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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 06.12.2006
Aktenzeichen: 10 K 1642/06
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 2 Abs. 1 S. 1
EigZulG § 2 Abs. 2
EigZulG § 9 Abs. 2 S. 1
EigZulG § 9 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 1642/06

Eigenheimzulage ab 2004

In der Streitsache ...

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

.... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...und ...

ohne mündliche Verhandlung

am 06. Dezember 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Abänderung des Bescheids über Eigenheimzulage ab 2004 vom 20. September 2004 und der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006 wird der jährliche Fördergrundbetrag auf 2.556 EUR festgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

Streitig ist, ob der Kläger nur Anspruch auf die geringere Eigenheimzulage für eine Erweiterung oder auf die höhere Eigenheimzulage für einen Neubau hat.

I. Mit Vertrag vom 26. November 2002 wurde dem Kläger (Kl) von seiner Mutter das Grundstück ... in ... unentgeltlich überlassen. Auf dem Grundstück befand sich ein im Jahr 1957 errichtetes Gebäude. Dieses wies folgende Wohnräume auf:

 GeschossRäumeNutzung
Untergeschoss:2 Zimmer zu insgesamt 25 qmFremdenvermietung
Erdgeschoss:Wohn-, Schlaf-, Kinderzimmer, Küche, WC zu insgesamt 55 qmEltern des Kl
Obergeschoss:Wohn-, Schlaf-, Kinderzimmer, Küche, WC zu insgesamt 50 qmGroßeltern des Kl

1963 wurde eine Garage mit Abstellraum angebaut. 1973 wurde das Untergeschoss um einen Vorratsraum, ein weiteres Fremdenzimmer und um ein Bad/WC erweitert. Nach dem Tod der Großeltern wurden die Obergeschossräume ab 1968 sukzessive umgebaut und zur Fremdenvermietung genutzt. Wohn- und Schlafzimmer wurden jeweils als Doppelzimmer, das Kinderzimmer als Einzelzimmer genutzt. Die Küche wurde in einen Aufenthaltsraum umgewidmet. Die Fremdenvermietung erfolgte bis 2002.

Nach der unentgeltlichen Übertragung auf den Kl wurde das Erdgeschoss weiter von dessen Mutter bewohnt. Das Obergeschoss wollte der Kl mit seiner Lebensgefährtin und deren zwei Kindern selbst nutzen. Hierzu wurden zur Schaffung weiteren Raumes in 2003/2004 anstelle der Garage ein Anbau errichtet und räumliche Veränderungen im Altbau vorgenommen:

 AltbauVerlegung des Treppenhauses in den Anbau
 Zusammenlegung von Wohn- und Schlafzimmer im Erdgeschoss
 Entkernung des Obergeschosses, Erhaltung nur einer tragenden Innenwand, Schaffung einer offenen Küche zum vergrößerten Wohnzimmer, Errichtung neuer Trennwand zum Schlafzimmer.
AnbauTreppenhaus
 Abgeschlossene Einheit Büroraum mit Nasszelle und Küchenzeile im Erdgeschoss
 Schlafzimmer im Erdgeschoss zur Erdgeschosswohnung im Altbau
 2 Kinderzimmer im Obergeschoss
 Bad/WC im Obergeschoss

Mit Antrag vom 28. April 2004 begehrte der Kl Eigenheimzulage für das Objekt. Er gab an, dass das Objekt über 5 Wohnungen verfügt, die Nutzfläche insgesamt 339,3 qm beträgt und hiervon 244,82 qm zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 20. September 2004 ab 2004 eine jährliche Eigenheimzulage in Höhe von 1.278 EUR fest und führte zur Begründung aus, dass die Maßnahme eine Erweiterung und keinen selbstständigen Neubau darstelle. Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch korrigierte der Kl die bislang angegebenen Herstellungskosten dahingehend, dass auf die vom Kl genutzte Wohnung und die unentgeltlich an seine Mutter überlassene Wohnung ein Bauaufwand in Höhe von 204.944,51 EUR entfällt. Die restlichen 101.388,23 EUR wurden als Kosten von Ferienwohnungen ausgewiesen. Dem Begehren des Kl auf Festsetzung der Eigenheimzulage in Höhe des für Neubauten geltenden Fördergrundbetrags gab das FA nicht statt und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Durch die Baumaßnahme sei neuer Wohnraum geschaffen worden. Aus der vorgelegten Bescheinigung des Architekten ergebe sich, dass in den Obergeschossräumen keine Anschlüsse für Wasser und Abwasser und Herd der früheren Küche und auch keine sanitären Anlagen bzw. Anschlüsse für ein Badezimmer mehr vorhanden gewesen seien. Diese seien wohl im Rahmen der früheren Umbaumaßnahmen beseitigt worden, da für die Eltern wegen der Gästezimmervermietung eine Reaktivierung der Küche nicht in Frage gekommen sei. Dadurch sei der Wohnungscharakter der OG- Räume verloren gegangen. Durch die Baumaßnahmen sei daher in 2004 im Obergeschoss erstmalig wieder eine Wohnung geschaffen worden, die vorhandene Räume im Altbau mit einschloss. Zum Nachweis wurden Bestätigungen des Architekten und eines früheren Feriengastes vorgelegt, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird. Die vom FA angeführte Fremdenzimmer-Werbung habe sich auf ein Etagen-WC im Treppenhaus und eine Duschmöglichkeit im Erdgeschoss-Bad der Mutter bezogen. Insofern habe es für die Obergeschosswohnung sogar an der Abgeschlossenheitsvoraussetzung gefehlt.

