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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 13.12.2007
Aktenzeichen: 11 K 133/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 7 Abs. 4 Nr. 2a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

11 K 133/03

In dem Rechtsstreit

...

hat der 11. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht des Richters am Finanzgericht und der Richterin am Finanzgericht sowie der ehrenamtlichen Richter

aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 13. Dezember 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Eigentümer des bebauten Grundstücks A-Straße in B. Das Gebäude wurde nach erteilter Baugenehmigung vom 11. Oktober 1984 umgebaut und durch Anbau und Aufstockung erweitert. Durch die Baumaßnahmen ist unstreitig ein neues Gebäude entstanden. Es war im August 1985 fertig gestellt. Das Einfamilienhaus wurde ab Fertigstellung teilweise zu gewerblichen Zwecken der C GmbH an diese vermietet. Für den vermieteten Teil des Gebäudes, der unstreitig 20,81 v.H. umfasste, machte der Kläger in den ESt-Erklärungen ab 1985 degressive AfA i.H. von 5 v.H. geltend. In den ESt-Veranlagungen 1987 und 1988 wurden entsprechend den Feststellungen einer betriebsnahen Veranlagung für die Jahre 1980 bis 1988 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H. von 1.492 DM (1987) und 1.986 DM (1988) berücksichtigt. Hierbei betrugen die Mieteinnahmen netto 11.913 DM bzw. 8.778 DM, die anteiligen Schuldzinsen 8.304 DM bzw. 5.959 DM und die AfA gem. § 7 Abs. 5 EStG 6.871 DM bzw. 4.008 DM. Der nicht vermietete Teil des Gebäudes A-Straße (79,19 v.H.) wurde vom Kläger zunächst selbst bewohnt. Für den selbstgenutzten Teil beantragte der Kläger in den ESt-Erklärungen 1985, 1986 und 1988 den Ansatz erhöhter Abschreibungen gem. § 7b EStG bzw. den Abzug des dem § 7b EStG entsprechenden Betrags nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung. Die ESt-Veranlagungen 1985 und 1986 (jeweils Steuer 0 DM) sowie 1987 sind bestandskräftig. Gegen die ESt-Veranlagung 1988 ist ein Einspruch anhängig, über den noch nicht entschieden ist. Zum 01. August 1988 eröffnete der Kläger in dem bis dahin selbst bewohnten Teil des Anwesens A-Straße ein Fremdenheim. Den gewerblichen Gewinn ermittelte der Kläger durch Bestandsvergleich. Er legte das Anwesen auch insoweit in das Betriebsvermögen ein, als es fremd vermietet war.

In der ESt-Erklärung für das Streitjahr 1995 machte der Kläger aus dem Betrieb des Fremdenheims einen Verlust i.H. von 96.307 DM geltend. Die erklärten Einnahmen betrugen u.a. Umsatzerlöse i.H. von 41.114,63 DM und Vermietungsentgelte i.H. von 18.000 DM. Als Gebäude-AfA machte der Kläger in der Gewinnermittlung degressive AfA von 5 v.H. i.H. von 52.698 DM geltend. Dem gegenüber kam das beklagte Finanzamt aufgrund der Feststellungen der betriebsnahen Veranlagung zu dem Ergebnis, dass der Einlagewert des Gebäudes zum 01. August 1988 697.808 DM und die jährliche Gebäude-AfA ab 1990 unter Berücksichtung nachträglicher Herstellungskosten i.H. von 6.028 DM 14.076 DM betrugen. Den Einlagewert ermittelte das Finanzamt aus den Einzelwerten von 113.217 DM für den vermieteten Gebäudeteil und von 584.591 DM für den zunächst eigen genutzten Gebäudeteil. Bei der Ermittlung dieser Werte berücksichtigte es zum einen die jährliche degressive AfA i.H. von 5 v.H. und zum anderen jährliche erhöhte Absetzungen zu 10.000 DM gem. § 7 b EStG. Mit Bescheid vom 19. Februar 2001 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Streitjahr auf 60.537 DM fest. Mit Einspruch gegen diesen Bescheid begehrte der Kläger den Ansatz der degressiven Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG und beantragte zu diesem Zweck u.a., den vermieteten Gebäudeteil im Privatvermögen zu belassen. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 05. Dezember 2002 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass es sich bei dem fremd vermieteten Gebäudeteil um gewillkürtes Betriebsvermögen handele. Die Einlage von Wirtschaftsgütern als gewillkürtes Betriebsvermögen sei nicht zulässig, wenn erkennbar sei, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter dem Betrieb keinen Nutzen sondern Verluste brächten. Aus dem Jahresabschluss 1995 gehe hervor, dass sich durch die Einlage des fremd vermieteten Gebäudeteils der Verlust des Fremdenheims erhöht habe. Die Mieteinnahmen reichten bis heute nicht aus, den hierauf entfallenden Fixkostenanteil zu decken. Es werde darauf hingewiesen, dass die ESt-Veranlagung 1988 noch nicht bestandskräftig sei, die Einlage des fremd vermieteten Gebäudeteils also berichtigt werden könne.

