Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 29.09.2006
Aktenzeichen: 10 K 2864/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 65 Abs. 1
FGO § 65 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 2864/05

Streitsache

In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 10. Senat,

durch ... als Einzelrichter

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Numerierung "I." im Orginal nicht vorhanden

Der Kläger (Kl) bezog im Streitjahr als Handelsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mangels Einreichung von Steuererklärungen schätzte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom 23. Dezember 2002 die Besteuerungsgrundlagen. Die Einkommensteuer (ESt) wurde auf ... EUR festgesetzt. Ferner setzte das FA einen Verspätungszuschlag in Höhe von ... EUR fest. Im Laufe des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens reichte der Kl die Kopie einer Umsatzsteuererklärung ein. Mit Änderungsbescheid vom 23. Februar 2004 hob das FA lediglich den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die Einsprüche wies das FA --unter Hinzufügung weiterer Vorläufigkeitsvermerke-- mit Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Die Steuerfestsetzung beruhe auf Fantasiebeträgen. Es sollten daher die tatsächlich zutreffenden Zahlen angesetzt werden.

Mit am 20. Juni 2006 zugestellter Anordnung vom 13. Juni 2006 wurde dem Kl gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) und § 79b Abs. 1 FGO eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 18. Juli 2006 zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens und zur Angabe der Tatsachen (ggf. in Form der Einreichung von Steuererklärungen und der Gewinnermittlung), durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt, gesetzt. Hierauf teilte der Kl mit am 21. Juli 2006 bei Gericht eingegangenem Schreiben im Wesentlichen mit, dass alle Steuererklärungen eingereicht worden seien, aber laut FA dort nicht vorlägen. Auch für die folgenden Jahre habe das FA Schätzungsbescheide erlassen, denen nicht die realen Verhältnisse zugrunde gelegt worden seien. Das FA habe sich auch mit einer vergleichsweisen Abgeltungszahlung von 15.000 EUR nicht einverstanden erklärt.

Der Kl beantragt,

den Bescheid über die Festsetzung der ESt 2001 und des Verspätungszuschlags zur ESt 2001 vom 23. Februar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 dahingehend abzuändern, dass der Besteuerung die tatsächlichen Verhältnisse zugrunde gelegt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es im Wesentlichen darauf, dass mangels Einreichung einer ESt- Erklärung und einer Gewinnermittlung zu Recht geschätzt worden sei und sich die Schätzung an den Angaben in der Gewerbeanmeldung orientiere. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags halte sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen des § 152 Abgabenordnung.

Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

II. Die Klage ist unzulässig. Sie bringt das Klageziel nicht ausreichend deutlich zum Ausdruck.

Nach § 65 Abs. 1 FGO muss die Klage unter anderem den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Das Ziel der Klage muss hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH--vom 26. November 1979 GrS 1/78, BStBl II 1980, 99; BFH-Urteil vom 8. Juli 1998 I R 23/97, BStBl II 1998, 628).

Dieser Voraussetzung genügt die Klage im Streitfall nicht. Es wird nicht dargelegt, inwieweit der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung rechtswidrig sind und den Kl in seinen Rechten verletzen. Nach der Rechtsprechung des BFH reicht im Falle einer wegen fehlender Steuererklärung gemäß § 162 Abgabenordnung vorgenommenen Schätzung die allgemein gehaltene Behauptung, die Besteuerungsgrundlagen seien zu hoch geschätzt, nicht aus (BFH-Urteil vom 5. Juni 1997 IV R 74/96, BFH/NV 1998, 37). Im Streitfall hat der Kl in der Klageschrift lediglich die Änderung des angefochtenen Schätzungsbescheids dahin- gehend beantragt, dass die geschätzten Besteuerungsgrundlagen auf die tatsächlichen korrigiert werden. Angaben dazu, von welchen tatsächlichen Grundlagen bei der Festsetzung der ESt auszugehen sein soll, hat der Kl dagegen nicht gemacht. Insbesondere lässt sich aus der Kopie einer Umsatzsteuererklärung --ohne Vorlage einer Gewinnermittlung--keine Konkretisierung des vom Kl begehrten Gewinnansatzes ableiten. Der Umfang des Änderungsbegehrens ist daher nicht hinreichend erkennbar. Das Gericht ist nicht in die Lage ver- setzt, das Klageziel und die Grenzen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis zu bestimmen. Auch im Falle der gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlags gerichteten Klage bezeichnet ein bloßer Anfechtungsantrag den Gegenstand des Klagebegehrens nicht hinreichend (BFH-Beschluss vom 14. Februar 2000 V B 101-110/99, BFH/NV 2000, 791). Die bloße pauschale Behauptung, es seien alle Steuererklärungen eingereicht worden, genügt nicht. Der Kl hätte zumindest darlegen müssen, dass und wann er eine ESt-Erklärung für das Streitjahr eingereicht hatte, insbesondere weil das FA bereits im Einspruchsverfahren mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass dem FA keine ESt-Erklärung vorliegt (vgl. Schreiben vom 28. Januar 2003, 11. März 2003, 15. April 2003, 07. Mai 2003, 10. Juni 2003, 14. Juli 2003, 27. August 2003, 26. November 2003, 11. Februar 2004, 06. Mai 2005).

Nach Ablauf der gemäß § 65 Abs. 2 FGO gesetzten Frist mit ausschließender Wirkung kann die Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens nicht mehr mit der Folge nachgeholt werden, dass die Klage zulässig wird. Hierauf wurde bereits in der Anordnung vom 13. Juni 2006 hingewiesen.

Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Vertagungsantrag war nicht stattzugeben, da hierfür kein erheblicher Grund im Sinne des § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessrecht (ZPO) vorlag. Erhebliche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO sind zum einen solche, die aus der Sicht des Gerichts eine weitere Vorbereitung der Entscheidung sachlich gebieten und zum anderen auch solche, die eine Terminänderung zur notwendigen Gewährung des rechtlichen Gehörs der Beteiligten gebieten (BFH-Beschluss vom 5. Juli 1999 VIII B 28/99, BFH/NV 1999, 1623 m.w.N.). Im vorliegenden Fall ist aber die Entscheidung des Bayerischen Landtags über die vom Kl erhobene Petition der Entscheidung des Gerichts nicht vorgreiflich. Vielmehr stellt der Landtag im Falle eines laufenden Gerichtsverfahrens seine Entscheidung mit Rücksicht auf die Unabhängigkeit der Gerichte in der Regel bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zurück. Auch sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich aus dem Petitionsverfahren eine entscheidungserhebliche weitere Aufklärung des Sachverhalts ergibt. Eine weitere Vorbereitung durch das Gericht erübrigt sich naturgemäß dann, wenn die Sache --wie hier--bereits entscheidungsreif ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1623 m.w.N.). Auch hat der Kl nicht vorgetragen, dass die Vertagung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs notwendig ist. Der Kl hatte im Rahmen der ihm gesetzten Ausschlussfrist ausreichend Gelegenheit, sich in Bezug auf die Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens rechtliches Gehör zu verschaffen. Im Übrigen wird der Bayerische Landtag durch die vorliegende Entscheidung nicht daran gehindert, dem Begehren des Kl --insbesondere auch aus Billigkeitsgründen--noch zu entsprechen. Aus den genannten Gründen scheidet auch eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO aus. Ein Ruhen des Verfahrens gemäß § 155 FGO i.V.m. § 251 Zivilprozessordnung kommt überdies mangels Zustimmung des FA nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück