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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 09.11.2007
Aktenzeichen: 10 K 4702/06
Rechtsgebiete: FGO, InsO


Vorschriften:

FGO § 62 Abs. 3
InsO § 80 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 4702/06

Gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2002 der Fa. M KG (ab 29.08.2003 in Insolvenz)

In der Streitsache

hat das Finanzgericht München, 10. Senat,

durch

... als Berichterstatter

ohne mündliche Verhandlung

am 09. November 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der als vollmachtloser Vertreter aufgetretene Steuerberater H.

Gründe:

I.

Namens des Klägers erhob Steuerberater H mit Schriftsatz vom 04.12.2006 Klage gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2002 vom 25.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.11.2006. Am 02.04.2007 meldete sich der Kläger persönlich bei der Geschäftsstelle des Senats wegen der ihm im Hinblick auf die Gerichtskostenvorschussanforderung übersandten Vollstreckungsankündigung. In diesem Zusammenhang teilte er mit, dass er sich seit März 2007 in Privatinsolvenz befinde und seiner Erinnerung nach dem Steuerberater H auch noch keine Vollmacht erteilt habe. Die weiteren Ermittlungen beim Amtsgericht X ergaben, dass über das Vermögen des Klägers (persönlich) bereits mit Beschluss vom 29.03.2004 das Regelinsolvenzverfahren eröffnet wurde. Der eingesetzte Insolvenzverwalter S reagierte auf ein Anschreiben des Gerichts, ob für die Klageerhebung eine Einwilligung oder Genehmigung erteilt wurde bzw. wird und Steuerberater H Prozessvollmacht erteilt wurde/wird nicht. Mit nach § 62 Abs. 3 S. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) ergangener Anordnung vom 13.09.2007 wurde Steuerberater H aufgefordert, innerhalb der Ausschlussfrist (05.10.2007) eine Prozessvollmacht des Insolvenzverwalters vorzulegen. Mit Telefax vom 05.10.2007 übermittelte Steuerberater H ein Schreiben des Insolvenzverwalters vom 28.09.2007, das er als Vollmacht bezeichnete. In diesem Schreiben teilte der Insolvenzverwalter dem Steuerberater mit, dass er keine Bedenken gegen die angestrengte Klage habe, selbst aber keinen Aktivprozess führen werde. Der Prozess werde aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben. Daraufhin wurde mit erneuter Anordnung vom 10.10.2007 (laut Postzustellungsurkunde zugestellt am 13.10.2007) nach § 62 Abs. 3 S. 3 FGO mit Ausschlussfrist bis 05.11.2007 eine Prozessvollmacht des Klägers angefordert. Diese wurde innerhalb der Ausschlussfrist nicht vorgelegt.

II.

Die Klage ist unzulässig.

Die Vorlage der Prozessvollmacht nach § 62 Abs. 3 FGO ist eine Sachurteilsvoraussetzung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH--vom28. November 1995 VII R 63/95, BStBl II 1996, 105). Sie kann nach Ablauf der gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO gesetzten Frist mit ausschließender Wirkung nicht mehr mit der Folge nachgeholt werden, dass die Klage zulässig wird. Darauf wurde in der Anordnung vom 10.10.2007 ausdrücklich hingewiesen.

Grundsätzlich verliert der Insolvenzschuldner nach § 80 Abs.1 Insolvenzordnung (InsO) mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Gleichzeitig geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über. Mit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, die Insolvenzmasse betreffende Prozesse zu führen. Im Prozess hat der Insolvenzverwalter kraft gesetzlicher Prozessstandschaft die uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis unter Ausschluss des Schuldners. Dieser ist nicht prozessführungsbefugt (BFH-Beschluss vom 26.07.2004 X R 30/04, BFH/NV 2004, 1547). Es ist jedoch in der Rechtsprechung --insbesondere auch aufgrund der sich aus den § 32 Abs. 3 und § 85 Abs. 2 InsO ergebenden gesetzlichen Wertungen--anerkannt (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.04.2005 IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32), dass dem Insolvenzverwalter das Recht zusteht, einen Aktivprozess aus dem Insolvenzbeschlag freizugeben. Hierdurch wird der Prozess wieder dem massefreien Vermögen zugeordnet, mit der Folge, dass der Insolvenzschuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit insbesondere auch die Prozessführungsbefugnis zurückerlangt. Im vorliegenden Fall hat der Insolvenzverwalter im vorgelegten Schreiben vom 28.09.2007 klar zum Ausdruck gebracht, dass er selbst keinen Aktivprozess führen will und den Prozess aus dem Insolvenzbeschlag freigibt. Das Schreiben kann daher nicht --wie vom Steuerberater dargelegt--als Vollmacht des Insolvenzverwalters ausgelegt werden, denn dieser hat die Prozessführungsbefugnis wieder an den Kläger zurückgegeben.

Die Anforderung einer Vollmacht des Klägers war notwendig, da sich aufgrund der Reaktion des Klägers auf die Anforderung des Kostenvorschusses begründete Zweifel an der Bevollmächtigung des Steuerberaters H ergaben.

Die Kosten des Verfahrens sind dem als vollmachtloser Vertreter aufgetretenen Steuerberater H aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1 FGO; BFH-Beschlüsse vom 27.07.1983 II B 68/82, BStBl II 1983, 644, und vom 02.06.1998 VII B 28/98, BFH/NV 1999, 52).

Es erscheint als sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a FGO).



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