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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 24.07.2007
Aktenzeichen: 10 K 3277/06
Rechtsgebiete: AO
Vorschriften:
AO § 357 Abs. 3 S. 1 |
Finanzgericht München
Kindergeld für M von Januar 2003 bis Dezember 2004
In der Streitsache
hat das Finanzgericht München, 10. Senat,
durch
... als Einzelrichter
ohne mündliche Verhandlung
am 24. Juli 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Der Kläger (Kl) ist der Vater der am 09.09.1981 geborenen M. M war seit 16.09.2002 als Fachschülerin für Heilerziehungspflege beschäftigt und wohnte am Beschäftigungsort in einem Appartement des Mitarbeiterwohnheims.
Der Beklagte (die Familienkasse --FK--) lehnte den Kindergeldantrag des Kl mit Bescheid vom 13.02.2004 ab Januar 2003 wegen Überschreitung der Grenzbetrags der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes ab. Der Bescheid wurde mangels Einspruchseinlegung bestandskräftig.
Mit Formblatt vom 30.09.2005 beantragte der Kl erneut Kindergeld für M. Hierzu reichte er auch eine Erklärung zu den Werbungskosten 2004 ein und erstreckte den Kindergeldantrag mit Schreiben vom 30.10.2005 unter Bezugnahme auf die geänderte Rechtslage auch auf das Jahr 2003.
Hierzu erließ die FK unter dem 20.01.2006 zwei Ablehnungsbescheide. Mit einem Bescheid setzte es ab Januar 2005 erneut Kindergeld fest und lehnte zugleich eine Änderung des Bescheids vom 13.02.2004 ab. Mit dem weiteren Bescheid lehnte die FK eine Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2004 wegen Überschreitung des Einkünfte/ Bezügegrenzbetrags ab.
Mit Schreiben vom 02.02.2006 erhob der Kl Einspruch. Auf den näheren Wortlaut des Einspruchsschreibens wird Bezug genommen. Mit Einspruchsentscheidung vom 26.07.2006 wies die FK den Einspruch "wegen Kindergeld für 2003" als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Der Kl habe mit seinem Einspruch beide Bescheide vollumfänglich angefochten, da er keine zeitliche Eingrenzung vorgenommen habe. Die FK habe die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2003 bis Dezember 2004 zu Unrecht abgelehnt. Das Schreiben des Kl vom 30.10.2005 sei als Neuantrag wie auch als Wiedereinsetzungsantrag auszulegen. Unter Berücksichtigung der Berechnungsgrundsätze des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) seien auch für 2003 und 2004 die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs erfüllt. Für 2003 müssten die Bruttobezüge um die Sozialversicherungsbeiträge gekürzt werden. Hinsichtlich 2004 ergebe sich bei Berücksichtigung der Unterkunftskosten am Ausbildungsplatz, der geltend gemachten außergewöhnliche Belastungen und der Lohnsteuer keine Überschreitung der Einkünfte-/Bezügegrenze.
Der Kl beantragt,
die Bescheide der FK vom 20.01.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.07.2006 insoweit aufzuheben, als hierin eine Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2003 bis Dezember 2004 abgelehnt wird und die FK zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 13.02.2004 Kindergeld für den Zeitraum Januar 2003 bis Dezember 2004 festzusetzen.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung weist sie im Wesentlichen auf Folgendes hin: Die Klage wegen Kindergeld für 2003 sei unbegründet, da der Bescheid vom 13.02.2004 bestandskräftig geworden sei und die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift nicht vorlägen. Die Klage wegen Kindergeld für 2004 sei unzulässig, da sich der Einspruch nur auf den Ablehnungsbescheid wegen Kindergeld 2003 bezogen habe und es somit an der Durchführung des nach § 44 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) notwendigen Vorverfahrens fehle.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16. Juli 2007 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
II. 1. Die Klage ist zulässig.
Die Zulässigkeit der Klage scheitert auch soweit sie sich auf das Kindergeld für 2004 bezieht nicht an dem Erfordernis der Durchführung eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens.
Denn insoweit liegen jedenfalls die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO vor. Danach ist die Klage abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
Im vorliegenden Fall bezog sich der Einspruch auf den Bescheid vom 20.01.2006. Es ergibt sich daraus aber nicht zweifelsfrei, dass der Kl nur einen der beiden Bescheide anfechten wollte. Zum einen lässt sich aus dem zweiten Satz des Einspruchsschreibens entnehmen, dass es dem Kl um eine (einschränkungslose) rückwirkende Festsetzung bis 4 zur Festsetzungsverjährung ging. Zum anderen ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Kl in der Begründung des Einspruchs das Jahr 2003 benennt, nicht die von der FK vorgenommenen Beschränkung des Einspruchsbegehrens. Diese Benennung kann --insbesondere bei einem Laien--ebenso als rein exemplarisches Begründungsargument verstanden werden. Hinzu kommt, dass es für den Kindergeldberechtigten nur schwer möglich ist, die Bescheide im Sinne des § 357 Abs. 3 S. 1 Abgabenordnung (AO) --zweifelsfrei--zu bezeichnen. Denn mangels unterschiedlicher Aktenzeichen sind diese bei selbem Datum nur inhaltlich zu differenzieren. Zudem ist auch inhaltlich mangels klarem Tenor nur schwer erkennbar, worüber die FK in welchem Bescheid überhaupt entschieden hat. So enthält der Bescheid mit der Neufestsetzung ab Januar 2005 im zweiten Satz die Ablehnung einer rückwirkenden Neufestsetzung ohne einzugrenzen, welcher Zeitraum damit gemeint ist. Diesen Zeitraum (Januar 2003 - Dezember 2003) kann man dann erst durch einen Umkehrschluss aus dem letzten Satz des zweiten Absatzes i.V.m. dem 1. Satz des zweiten Absatzes und einem Vergleich mit dem weiteren Bescheid, der den Zeitraum von Januar 2004 bis Dezember 2004 abdeckt, bestimmen (Daraus, dass die Bestandskraft grundsätzlich von dem genannten Anfangsmonat [Januar 2003] bis zur Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids [Februar 2004] reicht, zugleich im Rahmen der abschließenden Entscheidung für 2004 aber die Monate Januar und Februar 2004 neu geprüft wurden, folgt, dass die Ablehnung wegen Bestandskraft nur die Monate Januar bis Dezember 2003 umfassen soll). Hat aber die Behörde selbst den/die Verwaltungsakt/ e nicht eindeutig bezeichnet, dürfen daraus dem Kindergeldberechtigten keine Nachteile entstehen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH--vom15.12.1998 I B 45/98, BFH/NV 1999, 751; Tipke/Kruse § 357 AO Rz. 14). Vielmehr sind Zweifel durch Rückfrage beim Kindergeldberechtigten zu klären bzw. ist der Einspruch im Zweifel so auszulegen, dass die Anfechtung soweit reicht, wie sie reichen muss, um das Begehrte zu erreichen. Danach war im vorliegenden Fall von einer Anfechtung beider Bescheide mit dem Ziel der rückwirkenden Festsetzung für die Monate Januar 2003 bis Dezember 2004 auszugehen.
Da die FK in der Einspruchsentscheidung nur über einen Teil des Einspruchsbegehrens (2003) entschieden hat und nunmehr seit 16 Monaten weder einen zureichenden Grund für die Verzögerung der Entscheidung mitgeteilt noch die Entscheidung nachgeholt hat, ist die Klage insoweit als Untätigkeitsklage ohne Durchführung des außergerichtlichen Vorverfahrens als zulässig zu erachten.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Ende der Entscheidung
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