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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 28.09.2007
Aktenzeichen: 10 K 3429/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 3429/07

Einkommensteuer 2002

In der Streitsache

hat das Finanzgericht München, 10. Senat,

durch

... als Einzelrichter

ohne mündliche Verhandlung

am 28. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Streitig ist, ob die Kosten für die Teilnahme der ausländischen Ehegattin an Deutschkursen als Werbungskosten oder Sonderausgaben anerkannt werden können.

I.

Der Kläger (Kl) wurde im Streitjahr mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In der gemeinsamen Einkommensteuer(ESt)erklärung machten die Ehegatten für Deutschkurse der Ehefrau an der Volkshochschule M Kosten in Höhe von 2.096,73 EUR geltend (Kursgebühren 580 EUR, Fahrtkosten 1.411,20 EUR, Bücher und Schreibmaterial 105,53 EUR). Die Kosten wurden alternativ als vorweggenommene Werbungskosten der Ehefrau aus nichtselbstständiger Arbeit und als Sonderausgaben geltend gemacht. Zur Erläuterung führte der Kl aus, dass die Ehefrau nach ihrem High-School-Abschluss eine Ausbildung als Bachelor of Science Industrial Technology auf den Philippinen abgeschlossen habe. Die verstärkten Bemühungen, die deutsche Sprache zu erlernen, sollten ihr helfen, in absehbarer Zeit eine vergleichbare Tätigkeit in Deutschland aufzunehmen. Da demnach bereits eine Ausbildung vorhanden sei, stelle sich die Frage, ob die Aufwendungen nicht eher als Weiterbildungs-/Fortbildungskosten zu qualifizieren und demnach als Werbungskosten anzuerkennen seien.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die geltend gemachten Aufwendungen weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben an und setzte die ESt 2002 mit Bescheid vom 11. Juni 2003 auf 20.092 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bei Deutschkursen für Ausländer eine Trennung zwischen privater und beruflicher Notwendigkeit nicht möglich sei und daher ein Abzug der Aufwendungen an § 12 Einkommensteuergesetz (EStG) scheitere. Den hiergegen von den Ehegatten erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 19. August 2003 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zur Begründung verweist der Kl auf das Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 21. Juni 1994 (1 94 047 K 3, EFG 1995, 19).

Der Kl beantragt sinngemäß,

den ESt-Bescheid 2002 vom 11. Juni 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. August 2003 dahingehend abzuändern, dass Aufwendungen für die Durchführung von Deutschkursen in Höhe von 2.096,73 EUR als Werbungskosten der Ehegattin des Kl aus nichtselbstständiger Arbeit oder als Sonderausgaben berücksichtigt werden und die ESt entsprechend herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Gründe der Einspruchsentscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 12. September 2003 und 31. Oktober 2005 sowie die Schriftsätze des FA vom 30. September 2003 und 28. Oktober 2005 Bezug genommen. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 27. September 2007 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Die geltend gemachten Aufwendungen sind nicht nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG als (vorweggenommene) Werbungskosten aus nichtselbstständiger Tätigkeit der Ehegattin des Kl anzuerkennen.

a) Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen (BFH-Urteil vom 15. März 2007 VI R 14/04, BFH/NV 2007, 1561 m.w.N.). Aufwendungen im Hinblick auf eine geplante Erwerbstätigkeit können gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. Voraussetzung ist, dass die berufliche Veranlassung der Aufwendungen durch einen hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Zusammenhang mit erwarteten steuerbaren Einnahmen nachgewiesen wird (BFH-Urteile vom 22. Juli 2003 VI R 137/99, BFHE 202, 561, BStBl II 2004, 888; und in BFH/NV 2007, 1561 m.w.N.). Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, dürfen nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Der Abzug der Aufwendungen bleibt nur dann in voller Höhe zulässig, wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt, das Hineinspielen der Lebensführung nicht ins Gewicht fällt und von ganz untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1561).

b) Im vorliegenden Fall spielten für den Erwerb der Deutschkenntnisse private Gesichtspunkte der Ehefrau des Klägers eine nicht untergeordnete Rolle. Die Ehefrau verwendet in der Kommunikation mit dem Kläger und notwendigerweise im täglichen Leben die durch den Sprachkurs erlangten Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Insbesondere wird dabei auch die Lebensführung der Ehefrau durch die Deutschkurse wesentlich intensiver berührt als die Lebensführung eines Steuerpflichtigen, der eine gängige Fremdsprache, die in seinem privaten Umfeld üblicherweise nicht gesprochen wird, aus beruflichen Gründen erlernt. Die in den Deutschkursen erworbenen Sprachkenntnisse gewährleisten die soziale Integration der Ehefrau des Klägers im privaten Alltag und ermöglichen ihr eine erfolgreiche Kommunikation im engeren privaten Umfeld. Der Besuch der Deutschkurse erleichtert der Ehefrau des Klägers damit in erheblicher Weise ihre Lebensführung in Deutschland. Darüber hinaus sind auch keine Anhaltspunkte für eine berufsgerichtete Auslegung der besuchten Sprachkurse (z.B. Spezialvokabular für bestimmte Berufszweige, etc.) ersichtlich. Die private Mitveranlassung der Aufwendungen fällt daher so stark ins Gewicht, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG eingreift.

2. Die Aufwendungen sind auch nicht als Aufwendungen für die Berufsaus- bzw. weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 und S. 3 EStG abziehbar. Voraussetzung für die Anerkennung solcher Aufwendungen ist, dass vom Steuerpflichtigen eine nachhaltige berufsmäßige Ausübung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften angestrebt wird (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1561). Die Kenntnis der deutschen Sprache gehört aber bei Personen, die in der Bundesrepublik leben, zur Allgemeinbildung und ist für sie unabhängig davon, welchen Beruf sie hier ausüben, im Rahmen ihrer allgemeinen Lebensführung von Bedeutung. Die Aufwendungen zur Erlangung dieser Kenntnis sind deshalb --ebenso wie diejenigen für den Besuch allgemeinbildender Schulen und zur Erlangung entsprechender Schulabschlüsse-- der allgemeinen Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG und nicht der Berufsaus- und weiterbildung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuzurechnen BFH-Beschluss vom 23. August 1996 VI B 91/96, in [...]). Da das vom Kl in Bezug genommene Urteil des FG Bremen (in EFG 1995, 19) mit der ihm nachfolgenden höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH nicht in Einklang steht, kann sich das erkennende Gericht den dortigen Rechtsausführungen nicht anschließen. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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