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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 12 K 4210/06
Rechtsgebiete: EStG, InVorG, VermG, DMBilG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
EStG § 21
EStG § 24
InVorG § 21b
VermG § 3 Abs. 1
DMBilG § 52 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 12. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung [.....]

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Abwehr von Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz (VermG) entstanden sind, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Grundstücksgemeinschaft Berlin, Reinhardtstraße 8 als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Die Klägerinnen waren je zur Hälfte Beteiligte an der ehemaligen Grundstücksgemeinschaft Berlin, A-Straße. Das auf dem Grundstück befindliche, im Jahr 1912 erbaute, vermietete Wohn- und Geschäftshaus hatte bis zur Enteignung durch die ehemalige DDR am 1. Juni 1982 der Mutter der Klägerinnen gehört. Diese machte nach der Wiedervereinigung Restitutionsansprüche nach dem VermG geltend. Mit Wirkung ab Bestandskraft des Bescheids übertrug das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen mit Bescheid vom 14. Dezember 1993 das Eigentum an dem Grundstück auf die Mutter als Berechtigte. Als Ablösebetrag für Grundstücksbelastungen (§ 18 VermG) setzte es 175.159 DM fest. Gleichzeitig lehnte es den Antrag der D, die hinsichtlich des o.g. Grundstücks ebenfalls Restitutionsansprüche verfolgt hatte, ab. Der Bescheid wurde infolge des Widerspruchs der D zunächst nicht bestandskräftig.

Mit notariellem Vertrag vom 18. August 1995 überließ die Mutter ihren Restitutionsanspruch an dem Grundstück schenkweise je zur Hälfte den Klägerinnen, mit der Auflage, dass diese sämtliche mit dem Restitutionsanspruch zusammenhängenden Kosten und Verpflichtungen gegenüber Dritten übernehmen sollten.

Mit Investitionsvorrangbescheid nach § 21 b Investitionsvorranggesetz (InVorG) vom 20. Oktober 1999 wurde das Eigentum an dem Grundstück auf die Klägerinnen übertragen und eine Sicherungshypothek zugunsten der W-Wohnungsbaugesellschaft (W) als Verfügungsberechtigter bestellt. Bei Ablehnung oder Rücknahme des Rückübertragungsantrags hatten die Klägerinnen an den Berechtigten oder die W einen Betrag in Höhe von 1.850.000 DM zu zahlen. Aufgrund des Bescheids vom 20. Oktober 1999 wurden die Klägerinnen am 21. Dezember 1999 im Wege einer Grundbuchberichtigung als Eigentümerinnen des Grundstücks eingetragen.

Das von der D gegen den Bescheid vom 14. Dezember 1993 geführte Verwaltungsgerichtsverfahren, zu dem die Klägerinnen beigeladen waren, endete am 26. April 2002 mit einem vor dem Bundesverwaltungsgericht abgeschlossenen Vergleich. Darin verpflichteten sich die Klägerinnen, an die D 200.000 EUR (davon 100.000 EUR in 12 Monatsraten) sowie einen pauschalierten Zinsabschlag in Höhe von 9.000 EUR zu bezahlen. Im Gegenzug nahm die D die Klage zurück. Das beklagte Amt zur Regelung offener Vermögensfragen wurde angewiesen, den angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 1993 mit einem Rechtkraftvermerk zu versehen.

Aufgrund des Vergleichs bezahlte die Grundstückgemeinschaft im Streitjahr 2002 insgesamt 122.000 EUR an die D sowie 56.445,86 EUR Gerichts- und Anwaltskosten. Außerdem entrichtete sie im Streitjahr den Ablösebetrag von 175.159 DM (89.557,39 EUR). Die Auszahlung und Versteuerung der von der W an die Klägerinnen zu erstattenden Mietzahlungen für 1994 bis 1999 erfolgte im Jahr 2003. Im Dezember 2004 verkaufte die Grundstücksgemeinschaft das Grundstück für 1.345.000 EUR.

