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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 25.07.2007
Aktenzeichen: 10 K 2644/06
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 1
EigZulG § 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 2644/06

Eigenheimzulage ab 2002

In der Streitsache

hat das Finanzgericht München, 10. Senat, durch

... als Einzelrichter

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Streitig ist, ob die Klägerin Anschaffungskosten für eine Wohnung hatte und deshalb Anspruch auf Eigenheimzulage besteht.

I. Die Klägerin (Klin) schloss am 08. April 2002 mit ihren Eltern einen notariellen Überlassungsvertrag.

Danach wurde der Klin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Anwesen W-str. 3f, K, zu Alleineigentum übertragen. Laut Ziff. III. des Überlassungsvertrags (Gegenleistungen/ Auflagen) hatte die Klin zusammen mit ihrem Ehemann als Gesamtgläubiger einen Darlehensanspruch aus einem 1991 mit den Eltern der Klin geschlossenen Darlehensvertrag.

Das Darlehen valutierte laut Überlassungsvertrag am 08. April 2002 noch in Höhe von 99.701,92 EUR. Die Klin verzichtete auf ihre Darlehensansprüche mit Wirkung ab 01. April 2002 und verpflichtete sich weiter, auch auf einen Verzicht ihres Ehegatten hinzuwirken.

Mit Antrag vom 29. September 2003 begehrte die Klin Eigenheimzulage für das o.g. Objekt und Kinderzulage für ihre 1992 und 1996 geborenen Kinder. Als Anschaffungskosten gaben sie einen Betrag von 225.000 EUR an. Auf Nachfrage des Beklagten (das Finanzamt -FA--) zur Finanzierung des Objekts legte die Klin folgende sieben Darlehensverträge vor, in denen die Eltern der Klin jeweils als Darlehensnehmer ausgewiesen werden:

vom 16. April 1992 zwischen der Klin und ihren Eltern über 25.000 DM (Darlehen I)

vom 19. Mai 1992 zwischen dem Ehegatten und den Eltern der Klin über 40.000 DM (Darlehen II

vom 02. Juni 1992 zwischen dem Ehegatten und den Eltern der Klin über 70.000 DM (Darlehen III)

vom 11. Oktober 1993 zwischen der Klin und ihrem Ehegatten und den Eltern der Klin über 15.000 DM (Darlehen IV)

vom 23. Dezember 1994 zwischen der Klin und ihrem Ehegatten und den Eltern der Klin über 20.000 DM (Darlehen V)

vom 23. Februar 1995 zwischen der Klin und ihrem Ehegatten und den Eltern der Klin über 15.000 DM (Darlehen VI)

vom 15. Februar 1996 zwischen der Klin und ihrem Ehegatten und den Eltern der Klin über 10.000 DM (Darlehen VII)

Das FA lehnte mit Bescheid vom 08. Januar 2004 die Festsetzung einer Eigenheimzulage mit der Begründung ab, dass der Darlehensvertrag nicht wie unter Fremden üblich abgeschlossen worden sei. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA --nachdem Fragen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung seitens der Klin unbeantwortet blieben--mit Einspruchsentscheidung vom 01. Juni 2006 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Bei der Formulierung im Überlassungsvertrag (Darlehensansprüche "aus dem Jahr 1991") handele es sich um ein Versehen. Es seien die Darlehen "ab dem Jahr 1992" gemeint gewesen. Das erste Darlehen sei zum Kauf der überlassenen Immobilie, die späteren Darlehen zur Umschuldung weiterer für diese Immobilie aufgenommener Darlehen bestimmt gewesen. Darlehen I stamme aus einem vorherigen Sparbuch, Darlehen II aus dem Verkauf eines PkW, die übrigen Darlehen aus Sparanlagen und Girokonten. Die Zinszahlungen seien jeweils zum Jahresende erfolgt, entweder in bar oder per Überweisung. Der Ehegatte der Klin habe ebenfalls auf seine Darlehensansprüche verzichtet, was sich aus Ziff. III des Überlassungsvertrages und dem zwischen den Ehegatten geschlossenen Ehevertrag vom selben Tag ergebe. Ausgleichszahlungen der Klin an ihren Ehemann für den Verzicht auf die Darlehensansprüche seien vereinbart, aber bislang gestundet worden. Die Zinseinnahmen aus den Darlehensverträgen seien von der Klin und ihrem Ehemann --mit Ausnahme des Jahres 1996--immer ordnungsgemäß erklärt worden.

