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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: 13 K 3451/07
Rechtsgebiete: AO, EStG, InvStG, AuslInvmG, EStR 1996
Vorschriften:
AO § 130 Abs. 2 | |
AO § 218 Abs. 2 | |
EStG § 36 Abs. 2 | |
InvStG § 2 Abs. 1 | |
InvStG § 7 Abs. 1 | |
InvStG § 7 Abs. 1 | |
InvStG § 7 Abs. 7 | |
AuslInvmG § 17 Abs. 1 S. 3 | |
AuslInvmG § 18a Abs. 1 Nr. 3 | |
EStR 1996 |
In der Streitsache
...
hat der 13. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
auf Grund mündlicher Verhandlung vom 26. Mai 2009
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
Streitig ist die Anrechnung von Kapitalertragsteuer.
I. Am 1. Oktober 1998 wurden dem Kläger von seiner Mutter 18.270 Stück Anteile der [...] XXX N.V. (WKN [... 111 111]) unentgeltlich übertragen. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um einen ausländischen thesaurierenden Investmentfonds, dessen Erträge unter das Investmentsteuergesetz (InvStG, gültig ab 1. Januar 2004) bzw. das Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AuslInvestmG, gültig bis 31. Dezember 2003) fallen und bei dem die thesaurierten Erträge mit Ablauf des Geschäftsjahres des Fonds als zugeflossen gelten - Zuflussfiktion - (§ 17 AuslInvestmG / § 2 InvStG). Kapitalertragsteuer wird nicht laufend in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen einbehalten und abgeführt, sondern nach § 18a Abs. 1 Nr. 3 AuslInvestmG / § 7 Abs. 1 Nr. 3 InvStG erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Rückgabe der Anteilsscheine. Aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 25. Mai 2001 kam es zu einer Verdoppelung der Anteile auf 36.540 Stück. Die Anteile wurden ursprünglich bei der [...] (C-Bank) verwahrt. Am 15. Dezember 2004 übertrug der Kläger die 36.540 Stück Anteile in sein Wertpapierdepot bei der [...] (D-Bank). Am 16. Dezember 2004 wurden die Anteile an der Amsterdamer Börse zum Kurswert von 1.471.465,80 EUR veräußert.
Die D-Bank behielt gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 InvStG Zinsabschlagsteuer in Höhe von 172.085,86 EUR sowie einen Solidaritätszuschlag zur Zinsabschlagsteuer in Höhe von 9.464,72 EUR für ausschüttungsgleiche Erträge in Höhe von 573.619,53 EUR (ESt-Akte 2004 Bl. 10 f.) für die Zeit nach dem 31. Dezember 1993 bis zum Verkaufstag ein. Die Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge seit dem 1. Januar 1994 ermittelte die D-Bank mit einem Betrag von 15,6984 EUR je Anteil (ESt-Akte 2004 Bl. 82). Am 11. Februar 2005 erstellte die D-Bank die entsprechende Steuerbescheinigung (ESt-Akte 2004 Bl. 12).
In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, dass er Erträge aus ausländischen Investmentanteilen in Höhe von 14.647,68 EUR von der [...] YYY N.V. (ESt-Akte 2004 Bl. 4 + 25; WKN 970 259) bezogen habe. Die anrechenbare Zinsabschlagsteuer auf diese Erträge habe 4.394,30 EUR betragen. Außerdem beantragte der Kläger die Anrechnung der Zinsabschlagsteuer in Höhe von 172.085,68 EUR auf die Erträge aus der [...] XXX N.V. sowie des hierzu erhobenen Solidaritätszuschlags in Höhe von 9.464,72 EUR. Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aus der [...] XXX N.V. erklärte der Kläger nicht.
Das Finanzamt [... CH-Stadt] (FA CH) folgte den Angaben in der Einkommensteuererklärung für 2004 insoweit nicht. Das FA CH berücksichtigte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 9. September 2005 Erträge aus ausländischen Investmentanteilen in Höhe von 588.266 EUR (14.647 + 573.619) und rechnete wie beantragt Zinsabschlagsteuer in Höhe von 176.480,16 EUR sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 10.451,36 EUR an. Den dagegen gerichteten Einspruch begründete der Kläger damit, dass die Erträge aus ausländischen Investmentanteilen in Höhe von 573.619,53 EUR nur die Grundlage für die Jahresbescheinigung und die Steuerbescheinigung für 2004 der D-Bank gewesen sei. Die Steuerbescheinigung der D-Bank weise keine Einkünfte für den Veranlagungszeitraum 2004 aus. Wegen des Verkaufs am 16. Dezember 2004 sei die D-Bank verpflichtet gewesen, auch die Zinsabschlagsteuer auf die seit dem 1. Januar 1994 bis zum Verkaufstag aufgelaufenen thesaurierten Erträge zu erheben. Diese ausschüttungsgleichen Erträge seien aber nicht im Jahr 2004, sondern gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 AuslInvmG in den Vorjahren zugeflossen. Im Jahr 2004 seien keine Erträge aus der [...] XXX N.V. erzielt worden, denn ausschüttungsgleiche Erträge würden erst mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie vereinnahmt worden sind, als zugeflossen gelten; die Aktien seien aber bereits am 16. Dezember 2004 verkauft worden (ESt-A Bl. 76 f.). Auch die Erfassung eines Zwischengewinnes käme nicht in Betracht, weil Zwischengewinne im Veranlagungszeitraum nicht der Besteuerung unterlägen.
