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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 16.12.2008
Aktenzeichen: 10 K 1954/07
Rechtsgebiete: EStG, HGB


Vorschriften:

EStG § 5 Abs. 1
HGB § 249 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Einkommensteuerbescheid und der Gewerbesteuermessbescheid vom 03. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 07. Mai 2007 werden dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer auf 14.189 EUR und der Gewerbesteuermessbetrag auf 1.575 EUR herabgesetzt werden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 80% und der Beklagte zu 20%.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Gründe:

Streitig ist, ob der Kläger als selbstständiger Versicherungsvertreter eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands für künftige Betreuungsleistungen aufgrund bestehender Versicherungsverträge bilden kann.

I. Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger (Kl) erklärte u.a. gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Versicherungsgeneralagentur. Diese führt er nach dem Ausscheiden seines Vaters aus der bis 31. Dezember 1993 bestehenden Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (nachfolgend GbR) als Einzelunternehmer. Im Rahmen der für das Streitjahr eingereichten Bilanz berücksichtigte der Kl eine Rückstellung für Kosten der Bestandspflege. Diese Rückstellung war bereits in der auf den 31. Dezember 2003 aufgestellten Bilanz mit einem Betrag von 22.412 EUR eingestellt worden. Im Streitjahr erhöhte der Kl die Rückstellung durch Zuführung eines weiteren Betrages in Höhe von 724 EUR auf 23.136 EUR.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte diese Rückstellung nicht an und erhöhte den erklärten Gewinn von ... EUR auf ... EUR. Die ESt wurde mit Bescheid vom 03. Juli 2006 auf ... EUR festgesetzt. Der Gewerbesteuermessbetrag (GewStMB) wurde mit Bescheid vom 03. Juli 2006 unter Ansatz eines Gewinns in Höhe von ... EUR auf ... EUR festgesetzt. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidungen vom 07. Mai 2007 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird --nachdem im Laufe des Klageverfahrens vom ursprünglich geltend gemachten Rückstellungsbetrag in Höhe von 23.536,75 EUR Abstand genommen wurde-- im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Zum Bestand der Generalagentur des Kl für die X Versicherung (nachfolgend X-AG) (vorheriger Vertragspartner: V-Versicherung -- nachfolgend V--) hätten zum 31. Dezember 2004 68 Pensionskassenverträge und 133 Direktversicherungen und Gruppenverträge ohne Bestandspflegeprovision gehört. Von weiteren 574 Lebens- und Rentenverträgen sei für 196 Verträge keine Bestandspflegeprovision gezahlt worden. Von insgesamt 775 Verträgen sei daher für 397 Verträge keine Bestandspflegeprovision von der X-AG geleistet worden. Der durchschnittliche Betreuungsaufwand pro Vertrag betrage 2 Stunden für die gesamte Laufzeit des Vertrages. Entsprechend der vom FA durchgeführten Berechnung betrage der Lohnaufwand für die insoweit eingesetzten Mitarbeiter durchschnittlich 15,18 EUR. Bei Ansatz von 397 Verträgen, 2 Stunden Pflegeaufwand pro Vertrag und einem Stundensatz von 15,18 EUR ergebe sich ein Rückstellungsbetrag in Höhe von 12.052,92 EUR. Den anfallenden Betreuungsaufwand hat der Kl mit Schreiben vom 16. Juli 2007 ausführlich dargelegt. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. Auch hinsichtlich der vom Vater des Kl übernommenen Verträge bestehe eine Betreuungsverpflichtung und damit ein Erfüllungsrückstand.

Die Kläger beantragen,

den ESt-Bescheid und den GewStMB-Bescheid (nur Kläger) vom 03. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 07. Mai 2007 dahingehend abzuändern, dass unter Ansatz eines Gewinns aus Gewerbebetrieb des Kl in Höhe von ... EUR die ESt auf ... EUR und der GewStMB auf ... EUR herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf Folgendes: Die Rückstellungsbildung scheitere daran, dass keine wesentliche Verpflichtung des Kl vorliege. Der Beitragseinzug erfolge regelmäßig per Lastschrift. Der Lastschrifteinzug werde nicht vom Kl, sondern von der Versicherungsgesellschaft durchgeführt. Die vom Kl angeführten Betreuungsleistungen kämen nur in Einzelfällen vor. Zudem erhalte der Kl für 378 Verträge ein Pflegegeld und habe nach eigenem Vortrag viele Verträge von seinem Vater übernommen, so dass insoweit keine eigenen Ansprüche (insbesondere auf Provision) bestünden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Kläger vom ..., wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

II. Die Klage ist teilweise begründet.

1. Nach § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 249 Abs. 1 S. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden.

Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist u.a. aber dann geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs -- BFH-- vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735, m.w.N.). Schwebende Geschäfte sind gegenseitige Verträge i.S. der §§ 320 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die von der zur Sach- oder Dienstleistung verpflichteten Partei --abgesehen von unwesentlichen Nebenpflichten-- noch nicht voll erfüllt sind (BFH, Großer Senat in BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735 m.w.N.).

Ein Erfüllungsrückstand liegt vor, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner im Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten hatte. Der BFH knüpfte den Begriff des Erfüllungsrückstandes herkömmlicherweise eng an den schuldrechtlich gebotenen Zeitpunkt der Erfüllung. Darüber hinaus hat er aber auch eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung genügen lassen. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass mit der nach dem Vertrag geschuldeten zukünftigen Leistung nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten wird. Wann eine vertragliche Verpflichtung erfüllt ist, bestimmt sich seither auch bei Dauerschuldverhältnissen nicht mehr entscheidend nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, sondern nach dem wirtschaftlichen Gehalt der geschuldeten (Sach-) Leistung (BFH, Großer Senat in BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735 m.w.N.). Erfüllungsrückstand setzt nicht die Fälligkeit der vertraglich noch geschuldeten Leistung zum Bilanzstichtag voraus ( BFH-Urteil vom 28. Juli 2004 XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866 m.w.N.).

2. Im vorliegenden Fall war der Kläger dem Grunde nach zur Bildung einer Rückstellung berechtigt.

a) Der Kl hat eine Bestandsbetreuungs- bzw. Pflegeverpflichtung übernommen. Nr. 2.1.1. des mit der V geschlossenen zum 01. Januar 1999 beginnenden Vertretungsvertrages sieht u.a folgende Verpflichtungen des Kl vor: "sich...für die Erhaltung der bestehenden Versicherungen zu bemühen (Bemühungspflicht)". "Um die bestehenden Versicherungen zu erhalten, pflegt der Vertreter im Rahmen seiner Möglichkeiten laufend Kontakt mit den Versicherungsnehmern, berät sie aus eigener Initiative oder auf deren Wunsch. Ziel ist es dabei immer, dass der Kunde umfassend versichert ist und bleibt." Hieraus folgt, dass die Leistungspflicht des Kl nicht mit der Vermittlung des Abschlusses neuer Versicherungsverträge erschöpft ist, sondern auch die Betreuung des bestehenden Bestandes umfasst. Zwar dient die Betreuung des bestehenden Bestandes zum Teil der Gewinnung neuer Abschlüsse, zum Teil aber auch der Erhaltung des bestehenden Bestandes. Entgegen der Ansicht des FA handelt es sich bei der am Bilanzstichtag noch zu erbringenden Bestandspflegeleistung auch nicht um eine unwesentliche Nebenleistung, die einer Aktivierung der vollen Gegenleistung nicht entgegenstünde (s. hierzu BFH-Urteil in BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866 m.w.N.).

b) Hinsichtlich dieser Bestandsbetreuungsverpflichtung hat der Kl nur für einen Teil der Verträge Anspruch auf eine Pflegeprovision. Die Besonderen Provisionsbestimmungen Leben der V sehen unter Buchst. F vom zweiten Jahresbeitrag an für Kapital-, VL- und Risiko-Versicherungen die Zahlung eines Pflegegeldes vor. Nicht pflegegeldpflichtig sind dagegen Presseversicherung, Versicherungen innerhalb der Sonderabrechnungsverbände und Verträge mit Konsortialpartnern. In den zugehörigen Provisionstabellen ist unter 3.1.1 für Kapital-, VL- und Risiko-Lebensversicherung ein Pflegegeld in Höhe von 0,8% aus dem Beitrag vorgesehen. Nach dem Nachtrag zum Vertretungsvertrag (s. hierzu Schreiben der V vom 21.07.2000) gelten für den Kl für die ab dem 01. Juli 2000 vermittelten Verträge die besonderen Provisionsbestimmungen Leben (PBL). Danach ist insbesondere auch ein Pflegegeld für Lebensversicherungen in Höhe von 1,5% des jeweiligen Beitrags vorgesehen. Nach der Pflegegeldtabelle Leben sind Pflegerentenversicherungen, IPV-, VL-, Gruppen-Versicherungen und Versicherungen über Rahmenabkommen nicht pflegegeldpflichtig. Diese Vereinbarungen zwischen der V und dem Kl blieben nach dem Schreiben der A vom 24. April 2003 nach Verschmelzung der X-AG mit der V unverändert erhalten. Insbesondere ist unter Nr. 2 c des Schreibens vorgesehen, dass bestehende Pflegegeldberechtigungen für Lebensversicherungsverträge fortwirken.

Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kl im Bereich der Altverträge (vor 01.07.2000 vermittelte Verträge) für Presseversicherungen, Versicherungen innerhalb der Sonderabrechnungsverbände und Verträge mit Konsortialpartnern sowie im Bereich der Neuverträge (ab 01.07.2000 vermittelte Verträge) für Pflegerentenversicherungen, IPV-, VL-, Gruppen-Versicherungen und Versicherungen über Rahmenabkommen keinen Anspruch auf gesondertes Pflegegeld hat. Für diese Verträge besteht ausschließlich ein Anspruch auf Abschlussprovision, der mit der Policierung bzw. einem später vereinbarten Versicherungsbeginn entsteht (s. Buchst C der Besonderen Provisionsbestimmungen Leben der V und Buchst C der Besonderen Provisionsbestimmungen Leben -- PBL--). Insoweit kann sich das FA auch nicht auf die Entscheidungsgründe des Urteils des erkennenden Senats vom 27. Februar 2008 (10 K 1237/07, EFG 2008, 931) berufen. Denn im dort entschiedenen Fall hatte der Kläger für alle von ihm vermittelten Verträge Anspruch auf Bestandspflegeprovision. Der Senat hat dort insoweit nur untersucht, ob sich aus den Versicherungsbedingungen Hinweise darauf ergeben, dass --entsprechend der Behauptung des Klägers-- trotz Zahlung von Bestandspflegeprovision Teile der Abschlussprovision zur Abgeltung des Pflegeaufwands gezahlt werden. Demgegenüber macht der Kl im vorliegenden Fall nur für Verträge ohne Pflegeprovision geltend, dass der Pflegeaufwand mit der Abschlussprovision abgegolten wird. Dies entspricht der vom BFH in BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866 entschiedenen Sachverhaltskonstellation. Da unter fremden Dritten nicht davon auszugehen ist, dass Leistungen (hier Bestandspflege) ohne Gegenleistung erbracht werden, kommt nur ein Teil der Abschlussprovision als Gegenleistung in Betracht. Der Kl hat danach im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf die Abschlussprovision seine u.a. auch in der Betreuung der Bestandskunden bestehende Gegenleistung nicht im vollen Umfang erbracht und befindet sich daher im Erfüllungsrückstand.

c) In Erfüllungsrückstand befindet sich der Kl auch insoweit, als er Verträge weiter betreut, die bereits von der GbR vermittelt wurden und für die bereits die GbR Abschlussprovision vereinnahmt hat. Denn auch insoweit dauert der mit der Vermittlung des Versicherungsvertrages begründete Schwebezustand solange fort, bis der Kl als Rechtsnachfolger der GbR die von dieser übernommene Pflegeverpflichtung wirtschaftlich vollständig erfüllt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt ist bilanzrechtlich keine Realisation eingetreten. Die Rückstellungsbildung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die GbR die Bildung einer entsprechenden Rückstellung unterlassen hat. Denn insoweit war bereits die Bilanz der GbR unrichtig.

3. Die Höhe der im Streitjahr zu berücksichtigenden Rückstellung beträgt 1.680 EUR.

a) Nach den zuletzt vom Kl auf die Aufklärungsanordnung vom 09. April 2008 gemachten und vom FA nicht bestrittenen Angaben im Schriftsatz vom 29.05.2008 bestand für 396 von 775 Verträgen Anspruch auf Bestandspflegeprovision. Mithin hatte der Kl --entgegen der ursprünglichen Darlegung im Schriftsatz vom 16.07.2007-- nur 379 Verträge ohne Bestandspflegeprovision in seinem Bestand.

