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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: 1 V 892/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
EStG § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 V 892/06

Aussetzung der Vollziehung in Sachen Einkommensteuer 1995 bis 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

ohne mündliche Verhandlung am 6. April 2006 beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

Gründe:

I.

Streitig ist in der Hauptsache, ob der Kläger Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 1995 bis 2001 geltend machen kann.

Bei den geltend gemachten Werbungskosten handelt es sich um Aufwendungen im Zusammenhang mit einem in 1993 angeschafften Einfamilienhaus, das in der Folgezeit renoviert wurde. Eine Vermietung fand bis zur Veräußerung nicht statt, da das Haus wegen Baumängeln bzw. nicht abgeschlossener Renovierung jedenfalls teilweise unbewohnbar war. Der Kläger trägt eine von Anfang an bestehende Vermietungsabsicht vor.

Der Sachverhalt ist detailliert dargelegt in der Einspruchsentscheidung (EE vom 1. Februar 2006) des Beklagten - des Finanzamtes (FA) - über den Einspruch des Klägers gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Einkommensteuer-(ESt-) Bescheide 1995 bis 2001. Auf die dortige Darstellung (unter Gründe, Textziffer I.; siehe Blätter 37 ff. der ESt-Akte "AdV") wird verwiesen (entsprechend § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO-).

Der Kläger beantragt,

die Vollziehung der ESt-Bescheide -für 1995 vom 2. Dezember 2002, -für 1996 vom 10. Dezember 2002, -für 1997, 1998 und 1999 jeweils vom 2. Dezember 2002, -für 2000 vom 19. November 2003 und -für 2001 vom 1. März 2004 jeweils in Gestalt der EEen vom 22. Februar 2005 für die Dauer der Rechtshängigkeit der Hauptsacheklage beim Finanzgericht München in Höhe der ESt-Beträge aufzuheben bzw. auszusetzen, die sich durch die Nichtberücksichtigung der Werbungskostenüberschüsse betreffend das Einfamilienhaus in Y, ...str. .. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergeben.

Das FA beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Es verweist auf die EE.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Hinsichtlich der Anträge auf AdV der ESt für 1996 und 1997 ist der Antrag bereits unzulässig, weil der Kläger an der AdV der ESt-Bescheide (Folgebescheide) kein schutzwürdiges Interesse hat, wenn dieser Antrag - wie im Streitfall - mit Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen im Feststellungsbescheid begründet wird (std. Rspr. vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH-vom 29. Oktober 1987 VIII R 413/83, BStBl II 1988, 240).

Im Übrigen ist der Antrag unbegründet. Bei summarischer Prüfung anhand der präsenten Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO an der Rechtmäßigkeit der übrigen angefochtenen ESt-Bescheide für 1995 und 1998 bis 2001.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der AdV-Antrag ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; und vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind gem. § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter anderem solche aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken und Gebäuden. Die Einkünfte werden gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Die zu berücksichtigenden Einkünfte können - insbesondere aufgrund von Anlaufverlusten - auch negativ sein und können dann im Rahmen der horizontalen Verlustverrechnung nach Maßgabe der entsprechenden Vorschriften mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Solche negativen Einkünfte können auch schon entstehen, bevor Einnahmen fließen (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1981 VIII R 107/79, BStBl II 1982, 495). Voraussetzung für die Anerkennung solcher vorab entstandener Werbungskosten ist allerdings, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, in deren Rahmen ein Abzug begehrt wird, besteht (BFH-Urteil vom 6. März 1975 IV R 146/70, BStBl II 1975, 574). Ein solcher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und späteren Einkünften besteht von dem Zeitpunkt an, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass ein Steuerpflichtiger den Entschluss, durch die Errichtung oder den Erwerb eines Gebäudes die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen, endgültig gefasst hat (BFH-Urteile vom 13.November 1973 VIII R 157/70, BStBl II 1974, 161; vom 10. März 1981 VIII R 195/77, BStBl II 1981, 470). Die Aufwendungen können selbst dann abziehbar sein, wenn es entgegen den Planungen des Steuerpflichtigen nicht zu Einnahmen kommt, sofern nur eine erkennbare Beziehung zu den angestrebten Einkünften besteht (BFH-Urteile in BStBl II 1974, 161; vom 14. Februar 1978 VIII R 9/76, BStBl II 1978, 455; vom 25. Juli 1978 VIII R 42/76, BStBl II 1979, 14; vom 9. September 1980 VIII R 44/78, BStBl II 1981, 418).

Nach diesen Maßstäben scheidet bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Würdigung auf Grund der präsenten Beweismittel die Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Einfamilienhauses in y, ...str. .., aus.

Zwar hat der Kläger vorgetragen, er habe das Haus 1993 zusammen mit seiner mittlerweile von ihm geschiedenen damaligen Ehefrau erworben und in der Folgezeit renoviert mit dem Ziel, dieses nach Abschluss der Arbeiten zu vermieten und damit Einkünfte zu erzielen. Diese Vermietungsabsicht habe sich auch nach außen dokumentiert, indem er durch Aushänge an Pinnbrettern in Super-und Baumärkten der Umgebung Mieter gesucht habe. Im März 1996 sei "unter anderem mit einem Inserenten auf den 1. Januar 1997 eine Vermietung geplant" gewesen "zu einem Mietzins von 400 DM monatlich". Wegen schwerwiegender Baumängel und scheidungsbedingter Ursachen sei diese Vermietung jedoch nicht realisiert worden.

Dieser Vortrag vermag es jedoch nicht, dem Antrag des Klägers zum Erfolg zu verhelfen.

Das Gericht kann dahingestellt lassen, ob der vorgetragene Sachverhalt ausreichende objektive Umstände böte, die eine Würdigung dahingehend erlauben würden, dass der Kläger bzw. seine damalige Ehefrau eine Vermietung des Hauses beabsichtigten. Bereits das erscheint mit Blick darauf zweifelhaft, dass das einzige objektive Beweisanzeichen für eine bestimmte Verwendung des Hauses die offenbar unstreitige Veräußerungsanzeige im Jahr 1998 ist, die eher gegen eine Vermietungsabsicht spricht. Auch die Tatsache, dass die Kläger sich ca. 4 Monate nach Erwerb mit Nebenwohnsitz in dem Haus gemeldet haben, spricht nicht für eine Vermietungsabsicht. Selbst wenn mit dem Kläger von einer Vermietungsabsicht ausgegangen werden könnte, sprächen die hohen Werbungskostenüberschüsse bei Hinnahme des Einnahmeausfalls durch die außerordentlich schleppende Durchführung der Renovierungsmaßnahmen gegen eine Überschusserzielungsabsicht und damit aus diesem Grund gegen die steuerliche Berücksichtigung der Werbungskostenüberschüsse.

Entscheidend ist für die Ablehnung des Antrages im summarischen AdV-Verfahren, dass der Kläger keinerlei Nachweis geführt hat, der für eine jemals bestehende Vermietungsabsicht und damit für das Begründen einer Einkunftsquelle mit dem Haus spräche. Die Feststellungslast für steuermindernde Umstände trägt der Steuerpflichtige (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, BStBl II 1983, 760 m.w.N.). Mithin fehlt es insoweit bereits an einer steuerlich erheblichen Tätigkeit des Klägers bzw. seiner ehemaligen Ehefrau. Damit scheidet auch jeder Ansatz von Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Haus als steuerlich wirksame Werbungskosten aus.

Der Antrag auf AdV war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 128 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung).



Ende der Entscheidung

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