Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 23.10.2007
Aktenzeichen: 13 K 4198/03
Rechtsgebiete: EStG, OECD-MA


Vorschriften:

EStG § 1 Abs. 1
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 4
EStG § 19
OECD-MA Art. 15 Abs. 1
OECD-MA Art. 15 Abs. 2
OECD-MA Art. 23 Abs. 1
1. Nach der 183-Tage-Klausel verzichtet der Tätigkeitsstaat, in der Regel auf eine Besteuerung, wenn die Entlohnung der Tätigkeit von oder für einen nicht in seinem Staatsgebiet ansässigen Arbeitgeber erfolgt, und wenn die Vergütungen des Arbeitnehmers nicht von einer in seinem Staatsgebiet gelegenen Betriebsstätte des im Ausland ansässigen Arbeitgebers getragen werden (Art. 15 Abs. 2 OECD-MA).

2. Dieser abkommensrechtlichen Arbeitgeberbegriffes ist ein "wirtschaftlicher Arbeitgeberbegriff". Danach ist als Arbeitgeber im Sinne der DBA derjenige Unternehmer zu verstehen, der die Vergütungen für die ihm geleistete unselbständige Arbeit wirtschaftlich trägt.

3. Für dieses wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohnes genügt nicht eine Verrechnung durch eine allgemeine Kostenumlage. Erforderlich ist vielmehr eine Belastung mit den konkreten Aufwendungen, die der betreffenden Tätigkeit zuzuordnen sind.


Finanzgericht München

13 K 4198/03

Einkommensteuer 1998, 1999, 2000, 2001

In der Streitsache

hat der 13. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung [...]

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Streitig ist, ob Teile der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem deutschen Besteuerungsrecht unterliegen.

I. Die Kläger werden für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Kläger haben ihren Wohnsitz in [...] B-Stadt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit [...] aufgrund des seit dem 1. Mai 1997 wirksamen Arbeitsvertrages mit der [...] A-GmbH mit Sitz in Österreich, für die er seit 1. Februar 1992 als Arbeitnehmer tätig ist [...]. Dienstsitz des Klägers ist [... X-Stadt in Österreich]. Als Regionalmanager im Vertriebsbereich seines Arbeitgebers ist er auch zuständig für die Bereiche Osteuropa, Österreich und Schweiz. Teil des Anstellungsvertrages des Klägers ist die Geschäftsordnung für die Geschäftsführer der A-GmbH vom 7. März 1997 (§ 1 Abs. 1 des Vertrages [...]).

Der Kläger übte in den Streitjahren seine nichtselbständige Arbeit sowohl in Deutschland als auch in Österreich und zusätzlich in Drittstaaten, nämlich Schweiz, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Polen, Griechenland und Russland aus. In den jeweiligen Drittstaaten sind rechtlich selbständige Tochterunternehmen der [...] A-Mutter-AG ansässig. Diese Tochterunternehmen (von denen eine der Arbeitgeber des Klägers ist) haben eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit im gesamten Vertriebsgebiet getroffen [...]; die Zusammenarbeit bezieht sich u.a. auf gemeinsame Marketingstrategien, Controlling, Vertriebskoordination, Produktmanagement.

In Ziffer 3 der ab dem 1. Januar 2000 geltenden Vereinbarung haben die Tochterunternehmen die Aufteilung von Kosten, die gemeinschaftliche Gebietsfunktionen betreffen, vereinbart. Die ersten beiden Absätze der Vereinbarung in Ziffer 3 [...] lauten:

"3.1 Vereinbarung zur Kostenaufteilung Die Parteien verpflichten sich, ihren jeweiligen, angemessenen Teil der Kosten für die gemeinschaftlichen Gebietsfunktionen für jedes Produktsortiment eines jeden Jahres entsprechend Absatz 3.2 zu tragen, so wie in den Bestimmungen der Regelung zu dieser Vereinbarung festgelegt.

