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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 14.03.2008
Aktenzeichen: 10 K 539/08
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 32 Abs. 4 S. 2
EStG § 62 Abs. 1
EStG § 63 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 K 539/08

Kindergeld für C ab Januar 2006

In der Streitsache

hat das Finanzgericht München, 10. Senat,

durch

... als Einzelrichter

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Streitig ist im Rahmen der Berechnung der kindergeldschädlichen eigenen Einkünfte des Kindes, ob eine im Zusammenhang mit einer fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung gezahlte Vermittlungsprovision als Werbungskosten aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist.

I. Der Kläger (Kl) ist der Vater des am ... 1987 geborenen C. C befand sich von 01. September 2003 bis 28. Februar 2007 in einer Berufsausbildung und erzielte in 2006 folgende Einkünfte:

 Nichtselbstständige Einkünfte  
Arbeitslohn11.490,98 EUR
Arbeitnehmeranteil Sozialversicherung (einschließlich Rentenversicherung)-2.487,74 EUR
Werbungskostenpauschbetrag-920 EUR
 8.083,24
Kapitaleinkünfte  
Zinsen114 EUR
Werbungskosten-9,86 EUR

Des Weiteren bezahlte C in 2006 für die Vermittlung einer fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung (Versicherungsschein vom 12. Januar 2006) eine Vermittlungsgebühr in Höhe von 557,50 EUR.

Mit Bescheid vom 21. Februar 2006 lehnte die Beklagte (die Familienkasse -FK-) die Kindergeldfestsetzung für C für das Kalenderjahr 2006 unter Zugrundelegung der voraussichtlichen nichtselbstständigen Einkünfte (7.796 EUR) wegen Überschreitung der Einkommensgrenze ab. Mit dem hiergegen fristgerecht erhobenen Einspruch machte der Kl geltend, dass positive Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ca. 130 EUR und Werbungskosten aus Kapitalvermögen in Höhe der o.g. Vermittlungsprovision vorlägen. Die FK wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28. September 2006 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes auch negative Einkünfte und mithin auch die genannte Vermittlungsprovision zu berücksichtigen seien.

Der Kl beantragt,

die FK unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 21. Februar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. September 2006 zu verpflichten, Kindergeld für das Kind C ab Januar 2006 festzusetzen,

hilfsweise

die FK zu verpflichten, nur eine gleitende Kürzung des Kindergelds in dem Umfang vorzunehmen, in dem die Einkünfte und Bezüge des Kindes den maßgeblichen Grenzbetrag übersteigen;

weiter hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 22. Dezember 2005 IV C 1 - S 2252 - 343/05 (BStBl I 2006, 92), wonach die Vermittlungsprovision erst bei der Besteuerung der Erträge aus der Lebensversicherung ertragsmindernd zu berücksichtigen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze des Kl vom 16. Oktober 2006, 20. Dezember 2006, 27. Juni 2007, 13. September 2007 und 09. November 2007 sowie der FK vom 08. Dezember 2006, 12. Januar 2007, 03. August 2007 und 26. Oktober 2007, wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 19. Februar 2008 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, u.a. nur dann für den Kindergeldanspruch des Berechtigten berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 EUR im Kalenderjahr 2006 hat. Zu den Bezügen gehören u.a. auch die nach § 20 Abs. 4 EStG steuerfrei bleibenden Einkünfte.

a) Den Begriff der Einkünfte definiert § 2 Abs. 2 EStG je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes --AltEinkG-- vom 05. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Erträge) bei Kapitallebensversicherungen mit Sparanteilen, Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht und fondsgebundenen Lebensversicherungen. Die Regelung gilt nur für nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossene Verträge. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 20. Juni 2000 VIII R 37/99, BFH/NV 2000, 1342) sind Werbungskosten --über den unmittelbaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG hinaus-- alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger und im Rahmen der Überschusseinkünfte zu erfassender Einnahmen veranlasst sind, d.h. zu einer dieser Einkunftsarten in einem steuerrechtlich anzuerkennenden Zurechnungszusammenhang stehen. Ausschlaggebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Grundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Demgemäß mindern --anders als Finanzierungs- und Finanzierungsnebenkosten-- Gebühren für den Erwerb (insbesondere Makler- und Vermittlungsgebühren) nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter, die der Erzielung von Überschusseinkünften dienen, nur nach Maßgabe der Sonderregelungen der §§ 17, 23 EStG sowie des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes (a.F.) - d.h. als Teil der Anschaffungskosten - die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer (BFH-Urteile in BFH/NV 2000, 1342; und vom 30. Oktober 2001, BFHE 197, 114, BStBl II 2006, 223). Deshalb ist der Werbungskostenabzug für Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten solcher Wirtschaftsgüter insbesondere im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2005 VIII B 38/04, BFH/NV 2006, 288).

b) Im vorliegenden Fall ist auf die von C abgeschlossene Versicherung § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG n.F. anzuwenden, da der Vertrag nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurde.

