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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 04.06.2008
Aktenzeichen: 10 K 2142/07
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 31 S. 3 | |
EStG § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 |
Finanzgericht München
Festsetzung von Kindergeld für M ab März 2006 und Rückforderung von Kindergeld für den Zeitraum von März 2006 bis Februar 2007
In der Streitsache
...
hat das Finanzgericht München, 10. Senat,
durch
...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04. Juni 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der Kläger ist der Stiefvater des am 10.10.1997 geborenen M. Mit Formblattschreiben vom 27.01.2006 begehrte der Kl Kindergeld für M. Im Antrag gab er an, dass das Kindergeld auf das Konto seiner Ehefrau T (Eheschließung ...10.2005, russische Staatsangehörige), der Mutter des M, ausgezahlt werden soll. Die Beklagte (die Familienkasse --FK--) gewährte antragsgemäß Kindergeld ab Oktober 2005 auf das angegebene Konto der Ehefrau. Im Rahmen der weiteren Leistungsgewährung ergaben die Ermittlungen der FK bei der zuständigen Meldebehörde, dass die Ehefrau des Kl von Amts wegen am 27.07.2006 nach Russland abgemeldet wurde. Der Kl hatte sich danach bereits zum 01.03.2006 an die neue Wohnanschrift L-Str. umgemeldet und galt seit diesem Zeitpunkt als getrennt lebend. Mit Bescheid vom 24.04.2007 hob die FK die Kindergeldfestsetzung ab März 2006 wegen fehlender Haushaltsaufnahme auf und forderte das bereits ausbezahlte Kindergeld für den Zeitraum von März 2006 bis Februar 2007 in Höhe von 1.848 EUR zurück.
Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 12.06.2007 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass das Kindergeld nicht auf das Konto des Kl, sondern das seiner Ehefrau gezahlt worden sei. Eine Überzahlung sei daher ausgeschlossen.
Der Kl beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 24.04.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2007 aufzuheben.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Kindergeldanspruch des Kl aufgrund des Wegfalls der Haushaltsaufnahme entfallen sei. Die Ehefrau des Kl sei nicht selbst Leistungsempfängerin gewesen, da die FK an diese nur zur Erfüllung des Anspruchs des Kl gezahlt habe.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 08. April 2008 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
II.
1. Die Klage ist unbegründet.
a) Die FK hat die Kindergeldfestsetzung zu Recht ab März 2006 aufgehoben.
Nach § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht für Stiefkinder ein Anspruch auf Kindergeld nur, wenn sie der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat.
Im vorliegenden Fall hat der Kl im Antrag auf Kindergeld vom 27.01.2006 sich selbst als Antragsteller und Kindergeldberechtigten angegeben und nicht seine Ehefrau. Da der Kl nicht leiblicher Vater des M ist, bestand eine Anspruchsberechtigung nur als Stiefvater. Anspruchsvoraussetzung ist in diesem Fall die Haushaltsaufnahme. Diese endete unstreitig im Februar 2006, da nur der Kl ab 01.03.2006 an eine neue Wohnanschrift umgemeldet war. Somit entfiel die Kindergeldberechtigung ab März 2006. Die FK war daher nach § 70 Abs. 2 EStG zur Aufhebung der Kindergeldfestsetzung berechtigt.
b) Die FK hat auch zu Recht das Kindergeld für den Zeitraum März 2006 bis Februar 2007 zurückgefordert.
aa) Ist eine Steuervergütung wie das Kindergeld (§ 31 S. 3 EStG) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 S. 2 AO). Durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes an den Kl ab März 2006 weggefallen.
bb) Ohne Erfolg wendet der Kl ein, das Kindergeld sei auf ein Konto überwiesen worden, über das im streitigen Zeitraum nur seine Ehefrau verfügen konnte. Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO sei deshalb nicht er, sondern seine Ehefrau. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Dritter als tatsächlicher Empfänger einer Zahlung dann nicht Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO, wenn die Behörde u.a. aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten an den Dritten zahlt (Urteil vom 16.03.2004 VIII R 48/03, BFH/NV 2004, 1218 m.w.N.). Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem Rechtsinhaber zu erfüllen. Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht wird, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erfüllen, ist nicht der Empfänger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht (vermeintlich) Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigte als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO anzusehen (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1218 m.w.N.). Im Streitfall war der Kl Leistungsempfänger des ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergeldes. Zwar hat die FK das Kindergeld ab März 2006 auf ein Konto überwiesen, über das der Kl nicht verfügen konnte. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kl mit der Angabe des Kontos im Kindergeldantrag der FK die Anweisung erteilt hatte, das Kindergeld auf dieses Konto zu überweisen. Die FK konnte deshalb mit befreiender Wirkung gegenüber dem Kl das Kindergeld auf dieses Konto zahlen.
cc) Der Kl kann gegenüber dem Rückforderungsanspruch der FK gemäß § 37 Abs. 2 AO auch nicht geltend machen, er habe das Kindergeld an seine allein berechtigte Ehefrau weitergeleitet. Gemäß 64.4 Abs. 4 bis 8 und Anhang 14 zu 64.4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --DA-FamEStG-- (Stand August 2004, BStBl 2004 I S. 759) kann der Erstattungsschuldner geltend machen, den Erstattungsanspruch durch Weiterleitung erfüllt zu haben, wenn er u.a. die schriftliche Bestätigung des allein Berechtigten beibringt, dass dieser das Kindergeld erhalten hat und seinen Anspruch als erfüllt ansieht. Der in DA-FamEStG 64.4 Abs. 4 bis 8 vorgesehenen Form hat der Kl nicht Genüge getan. Weder hat er die erforderliche schriftliche Bestätigung seiner Ehefrau auf dem vorgeschriebenen amtlichen Vordruck vorgelegt, noch hat diese die Weiterleitung des vollen Kindergeldes bestätigt und insbesondere nicht deutlich gemacht, ihren eigenen Anspruch auf Kindergeld als erfüllt anzusehen. Die Entscheidung der FK ist daher nicht zu beanstanden; sie beruht darauf, dass die Weiterleitung die Rückforderung nicht von Gesetzes wegen ausschließt, sondern lediglich aus Vereinfachungsgründen von der FK als Erfüllung des Rückforderungsanspruchs im verkürzten Zahlungswege berücksichtigt werden kann (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1218 m.w.N.).
dd) Im Übrigen wäre zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Kl als nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG selbst kindergeldberechtigt gewesen wäre, was zunächst eine Antragsprüfung durch die FK erforderlich machen würde. Zudem ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass die Ehefrau des Kl und M spätestens ab Juli 2006 in Russland wohnten, so dass auch ein etwaiger Kindergeldanspruch der Ehefrau des Kl spätestens ab August 2006 nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 S. 3 EStG entfallen ist. Somit schiede jedenfalls ab diesem Zeitpunkt auch eine Weiterleitungserklärung der Ehefrau mangels eigener Kindergeldberechtigung aus.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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