3.2 Berechnung der Gebietskosten Der Gesamtbetrag der im Rahmen dieser Vereinbarung aufzuteilenden Kosten ist wie folgt zu berechnen:

a) Der Gebietsmanager berechnet sämtliche direkten und indirekten Kosten, die ihm im Laufe des Jahres in Verbindung mit der Ausführung der gemeinschaftlichen Gebietsfunktionen bezügliche eines Produktsortiments, für welches er Gebietsmanager ist, entstanden sind [...].

b) In den Kosten enthalten sind Löhne und Gehälter, Lieferungen, Betriebskosten und Ausgaben für von anderen Filialen oder Dritten ausgeführten Arbeiten oder für von diesen erworbenen Rechten in Zusammenhang mit der Ausführungen der gemeinsamen Gebietsfunktionen.

c) In den Kosten enthalten sind der ordnungsgemäß zuweisbare Anteil an Abschreibung auf Anlagevermögen und allgemeine Leistungen."

Die Aufteilung der Gebietskosten soll nach einem Nachtrag zu dieser Vereinbarung im Verhältnis der Umsätze einer Vertragspartei zu den Umsätzen aller Vertragsparteien erfolgen [...]. Die entsprechende Klausel der Vereinbarung lautet:

"Der Anteil an den Gebietskosten bezüglich jedes Produktsortiments entsprechend Absatz 3.2 für das jeweilige Jahr ist wie folgt zu ermitteln:

a) Die Gebietskosten in Bezug auf das Produktsortiment sind mit einem Bruch zu multiplizieren, dessen Nenner der jährliche Umsatz der Partei und ihrer Tochtergesellschaften mit diesem Produktsortiment ist und dessen Zähler der jährliche Gesamtumsatz aller Parteien und ihrer Tochtergesellschaften mit diesem Produktsortiment ist.

b) [...]".

Für 1998 erklären die Kläger ein Jahresgehalt des Klägers in Höhe von 240.114 DM. Ausgehend von 254 Arbeitstagen in 1998 errechnen sie hieraus einen auf 98 Arbeitstage in Österreich entfallenden Teilbetrag von 92.755 DM und auf 54 Arbeitstage im übrigen Ausland (39 Tage Schweiz, 7 Tage Ungarn, 2 Tage Tschechien/Slowakei, 6 Tage Polen) entfallenden Teilbetrag von 42.831 DM, für den sich nach den einschlägigen DBA eine Steuerbefreiung (unter Progressionsvorbehalt) ergebe.

Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - folgte den Angaben des Klägers insoweit nicht vollständig und behandelte nur den auf die unselbständige Tätigkeit in Österreich entfallenden Arbeitslohn als steuerfrei. Den übrigen Arbeitslohn von 147.359 DM (incl. des Teilbetrages von 42.381 DM) betrachtete das FA als in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn (Einkommensteuerbescheid 1998 vom 25. September 2000).

Für 1999 erklären die Kläger ein Jahresgehalt des Klägers in Höhe von 280.510 DM. Ausgehend von 252 Arbeitstagen im Jahr 1999 errechnen sie hieraus einen auf 118 Arbeitstage in Österreich entfallenden Teilbetrag von 126.100 DM und auf 35 Arbeitstage im übrigen Ausland (24 Tage Schweiz, 4 Tage Ungarn, 3 Tage Tschechien/Slowakei, 4 Tage Polen) entfallenden Teilbetrag von 43.919 DM, für den sich nach den einschlägigen DBA eine Steuerbefreiung (unter Progressionsvorbehalt) ergebe.

Das FA behandelte wieder nur den auf die unselbständige Tätigkeit in Österreich entfallenden Arbeitslohn als steuerfrei. Den übrigen Arbeitslohn von 154.410 DM (incl. des Teilbetrages von 43.919 DM) betrachtete das FA als in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn (Einkommensteuerbescheid 1999 vom 30. Juli 2002).

Für 2000 erklären die Kläger ein Jahresgehalt des Klägers in Höhe von 287.452 DM. Ausgehend von 248 Arbeitstagen im Jahr 2000 errechnen sie hieraus einen auf 108 Arbeitstage in Österreich entfallenden Teilbetrag von 128.204 DM und auf 29 Arbeitstage im übrigen Ausland (18 Tage Schweiz, 2 Tage Ungarn, 5 Tage Tschechien/Slowakei, 4 Tage Polen) entfallenden Teilbetrag von 33.344 DM, für den sich nach den einschlägigen DBA eine Steuerbefreiung (unter Progressionsvorbehalt) ergebe.