In der für das Streitjahr 2002 abgegebenen Feststellungserklärung machte die Grundstücksgemeinschaft die in diesem Jahr geleisteten Zahlungen bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als sofort abziehbare Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt behandelte die geleisteten Beträge von insgesamt 268.004 EUR als Anschaffungskosten auf das Grundstück und berücksichtigte hiervon nach Abzug eines Grund- und Bodenanteils von 20% nur eine AfA in Höhe von 2,5% (5.360 EUR) als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften.

Die vorliegende Klage, mit der sich die Klägerinnen gegen die Nichtberücksichtigung des aufgrund des Vergleichs gezahlten Betrags von 122.000 EUR und der Prozesskosten als sofort abziehbare Werbungskosten wenden, begründen die Klägerinnen im Wesentlichen wie folgt:

Die Auffassung des Finanzamts, dass sie erst mit Abschluss des Vergleichs am 25. April 2002 die Verfügungsbefugnis über das Grundstück erhalten hätten und die Zahlungen aus dem Vergleich daher im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks stünden, sei unzutreffend, da das Eigentum an dem Grundstück bereits mit dem Investitionsvorrangbescheid vom 23. Oktober 1999 auf sie übergegangen sei und sie damit verfügungsberechtigt gewesen seien. Das gegen den Bescheid vom 14. Dezember 1993 geführte Klageverfahren hätte niemals mit einer Rückgabe der Grundstücke an die D enden können. Die Zuweisung des Eigentums nach § 21 b InVorG sei endgültig gewesen. Ziel des Verwaltungsrechtsstreits habe auch nicht sein können, ob die D im Falle eines Obsiegens 1.850.000 DM bekomme, da die Sicherungshypothek zugunsten der W eingetragen gewesen sei. Degen wäre die D im Falle eines Obsiegens berechtigt gewesen, die in der Zeit von 1994 bis 1999 erzielten Mieteinnahmen in Höhe von 302.438 EUR von der W heraus zu verlangen. Durch den Vergleich vor dem Bundesverwaltungsgericht und der damit verbundenen Rechtskraft des Bescheids vom 14. Dezember 1993 hätten sie die Herausgabe der Mieteinnahmen für den Zeitraum 1994 bis Oktober 1999 erreichen und damit die erlangte Einkunftsquelle auch auf diesen Zeitraum erstrecken wollen. Die Auffassung des Finanzamts, dass ein Anschaffungsvorgang vorliege, sei schon deshalb unzutreffend, weil darunter nur der entgeltliche Erwerb von einem Dritten zu verstehen sei. Daran fehle es hier, da sie bereits Eigentümerinnen des Grundstücks gewesen seien und die Rückübertragung nicht durch Rechtsgeschäft, sondern durch einen behördlichen Akt erfolgt sei. Mangels Anschaffungsvorgang könne es sich bei der Zahlung des Vergleichsbetrags und der damit verbundenen Prozesskosten nur um Werbungskosten und nicht um Anschaffungskosten handeln. Das vom Finanzamt herangezogene Urteil des BFH vom 13. Dezember 2005 betreffe einen mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbaren Vorgang des entgeltlichen Erwerbs eines Restitutionsanspruchs.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die hier streitigen Zahlungen auf den Vergleich vom 25. April 2002 und die damit zusammenhängenden Prozesskosten sind weder als sofort abziehbare Werbungskosten noch als (nachträgliche) Anschaffungskosten des Mietgrundstücks bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Grundstücksgemeinschaft Berlin, Reinhardstraße 8, zu berücksichtigen.

Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Ein Werbungskostenabzug ist Degen ausgeschlossen, wenn die Aufwendungen nicht durch das Erzielen von Einkünften, sondern durch die private Vermögenssphäre veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. August 2005 IX R 27/03, BFH/NV 2006, 270, m.w.N.).

Die im Zusammenhang mit dem Vergleich stehenden Aufwendungen dienten nicht i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG dem "Erwerb von Einnahmen"; da die Klägerinnen bereits mit Ergehen des Investitionsvorrangbescheids nach § 21 b InVorG vom 20. Oktober 1999 Eigentümerinnen des Grundstücks in Berlin geworden waren und ihnen damit ab diesem Zeitpunkt die Nutzungen aus dem Grundstück in Form der Mieteinahmen zustanden. Soweit die Klägerinnen geltend machen, die mit dem Vergleich eingegangene Verpflichtung zur Zahlung eines Betrags von insgesamt 209.000 EUR habe auch die Erlangung der von der W in der Zeit vom Juli 1994 bis Oktober 1999 erzielten Mieteinnahmen bezwecken sollen, ist ein Veranlassungszusammenhang mit dem Erwerb von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in dem vorgenannten Sinn ebenfalls nicht gegeben. Zwar ist die mit der Wirksamkeit des Vergleichs verbundene Rechtskraft des die Berechtigung der Rechtsvorgängerin der Klägerinnen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG feststellenden Bescheids vom 14. Dezember 1993 Voraussetzung für den bei einer vereinfachten Rückübertragung nach § 21 b InVorG in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG bestehenden Herausgabeanspruch auf die in der Zeit zwischen dem 1. Juli 1994 und dem 20. Oktober 1999 gezogenen Nutzungen (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 25. Februar 2005 V ZR 105/04, ZOV 2005, 88). Eine Berücksichtigung der Vergleichszahlung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Hinblick auf die bis zum Eigentumsübergang von der W erzielten Mieteinnahmen scheitert aber schon daran, dass diese nicht als Vermietungseinkünfte i.S.d. § 21 EStG, sondern als Entschädigung für entgangene Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1 a EStG zu erfassen sind (BFH-Urteil vom 11. Januar 2005 IX R 66/03, BStBl II 2005, 480). Eine Zuordnung der Vergleichszahlung und der damit zusammenhängenden Prozesskosten zu den im Folgejahr nach § 24 Nr. 1 a EStG zu versteuernden Einkünften könnte der Klage jedoch auch nicht zum Erfolg verhelfen, da sie im Streitjahr keine Auswirkungen hätte. Bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte ist von der Nettoentschädigung auszugehen, d.h. dem Betrag, der nach Abzug der mit der Entschädigungszahlung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Ausgaben verbleibt (BFH-Urteil vom 8. Juli 2003 VIII R 43/01, BFH/NV 2003, 1638). Danach könnten die vorgenannten Aufwendungen allenfalls die zum Zeitpunkt des Zuflusses im Folgejahr zu versteuernde Entschädigung für entgangene Mieteinnahmen mindern.

Die Vergleichszahlungen und der Ablösebetrag nach § 18 VermG sind auch keine Aufwendungen zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, sondern als nachträgliche Aufwendungen auf das durch den Investitionsvorrangbescheid übertragene Grundstück anzusehen und damit der nichtsteuerbaren Vermögenssphäre zuzuordnen.

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 11. Mai 1993 IX R 25/89, BStBl II 1993, 751; vom 10. Oktober 1995 VIII R 56/91, BFH/NV 1996, 304; vom 19. Dezember 2000 IX R 13/97, BStBl II 2001, 342), der der Senat folgt, sind Aufwendungen zur Abwehr von Gefahren für das der Einkunftserzielung dienende Vermögen nicht allgemein als Werbungskosten "zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen" i. S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar.