b) Hinsichtlich des geltend gemachten Bestandspflegeaufwands ist nach den Gesamtumständen des Falles nur eine Betreuungszeit von 1 h pro Vertrag zur Überzeugung des Senats nachgewiesen worden. Der Kl hat insoweit dem Grunde nach substantiiert und glaubhaft dargelegt, dass er --entgegen der auf den Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (vom 28. November 2006 IV B 2 - S 2137 - 73/06, BStBl I 2006, 765) gestützten Einlassung des FA-- trotz fehlender Inkassozuständigkeit wesentliche Betreuungsleistungen gegenüber den Bestandskunden zu erbringen hat. So hält es der Senat insbesondere für glaubhaft, dass die Mitarbeiter des Kl als vor Ort zur Verfügung stehende Berater Kundenanfragen über Vertragsdetails wie Höhe der Gewinnbeteiligung, Höhe des Rückkaufswerts, Restlaufzeit und Höhe des Berufsunfähigkeitsschutzes entgegennehmen müssen. Auch wenn das Vermittlerbüro insoweit Anfragen an die Versicherung nur weiterleiten muss, ist damit Aufwand verbunden. Glaubhaft ist auch, dass das Büro bei Änderung der persönlichen Verhältnisse des Versicherungsnehmers (Heirat, Scheidung, andere Fälle der Bezugsrechtsänderung) und im Schadensfall als erster Ansprechpartner fungiert. Ebenso hat der Kl nachvollziehbar dargelegt, dass sein Büro bei Fragen im Zusammenhang mit Zahlungsschwierigkeiten und Beleihungen vermittelnd zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung tätig wird. Insoweit geht der Senat davon aus, dass gewöhnlich zumindest bei einem Teil der Versicherungen Aufwand entsteht. Demgegenüber überzeugt die Einlassung des Kl den Senat insoweit nicht, als dieser besonders großen Aufwand im Zusammenhang mit der Fusion von X-AG und V darlegt. Zum einen ergibt sich aus dem Schreiben der X-AG vom 24. April 2003, dass die Verschmelzung bereits in 2002 stattfand, so dass davon auszugehen ist, dass der Aufwand im Wesentlichen in 2002 und in 2003 entstanden und gewinnwirksam geworden ist und somit zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2004 kein Erfüllungsrückstand mehr bestand. Zum anderen handelt es sich insoweit um einen außergewöhnlichen Aufwand, der keinen Rückschluss auf den regelmäßig anfallenden Betreuungsaufwand zulässt. Nicht als Betreuungsaufwand wertet der Senat auch Besprechungen im Zusammenhang mit Laufzeitverlängerungen und Anpassungen der Beitragssumme (soweit es sich um Erhöhungen der Versicherungssumme handelt), weil es sich insoweit um die Akquisition von Neugeschäft handelt und der Kl mithin weitere Ansprüche auf Abschlussprovision erwirbt (s. etwa Buchst A "Beitragssumme" der Besonderen Provisionsbestimmungen Leben der V und der PBL). Schließlich hat der Kl hinsichtlich des genauen Umfangs des Betreuungsaufwands auch nicht substantiiert dargelegt, bei welchem prozentualen Anteil der nicht bestandsprovisionierten Fälle und mit welcher Häufigkeit berücksichtigungsfähiger Betreuungsaufwand anfällt. Da genauere Aufzeichnungen über den anfallenden Zeitaufwand fehlen und dieser Aufwand auch anderweitig nicht exakt feststellbar ist, macht der Senat von seiner eigenen Schätzungsbefugnis nach § 96 Abs. 1 S. 1 FGO i.V.m. § 162 Abgabenordnung Gebrauch. An anderweitigen Erfahrungen in der Schätzung des anfallenden Aufwandes ist insoweit nur das Urteil des FG Münster vom 13. September 2007 (12 K 6087/04 E, EFG 2007, 1931) ersichtlich, dass unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Umstände einen zeitlichen Aufwand von 1 Stunde für angemessen hielt. Der erkennende Senat hält unter Berücksichtigung der Schätzung des Kl und unter Gesamtwürdigung aller weiteren Umstände ebenfalls einen durchschnittlichen Zeitaufwand von 1 Stunde pro Vertrag für realitätsgerecht.

c) Unstrittig ist der Stundensatz pro Mitarbeiter mit 15,18 EUR anzusetzen.

d) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst e ist die Rückstellung mit 5,5% abzuzinsen. Die Laufzeit der nicht mit Pflegeprovision ausgestatteten Policen betrug nach den vorgelegten Listen zum Bilanzstichtag im Durchschnitt noch 23 Jahre. Hiernach sind die Rückstellungen mit dem Vervielfältiger 0,292 in der Bilanz des Streitjahrs abzuzinsen (vgl. BMFSchreiben vom 26. Mai 2005 IV B 2-S 2175-7/05, BStBl 2005, 699, Rn. 28 und Tabelle 2).

Es ergibt sich folgende Berechnung:

379 (Verträge) x 1 (Stunde) x 15,18 EUR (Stundenlohn) x 0,292 (Abzinsungsfaktor) = 1.680 EUR.

4. Unter Ansatz einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstandes in Höhe von 1.680 EUR reduziert sich der Gewinn aus Gewerbebetrieb von ... EUR auf ... EUR. Unter weiterem Ansatz der GewSt-Vorauszahlungen laut Bilanz (... EUR) ist zudem eine GewSt-Rückstellung in Höhe von ... EUR zu berücksichtigen. Die festgesetzte ESt 2004 reduziert sich hiernach auf ... EUR.

Der GewStMB 2004 reduziert sich unter Ansatz eines gerundeten gewerblichen Gewinns in Höhe von ... EUR (... EUR ./. ... EUR GewSt-Rückstellung + ... EUR Dauerschuldzinsen ./. ... EUR Spenden) auf ... EUR.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO.

6. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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