Wegen des zunächst selbst genutzten Gebäudeteils werde auf das Urteil des FG Köln vom 11. April 2001 1 K 6452/94, EFG 2001, 962, hingewiesen. Danach müsste in Anlehnung an die Kommentierung in Widmann/Meyer, Umwandlungssteuergesetz, § 24 Rn 285, eine Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG zulässig sein, da im Streitfall der bisher eigen genutzte Gebäudeteil zum Buchwert in das Betriebsvermögen eingelegt worden sei. Ferner bestehe gem. dem BFH-Urteil vom 15. Februar 2005 IX R 32/03, BStBI II 2006, 51, nach einer Nutzungsänderung kein Zwang zur linearen AfA. Vielmehr sei auch die degressive AfA nach der Methode möglich, die zu Beginn der Nutzung hätte gewählt werden können.

Der Kläger beantragt.

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 05. Dezember 2002 und Änderung des Bescheids vom 19. Februar 2001 die Einkommensteuer 1995 mit der Maßgabe herabzusetzen, dass der Besteuerung ein um 20.935 DM gemindertes, zu versteuerndes Einkommen zugrunde gelegt wird,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht es sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Am 13. Dezember 2007 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Niederschrift hierüber wird Bezug genommen.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Der Senat hat mit Urteil vom 09. August 2001 11 K 2335/99 entschieden, dass die Gebäude-AfA nach der Einlage des Grundstücks A-Straße in das Betriebsvermögen gem. § 7 Abs. 4 Nr. 2 a EStG zu bemessen ist. An dieser Auffassung hält der Senat nach erneuter Prüfung auch für das Streitjahr fest. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 09. August 2001 Bezug genommen (vgl. auch Werndl in Kirchhof/Söhn, EStG § 17 Rn E15).

Zwar hat der Bundesfinanzhofmit Urteil vom 15. Februar 2005 IX R 32/03, BStBI II 2006, 51, entschieden, dass die Nutzungsänderung eines zunächst degressiv abgeschriebenen Gebäudes nicht zwangsweise zu einem Wechsel zur Abschreibung nach der linearen Methode führt (vgl. auch Blümich/Brandis, § 7 Rnn 568 und 569). Diese Entscheidung gilt jedoch nicht für den Fall, dass - wie im Streitfall hinsichtlich des degressiv abgeschriebenen und an die B GmbH vermieteten Gebäudeteils - eine Einlage ins Betriebsvermögen vorliegt. In diesem Fall ist wegen des anschaffungsähnlichen Vorgangs der Einlage die weitere AfA zwingend nach § 7 Abs. 4 EStG zu bemessen (vgl. Schmidt/Kolosa, EStG § 7 Rn 177; vgl. auch Hermann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 7 EStG Anm. 403 a.E.).

Der Senat folgt nicht der Ansicht des Klägers, dass aus rechtlichen Gründen eine Einlage des an die B GmbH vermieteten Gebäudeteils als gewillkürtes Betriebsvermögen nicht vorliegt. Zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören die Wirtschaftsgüter, die weder objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind noch der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen, also weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen sind, die jedoch ihrer Art nach objektiv geeignet sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern, und von ihrem Eigentümer bestimmt sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1981 R 39/78, BStBI 1981, 618). Entsprechend diesem Grundsatz können nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs von Gewerbetreibenden insbesondere auch fremd vermietete Grundstücke zum gewillkürten Betriebsvermögen genommen werden, da es sich um Vermögenswerte handelt, die als Vermögensanlage der finanziellen Absicherung des Betriebs dienen und seine Ertragsfähigkeit steigern können (vgl.Urteil vom 07. April 1992 VIII R 86/87, BStBI II 1993, 21; zu fremd ermieteten Grundstücksteilen vgl.Urteil vom 25.11.1997 VIII R 4/94, BStBI II 1998, 461).