Auf den Einspruch des Klägers änderte das FA CH mit Einkommensteuerbescheid vom 6. Dezember 2005 gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) die Einkommensteuerfestsetzung für 2004 und berücksichtigte nun als Erträge aus ausländischen Investmentanteilen nur mehr den erklärten Betrag in Höhe von 14.647,00 EUR. Außerdem änderte das FA CH die Anrechnungsverfügungen und berücksichtigte nur mehr anrechenbare Zinsabschlagsteuer in Höhe von 86.536,00 EUR (darin Kapitalertragsteuer für Erträge aus ausländischen Investmentanteile 78.391,58 EUR) und den anrechenbaren Solidaritätszuschlag hierzu von 5.056,49 EUR. Es vertrat die Auffassung, dass für die Jahre 2000 bis 2003 ausschüttungsgleiche Erträge - wie vom Kläger erklärt (vgl. Auszüge aus dem Bundesanzeiger über die Bekanntmachung der ausschüttungsgleichen Erträge für die Jahre 2000 bis 2003, ESt-Akte 2004, Bl. 60 - 63) - in Höhe von insgesamt 246.657,48 EUR aus der [...] XXX N.V. vorliegen würden. Darauf würde Zinsabschlagsteuer in Höhe von 73.997,28 EUR (30% der Erträge) sowie ein Solidaritätszuschlag hierzu in Höhe von 4.069,85 EUR (5,5% der Zinsabschlagsteuer) entfallen. Es sei gemäß R 213d Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuerrichtlinie (EStR) 2004 nur die Zinsabschlagsteuer anzurechnen, die auf Erträge entfallen würde, die in den Vorjahren tatsächlich versteuert worden seien. Für die Jahre 2000, 2001, 2002 und 2003 würden als Erträge aus ausländischen Investmentfonds in den Einkommensteuerfestsetzungen in der Summe 246.657,48 EUR erfasst werden. Die ausschüttungsgleichen Erträge für die Jahre 1994 bis 1999 hätten wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht der Besteuerung zu Grunde gelegt werden können. Deshalb scheide auch eine Anrechnung der auf diese Erträge entfallenden Zinsabschlagsteuer nebst Solidaritätszuschlag aus.
Mit Steuerbescheid vom 13. Januar 2006 hat das FA CH erneut wegen nichtstreitiger Punkte die Einkommensteuerfestsetzung für 2004 gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert; die Anrechnungsverfügungen wurden nicht geändert.
Bei der beim Kläger durchgeführten steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2004 vertrat der Prüfer u.a. die Auffassung, dass ausschüttungsgleiche Erträge der niederländischen Kapitalgesellschaft [...] XXX N.V. für 2000 in Höhe von 111.386 DM, für 2001 in Höhe von 137.390 DM, für 2002 in Höhe von 60.982 EUR, für 2003 in Höhe von 58.478 EUR und für 2004 in Höhe von 0 EUR zu berücksichtigen seien (Betriebsprüfungsbericht vom 12. Mai 2006; Auftr.-Nr. 0473/05, Tz. 8). Das FA CH schloss sich den Feststellungen des Prüfers an und änderte unter Berücksichtigung der Erträge aus ausländischen Investmentfonds für die Jahre 2000 bis 2003 in Höhe von insgesamt 246.657,48 EUR die Einkommensteuerfestsetzungen entsprechend.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2005 hat der Kläger einen Abrechnungsbescheid beantragt, da bisher die für die Erträge der Jahre 1994 bis 1999 aus der [...] XXX N.V. einbehaltene Zinsabschlagsteuer nicht auf die Einkommensteuer für 2004 angerechnet worden sei. In dem Abrechnungsbescheid vom 13. Januar 2006 stellte das FA CH fest, dass auf den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 13. Januar 2006 Zinsabschlagsteuer in Höhe von 86.536,00 EUR anzurechnen sei und dass eine weitergehende Anrechnung von Zinsabschlagsteuer aus den Anteilen an der [...] XXX N.V. nicht in Betracht käme.
Mit Steuerbescheid vom 28. Juni 2006 hat das FA CH die Einkommensteuerfestsetzung 2004 nochmals aufgrund der Ergebnisse der Außenprüfung geändert, den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben, sowie die Anrechnungsverfügung wegen nichtstreitiger Punkte geändert und zuletzt Zinsabschlagsteuer in Höhe von 86.546,00 EUR (davon 73.997,28 EUR auf [...] XXX N.V.) und einen Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.057,07 EUR (davon 4.069,85 EUR auf [...] XXX N.V.) auf die Steuerfestsetzung angerechnet.
