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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 08.10.2008
Aktenzeichen: 10 K 3045/08
Rechtsgebiete: EStG, GewStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4
GewStG § 7 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 3045/08

Einkommensteuer 2000

Gewerbesteuermessbetrag 1999 und 2000

In der Streitsache

...

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

ohne mündliche Verhandlung am 08. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Die Klägerin (Klin) erzielte u.a. gewerbliche Einkünfte aus einer von ihr seit 16. Oktober 1991 betriebenen Apotheke.

Mangels Abgabe einer Gewerbesteuer(GewSt)erklärung für 1999 schätzte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) zunächst die Besteuerungsgrundlagen durch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid vom 12. Juni 2001. Mit der anschließend abgegebenen Steuererklärung reichte die Klin eine für das abweichende Wirtschaftsjahr 01. April 1998 bis 31. März 1999 aufgestellte Bilanz ein, in der sie den Gewinn der Apotheke mit 163.274 DM ermittelte. Hierin waren Zinsaufwendungen in Höhe von 22.394,47 DM enthalten.

Das FA wich von der Gewinnermittlung insoweit ab, als es den Schuldzinsabzug wegen Überentnahmen um 18.394 DM kürzte. Allerdings berücksichtigte es die Auswirkung der nicht abzugsfähigen Zinsen auf die Kürzung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung bereits als Minderung des Gewerbeertrags. Unter Zugrundelegung eines gewerblichen Gewinns in Höhe von 165.230 DM und Dauerschuldzinsen in Höhe von 10.006 DM (50% von 20.012 DM) wurde der GewSt-Messbetrag (GewStMB) 1999 durch Änderungsbescheid vom 30. Juli 2001 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung auf 3.920 DM festgesetzt. Auf den hiergegen gerichteten Einspruch drohte das FA mit Schreiben vom 18. Dezember 2001 eine Verböserung an. Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2002 erhöhte das FA den GewStMB 1999 auf 2.213,89 EUR (4.330 DM) und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Dabei ging es von einem um die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen (18.394 DM) auf 181.668 DM erhöhten Gewinn aus. Die erklärten Dauerschuldzinsen (20.012 DM) kürzte das FA um die nicht abzugsfähigen Zinsen (18.394 DM) im Verhältnis der Dauerschuldzinsen zu den erklärten Zinsen (18.394 DM x 20.012 DM : 22.394 DM = 16.438 DM) auf 3.574 DM.

In ihrer für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 aufgestellten Bilanz wies die Klin einen Gewinn in Höhe von 312.447,47 DM aus. Hierin waren Zinsaufwendungen in Höhe von 27.557,28 DM berücksichtigt. Das FA kürzte den Schuldzinsabzug um 23.557 DM und setzte die ESt 2000 mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 auf 115.365 DM fest. Die erklärten Dauerschuldzinsen (27.162 DM) kürzte das FA um die nicht abzugsfähigen Zinsen (23.557 DM) im Verhältnis der Dauerschuldzinsen zu den erklärten Zinsen (23.557 DM x 27.162 DM : 27.557 DM = 23.227 DM) auf 3.935 DM. Der GewStMB 2000 wurde mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 auf 11.925 DM festgesetzt. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2002 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Die Klin habe im Jahr 1998 von dem bis dahin anerkannten Zwei-Konten-Modell Gebrauch gemacht und daher bereits in 1998 entsprechende Entscheidungen und Maßnahmen getroffen und entsprechende Darlehensverträge zum Ausgleich der auf dem Ausgabenkonto entstandenen Sollsalden im April und September 1998 abgeschlossen. Aus dem Einnahmenkonto seien dabei entsprechende Entnahmen getroffen worden. Die vom FA durchgeführte Berechnung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen sei zwar an sich nicht zu beanstanden. Die Anwendung dieser Regelung verletze aber in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise den gebotenen Vertrauensschutz. Denn die Neuregelung des § 4 Abs. 4a Einkommensteuergesetz (EStG) sei erst durch Gesetz vom 22. Dezember 1999 eingeführt worden, sei jedoch nach § 52 Abs. 11 EStG erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1998 enden. Damit würden Betriebe mit abweichendem Wirtschaftsjahr benachteiligt, weil hier eine Reaktion auf die gesetzliche Änderung nicht mehr möglich gewesen sei. Die entsprechenden Dispositionen seien bereits in 1998 getroffen worden. Die letzte Entnahme sei am 01. März 1999 erfolgt. Das sei lange vor dem Zeitpunkt, zu dem mit gesetzlichen Änderungen gerechnet werden musste, gewesen. Bei verfassungskonformer Auslegung dürfe die Vorschrift vorliegend daher nicht zur Anwendung kommen. Hilfsweise seien die Entnahmen zum 01. Januar 1999 mit einem Anfangsbestand von 0 DM anzusetzen.