Ein Veranlassungszusammenhang mit der Einkunftserzielung ist dann grundsätzlich zu verneinen, wenn die Zugehörigkeit eines der Einkunftserzielung dienenden Wirtschaftsgutes zum Vermögen des Steuerpflichtigen bedroht ist; denn in einem solchen Falle steht nicht die Absicht der Einkunftserzielung, sondern die Beeinträchtigung des Vermögens des Steuerpflichtigen im Vordergrund. Ein Veranlassungszusammenhang von Abwehrkosten mit der Erzielung von Einkünften kommt nur dann in Betracht, wenn die abzuwehrende Gefahr durch die Einkunftserzielung selbst begründet ist, wie durch die Verwendung eines Wirtschaftsguts zur Erzielung von Vermietungseinkünften (vgl. z.B. Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr. B 850 "Abwehrkosten": Kosten anlässlich eines Räumungsprozesses gegen einen nicht zahlenden Mieter). Kein Veranlassungszusammenhang mit der Einkünfteerzielung, sondern ein nichtsteuerbarer Vorgang in der Vermögenssphäre liegt dagegen z.B. vor, wenn der Inhaber eines Rechts zur Abwehr der drohenden Zwangsvollstreckung in das Recht Zahlungen leistet (BFH-Urteil vom 9. September 1997 IX R 75/94, BFH/NV 1998, 310), ein Grundstückserwerber Aufwendungen zur Befriedigung eines den Kaufvertrag nach § 3 Abs. 2 AnfG anfechtenden Gläubigers erbringt oder wenn der Eigentümer eines Grundstücks das daran bestehende dingliche Nutzungsrecht eines Dritten, wie z.B. ein Erbbaurecht, einen Vermächtnisnießbrauch oder ein Wohnungsrecht, ablöst, um die insoweit bestehende Beschränkung seiner Eigentümerbefugnis i.S. von § 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu beseitigen (BFH-Urteil vom 17. April 2007 IX R 56/06, BStBl II 2007, 956 m.w.N). Solche Aufwendungen können nicht als sofort abziehbare Werbungskosten, sondern allenfalls als nachträgliche Anschaffungskosten für das Grundstück im Rahmen der AfA zu berücksichtigen sein.

Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist im Streitfall gegeben: Durch den sofort vollziehbaren Investitionsvorrangbescheid nach § 21 b InVorG vom 20. Oktober 1999 ist den Klägerinnen das Eigentum an dem Grundstück übertragen worden. Der Bescheid vom 20. Oktober 1999 hat den Rückübertragungsbescheid vom 14. Dezember 1993 hinsichtlich seiner rechtsgestaltenden Wirkung ersetzt und den Klägerinnen das Eigentumsrecht ohne Rücksicht auf die Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids nach § 3 Abs. 1 VermG verschafft. Letzterer war jedoch weiterhin insofern von wesentlicher Bedeutung, als in ihm die Rückübertragungsberechtigung der Mutter der Klägerinnen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG, die ihnen den Rückübertragungsanspruch in zulässiger Weise abgetreten hatte (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VermG), festgestellt worden war und die bestandskräftige Feststellung ihrer Berechtigung auch Voraussetzung dafür war, dass die Klägerinnen den unter Ziffer 2 des Investitionsvorrangbescheids für den Fall der Ablehnung oder der Rücknahme des Rückübertragungsantrags nach dem VermG festgesetzten, dem Verkehrswert des Grundstücks entsprechenden Betrag in Höhe von 1.850.000 DM (945.889,98 EUR) nicht entrichten mussten. Für den Fall, dass die D in dem Verwaltungsrechtstreit obsiegt hätte und ihre Rückübertragungsberechtigung festgestellt worden wäre, hätte der vorgenannte Betrag der D zugestanden, auf die nach dem Investitionsvorrangbescheid (Seite 4) dann auch die auf dem Grundstück zugunsten der W eingetragene Sicherungshypothek zu übertragen gewesen wäre. Falls weder die Berechtigung der D noch die der Klägerinnen hätte festgestellt werden können, hätte der Betrag von 1.850.000 DM an die W als Verfügungsberechtigter i.S.d. VermG entrichtet werden müssen.

Ziel der in dem von der D als weiterem Anmelder geführten Verwaltungsrechtstreit beigeladenen Klägerinnen und der Vergleichsvereinbarung musste daher in erster Linie sein, dass der die Berechtigung der Mutter der Klägerinnen feststellende Bescheid vom 14. Dezember 1993 bestandskräftig wird. Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen konnte der mit der Aufhebung des Rückübertragungsbescheids vom 14. Dezember 1993 gleichzeitig verbundene Verlust des zudem wesentlich niedrigeren Anspruchs auf Entschädigung für entgangene Mieteinnahmen von ca. 300.000 EUR für die Zeit vom 1. Juli 1994 bis 20. Oktober 1999 bei den Vergleichsüberlegungen allenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt haben, zumal die vereinbarte Vergleichssumme von 209.000 EUR im Verhältnis zu den entgangenen Mieteinnahmen auch relativ hoch ist. Demgegenüber ist dieser Betrag im Verhältnis zu der in dem Investitionsvorrangbescheid festgelegten, im Falle eines Unterliegens der Klägerinnen fälligen Zahlungsverpflichtung von 945.889,98 EUR eher gering. Ziel des von der D angestrengten Verwaltungsgerichtsverfahrens war demgemäß auch die Feststellung ihrer Berechtigtenposition i.S.d. VermG hinsichtlich des streitigen Grundstücks. Der Beendigung dieses Rechtstreits diente die Zahlung der Vergleichssumme. Im Vordergrund stand daher nach Auffassung des Senats die Vermeidung der Zahlung eines wesentlichen höheren, am Verkehrswert des Grundstücks bemessenen Wertersatzes, die im wirtschaftlichen Ergebnis einem Erwerb des Grundstücks zum damaligen Marktpreis entsprochen hätte und durch ihre dingliche Absicherung auch im Wege der Zwangsvollstreckung hätte durchgesetzt werden können. Die Zahlungen auf die Vergleichssumme dienten daher ebenso wie Kosten für die Ablösung von dinglichen Rechten Dritter dem Erwerb von unbelastetem Eigentum an dem Grundstück und nicht der Einkünfteerzielung in dem oben dargestellten Sinn. Der wirtschaftliche Zusammenhang der streitigen Zahlungen mit der nicht steuerbaren Vermögenssphäre ist daher im Streitfall nicht als vernachlässigenswert i.S.d. der BFH-Rechtsprechung zum Abzug von Schuldzinsen im Rahmen des Erwerbs von Kapitalanlagen anzusehen. Sie sind daher nicht als sofort abziehbare Werbungskosten, sondern allenfalls als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen der AfA zu berücksichtigen. Die Prozesskosten teilen als Folgekosten die für die Vergleichssumme geltende einkommensteuerrechtliche Qualifikation.

Eine Berücksichtigung der Vergleichssumme als nachträgliche Anschaffungskosten, wie vom Finanzamt vorgenommen, scheidet im Streitfall indes mangels eines steuerlich beachtlichen Anschaffungsvorgangs aus.

Gemäß § 52 Abs. 2 Sätze 2 und 3 des Gesetzes über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (DMBilG) sind Rückübertragungen nach dem VermG keine Anschaffungen. In diesen Fällen gelten als Anschaffungs- oder Herstellungskosten vielmehr "die Werte, die sich in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 Satz 1 und 3 DMBilG ergeben". Dies sind wiederum die Werte, "die sich in entsprechender Anwendung der §§ 7 bis 11 und 18" des DMBilG ergeben. Dies gilt auch dann, wenn der Rückübertragungsanspruch, wie hier von der Mutter der Klägerinnen, im Wege der Abtretung erworben worden ist (BFH-Urteil vom 22. Januar 2006 I R 61/04, BFH/NV 2006, 1807).