Mit dem gegen den Abrechnungsbescheid vom 13. Januar 2006 gerichteten Einspruch begehrte der Kläger weitere Zinsabschlagsteuer in Höhe von 98.088,58 EUR (172.085,86 - 73.997,28 = 98.088,58) sowie weiteren Solidaritätszuschlag von 5.394,87 EUR (9.464,72 - 4.069,85 = 5.394,87) auf die Einkommensteuer für 2004 anzurechnen und zu erstatten. Mit Einspruchsentscheidung vom 28. August 2007 hat der Beklagte - das nunmehr zuständige Finanzamt (FA) - den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, dass § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 InvStG vorsehe, dass in einem späteren Veranlagungszeitraum noch ein Steuerabzug erfolge, der auf in früheren Veranlagungszeiträumen bezogene Einkünfte entfalle; § 7 Abs. 7 InvStG ordne die Anrechnung dieser einbehaltenen Zinsabschlagsteuer an, auch wenn die Einnahmen in früheren Jahren zu erfassen gewesen wären. Es käme nicht darauf an, ob die Erträge auch tatsächlich in den früheren Veranlagungszeiträumen erfasst worden seien. Die Kapitalertragsteuer sei im Jahr 2004 wegen der Veräußerung der Aktien gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG von der D-Bank erhoben worden; dabei habe die D-Bank den Kapitalertragsteuerabzug zutreffend durchgeführt. Für ausländische Investmentfondsanteile bestehe die Besonderheit, dass bei deren Veräußerung die inländische Bank Kapitalertragsteuer für alle seit dem 31. Dezember 1993 thesaurierten Erträge, sogenannte ausschüttungsgleichen Erträge, einbehalten müsse, weil erst bei der Veräußerung ein Anknüpfungspunkt für den Kapitalertragsteuerabzug bestehe. § 7 Abs. 7 InvStG sei eine Rechtsfolgen- und keine Rechtsgrundverweisung auf § 36 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Anrechnungsvoraussetzungen seien in der Spezialregelung des § 7 Abs. 7 InvStG geregelt. Die Anrechnung würde allein davon abhängen, dass Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt werde. Eine Anrechnung der Quellensteuer habe stets zu erfolgen, auch wenn die ausschüttungsgleichen Erträge in den Vorjahren bei dem Steuerpflichtigen nicht zu erfassen gewesen seien, beziehungsweise nicht erfasst worden seien und dies aus formalen Gründen nicht mehr möglich sei. Insoweit unterscheide sich diese Spezialregelung von § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Denn nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG dürfte nur die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer angerechnet werden, die auf die bei der Veranlagung tatsächlich erfassten Einkünfte entfalle. Dieser Unterschied würde auch durch den Gesetzeswortlaut deutlich, denn in § 7 Abs. 7 InvStG sei angeordnet, dass die Vorschriften des EStG nur entsprechend gelten. Dass § 7 Abs. 7 InvStG eine Rechtsfolgeverweisung sei, sei auch daraus ersichtlich, dass die Kapitalertragsteuereinbehaltungspflicht des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG sehr weitgehend sei. Die ausschüttungsgleichen Erträge eines ausländischen Investmentfonds seien wegen der Zuflussfiktion (§ 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 3 AuslInvmG) bereits in ihrem Entstehungsjahr als Einnahmen aus Kapitalvermögen vom Anteilseigner zu versteuern. Aufgrund der Thesaurierung sei aber kein Anknüpfungspunkt für den Einbehalt von Kapitalertragsteuer durch eine verwahrende inländische Bank gegeben. Der Kapitalertragsteuerabzug nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 InvStG bei Veräußerung der Anteile würde sogar die ausschüttungsgleichen Erträge aus der Zeit vor dem Erwerb der Anteile ergreifen, soweit die verwahrende Bank die Anteile nicht für den Steuerpflichtigen erworben, beziehungsweise an diesen veräußert habe, weil dann die Einschränkung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 InvStG nicht erfüllt sei. Auch für diesen Fall ordne § 7 Abs. 7 InvStG die Anrechnung der Kapitalertragsteuer an, obwohl es keine Möglichkeit gebe, die entsprechenden Einnahmen in Steuerfestsetzungen des Steuerpflichtigen für frühere Veranlagungszeiträume zu erfassen. Wäre § 7 Abs. 7 InvStG eine Rechtsgrundverweisung auf § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, würde dies in diesen Fällen keinen Sinn ergeben, denn die Tatbestandsvoraussetzungen § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG könnten in diesem Fall gar nicht erfüllt werden. Der Fiskus würde sich in diesem Falle rechtsgrundlos bereichern. Ob der Voreigentümer seinerseits die ausschüttungsgleichen Erträge versteuert habe, könne nicht maßgeblich sein für die Anrechnung beim Steuerpflichtigen. Im Streitfall sei Kapitalertragsteuer auch für Erträge erhoben worden, für die kein Steueranspruch gegen den Kläger bestehe. Ausschüttungsgleiche Erträge für den Zeitraum von 1994 bis zum 30. September 1998 könnten dem Kläger nämlich nicht zugerechnet werden, da er erst zum 1. Oktober 1998 Eigentümer der ausländischen Investmentanteile geworden sei. Für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 31. Dezember 1999 könnten die ausschüttungsgleichen Erträge nicht erfasst werden, da die Steuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 1998 und 1999 wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr änderbar seien. Im Übrigen habe das FA CH die Anrechnungsverfügung vom 9. September 2005 gar nicht zurücknehmen dürfen, denn die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO seien nicht erfüllt. Gegen diese Rücknahme der Anrechnung habe sich der Kläger ebenso wie gegen die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung durch den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 6. Dezember 2005 mit Schreiben vom 25. Dezember 2005 gewendet.
Hilfsweise werde das Klagebegehren darauf gestützt, dass für den Zeitraum 1994 bis 1. Oktober 1998 Kapitalertragsteuer zu Unrecht beim Kläger einbehalten worden sei und zu seinen Lasten abgeführt worden sei. Auf den Zeitraum vom 1. Januar 1994 bis 30. September 1998 würde Kapitalertragsteuer in Höhe von 77.604,62 EUR (FG-Akte Bl 47) entfallen. Der Kläger sei für diesen Zeitraum nicht Abzugsschuldner, da er nicht als Anleger i.S. der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG anzusehen sei. Der Erstattungsanspruch des Klägers ergebe sich aus § 37 Abs. 2 AO.
Der Kläger beantragt
unter Änderung des Abrechnungsbescheid vom 13. Januar 2006 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 28. August 2007 festzustellen, dass weitere Zinsabschlagsteuer in Höhe von 98.088,58 EUR sowie weiterer Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.394,87 EUR auf die festgesetzte Einkommensteuer für 2004 anzurechnen sind, hilfsweise die weitere Zinsabschlagsteuer in Höhe von 98.088,58 EUR sowie den weiteren Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.394,87 EUR zu erstatten, hilfsweise die Revisionszulassung.
Das Finanzamt beantragt
die Klageabweisung.
Das FA verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend weist es darauf hin, dass die Rücknahme der Anrechnungsverfügung vom 9. September 2005 zulässig gewesen sei. Der Kläger habe sich mit seinem Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung vom 9. September 2005 gewendet, um eine Verminderung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erreichen. Mit Einkommensteuerbescheid vom 6. Dezember 2005 habe das FA CH dem Einspruch entsprochen. Folge der Änderung der Steuerfestsetzung sei aber auch gewesen, die anrechenbare Zinsabschlagsteuer wegen der geringeren zu berücksichtigenden Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend zu ändern. Die Rechtswidrigkeit der Anrechnungsverfügung vom 9. September 2005 sei dem Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigten i.S. des § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass der Erfolg des Einspruchsverfahrens zur Rechtswidrigkeit der Anrechnungsverfügungen habe führen müssen. Im Übrigen sei § 7 Abs. 7 InvStG keine Rechtsfolge- sondern eine Rechtsgrundverweisung. Soweit die Voraussetzungen von § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht erfüllt seien, scheide eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer aus. Auch die hilfsweise beantragte Erstattung sei nicht möglich. Der Kläger habe nämlich die Anteile von seiner Mutter geschenkt erhalten. Nur bei einer Veräußerung von der Mutter an den Kläger hätte die Kapitalertragsteuer auf ausschüttungsgleiche Erträge bis zum 30. September 1998 einbehalten werden müssen. Da eine Schenkung nicht zur Einbehaltung der Kapitalertragsteuer auf ausschüttungsgleiche Erträge führe, sei zurecht erst mit der Veräußerung im Dezember 2004 die Kapitalertragsteuer für den gesamten Zeitraum einbehalten worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.
II. Die Klage ist unbegründet.
1. Zu Recht wendet sich der Kläger gegen den Abrechnungsbescheid und nicht gegen die Anrechnungsverfügung.
Mit einem Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO wird über die Meinungsverschiedenheiten, die sich aus einer Anrechnungsverfügung ergeben haben, verbindlich entschieden. Das Abrechnungsverfahren hat nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vor dem Verfahren gegen die Anrechnungsverfügung Vorrang (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Oktober 1999 VII B 94/99, VII S 10/99, BFH/NV 2000, 1096; vom 25. Oktober 2006 I B 79/06, BFH/NV 2007, 207, jeweils m.w.N.). Dieses Vorrangverhältnis besteht lediglich in verfahrensrechtlicher bzw. prozessrechtlicher Hinsicht. Mit ihm soll aus Gründen der Praktikabilität ausgeschlossen werden, dass über dieselbe Frage der Anrechnung von Steuern in zwei verschiedenen Verwaltungs- und Klageverfahren entschieden werden kann bzw. muss. Der Vorrang des Abrechnungsverfahrens gemäß § 218 Abs. 2 AO als des spezielleren und umfassenderen Verfahrens zur Entscheidung über die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis besagt aber nichts über den Inhalt des Abrechnungsbescheids und die bei seinem Erlass zu beachtenden Bindungen an vorausgegangene Verwaltungsakte, hier die Anrechnungsverfügung. Übernimmt der Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO die Funktion einer vorangegangenen Anrechnungsverfügung, so muss deren (eingeschränkter) Bestandsschutz nach § 130 Abs. 2 AO für den Inhalt des Bescheids berücksichtigt werden. Denn die Auffassung vom Vorrang des Verfahrens nach § 218 Abs. 2 AO kann mit dem Bestandsschutz der Anrechnungsverfügung nur in Einklang gebracht werden, wenn das FA im Abrechnungsbescheid die mit einer vorangegangenen Anrechnungsverfügung verbundenen Bindungswirkungen beachtet. Selbst wenn der Abrechnungsbescheid die Anrechnungsverfügung nicht formell aufhebt, tritt er doch faktisch an deren Stelle und regelt denselben Sachverhalt. Dann muss der Abrechnungsbescheid bei der Feststellung der noch zu zahlenden Restschuld auch die Wirkung und den Vertrauenstatbestand beim Steuerpflichtigen berücksichtigen, die sich durch das Bestehen der Anrechnungsverfügung ergeben haben (vgl. BFH-Urteil vom 15. April 1997 VII R 100/96, BStBl II 1997, 787 unter II.2.c der Entscheidungsgründe).
Der erkennende Senat entscheidet deshalb im Anfechtungsverfahren gegen den Abrechnungsbescheid, ob Zinsabschlagsteuer in zutreffender Höhe angerechnet worden ist
2. Der angefochtene Abrechnungsbescheid stellt zutreffend fest, dass auf die im Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 13. Januar 2006 festgesetzte Einkommensteuer nur Zinsabschlagsteuer in Höhe von 86.536,00 EUR angerechnet wird. Denn das FA hat zu Recht nur die Zinsabschlagsteuer in Höhe von 73.997,28 EUR angerechnet, soweit sie auf die Erträge aus der [...] XXX N.V. entfällt, die in den Veranlagungen erfasst sind.
a) Das FA CH durfte die Anrechnungsverfügung in dem Bescheid vom 9. September 2005 ändern und mit dem Verwaltungsakt vom 6. Dezember 2005 nur mehr Zinsabschlagsteuer auf die Erträge aus der [...] XXX N.V. in Höhe von 73.997,28 EUR anrechnen.
aa) Die Anrechnungsverfügung kann als Verwaltungsakt nur unter den Voraussetzungen der §§ 129, 130, 131 AO aufgehoben oder geändert werden (BFH-Urteil vom 18. September 2007 I R 54/06, BFH/NV 2008, 290). Im Streitfall kommt allein eine Änderung der Verfügung über die Anrechnung der Zinsabschlagsteuer gemäß § 130 AO in Betracht.
Rechtswidrig und daher unter den Voraussetzungen des § 130 AO rücknehmbar ist ein Verwaltungsakt, wenn bei seinem Erlass von einem tatsächlich nicht gegebenen Sachverhalt ausgegangen oder das im Zeitpunkt seines Erlasses geltende Recht unrichtig angewandt worden ist (BFH-Urteile vom 9. Dezember 2008 VII R 43/07, BStBl II 2009, 344; vom 26. Juni 2007 VII R 35/06, BStBl II 2007, 742). Im Streitfall war die Anrechnungsverfügung vom 9. September 2005 teilweise rechtswidrig, denn statt der in voller Höhe von 172.085,86 EUR angerechneten Steuer ist auf die Erträge aus der [...] XXX N.V. nur Zinsabschlagsteuer in Höhe von 73.997, 28 EUR anzurechnen (siehe unter Tz. II.1.b.bb der Entscheidungsgründe).
bb) Die Änderung der Anrechnungsverfügung vom 9. September 2005 ist im Streitfall gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO zulässig. Nach der genannten Regelung darf ein begünstigender Verwaltungsakt nur dann zurückgenommen werden, wenn seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Hierfür genügt es nicht, dass der Begünstigte die Umstände kennt, die die Rechtswidrigkeit zur Folge haben. Er muss das - wenn auch laienhafte - Bewusstsein der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes selbst haben (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BStBl II 1996, 82, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, denn aus dem Inhalt des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheids 2004 vom 9. September 2005 war dem Kläger ersichtlich, dass der Zinsabschlagsteuer über 172.085,86 EUR zugrundeliegende ausschüttungsgleiche Erträge von 573.619,53 EUR vom FA CH in voller Höhe im Jahr 2004 berücksichtigt wurden. Damit war offensichtlich, dass für das FA CH die volle Berücksichtigung der ausschüttungsgleichen Erträge und die Anrechnung der vollen Zinsabschlagsteuer unmittelbar zusammengehörten. Dies hat der Kläger auch erkannt, denn mit Schreiben vom 7. November 2005 (ESt-A 2004 Bl. 76 ff.) begründete der Kläger seinen Einspruch damit, dass die Berücksichtigung der ausschüttungsgleichen Erträge im Einkommensteuerbescheid 2004 rechtswidrig ist, da diese in den Vorjahren und nicht im Streitjahr als zugeflossen gelten; es sei aber dennoch nach der Berichtigung der Einkommensteuerfestsetzung die Zinsabschlagsteuer, obwohl sie auf ausschüttungsgleiche Erträge entfällt, die in anderen Jahren als zugeflossen gelten, weiter in voller Höhe von 172.085,86 EUR anzurechnen. Damit hat der Kläger - bzw. sein Prozessbevollmächtigter, dessen Wissen dem Kläger zuzurechen ist - alle Umstände erkannt, die zur Rechtswidrigkeit der Anrechnungsverfügung führen. Der Zusammenhang zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen und der angerechneten Steuer musste sich dem Kläger auch zusätzlich deshalb aufdrängen, weil das FA CH die Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführt hat und so in diesem Bescheid Einkünfte aus Kapitalvermögen ohne weitere Prüfung in der Einkommensteuerfestsetzung berücksichtigen konnte. Dass der Kläger weiter der Auffassung ist, dass diese Anrechnungsverfügung vom 9. September 2005 rechtmäßig ist - und der Kläger mit seinem Klagebegehren gerade die Wiederherstellung der Wirkungen dieser Verfügung erreichen will - steht der Annahme der Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nicht entgegen. Denn seine Rechtsauffassung, dass bei § 7 Abs. 7 InvStG eine Anrechnung von Zinsabschlagsteuer erfolge, ohne dass die zugrundeliegenden Erträge in der Veranlagung erfasst sind, und seine entsprechende Auslegung von § 213d Abs. 1 Satz 3 EStR 2004 widersprechen den bisher im Rahmen von § 18a AuslInvmG und von § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG vertretenen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur (vgl. unter Tz. II.2.c der Entscheidungsgründe). Demgemäß hat der Kläger auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Anrechnungsverfügung nach der sog. Parallelwertung in der Laiensphäre. Mit der von seiner Rechtsauffassung abweichenden Verwaltungsauffassung wurde der Kläger auch vom FA CH im Schreiben vom 22. Oktober 2005 konfrontiert, in dem auf die Verfügung der OFD vom 22. November 2002, Aktenzeichen: S 0351 - 31 St 312, DStR 2003, 30 verwiesen wurde (ESt-A 2004 Bl. 66, 68).
b) Das FA hat zu Recht die Anrechnung der Kapitalertragsteuer abgelehnt, soweit diese auf ausschüttungsgleiche Erträge aus der [...] XXX N.V. entfällt, die nicht in einer Veranlagung erfasst sind.
aa) Gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt und nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist, auf die Einkommensteuer angerechnet. Abzugsteuer in diesem Sinne ist auch die nach § 7 Abs. 1 Nr.3 InvStG einbehaltene Kapitalertragsteuer, denn der Steuerabzug erfolgt wegen des Verweises in § 7 Abs. 1 Satz 2 InvStG nach den Vorschriften des EStG durch die auszahlende Stelle als Zinsabschlagsteuer (Geurts in Bordewin/ Brandt, Kommentar zum EStG, Loseblatt, § 7 InvStG Rz. 10, Stand: 272. Lfg. Okt. 2006) und außerdem verweist § 7 Abs. 7 InvStG auf § 36 Abs. 2 EStG.
Aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 7 InvStG lässt sich nicht unmittelbar die zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage beantworten, ob die Anrechnung der Kapitalertragsteuer voraussetzt, dass die abgezogene Steuer auf tatsächlich bei der Veranlagung erfasste Einnahmen entfällt, oder ob es ausreicht, dass die Einnahmen bei der Veranlagung nur zu erfassen wären. Auch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 2. Juni 2005 (IV C 1 - S 1980 - 1 - 87/05, BStBl I 2005, 728, i.B. Tz. 161) liefert keine explizite Antwort. Die Finanzverwaltung (Oberfinanzdirektion München, Verfügung vom 27. April 2005, Aktenzeichen: S 0702a B - 19 St 313) vertritt dabei die - nicht weiter begründete - Auffassung für die Vorgängervorschrift zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG (§ 18a Abs. 1 Nr. 3 AuslInvestmG), dass nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nur Kapitalertragsteuer / Zinsabschlagsteuer auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt. Zu dem selben Ergebnis gelangen auch das FG Hamburg in seinem Urteil vom 12. Juni 2007 (5 K 110/06, EFG 2007, 1556) für die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG bzw. das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 26. Januar 2007 (12 K 2904/05 AO, EFG 2008, 146) und das FG Köln in seinem Urteil vom 20. Juni 2006 (5 K 3906/05, EFG 2007, 934) für die nach § 18a AuslInvmG einbehaltene Zinsabschlagsteuer.
bb) Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, dass § 7 Abs. 7 InvStG eine Rechtsgrundverweisung darstellt und nur die Kapitalertragsteuer (Zinsabschlagsteuer) auf die Erträge angerechnet werden kann, die bei der Veranlagung erfasst worden sind. Nach diesem Maßstab hat das FA zu Recht nur die Zinsabschlagsteuer in Höhe von 73.997,28 EUR angerechnet, die auf die ausschüttungsgleichen Erträge aus der [...] XXX N.V. entfällt, die zwischen 2000 und 2003 als zugeflossen gelten.
Der erkennende Senat kommt zu dieser Auffassung aufgrund der folgenden Überlegungen: Im Streitfall besteht die Besonderheit nach dem InvStG / AuslInvestmG, dass Einkommensteuerveranlagung und Kapitalertragsteuereinbehaltung (bzw. -anrechnung) auseinanderfallen. Diese Besonderheit wird bei ausländischen Investmentfondsanteilen, die von einem inländischen Kreditinstitut verwahrt werden, durch § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG bewirkt. Die Anrechnung der Kapitalertragsteuer erfolgt so nicht laufend, sondern ausschließlich im Veranlagungszeitraum der Veräußerung oder Rückgabe der Anteilsscheine kumuliert. Diese Besonderheit führt dazu, dass im Regelfall geringen bzw. keinen Einkünften aus Kapitalvermögen ein hoher anrechenbarer Zinsabschlag (weil auch die Einkünfte der vorangegangenen Jahre betreffend) gegenübersteht. Denn die ausschüttungsgleichen Erträge gelten mit Ablauf des Geschäftsjahres, im dem sie von der Fondsgesellschaft vereinnahmt worden sind, beim Anleger als zugeflossen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG bzw. für die Jahre bis 2003 § 17 Abs. 1 Satz 3 AuslInvmG). Deshalb steht bei dem Anleger, der im jeweiligen Veranlagungszeitraum die zuzurechnenden ausschüttungsgleichen Erträge erklärt, auch keine anrechenbare Kapitalertragsteuer gegenüber (vgl. Schmitt/Hagen, DStR 2005, 1804, 1805 Tz. II.3.).
§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG hat im Streitjahr die folgende Fassung:
"Ein Steuerabzug vom Kapitalertrag wird erhoben von [...]
3. den nach dem 31. Dezember 1993 einem Anleger in ausländische Investmentanteile als zugeflossen geltenden, noch nicht dem Steuerabzug unterworfenen Erträgen. Hat die die Kapitalerträge auszahlende Stelle den Investmentanteil für den Anleger erworben oder an ihn veräußert und seitdem verwahrt, hat sie den Steuerabzug nur von den in dem Zeitraum der Verwahrung als zugeflossen geltenden, noch nicht dem Steuerabzug unterworfenen Erträgen vorzunehmen, [...]."
Im Streitfall hat die D-Bank auf den Zeitpunkt der Veräußerung Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt und damit Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer des Klägers im Veranlagungszeitraum 2004 vorgenommen. Diese Vorauszahlungen entfallen auf Erträge aus den Investmentanteilen, die dem Kläger in den Jahren 1998 bis 2004 - bzw. dessen Mutter in den Jahren 1994 bis 1997 - (fiktiv) zugeflossen sind. Von diesen Erträgen sind aber - zwischen den Beteiligten unstreitig - bei den Veranlagungen i. S. von § 25 EStG die Erträge nicht erfasst worden, die auf die Jahre 1994 bis 1999 entfallen.
Die vom Kläger vertretene Auffassung, dass eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer nicht davon abhängig gemacht werden darf, dass die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfüllt sind, teilt der erkennende Senat nicht. Die Gesetzesbegründung zur Vorgängervorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG, dem § 18a AuslInvmG, betont nämlich, dass nur für den Fall eine Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer im Veräußerungsjahr erfolgen soll, wenn die ausschüttungsgleichen Erträge bereits versteuert wurden (BR-Drs 612/93, Seite 81; BT-Drs 12/5630, Seite 79). Da die Gesetzesbegründung zum InvStG zu dieser Problemlage schweigt (vgl. BT-Drs 15/1553, Seite 122; BT-Drs 15/1671, Seite 2; BTDrs 15/1896, Seite 112; BT-Drs 15/1944, Seite 18; Gesetzentwurf der Bundesregierung: BRDrs 609/03 vom 28. August 2003, Seiten 125, 133 (Gesetz), 311 - 313 (Begründung)), geht der erkennende Senat davon aus, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des InvStG weiter die selben Motive verfolgt hat.
Sowohl die ausschüttungsgleichen Erträge die zwischen 2000 und 2003 als zugeflossen gelten - und in den Veranlagungen der Jahre 2000, 2001, 2002 und 2003 erfasst wurden - als auch die darauf entfallende Zinsabschlagsteuer sind in der Höhe (246.657,48 EUR bzw. 73.997,28 EUR) zwischen den Beteiligten unstreitig.
c) Im Übrigen ist der Senat der Auffassung, dass die vom Kläger vertretene Meinung auch aus anderen Gründen keine Zustimmung verdient. Die vom Kläger vertretene Auffassung, dass eine unzutreffende Bereicherung des Fiskus durch eine Lösung vom Korrespondenzprinzip vermieden werden kann, findet in der Literatur keine Stütze. Sofern man sich der hier vertretenen Lösung, mit einer Anrechnung der Kapitalertragsteuer im Erhebungsjahr, nicht anschließt, könnte folgende andere Lösung zutreffend sein: Anrechnungen des Zinsabschlags auf die Steuern der Veranlagungszeiträume können nur so vorgenommen werden, dass sie in den jeweiligen Jahren erfolgen, in denen auch die Einnahmen bei der Veranlagung erfasst wurden (Ramackers in Littmann/Bitz/Putz, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, Loseblatt, § 7 InvStG Rz. 23, Stand: 61. Erg.-Lfg. 05/2004). Nach dieser Auffassung fehlt für die Verwaltungsvorschrift R 231d Abs. 1 Satz 3 EStR 2004 - mit der im Streitfall das FA die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 73.997,28 EUR begründet hat - im Streitjahr die Rechtsgrundlage. Die Auffassung vom Ramackers nimmt die Anrechnungsvorschrift des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG beim Wort und betrachtet § 7 Abs. 7 InvStG als Rechtsgrundverweisung. Diese Auffassung führt zu einer Lösung von der Steuerbescheinigung (§ 45a Abs. 2 EStG) und der Jahresbescheinigung (§ 24c EStG) in den früheren Veranlagungszeiträumen, in denen die ausschüttungsgleichen Erträge dem Kläger zugerechnet werden. Die Lösung von dem in der Steuerbescheinigung für das Erhebungsjahr ausgewiesenen Steueranrechnungsbetrag ist auch unter der BFH-Rechtsprechung möglich, denn die Bescheinigung ist zwar materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG). § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG bestimmt indes nicht, zu welchen Zeitpunkten die Steueranrechnungen vorzunehmen sind (BFH-Urteile vom 18. September 2007 I R 54/06, BFH/NV 2008, 290; vom 26. November 1997 I R 110/97, BFH/NV 1998, 581 unter II.1.b der Entscheidungsgründe). Nach dieser Auffassung - der der Senat jedoch nicht folgt - wäre im Jahr 2004 keine Zinsabschlagsteuer aus den ausschüttungsgleichen Erträgen aus der [...] XXX N.V. anzurechnen; die Steueranrechnung hätte in den Jahren 2000 bis 2003 zu erfolgen, soweit sie auf die in diesen Jahren jeweils erfassten Erträge entfällt.
Im Übrigen erscheint dem Senat eine in der Literatur vertretene Lösung zu § 18a AuslInvmG sinnvoller, um eine mehrfache Besteuerung von Erträgen zu verhindern. So wird in der Literatur vertreten, dass eine Erhebung der Kapitalertragsteuer auf die kumulierten ausschüttungsgleichen Erträge unterbleiben soll, wenn die thesaurierten Erträge nachweislich bereits versteuert wurden (Behrens in Brinkhaus/Scherer, AuslInvestmG, 2003, § 18a Rz. 59 und 27). Bei der Nachfolgevorschrift, dem im Streitfall anwendbaren § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG, wird dagegen die Auffassung vertreten, dass auch dann nicht aus Praktikabilitätsgründen vom Einbehalt des Zinsabschlags abzusehen ist, wenn die als zugeflossen geltenden Beträge bereits versteuert sind, denn die auszahlende Stelle kann dies nicht wissen (Ramackers in Littmann/Bitz/Putz, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, Loseblatt, § 7 InvStG Rz. 23, Stand: 61. Erg.-Lfg. 05/2004 m.w.N. auf BR-Drs. 612/93, Seite 81).
2. Der Hilfsantrag auf Erstattung der nicht angerechneten Zinsabschlagsteuer hat keinen Erfolg.
Das FA hat mit seinem angefochtenen Abrechnungsbescheid nicht über den mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Erstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung entschieden. Abrechnungsbescheide nach § 218 Abs. 2 AO entscheiden über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, nicht notwendig im Sinne einer Gesamtabrechnung, die alle Rechtsbeziehungen zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt erfasst, sondern - je nachdem, worüber Streit besteht - ggf. über einzelne Forderungen oder Ansprüche, Zahlungs- oder sonstige Tilgungsvorgänge und dergleichen mehr. Sie sind daher soweit teilbar, wie sich solche Gegenstände der Natur der Sache nach gesondert beurteilen lassen (BFH-Beschluss vom 13. Januar 2005 VII B 147/04, BStBl II 2005, 457).
Eine Entscheidung ist bei dem angefochtenen Abrechnungsbescheid nur im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage getroffen worden, ob in der Anrechnungsverfügung des Einkommensteueränderungsbescheides für 2004 die Zinsabschlagsteuer zutreffend ausgewiesen ist. Über die weitere Frage, in Höhe welchen Betrages dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung von zu Unrecht einbehaltener Kapitalertragsteuer zusteht, schweigt der Abrechnungsbescheid. Einen Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO auf Kapitalertragsteuer, die rechtsgrundlos einbehalten worden sei - für einen Zeitraum, in dem der Kläger nicht Anleger war, und für einen Zeitraum, in dem keine Einkünfte aus Kapitalvermögen wegen eingetretener Festsetzungsverjährung bei der Veranlagung berücksichtigt werden können - macht der Kläger erstmals im Klageverfahren geltend. Eine allgemeine Leistungsklage auf Erstattung einer Steuer kann aber nur dann Erfolg haben, wenn das FA zuvor über diesen Erstattungsanspruch in einem Abrechnungsbescheid oder einem anderen Verwaltungsakt entschieden hat (vgl. nur BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 I R 47/05, BFH/NV 2007, 2; Lindwurm in Leopold/Madle/Rader, AO, § 218 Rz. 10 m.w.N. Stand: 70. AL Jan. 2006). An einem vorherigen Anrechnungsbescheid über diesen Erstattungsanspruch fehlt es im Streitfall; schon deshalb kann die Klage in ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg haben.
Allein schon aus diesem Grund hat der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob der Fiskus ungerechtfertigt bereichert ist durch den Kapitalertragsteuerabzug für die Zeit, in der die Anteile der Mutter des Klägers zuzurechnen waren. Wegen der Schenkung der Anteile greift für den Zeitraum bis zum 30. September 1998 auch nicht § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 InvStG.
Im Übrigen lässt sich ein etwaiger Erstattungsanspruch wegen rechtsgrundlos einbehaltener Kapitalertragsteuer nicht - wie dies der Kläger tut - mit einem Verweis auf § 37 Abs. 2 AO (und das vom Kläger zitierte BFH-Urteil vom 31. August 1999 VIII R 23/98, BFH/NV 2000, 420) begründen. § 7 Abs. 1 Satz 2 InvStG verweist auf die Regelungen des Steuerabzugs von Kapitalerträgen, mithin auch auf § 44b EStG (vgl. BMF-Schreiben vom 2. Juni 2005 IV - C1 - S 1980 - 1 - 87/05, BStBl I 2005, 728, Rz. 142; Geurts in Bordewin/Brandt, Kommentar zum EStG, Loseblatt, § 7 InvStG Rz. 25, Stand: 272. Lfg. Oktober 2006; Ramackers in Littmann/ Bitz/Putz, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, Loseblatt, § 7 InvStG Rz. 30, Stand: 61. Erg.-Lfg. 05/2004). Der nach der Änderung einer unzutreffenden Kapitalertragsteueranmeldung entstandene Erstattungsanspruch gemäß § 44b Abs. 5 EStG steht aber dem Abzugsverpflichteten zu (§ 44b Abs. 5 Satz 2 EStG; vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 28. Aufl. 2009, § 44b Rz. 8). Solange die auf § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG gestützte Anmeldung der Kapitalertragsteuer noch nicht geändert wurde, kann auch eine Bereicherung des Fiskus - zu Lasten des Klägers - nicht rechtsgrundlos i.S. des § 37 Abs. 2 AO sein.
3. Da die Klage in Bezug auf die Kapitalertragsteuer keinen Erfolg hat, bleibt auch die Klage in Bezug auf den Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer ohne Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Ende der Entscheidung
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