Das FA behandelte ebenfalls nur den auf die unselbständige Tätigkeit in Österreich entfallenden Arbeitslohn als steuerfrei. Den übrigen Arbeitslohn von 159.248 DM (incl. des Teilbetrages von 33.344 DM) betrachtete das FA als in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn (Einkommensteuerbescheid 2000 vom 30. Juli 2002).

Den Antrag auf Änderung der Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 hinsichtlich des steuerfreien Arbeitslohnes aus dem übrigen Ausland hat das FA mit Verwaltungsakt vom 22. August 2002 abgelehnt.

Für 2001 erklären die Kläger ein Jahresgehalt des Klägers in Höhe von 341.872 DM. Ausgehend von 250 Arbeitstagen im Jahr 2001 errechnen sie hieraus einen auf 88 Arbeitstage in Österreich entfallenden Teilbetrag von 110.789 DM und auf 21 Arbeitstage im übrigen Ausland (12 Tage Schweiz, 1 Tag Ungarn, 5 Tage Tschechien/Slowakei, 2 Tage Russland, 1 Tag Griechenland) entfallenden Teilbetrag von 22.111 DM, für den sich nach den einschlägigen DBA eine Steuerbefreiung (unter Progressionsvorbehalt) ergebe.

Das FA behandelte wiederum nur den auf die unselbständige Tätigkeit in Österreich entfallenden Arbeitslohn von 108.619 DM als steuerfrei (Einkommensteuerbescheid 2001 vom 23. April 2003). Der dagegen gerichtete Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung hinsichtlich des übrigen Auslandes hatte im Wesentlichen - außer einer Korrektur der Berechnung der Aufteilung des auf Österreich entfallenden Arbeitslohnes - keinen Erfolg. Das FA änderte die Einkommensteuerfestsetzung und behandelt den in Österreich erzielten Arbeitslohn von 110.789 DM als steuerfrei und den übrigen Arbeitslohn von 231.083 DM (incl. des Teilbetrages von 22.111 DM) betrachtete das FA als in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn (Einkommensteuerbescheid 2001 vom 16. Mai 2003). In der Begründung des Einkommensteuerbescheides wurde der Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung abgelehnt.

Die gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 und die Ablehnung der Änderung der Einkommensteuerbescheide 1999, 2000 und 2001 gerichteten Einsprüche hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 11. September 2003).

Dagegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger das Ziel verfolgen, dass die auf ausgeübte Tätigkeiten in den Drittauslandsstaaten entfallende Vergütung unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Einkommensteuer freigestellt wird. Die Kläger begründen ihre Klage damit, dass die Regelungen in den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen dem Art. 15 Abs. 1 und 2 OECD-Musterabkommen (OECD-MA) entsprechen würden. Nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA gelte für die Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Arbeit der allgemeine Grundsatz, dass solche Einkünfte in dem Staat besteuert würden, in dem die Arbeit tatsächlich ausgeübt werde. Davon mache Art. 15 Abs. 2 OECD-MA eine Ausnahme und weise das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat u.a. zu, wenn der Arbeitnehmer sich nicht länger als 183 Tage pro Jahr im Tätigkeitsstaat aufhalte und die Vergütung nicht von einem Arbeitgeber bezahlt werde, der im Tätigkeitsstaat ansässig sei. Diese Ausnahme mit der Zuweisung des Besteuerungsrechts auf den Wohnsitzstaat Deutschland sei aber im Streitfall für die Tätigkeiten in den Drittauslandsstaaten nicht erfüllt, denn die Tochterunternehmen im jeweiligen Tätigkeitsstaat seien über die Kostenaufteilungsvereinbarung mit dem anteiligen Arbeitlohn des Klägers belastet. Der Begriff des Arbeitsgebers in Art. 15 OECD-MA sei in diesem Zusammenhang als wirtschaftlicher Arbeitgeber zu verstehen; die volle Belastung jedes Tochterunternehmens mit den Vergütungen des Arbeitnehmers sei durch die Vereinbarung über die Zusammenarbeit nachgewiesen. Auch insoweit seien jeweils die anderen Tochterunternehmen im Konzern wirtschaftlicher Arbeitgeber des Klägers, denn der Kläger sei als Arbeitnehmer in deren Organisation echt - wenn auch nur temporär - eingegliedert gewesen. Der jeweilige Countrymanager eines Tochterunternehmens sei auch gegenüber dem Kläger weisungsbefugt gewesen, was seine Tätigkeiten in deren Gebiet anbelangt habe.

Im Übrigen könne jedes Tochterunternehmen auch als Vertriebsbetriebsstätte des Mutterunternehmens betrachtet werden. Auch für diesen Fall schließe Art. 15 Abs. 2 Buchst. c OECD-MA das Besteuerungsrecht für die auf die im Drittausland ausgeübten Tätigkeiten entfallenden Vergütungen in Deutschland aus, da diese mit den Vergütungen wirtschaftlich belastet seien.

Die Kläger beantragen

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1998 vom 25. September 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. September 2003 einen weiteren Teil des Arbeitslohnes in Höhe von 42.831 DM lediglich für Zwecke des Progressionsvorbehalts bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen, sowie die Verwaltungsakte vom 22. August 2002 und vom 16. Mai 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. September 2003 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide für 1999 und 2000 vom 30. Juli 2002 und für 2001 vom 16. Mai 2003 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Anteil des Arbeitslohnes im Jahr 1999 von 43.919 DM, im Jahr 2000 von 33.344 DM und im Jahr 2001 von 22.111 DM lediglich für Zwecke des Progressionsvorbehalts bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt wird,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt

die Klage abzuweisen.

Das FA ist der Auffassung, dass das Besteuerungsrecht für die aus Tätigkeiten im übrigen Ausland erzielten Einkünfte Deutschland zusteht. Nach keinem der Doppelbesteuerungsabkommen mit den Tätigkeitsstaaten würde das Besteuerungsrecht einem der Tätigkeitsstaaten zustehen, denn kein Arbeitgeber, der in diesen Tätigkeitsstaaten ansässig sei, habe den Kläger entlohnt. Das FA verweist zur weiteren Begründung auf das Urteil des Finanzgerichts München vom 11. Dezember 2002 (1 K 1195/99, EFG 2003, 512) und führt aus, dass die Kostenaufteilung zwischen den ausländischen Tochtergesellschaften im Streitfall nur eine pauschale Kostenumlage sei. Diese pauschale Kostenumlage mache die ausländischen Tochtergesellschaften nicht zu wirtschaftlichen Arbeitgebern. Außerdem hätte der Kläger nicht dem Weisungsrecht der ausländischen Tochtergesellschaften unterlegen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Die Kläger sind in den Streitjahren unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -). Sie unterlagen daher gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit den Einkünften des Klägers aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der A-GmbH der Besteuerung. Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht ist es für die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich unerheblich, ob die Tätigkeit im Inland oder im Ausland ausgeübt wird.

Bei einer im Ausland ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit können sich jedoch durch die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Einschränkungen des deutschen Besteuerungsrechts ergeben. Hierbei entspricht es internationaler Abkommenspraxis, dem Staat der Ausübung der Tätigkeit ein vorrangiges Besteuerungsrecht zuzuerkennen (Arbeitsortprinzip), das jedoch bei kurzfristigen Auslandstätigkeiten von der Erfüllung zusätzlicher Voraussetzungen abhängig ist (Art. 9 Abs. 1 und 2 DBA-Österreich; Art. 15 Abs. 1 und 2 OECD-Musterabkommen - OECD-MA -). Nach der Freistellungsmethode werden bei einer in Deutschland ansässigen Person bestimmte Einkünfte dann von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen, wenn sie nach dem Abkommen in dem anderen Staat besteuert werden können (Art. 15 Abs. 1 und 2 DBA-Österreich; Art. 23 Abs. 1 OECDMA).

Eine Durchbrechung des Arbeitsortsprinzips zugunsten der Wohnsitzbesteuerung beinhaltet die sog. 183-Tage-Klausel. Nach dieser 183-Tage-Klausel verzichtet der Staat, in dem eine lediglich kurzfristige Ausübung der Tätigkeit (bis zu 183 Tagen) erfolgt, in der Regel dann auf eine Besteuerung dieser Tätigkeit, wenn die Entlohnung dieser Tätigkeit von oder für einen nicht in seinem Staatsgebiet ansässigen Arbeitgeber erfolgt, und wenn die Vergütungen des Arbeitnehmers nicht von einer in seinem Staatsgebiet gelegenen Betriebsstätte des (im Ausland ansässigen) Arbeitgebers getragen werden (Art. 15 Abs. 2 OECD-MA). Abweichend davon können DBA auch eine Ansässigkeit des Arbeitgebers im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers als Voraussetzung für die Freistellung der Vergütungen im Ausübungsstaat vorsehen (Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 DBA-Österreich; vgl. Wassermeyer in Debatin / Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Loseblatt-Stand: Januar 2007, OECD-MA Art. 15 MK 6). Die im Streitfall in den Streitjahren zur Anwendung kommenden DBA mit dem Drittausland (Art. XI Abs. 3 DBA-Griechenland; Art. 14 Abs. 2 DBA-Polen; Art. 15 Abs. 2 DBA-Russische Föderation; Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz; Art. 15 Abs. 2 DBA-Tschechoslowakei; Art. 15 Abs. 2 DBAUngarn) entsprechen im Kerngehalt dem OECD-MA (in den Streitjahren sind durchgängig die angegeben DBA ohne Änderungen anwendbar; vgl. BMF-Schreiben vom 5. Januar 1998, BStBl I 1998, 16; BMF-Schreiben vom 5. Januar 1999, BStBl I 1999, 122; BMF-Schreiben vom 3. Januar 2000, BStBl I 2000, 37; BMF-Schreiben vom 2. Januar 2001, BStBl I 2001, 41; u.a. ist in jedem der Streitjahre das DBA-Österreich 1954/92 anwendbar).

2. Das FA hat nach dieser Maßgabe in zutreffender Höhe die Vergütungen der Streitjahre, soweit sie - zwischen den Beteiligten unstreitig - auf die in Österreich ausgeübten Tätigkeiten entfallen, unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Einkommensteuer freigestellt und die Vergütungen soweit sie - zwischen den Beteiligten unstreitig - auf in Deutschland ausgeübten Tätigkeiten entfallen, in die Besteuerung einbezogen.

3. Der Kläger hat sich in den Streitjahren unstreitig in den jeweiligen ausländischen Drittstaaten nur kurzfristig im Sinne der einschlägigen DBA zur Ausübung seiner Tätigkeit aufgehalten.

a) Für den Streitfall ist daher entscheidend, ob die Entlohnung des Klägers anlässlich seiner Auslandstätigkeiten von oder für einen im jeweiligen Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber vorgenommen wurde. Für diesen Fall bestünde ein ausländisches Besteuerungsrecht, das unabhängig von dessen Realisierung zu einer entsprechenden Steuerfreistellung im Inland führen würde.

b) Bei der Beurteilung des abkommensrechtlichen Arbeitgeberbegriffes ist die eigene Begriffssprache der DBA zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich unter Beachtung der für die Auslegung von DBA maßgeblichen Richtschnur nach der Rechtsprechung des BFH aus dem Sinnzusammenhang der Abkommensvorschrift ein "wirtschaftlicher Arbeitgeberbegriff". Danach ist als Arbeitgeber im Sinne der DBA derjenige Unternehmer zu verstehen, der die Vergütungen für die ihm geleistete unselbständige Arbeit wirtschaftlich trägt (vgl. zum DBA Spanien BFH-Urteile vom 21. August 1985 I R 63/80, BStBl II 1986, 4;vom 23. Februar 2005 I R 46/03, BStBl II 2005, 547; und zum DBA Schweden BFH-Urteil vom 29. Januar 1986 I R 109/85, BStBl II 1986, 442; sowie zum DBA Belgien BFH-Urteil vom 15. März 2000 I R 28/99, BStBl II 2002, 238). Diese Definition ist nicht notwendig identisch mit derjenigen des Lohnsteuerrechts (BFH-Urteil vom 24. März 1999 I R 64/98, BStBl II 2000, 41), weshalb aus doppelbesteuerungsrechtlicher Sicht die laufenden Bezüge des Kläger anlässlich seiner Auslandstätigkeiten nicht schon deshalb "von der" und "für die" A-GmbH gezahlt wurden, weil diese sie tatsächlich in eigenem Namen und für eigene Rechnung auszahlte (BFH-Beschluss vom 24. Juli 2000 I B 114/99, BFH/NV 2001, 6) oder weil der Arbeitsvertrag vom Kläger zivilrechtlich mit der A-GmbH geschlossen worden ist. Indem das Abkommensrecht darauf abstellt, dass der Arbeitgeber die Vergütungen des Arbeitnehmers wirtschaftlich trägt, wird klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, wer die Vergütungen an den Arbeitnehmer tatsächlich ausbezahlt oder wer die Vergütungen in seiner Buchführung oder gegenüber dem Arbeitnehmer abrechnet (BFH-Urteil vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BStBl II 1988, 819).

Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber die Vergütungen nicht selbst ausbezahlt, sondern sie ihm von einer anderen Person - etwa einem verbundenen Unternehmen - in Rechnung gestellt und somit weiter belastet werden.

c) Der genannte Grundsatz gilt u.a. im Bereich der Entsendung von Arbeitnehmern innerhalb eines Konzerns. Er greift auch dann ein, wenn ein Arbeitnehmer bei einem konzernangehörigen Unternehmen (entsendendes Unternehmen) angestellt ist und abwechselnd sowohl für dieses als auch für ein weiteres Konzernunternehmen (aufnehmendes Unternehmen) arbeitet, wobei das aufnehmende dem entsendenden Unternehmen den von diesem gezahlten Arbeitslohn anteilig ersetzt. In einem solchen Fall sind ggf. sowohl das entsendende als auch das aufnehmende Unternehmen abkommensrechtlich "Arbeitgeber" des betreffenden Arbeitnehmers, so dass dessen Arbeitslohn i.S. des Art. 15 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA anteilig von den verschiedenen Arbeitgeber-Unternehmen "gezahlt wird" (BFH-Urteil in BStBl II 2005, 547). Ist das entsendende Unternehmen in Deutschland und das aufnehmende in dem Tätigkeitsstaat ansässig, so kann der Arbeitslohn anteilig in Deutschland steuerbefreit sein.

Für dieses wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohnes genügt jedoch nicht eine Verrechnung durch eine allgemeine Kostenumlage. Erforderlich ist vielmehr eine Belastung mit den Vergütungen als Arbeitsvergütungen, d.h. den konkreten Aufwendungen, die der betreffenden Tätigkeit nach den Grundsätzen des "Dealing-at-arms-length" zuzuordnen sind (Vogelgesang in Gosch / Kroppen / Grotherr, DBA-Kommentar, Loseblatt-Stand: Februar 2007, Art. 15 OECD-MA, Rn. 167 ff; Wassermeyer in Debatin / Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Loseblatt- Stand: Januar 2007, OECD-MA, Art. 15 Rz. 114, 116, 119, 122, Prokisch in Vogel, DBA, 3. Aufl. 1996, Art. 15 Rz. 30; vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 11. Dezember 2002 - 1 K 1195/99, EFG 2003, 512). Erforderlich ist, dass das aufnehmende Unternehmen den Teil des an den Arbeitnehmer gezahlten Arbeitslohns ersetzt hat, der rechnerisch auf die Arbeitszeit des Arbeitnehmers in dem Drittauslandsstaat entfällt und dass der verrechnete Betrag nicht Bestandteil des Preises für eine vom entsendenden Unternehmen erbrachte anderweitige Leistung war, sondern sich konkret auf die an den Arbeitnehmer gezahlte Vergütung bezog (BFH-Urteil in BStBl II 2005, 547 unter II.4.c der Gründe). Nach diesen Grundsätzen trägt die ausländische Unternehmung nicht die Vergütungen, wenn innerhalb eines Konzerns Gemeinkosten weiterbelastet werden, in denen anteilig auch die Lohnkosten des entsandten Arbeitnehmers enthalten sind (Vogelgesang in Becker / Höppner / Grotherr / Kroppen, DBA-Kommentar, Art. 15 OECD-MA, Rn. 175 m.w.N.).