Im Streitfall erfolgte die Rückübertragung des Grundstücks im Sinn des § 52 Abs. 2 DMBilG nach dem Vermögensgesetz. Dem steht nach Auffassung des Senats nicht entgegen, dass das Eigentum nicht erst mit Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids vom 14. Dezember 1993 im Jahr 2002, sondern bereits durch den Investitionsvorrangbescheid vom 20. Oktober 1999 auf die Klägerinnen übergegangen war, da die Rückübertragung nach dem InVorG der Rückübertragung nach dem VermG in einkommensteuerlicher Hinsicht gleichzustellen ist. Dies ergibt sich sowohl aus § 21 b Abs. 5 InVorG, wonach ein Erwerb nach § 21 b InVorG zumindest dann, wenn er, wie im Streitfall, durch einen Berechtigten erfolgt, keine Anschaffung i.S.d. § 23 EStG darstellt als auch aus dem mit dem durch die amtliche Bezeichnung der Regelung des § 21 b InVorG als "vereinfachte Rückübertragung" zum Ausdruck gebrachten Zweck des Verfahrens. Bereits durch diese Wortwahl hat der Gesetzgeber die besondere Nähe des Verfahrens zu einer Rückübertragung nach § 3 Abs. 1 VermG herausgestellt.

Zudem wollte der Gesetzgeber das Verfahren nach § 21 b InVorG auch als Verfahrensvereinfachung und Beschleunigung der vermögensrechtlichen Rückgaben verstanden wissen, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt. Danach "soll die Rückübertragung nach dieser Vorschrift den Rückübertragungsbescheid ersetzen und daher der rückübertragende Investitionsvorrangbescheid auch steuerrechtlich wie ein Rückübertragungsbescheid behandelt werden müssen" (BT-Drucks. 13/7275 S. 31). Weiter heißt es: "Der rückübertragende Investitionsvorrangbescheid hat die gleiche Funktion wie ein Rückübertragungsbescheid nach dem Vermögensgesetz" (BT-Drucks. 13/7275, S. 32). Eine weitgehende Gleichbehandlung mit der Rückübertragung nach dem VermG wird ferner dadurch deutlich, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 21 b InVorG ausschließlich an eine Anmeldung des Rückübertragungsanspruchs nach dem VermG und eine entsprechende Glaubhaftmachung anknüpfen.

Da kein Anschaffungsvorgang im steuerlichen Sinn gegeben war, hätte das Finanzamt weder die im Zusammenhang mit dem Vergleich stehenden Kosten in Höhe von 178.445,86 EUR noch die Aufwendungen für den Ablösebetrag in Höhe von 89.557,39 EUR als Anschaffungskosten des Grundstücks und zu 80% als AfA- Bemessungsgrundlage behandeln dürfen.

Vielmehr wäre die AfA- Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 DMBilG zu ermitteln gewesen.

Danach sind Gebäude mit ihren Wiederherstellungskosten (§ 7 Abs. 3) oder mit ihren Wiederbeschaffungskosten (§ 7 Abs. 2) unter Berücksichtigung des Wertabschlags für zwischenzeitliche Nutzung (§ 7 Abs. 4), höchstens jedoch mit ihrem Zeitwert (§ 7 Abs. 1 Satz 2) anzusetzen.

Nach Auffassung des Senats, gegen die von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung keine Bedenken erhoben wurden, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Zeitwert des im Beitrittsgebiet gelegenen Gebäudes zum 1. Juli 1990 entsprechend der schematischen Darstellung in der Anlage zum Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 21. Juli 1994, IV B 2 - S 1901 - 132/94, wie folgt ermittelt wird: (wird ausgeführt) Da das Gebäude zu diesem Zeitpunkt eine Restnutzungsdauer von 40 Jahren hatte, war ab 1991 eine jährliche AfA von 2,5% (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG), d.h. ein Betrag von 4.510 EUR zu berücksichtigen und von der Grundstücksgemeinschaft in entsprechender Anwendung des § 11 d Einkommensteuerdurchführungsverordnung (vgl. dazu BMF vom 11. Januar 1993, IV B 3 - S 2211, BStBl I 1993, 18) auch im Streitjahr fortzuführen.

Der vom Finanzamt in der Einspruchsentscheidung angesetzte AfA-Betrag von 5.360 EUR ist daher zu hoch. An einer Erhöhung der festzustellenden Vermietungseinkünfte ist der Senat jedoch durch das Verbot der Schlechterstellung im Klageverfahren gehindert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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