Die geschlossenen Darlehensverträge hielten einem Fremdvergleich stand. So seien Zinsen vereinbart (variabel), die Laufzeit bestimmt (unbefristet mit beidseitiger Kündigungsmöglichkeit) und eine Rückzahlung vereinbart gewesen (nach Kündigung). Auf eine Sicherheitsleistung habe wegen der bekannten Bonität der Darlehensnehmer und der vorhandenen kurzfristigen Kündigungsmöglichkeit verzichtet werden können. Zudem seien die Darlehensverträge bei beiden Vertragsparteien vom FA ertragsteuerlich anerkannt worden, so dass die Klin auch Vertrauensschutz beanspruchen könne.

Die Klin beantragt,

das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 08. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01. Juni 2006 zu verpflichten, ab 2002 Eigenheimzulage in Höhe von jährlich 1.278 EUR und Kinderzulage in Höhe von jährlich 1.534 EUR zu gewähren.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es darauf, dass die Darlehensverträge nur von den Darlehensnehmern unterschrieben worden seien und einem Fremdvergleich nicht standhielten. In den Einkommensteuererklärungen der der Darlehenshingabe vorangehenden Jahre seien keine Zinseinnahmen aus den Darlehensmitteln erklärt worden. Der Zufluss der Darlehenszinsen nach Darlehenshingabe sei nicht nachgewiesen.

Mit nach § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ergangenen Aufklärungsanordnungen vom 14. Mai 2007 und 03. Juli 2007 wurden weitere Darlegungen und Nachweise zu den geltend gemachten Darlehen angefordert. Auf den Inhalt der Aufklärungsanordnungen und die hierzu erfolgten Darlegungen und Nachweise wird Bezug genommen.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 03. Juli 2007 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Nach § 1, § 2 Abs. 1 EigZulG hat ein Steuerpflichtiger Anspruch auf Eigenheimzulage für die Anschaffung einer Wohnung im eigenen Haus. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen im Streitfall nicht vor: Die Klin hat zwar durch notariell beurkundeten Vertrag eine Wohnung übertragen erhalten. Es wurde aber nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass die Klin die Wohnung gegen Entgelt erworben und damit angeschafft hat (vgl. § 255 Abs. 1 Handelsgesetzbuch).

Da die Wohnungseigentumsförderung den Begünstigten von den zur Erlangung des Wohnungseigentums erforderlichen Aufwendungen entlasten soll, hat nur derjenige Anspruch auf die Grundförderung, dem tatsächlich eigene Aufwendungen in Form von Anschaffungs- oder Herstellungskosten erwachsen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH--vom29. Juli 1998 X R 54/95, BFHE 186, 400, BStBl II 1999, 128 m.w.N.).

Die Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers führt grundsätzlich zu Anschaffungskosten, da dem Erwerber durch die Begleichung der Verbindlichkeit Aufwendungen entstehen, die er auf sich nimmt, um Eigentümer der Wohnung zu werden (BFH- Beschluss vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; BFH-Urteile vom 24. März 1993 X R 25/91, BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704; und vom 9. November 1994 X R 97, 91, BFH/NV 11995, 506).

Da es sich hinsichtlich des Vorliegens von Anschaffungskosten um für den Steuerpflichtigen günstige Umstände handelt, geht die Nichterweislichkeit der insoweit maßgeblichen Tatsachen nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu dessen Lasten.

