Februar 2008 wies das ZFA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage trägt der Kläger vor,
er habe bereits am 4. Januar 2007 vor dem Obergerichtsvollzieher A in München die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Seither sei keine Veränderung in seinen Vermögensverhältnissen eingetreten. Daher sei die neuerliche Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung innerhalb der Schutzfrist des § 284 Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) rechtswidrig.
Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 18. April 2008 und vom 19. Juni 2008 sowie die Begründung des Prozessvertreters vom 14. April 2008 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 16. Oktober 2007 sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2008 aufzuheben.
Das ZFA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist im Wesentlichen auf die EE.
Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 2. Juli 2008, zu der für den Kläger unentschuldigt niemand erschienen ist, wird verwiesen.
II. Die Klage ist nicht begründet.
Nach § 284 Abs. 1 AO hat der Vollstreckungsschuldner der Vollstreckungsbehörde in den dort bezeichneten Fällen auf Verlangen ein Verzeichnis seines Vermögens vorzulegen und für seine Forderungen den Grund und die Beweismittel zu bezeichnen. Im Streitfall ist der Fall des § 284 Abs. 1 Nr. 1 AO unstreitig gegeben, weil die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht zu einer vollständigen Befriedigung geführt hat. Nach § 284 Abs. 4 AO ist ein Vollstreckungsschuldner, der die eidesstattliche Versicherung nach dieser Vorschrift oder nach § 807 der ZPO abgegeben hat, in den ersten drei Jahren nach ihrer Abgabe zur nochmaligen eidesstattlichen Versicherung nur verpflichtet, wenn anzunehmen ist, dass er später Vermögen erworben hat oder dass ein bisher bestehendes Arbeitsverhältnis mit ihm aufgelöst worden ist. Die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt klar, dass § 284 Abs. 4 AO keinen Schutz vor nochmaliger eidesstattlicher Versicherung gewährt, wenn unvollständige oder ungenaue Angaben gemacht wurden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs [BFH]vom 16. September 2004 VII B 332/03, veröffentlicht in [...]). Hat der Vollstreckungsschuldner bewusst unwahre Angaben gemacht und dadurch Vermögen verschwiegen, so steht dies neu erworbenem Vermögen gleich (vgl. Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 284 AO, Rz. 53 m.w.N.; OLG Köln, Beschluss vom 07. Januar 1975 2 W 135/74, MDR 1975, 498; LG Detmold, Beschluss vom 9. Juli 1997 2 T 259/97, Rpfleger 1997, 537). Der Senat schließt sich diesen Rechtsgrundsätzen an.
Im Streitfall kann sich der Kläger danach nicht auf die Schutzfrist berufen, weil er in der eidesstattlichen Versicherung am 4. Januar 2007 unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht hat. So ist erwiesen, dass er bei Abgabe der eidesstattlichen Versicherung seine Beteiligung an der X GmbH ebenso verschwiegen hat wie seine laufende Erwerbstätigkeit gegenüber der Y Verlag GmbH & Co.KG, sei es im eigenen Namen oder über Vermittlung oder unter dem Deckmantel der X GmbH. Die erfolgreichen Pfändungen im Juli 2007 belegen, dass der Kläger entweder erhebliches neues Vermögen nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Januar 2007 erworben hat oder aber - was mindestens ebenso wahrscheinlich ist - dieses Vermögen in der eidesstattlichen Versicherung verschwiegen hat.
Hinsichtlich der weiteren Anträge des Klägers im Schriftsatz vom 18. April 2008 fehlt ihm insoweit ein Rechtsschutzinteresse, als die im Begründungsteil seines Schreibens postulierten Anträge überhaupt als wirksame Klageerhebung zu betrachten sind und nicht - wie der Senat es auslegt - als immanente, sein Klagebegehr begründende Nebenanträge und Anregungen zur Urteilsbegründung. Es ist nicht ersichtlich woher der Kläger einen Anspruch auf die begehrten Aussprüche haben sollte. Auch fehlt insoweit jeder substantiierte Vortrag.
Zu den weiteren Anträgen des Klägers im Schriftsatz vom 19. Juni 2008 gilt folgendes:
Die Anträge Zif. 1 und 2 paraphrasieren lediglich den Klageantrag des Klägers im hiesigen Verfahren.
Die Anträge Zif. 3, Zif. 5, Zif. 6 legt das Gericht in dem Sinne aus, dass sie sich im Wesentlichen gegen die Pfändungsmaßnahmen richten bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit derselben. Dieser Streitgegenstand liegt der ebenfalls am heutigen Tage verhandelten Streitsache 1 K xxxx/08 zugrunde. Das Gericht geht daher davon aus, dass sich die Anträge auf dieses Verfahren beziehen. Im dortigen Urteil setzt sich das Gericht mit dem so verstandenen Antrag auseinander. Anderenfalls wäre der Antrag wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig.
Der Antrag Zif. 4 ist unzulässig, weil ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an einer solchen Feststellung nicht ersichtlich ist.
Die Anträge Zif. 7 bis 10 sind sinngemäß bereits Teil der Klagebegründung in der am heutigen Tage verhandelten Streitsache 1 K xxxx/08. Das Gericht geht daher davon aus, dass die Anträge lediglich als immanente Klagebegründung in diesem Verfahren auszulegen sind. Für eine eigenständige Klage insoweit fehlte dem Kläger ein Rechtschutzinteresse. Es ist nicht ersichtlich und in keiner Weise substantiiert dargelegt, woraus der behauptete Anspruch des Klägers auf Feststellung oder Unterlassung hergeleitet werden soll. Der Antrag Zif. 10 könnte gar als Antrag auf ein Strafverfahren verstanden werden, was das Gericht jedoch aufgrund der Gesamtumstände ausschließt.
Schließlich ergibt sich aus der gesamten sprachlichen Fassung des Schriftsatzes - das "Rubrum" des Schriftsatzes nennt als Gegenstand "...wegen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Vorlage eines Vermögensverzeichnisses" - nicht mit der hierfür erforderlichen Klarheit, dass die Anträge als eigenständige Klageanträge im Sinne des § 65 FGO und somit als neuerliche Klageerhebung bzw. Klageerweiterung - über die bereits anhängigen Klagegegenstände hinaus - zu verstehen wären. Eine Aufhellung im Vorfeld des Termins und in der mündlichen Verhandlung selbst war dem Gericht nicht möglich, weil der Prozessvertreter des Klägers auf telefonische Anfrage nicht zurückgerufen hat und in der mündlichen Verhandlung ohne Entschuldigung für die Klägerseite niemand erschienen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Ende der Entscheidung
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