Anderes gilt, wenn der Vermögens- oder Ertragswert durch besondere Umstände beeinträchtigt und im Zeitpunkt der Einlage erkennbar ist, dass diese für den Betrieb schädlich wäre (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG § 4 Rn 157). Aus diesem Grund hat beispielsweise das FG Hamburg im Urteil vom 15. Juni 2001 2 K 267/04, EFG 2006, 1652, ein fremd vermietetes Grundstück nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen angesehen, da die Anschaffung des Grundstücks zu fast 100 v.H. fremd finanziert und die Fremdkapitalzinsen höher als die Mieterträge waren.

Im Streitfall liegen derartige schädliche Umstände nicht vor. Zwar ergaben sich aus der Fremdvermietung in den Jahren 1987 und 1988 negative Einkünfte von 1.492 DM bzw. 1.986 DM. Aber abgesehen davon, dass diesen Beträgen degressive AfA von 5 v.H. i.H. von 6.871 DM bzw. 4.008 DM zugrunde liegt und sich beim Ansatz der linearen AfA, die mit der Einlage ins Betriebsvermögen verbunden ist (vgl. oben), positive Einkünfte ergeben, wären die negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht entscheidend. Der Senat lässt dahinstehen, ob insoweit die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs einschlägig ist (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2004 IX R 1/04, BStBI II 2005, 211), wonach bei der Vermietung von bebauten Grundstücken grundsätzlich vom Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen ist (dagegen Urteil des FG Hamburg in EFG 2006, 1652). Entscheidend ist vielmehr, dass die anteiligen Schuldzinsen und sonstigen Werbungskosten außer AfA nicht unerheblich unter den Mieteinahmen liegen und es sich mit der Einlage des fremd vermieteten Grundstückteils eine Zuführung von Liquidität für den Betrieb ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 07. November 1995 III B 66/93, BFH/NV 1996, 327). Hinzu kommt, dass - worauf das Finanzamt unwidersprochen hingewiesen hat - nach den gegebenen Umständen der vermietete Grundstücksteil ggfs. auch für Zwecke des Fremdenheims genutzt werden könnte (vgl. BFH-Urteil in BStBI II 1996, 461 und vom 27.10.1993 XI R 5/93, BFH/NV 1994, 472).

Eine andere Beurteilung für den fremd vermieteten Grundstücksteil ergibt sich auch nicht durch den Einwand des Klägers, dass die ESt-Veranlagung 1988 noch nicht bestandskräftig sei und die Einlage insoweit noch berichtigt werden könne. Das Grundstück A-Straße 15 ist durch Einlage auch insoweit Betriebsvermögen geworden, als es fremd vermietet war. Eine Berichtigung dahingehend, dass die Einlage nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit beseitigt wird, wäre nicht möglich. Die Einlage ist ein tatsächlicher Vorgang, der nur in die Zukunft wirkt. Weder der Vorgang selbst noch seine steuerlichen Folgen können rückwirkend nachgeholt oder beseitigt werden (vgl. Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rn 336). Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Einwand des Klägers, die Einlage könne berichtigt werden, als Entnahme ausgelegt werden könnte. Eine Entnahme erfordert eine eindeutige, unbedingte und endgültige Handlung (Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rn 316). Eine solche ist jedenfalls mit Wirkung für das Streitjahr nicht gegeben, da in der Schlussbilanz für das Streitjahr das Grundstück A-Straße 15 als Ganzes fortgeführt ist.

Auch der Hinweis des Klägers auf das Urteil des FG Köln in EFG 2001, 962, ändert nichts an der Auffassung des Senats im Urteil vom 09. August 2001 11 K 2335/99. Der Hinweis der sich auf den zunächst selbst genutzten Teil des Grundstücks A-Straße bezieht, übersieht, dass die Entscheidung des FG Köln einen unter § 24 Umwandlungssteuergesetz fallenden Einbringungsvorgang betrifft und nach den Ausführungen des Gerichts ein Veräußerungsvorgang insoweit nur dann fingiert wird, wenn die Einbringung zu einem Wert über dem Buchwert erfolgt. Dem gegenüber stellt die Einlage ins Betriebsvermögen einen anschaffungsähnlichen Vorgang dar (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, ESt- und KStG, § 7 EStG, Anm. 403). Die sich hieraus ergebenden und im Urteil des Senats vom 09. August 2001 beschriebenen Folgen für die weitere AfA gelten für die Einlage anlässlich einer Betriebseröffnung nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG entsprechend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.



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