2. Im vorliegenden Fall wurde bereits nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass die behaupteten Darlehen tatsächlich begeben wurden und die weiteren Verpflichtungen aus dem Darlehensverhältnis tatsächlich durchgeführt wurden:

a) Es wurde bereits nicht nachgewiesen, dass die Klin und ihr Ehegatte im Zeitpunkt der angeblichen Begebung der Darlehen über entsprechende Mittel verfügten. Die Klin hat zwar dargelegt, woher die Darlehensmittel stammen sollen (Sparbuch, Verkaufserlös PkW, Sparanlagen und Girokonten), hat aber auch auf die Aufklärungsanordnung vom 14. Mai 2007 keine Beweismittel für diese Behauptungen vorgelegt. Auch wurde nur behauptet, dass die Beschaffung von Ersatzbelegen über die Kreditinstitute nicht mehr möglich sei. Das Gericht kann dieser Behauptung aber bereits deshalb nicht folgen, da nicht substantiiert dargelegt wurde, bei welchen Kreditinstituten sich die Klin mit welchem Erfolg um solche Ersatzbelege bemüht hat. Aus den vorgelegten Darlehenskontoauszügen der Eltern kann die Herkunft der Darlehensmittel bei der Klin und ihrem Ehegatten ebenfalls nicht abgeleitet werden. Denn bei den dort ausgewiesenen Sondertilgungsbeträgen kann es sich ebenso um Zahlungen aus eigenem Vermögen der Eltern handeln.

Die Klin trifft insoweit zwar keine Aufbewahrungspflicht. Gleichwohl trägt sie nach der o.g. Beweislastregel das Risiko der Nichterweislichkeit. Insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das FA bereits 2003 nach Kenntniserlangung von den näheren Umstände der behaupteten Anschaffungskosten Zweifel an der tatsächlichen Durchführung der Darlehensverhältnisse hat erkennen lassen, hätte es nahe gelegen, ggf. freiwillig und im eigenen Interesse Belege weiter aufzubewahren bzw. sich rechtzeitig um entsprechende Ersatzbelege zu bemühen.

b) Auch hinsichtlich der Auszahlung der Darlehensmittel an die Eltern wurden keine überzeugenden Beweismittel vorgelegt. Soweit überhaupt Bankbelege vorgelegt wurden, ist nur der Geldeingang auf dem Konto der Eltern belegt. Hinsichtlich des Einzahlers wurden nur Bareinzahlungsquittungen vorgelegt. Insoweit kann weder festgestellt werden, ob der Einzahlervermerk bereits bei der Einzahlung oder erst später angebracht wurde, noch ergibt sich daraus zur Überzeugung des Gerichts, dass die als Einzahler angegebene Person tatsächlich der Eigentümer der Barmittel war. Ebenso ist möglich, dass hier eigene Mittel der Eltern unter dem Namen der Klin oder ihres Ehemannes eingezahlt wurden.

c) Zweifel an der tatsächlichen Durchführung der Darlehensverhältnisse ergeben sich auch aus der Form der Darlehensverträge und der Zinsabrechnungen. Alle vorgelegten Darlehensverträge wurden nur von den Eltern der Klin als Darlehensnehmer unterzeichnet.

Unterschriften der Klin bzw. ihres Ehegatten als Darlehensnehmer fehlen. Ebenso wurden die Zinsberechnungen jeweils als Brief der Darlehensnehmer an die Klin und ihren Ehegatten formuliert, ohne dass danach unterschieden wurde, wer für das einzelne Darlehen Darlehensgeber ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die im Darlehensvertrag jeweils als Darlehensgeber benannte Person bzw. die benannten Personen in irgendeiner Form an der Darlehensvereinbarung und der Zinsabrechnung mitgewirkt haben.

d) Weitere Zweifel hinsichtlich der tatsächlichen Durchführung von Darlehensverhältnissen ergeben sich auch aus den vorgelegten Belegen über die Zinszahlung. So wurde etwa in den Darlehen I, II und III ein derzeitiger Zinssatz von 11,75% vereinbart. Die Zinsabrechnung vom 30. Dezember 1992 weist dagegen für den gesamten Abrechnungszeitraum des Jahres 1992 einen einheitlichen Zinssatz von 8,46% aus.

Auch die tatsächliche Durchführung der Zinszahlung wurde auf die Aufklärungsanordnung vom 14. Mai 2007 nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Für die Zinszahlung 1992 wurde nur die Kopie einer Durchschrift des Überweisungsträgers vorgelegt.

Ob diese Überweisung tatsächlich zur Ausführung kam, ist dadurch aber nicht nachgewiesen. Für die Zinszahlungen 1993 bis 2002 wurden weder Nachweise zu einer Überweisung noch zu Barabhebungen und Bareinzahlungen vorgelegt. Insoweit ergibt sich aus der Tatsache, dass auch für die nur wenige Jahre zurückliegenden Zinszahlungen keine beweiskräftigen Kontobelegen vorgelegt wurden, zur Überzeugung des Gerichts, dass die Behauptung, Bankbelege seien weder aufbewahrt worden noch von den Kreditinstituten erhältlich, als bloße Schutzbehauptung bewertet werden muss.

e) Ferner spricht gegen eine tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrages, dass die Klin und ihre Eltern im Übergabevertrag vom 08. April 2002 ebenso wie die Klin und ihr Ehegatte im vorgelegten Ehevertrag vom selben Tag von "dem Darlehensvertrag aus dem Jahre 1991" ausgehen, das noch in Höhe von 99.701,92 EUR valutiert haben soll, und hinsichtlich dessen die Klin und ihr Ehegatte Gesamtgläubiger sein sollten. Nun werden hingegen 7 Darlehen aus der Zeit zwischen 16. April 1992 und 15. Februar 1996 behauptet, bei denen zum Teil die Klin als Alleingläubiger, zum Teil ihr Ehegatte als Alleingläubiger und zum Teil beide zusammen als Gesamtgläubiger fungiert haben sollen. Dies deutet darauf hin, dass die Klin und ihre Eltern bzw. ihr Ehegatte im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge keine klare Vorstellung davon hatten, worauf verzichtet wird bzw. inwieweit Ausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten bestehen.

f) Schließlich kann sich die Klin auch nicht auf eine Anerkennung des Darlehensverhältnisses durch das FA und einen dadurch bewirkten Vertrauensschutz berufen. Zum einen ergibt sich aus einer Anerkennung von aus dem Darlehensverhältnis bei der Klin bzw. ihrem Ehegatten und bei den Eltern der Klin gezogenen steuerlichen Folgen nicht zwingend, dass das FA auch die tatsächliche Durchführung der Vereinbarungen hinreichend überprüft hat. Zum anderen ergibt sich aus dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung, dass das FA in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen hat. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es zum frühest möglichen Zeitpunkt aufgeben; dies grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige auf diese Tatsachenwürdigung und Rechtsauffassung vertraut haben sollte (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 12. Juli 2006 IV B 9/05, BFH/NV 2006, 2028).

Mangels Nachweis für die Durchführung eines Darlehensverhältnisses und damit auch für das Bestehen eines Darlehensrückzahlungsanspruches konnte auch die durch Verzicht auf den Darlehensrückzahlungsanspruch bewirkte Entstehung von Anschaffungskosten nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden. Das FA hat daher die Festsetzung von Eigenheim- und Kinderzulage zu Recht abgelehnt.

Da die Voraussetzungen eines entgeltlichen Erwerbs nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen wurden, können auch die von der Klin selbst getragenen Nebenkosten weder in eine (Anschaffungskosten-)Bemessungsgrundlage einbezogen noch selbstständig begünstigt werden. Denn diese Aufwendungen stellen keine Gegenleistung für das erworbene Gebäude dar (vgl. BFH-Urteil vom 08. Juni 1994 X R 51/91, BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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