Die Klin beantragt,

den GewStMB-Bescheid 1999 vom 30. Juli 2001 sowie den ESt-Bescheid 2000 und den GewStMB-Bescheid 2000 vom 22. Oktober 2001, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2002 dahingehend abzuändern, dass der GewStMB 1999 um 505 DM, die ESt 2000 einschließlich Solidaritätszuschlag um 10.264,55 DM und der GewStMB 2000 um 1.116 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es darauf, dass der Gesetzgeber mit der Anwendungsvorschrift bewusst Betriebe mit abweichendem Wirtschaftsjahr in die Neuregelung einbezogen habe. Aufgrund des Abstellens auf das Wirtschaftsjahr verbiete sich auch eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 4 Abs. 4a EStG auf die ab dem 01. Januar 1999 getätigten Entnahmen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ... Bezug genommen.

Mit nach § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ergangener Aufklärungsanordnung vom 06. Februar 2008 wurde die Klin u.a. aufgefordert, die betriebliche Veranlassung der geltend gemachten Schuldzinsen darzulegen und nachzuweisen.

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung ( § 90 Abs. 2 FGO).

II. 1. Die Klage ist unbegründet. Es wurde bereits die betriebliche Veranlassung der geltend gemachten Zinsaufwendungen nicht substantiiert dargelegt und nachgewiesen.

a) Gemäß § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Die Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- ( Urteile vom 21. September 2005 X R 46/04, BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125; und vom 01. August 2007 XI R 26/05, BFH/NV 2007, 2267) ungeachtet der Einführung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. September 1999 (BGBl. I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) bzw. i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) anzuwenden. Es ist eine zweistufige Prüfung durchzuführen. Dabei ist zunächst zu klären, ob der betreffende Kredit nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. insbesondere Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193 m.w.N.) eine betriebliche oder private Schuld ist. Erst dann schließt sich in der zweiten Stufe die Prüfung der Frage an, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG abziehbar sind.

Die betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen ( § 4 Abs. 4 EStG) ist dann gegeben, wenn die Zinsen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört (BFH-Beschluss in BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193 m.w.N.). Insoweit erfährt die dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Sachverhaltsermittlung durch Finanzbehörde oder FG zumutbare Mitwirkungspflicht (§ 90 Abgabenordnung --AO-- i.V.m. § 76 Abs.1 Satz 2 FGO) nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss des Großen Senats vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817) eine Steigerung, wenn die steuerrechtliche Würdigung des Sachverhalts die Abgrenzung privater und betrieblicher Aufwendungen erfordert. Dabei hat der Steuerpflichtige durch die Anführung von Tatsachen den Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Betrieb darzutun und auf Verlangen entsprechende Nachweise (Unterlagen) vorzulegen ( § 97 AO i.V.m. § 76 Abs.1 Satz 3 FGO). Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die Tatsachen, die eine betriebliche Veranlassung und damit die Annahme einer Betriebsausgabe dem Grunde und der Höhe nach rechtfertigen, trifft den Steuerpflichtigen (vgl. etwa BFH- Beschluss vom 22. April 2008 X B 64/07 BFH/NV 2008, 1345 m.w.N.).

Nach § 7 S. 1 Gewerbesteuergesetz sind die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags maßgeblich.

b) Im vorliegenden Fall hat die Klin zwar behauptet, nach dem Zweikontenmodell verfahren zu sein und betrieblich sowie außerbetrieblich veranlasste Auszahlungen getrennt über diese unterschiedlichen Konten abgewickelt zu haben. Diese Behauptung wurde aber auch auf die Aufklärungsanordnung vom 06. Februar 2008 weder näher substantiiert noch unter Beweis gestellt. Der Senat kann weder prüfen, ob tatsächlich ein Kontokorrentkonto ausschließlich für betriebliche Auszahlungen genutzt wurde, noch kann festgestellt werden, wofür die im Betriebsvermögen ausgewiesenen Darlehen der Apotheker- und Ärztebank verwendet wurden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die geltend gemachten Zinsaufwendungen ganz oder teilweise nicht betrieblich veranlasst waren. Die verbleibende Unsicherheit geht nach den Regeln der objektiven Beweislast zu Lasten der Klin, die sich zu ihren Gunsten auf den Betriebsausgabenabzug beruft. Dies gilt umso mehr als die Klin einer gesteigerten Mitwirkungspflicht unterliegt und damit in erhöhtem Maße zur Erbringung von Nachweisen und Vorlage von Beweismitteln verpflichtet ist.

c) Da somit ein Betriebsausgabenabzug bereits auf der ersten Prüfungsstufe scheitert, kommt es auf die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG und deren Verfassungsmäßigkeit nicht an, so dass der Senat diese Fragen dahingestellt sein lassen kann.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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