Der Kl beantragt sinngemäß,

den Bescheid über Eigenheimzulage ab 2004 vom 20. September 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2006 dahingehend abzuändern, dass ein jährlicher Fördergrundbetrag in Höhe von 2.556 EUR festgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hierzu verweist es unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung darauf, dass zwar neuer Wohnraum, aber keine neue Wohnung im Obergeschoss geschaffen worden sei. Die Bestätigung des Architekten über die fehlenden Anschlüsse im Obergeschoss widerspreche der seinerzeitigen Werbung der Mutter des Kl für Fremdenzimmer, wo zwei Doppel- und ein Einzelzimmer mit Etagen-WC und Dusche angeboten worden seien.

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II. Die Klage, die als Anfechtungsklage zu behandeln ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH--vom 20. Dezember 2000 III R 17/97, BFH/NV 2001, 914 und vom 21. März 2002 III R 30/99, BFHE 198, 184, BStBl II 2002, 547 betreffend die Ablehnung von Investitionszulage), ist begründet. Das FA ist zu Unrecht nicht von der Herstellung einer Wohnung ausgegangen.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus begünstigt. Nach § 2 Abs. 2 EStG in der für das Jahr 2003 geltenden Fassung wird für Objekte mit deren Herstellung bis zum 31. Dezember 2003 begonnen wurde (§ 19 Abs. 8 S. 1 EigZulG i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes vom 29. Dezember 2003, BGBl. I S. 3076, BStBl I 2004, 120) auch der Ausbau und die Erweiterung an einer Wohnung gefördert. Der Fördergrundbetrag beträgt bei Objekten, mit deren Herstellung bis zum 31. Dezember 2003 begonnen wurde, nach § 9 Abs. 2 S. 1 und S. 2 EigZulG für die Herstellung einer Wohnung 5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.556 EUR, und für Erweiterungen 2,5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 1.278 EUR. Herstellen einer Wohnung bedeutet, dass eine neue, bisher nicht vorhandene Wohnung geschaffen wird. Unter einer Wohnung ist die Zusammenfassung mehrerer Räume zu verstehen, in denen ein selbstständiger Haushalt geführt werden kann. Es müssen daher auch eine Küche oder zumindest eine Kochgelegenheit, Bad oder Dusche und WC vorhanden sein. Außerdem müssen die Räume in Mehrfamilienhäusern baulich gegenüber anderen Räumen abgeschlossen sein und einen eigenen Zugang haben (BFH-Urteil vom 15. November 1995 X R 102/95, BFHE 179, 290, BStBl II 1998, 92).

Im vorliegenden Fall hat der Kl im Obergeschoss eine neue Wohnung hergestellt. Die bisher im Obergeschoss vorhandenen Räume erfüllten nicht die Voraussetzungen einer Wohnung. Nach dem vorliegenden Grundriss des Altbaus verfügte das Obergeschoss nur über ein Wohn-, ein Schlaf-, ein Kinderzimmer und einen als Küche bezeichneten Raum. Ein Bad oder eine Dusche waren im Obergeschoss nicht vorhanden. Das FA hat auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass Anschlüsse für ein Bad oder eine Dusche im Obergeschoss existierten. Dass die Mutter des Kl Fremdenzimmer im Obergeschoss mit Etagen-WC und Dusche angeboten hat, besagt nicht, dass die Duschmöglichkeit zum einen im Obergeschoss und zum anderen im abgeschlossenen Bereich der Wohnräume vorhanden gewesen sein muss. Vielmehr ergibt sich aus den vorliegenden Bauunterlagen über den in den 50erJahren errichteten Altbau (Grundriss), die daran in den 70er-Jahren durchgeführten Baumaßnahmen (Wohn-/Nutzflächenberechnung und Grundriss Untergeschoss) und die Beschreibung des Wohnflächenbestands vor den 2003/2004 durchgeführten Baumaßnahmen, dass im Obergeschoss weder ein Bad noch eine Dusche eingefügt wurden. Die Darlegung des Kl, dass im Erdgeschoss eine Duschmöglichkeit vorhanden war, wird dagegen durch die Wohnflächenberechnung vom 19. Mai 2003 (Erdgeschoss Bestand Bad 5,15 qm, Dusche/ WC 2,66 qm) bestätigt. Zudem befand sich auch das im Obergeschoss vorhandene WC nach dem vorliegenden Plan nicht in einem abgeschlossenen Bereich mit den Wohnräumen, sondern war nur über das allgemein zugängliche Treppenhaus als Etagen-WC nutzbar. Dahingestellt sein lassen kann der Senat die Frage, ob in dem als Küche bezeichneten Raum noch Herd- und Spülenanschlüsse vorhanden waren, da dem abgeschlossenen Teil der Obergeschosswohnräume bereits mangels Bad/Dusche und WC der Wohnungscharakter fehlte.

Durch die in 2003/2004 durchgeführten Baumaßnahmen wurde im Obergeschoss eine neue Wohnung geschaffen. Sie verfügt neben den Wohnräumen über ein Bad mit WC und Dusche sowie eine Küche und ist gegenüber dem Treppenhaus abgeschlossen. Entgegen den Angaben des Kl können in die Bemessungsgrundlage der Eigenheimzulage aber nicht auch die auf den im Erdgeschoss geschaffenen Büroteil und die auf die Räumlichkeiten der Mutter entfallenden Herstellungskosten einbezogen werden, da diese Räume nicht Teil der Obergeschosswohnung sind. Jedoch ergibt sich auch aufgrund der vom FA für die Obergeschosswohnung ermittelten Herstellungskosten in Höhe von 103.112,50 EUR ein Fördergrundbetrag in Höhe von 2.556 EUR (5 v.H. von 103.112,5 EUR = 5.155,63 EUR, höchstens 2.556 EUR).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).



Ende der Entscheidung

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