Nach den vorgelegten Vertragsunterlagen zahlte C eine Vermittlungsgebühr in Höhe von 557,70 EUR über die Fa. F an die Fa. R. Aufgrund der Gegenüberstellung der sich aus dem Versicherungsschein vom 12. Januar 2006 und dem Nachtrag zum Versicherungsschein vom 12. Dezember 2006 ergebenden Beitragshöhe und der an das Inkassounternehmen zu zahlenden Gesamtbeträge (Zahlungsübersicht und Zahlungsbestätigung der P vom 16. Januar 2006 bzw. 19. Februar 2007) ist davon auszugehen, dass die Vermittlungsgebühr nicht vom Versicherer (A) aus den Versicherungsbeiträgen geleistet wurde, sondern vom Versicherungsnehmer zusätzlich zu den Gesamtversicherungsbeiträgen gegenüber der Fa. F bzw. der Fa. R geschuldet wurde (sog. Nettopolice, vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2007 III ZR 269/06, VersR 2007, 1127).

Diese Vermittlungsgebühr ist nach den o.g. Grundsätzen nicht den sofort abzugsfähigen Werbungskosten zuzuordnen. Vielmehr handelt es sich insoweit um Gebühren für den Erwerb eines nicht abnutzbaren Wirtschaftsguts. Unter dem weiten einkommensteuerrechtlichen Begriff des mit konkreten Anschaffungskosten bewertbaren Wirtschaftsguts (s. hierzu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 07. August 2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632) erfasst der BFH auch die Kapitalanlage in einer Lebensversicherung (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 288). Ebenso hat der BFH im Falle einer Provision für die Entwicklung eines Konzepts (aus verschiedenen Versicherungsverträgen und Anlagen in Investmentfondsanteilen) und die Verschaffung des Zugangs zu diesem Konzept eine hinreichende Zuordnung der Aufwendungen zu einem konkreten Wirtschaftsgut angenommen und daher die Aufwendungen der Vermögensebene zugeordnet (BFH-Urteil vom 16. September 2004 X R 19/03, BFHE 207, 528, BStBl II 2006, 238). Es ist nicht ersichtlich, dass durch die mit dem AltEinkG einhergehende Neufassung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG insoweit eine veränderte Abgrenzung zwischen An-schaffungs(neben)kosten und Werbungskosten bewirkt werden sollte. Vielmehr enthält das Gesetz nur eine neue Definition der aus solchen Lebensversicherungen gezogenen Erträge. Dies führt allenfalls zu einer weiteren Durchbrechung des Grundsatzes der Unbeachtlichkeit von Wertveränderungen im Bereich der Überschusseinkünfte, d.h. zur Minderung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage durch die steuerliche Berücksichtigung von Anschaffungs(neben)kosten bei Zufluss der Erträge (so etwa Rn. 56 des BMF-Schreibens in BStBl I 2006, 92). Ein Werbungskostenabzug bei Zahlung der Vermittlungsprovision scheidet hingegen aus.

2. Danach sind die Kapitaleinkünfte des C mangels höheren Einzelnachweises nur um den Pauschbetrag des § 9a S. 1 Nr. 2 EStG zu mindern. Der insoweit verbleibende Betrag von 63 EUR (114 EUR ./. 51 EUR) verringert sich durch Ansatz des Sparerfreibetrags auf 0 EUR. Die in Höhe des angesetzten Sparerfreibetrags anfallenden Bezüge reduzieren sich durch die insoweit zu berücksichtigende Kostenpauschale auf 0 EUR. Somit verbleiben zu berücksichtigende Einkünfte in Höhe von 8.083,24 EUR. Der gesetzliche Grenzbetrag von 7.680 EUR ist folglich überschritten.

Die Ausgestaltung des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG als Freigrenze und den daraus folgenden Anspruchsausschluss auch bei geringfügiger Überschreitung der Einkunftsgrenze hat der BFH in ständiger Rechtsprechung nicht beanstandet (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 10. August 2007 III B 96/06, BFH/NV 2007, 2274 m.w.N.). Eine gleitende Kindergeldkürzung scheidet daher aus.

3. Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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