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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: 1 V 2502/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1, 2. Hs.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 V 2502/07

In der Streitsache

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 29. November 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner - dem Finanzamt (FA) - die Frage, ob ein Mietverhältnis steuerlich anzuerkennen ist.

Der Antragsteller wird beim FA - für die Streitjahre 1999 bis 2005 zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er erzielte in den Streitjahren im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als xxx bzw. xxx.

Der Antragsteller erwarb zu notarieller Urkunde vom 29. September 1999 eine Eigentumswohnung mit Kellerabteil (in Wohnungserbbaurecht) in A, Bstraße, für einem Kaufpreis von 351.000 DM zu Alleineigentum und erklärte seitdem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Wohnung, die er nach eigenen Angaben nach Bezugsfertigkeit ab dem 1. September 2000 vermietete. Auf den schriftlichen Mietvertrag mit der Mieterin xxxxx (im Folgenden: Frau B) wird verwiesen (ESt-Akte Blätter 1 ff.). Das FA führte die ESt-Veranlagungen für die Streitjahre zunächst unter Übernahme der erklärten Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung der Wohnung durch. Aufgrund der Ergebnisse einer Steuerfahndungs- und Außenprüfung änderte das FA die ESt-Bescheide für die Streitjahre mit Bescheiden je vom 11. Mai 2007, indem es das Mietverhältnis wegen schädlicher Mitbenutzung durch den Antragsteller steuerlich nicht anerkannte und die Werbungskostenüberschüsse außer AnSatz 1ieß. Das Einspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Den an das FA gerichteten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte dieses mit Verfügung vom 18. Juli 2007 ab.

Im Rahmen der Fahndungsprüfung wurden die Wohnung des Antragstellers in München und die Wohnung in A durchsucht sowie der Wohnung in A benachbart wohnende Zeugen vernommen.

Nach den dabei getroffenen Feststellungen wohnt der Antragsteller im xxx in München in einer wohnung. Frau B wohnt ebenfalls dort und nutzt räumlich getrennte Teile der Wohnung sowie das Wohnzimmer gemeinsam mit dem Antragsteller. Sie führt nach Angabe des Antragstellers dessen Haushalt. In der Wohnung in A hat dem Antragsteller nach den Feststellungen der Steuerfahndung ein Zimmer zur Verfügung gestanden. Dort und in der übrigen Wohnung fand die Steuerfahndung Gegenstände, die auf eine Mitnutzung durch den Antragsteller hinweisen. Nach den Zeugenaussagen suchte der Antragsteller mit Frau B nahezu regelmäßig an Wochenenden oder in Urlaubszeiten die Wohnung in A auf. Frau B habe sich ohne den Antragsteller nur selten alleine in der Wohnung aufgehalten. Während eines Kuraufenthalts von Frau B habe sich der Antragsteller alleine in der Wohnung aufgehalten.

Wegen der weiteren Feststellungen, insbesondere der zusammenfassenden Wiedergabe der Zeugenaussagen und der Ergebnisse der Durchsuchung wird auf den Fahndungsprüfungsbericht vom 18. April 2007 (ESt-Akte Bl. 140 ff.) verwiesen. In seiner Einspruchsbegründung setzt sich der Antragsteller eingehend mit den von der Steuerfahndung gewürdigten Indizien auseinander und stellt seine - z.T. erheblich abweichende - Sicht der Dinge dar (auf das Schreiben vom 11. Juni 2006 auf Bl. 172 ff. der ESt-Akte wird verwiesen).

Mit seinem Antrag auf AdV an das Gericht vom 16. Juli 2007 (auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird) greift der Antragsteller im Detail die Tatsachenfeststellungen und die Würdigung durch das FA an.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der ESt-Änderungsbescheide für die Streitjahre in folgender Höhe auszusetzen bzw. aufzuheben:

ESt 1999: 428,46 EUR

ESt 2000: 7.899,46 EUR

ESt 2001: 7.276,19 EUR

ESt 2002: 7.708,00 EUR

ESt 2003: 7.572,00 EUR.

ESt 2004: 6.914,00 EUR

ESt 2005: 6.340,00 EUR

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auf die Stellungnahme des FA vom 17. Oktober 2007 wird verwiesen.

II. Der Antrag ist nicht begründet.

Bei summarischer Prüfung anhand der präsenten Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der AdV-Antrag ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH]vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994;vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; undvom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Würdigung des Sachverhalts aufgrund der Aktenlage bestehen keine Zweifel daran, dass das FA zutreffend von einer Mitbenutzung der streitigen Wohnung durch den Antragsteller ausgeht. Der zwischen dem Antragsteller und Frau B abgeschlossene Mietvertrag ist der Besteuerung nicht zugrunde zu legen, weil er nicht tatsächlich durchgeführt worden ist. Vielmehr führt die Mitbenutzung einer Wohnung durch den Vermieter dazu, dass insgesamt von einer Selbstnutzung auszugehen ist, auch soweit ein anderer die Wohnung mitnutzt (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 1990 IX R 148/86, BFH/NV 1990, 773). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob zwischen dem Antragsteller und Frau B eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bestand (vgl. zur Vermietung an den Partner BFH-Urteil vom 30. Januar 1996 IX R 100/93, BStBl II 1996, 359, m.w.N.). Entscheidend kommt es darauf an, dass die von der Steuerfahndung angeführten Indizien, die die Einlassung des Antragstellers nach Auffassung des erkennenden Senats nicht überzeugend widerlegt, den Schluss darauf zulassen, dass der Antragsteller und Frau B die Wohnung in mehr oder minder gleichberechtigtem, geteilten Maße nutzten und bewirtschafteten. Der Senat hält die Gegenäußerung des Antragstellers - auch soweit sie nicht lediglich die Feststellungen des FA relativiert - nicht in dem Maße für glaubhaft gemacht, dass er hiermit - jenseits von einzelnen Detailaussagen der Zeugen oder vereinzelten Details der Ermittlungsergebnisse - durchdringen könnte. Dagegen ist die Indizienwürdigung des Finanzamtes bei summarischer Würdigung überzeugend. Als wesentliche Indizien, die aus Sicht des erkennenden Senats für eine Mitnutzung sprechen sind die bei der Durchsuchung vorgefundene Wohnsituation in A zu nennen, die Zeugenaussagen, die in ihrem Kern bei summarischer Prüfung nach Aktenlage glaubwürdig erscheinen, sowie die weiteren Gesamtumstände (z.B. gemeinsames Auftreten bei Eigentümerversammlungen, gemeinsame An- und Abreise, anderweitige Wohnsituation in München).

Hinsichtlich der vom Antragsteller aufgeworfenen Frage der Festsetzungsverjährung der Jahre 1999 und 2000 bejaht der erkennende Senat bei summarischer Prüfung eine Steuerhinterziehung mit mindestens Eventualvorsatz und geht von der verlängerten Frist des § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

Ende der Entscheidung

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