4. Aus einer Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt sich, dass die im Ausland ansässigen Tochtergesellschaften anlässlich der dortigen Aufenthalte des Klägers nicht dessen wirtschaftliche Arbeitgeber waren, denn sie haben einen diesen Aufenthalten konkret zuordenbaren Teil der Gesamtvergütung des Klägers wirtschaftlich nicht getragen.

a) Zum einen haben die Kläger mit der Vereinbarung über Gebietszusammenarbeit eine Vereinbarung vorgelegt, die erst ab dem 1. Januar 2000 gilt und damit für die ersten beiden Streitjahre 1998 und 1999 schon gar keine Geltung beansprucht. Aber auch für die letzten beiden Streitjahre 2000 und 2001 sind die im Ausland ansässigen Tochtergesellschaften nicht aufgrund dieser Vereinbarung als wirtschaftliche Arbeitgeber des Klägers zu betrachten.

b) Die Tochtergesellschaften haben nach den oben genannten Grundsätzen die Vergütungen des Klägers für die Tätigkeiten anlässlich der jeweiligen Auslandsaufenthalte des Klägers nicht wirtschaftlich getragen. Denn der Kläger musste als Gebietsmanager unabhängig von der Dauer seiner Aufenthalte im Ausland die Kosten, die im Laufe eines Jahres in Verbindung mit der Ausführung einer gemeinschaftlichen Gebietsfunktion angefallen sind, und unabhängig davon, an welchem Ort er seine Tätigkeit ausgeübt hat, für die spätere Kostenaufteilung zwischen den Vertragspartnern aufzeichnen (Ziffer 3.2. Buchst. a der Vereinbarung).

Außerdem wurden nach dieser Vereinbarung sämtliche direkten und indirekten Kosten bezüglich eines Produktsortiments nach dem von den Gebietsmanagern für wesentlich erachteten Verhältnissen aufgezeichnet und haben deshalb schon gar nicht nur die Arbeitsvergütung des Klägers umfasst. Denn in den Gebietskosten waren nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vereinbarung Löhne und Gehälter, Betriebskosten, Ausgaben für von anderen Filialen und Dritten ausgeführte Arbeiten, sowie Kosten für Lieferungen enthalten (Ziffer 3.2. Buchst. b der Vereinbarung). Außerdem umfassten die Gebietskosten auch die Abschreibungen auf Anlagevermögen (Ziffer 3.2. Buchst. c der Vereinbarung). Weiter erfolgte die Aufteilung dieser Gesamtkosten auf die einzelnen Vertragspartner der Vereinbarung nur im Verhältnis von Umsatzzahlen (Anhang zu Ziffer 3.2.; [...]: englischer Originaltext mit zutreffender Bezeichnung von Zähler und Nenner). Eine derart allgemeine Kostenumlage genügt jedoch nicht, um die ausländischen Gesellschaften als wirtschaftliche Träger der dem Kläger anlässlich seiner Auslandsreisen zugeflossenen Vergütungen zu qualifizieren.

Diese vereinbarte Kostenumlage wird auch nicht dadurch zur konkreten Verteilung des Arbeitsentgelts, weil sich - wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung vortragen haben lassen - der Arbeitseinsatz des Klägers in den Umsatzzahlen widerspiegelt. Im Übrigen wurde in der mündlichen Verhandlung sogar ausdrücklich vorgetragen, dass den Tochterunternehmen in den Drittauslandsstaaten eine konkrete Aufteilung des Arbeitsentgelts des Klägers gar nicht möglich ist. Denn aus den gesamten Kosten, die von den Tochterunternehmen im Zusammenhang mit der Gebietszusammenarbeit aufgezeichnet werden, können die Kosten nur für das Arbeitsentgelt des Klägers soweit es auf die Tätigkeiten in den Drittauslandsstaaten entfällt, gar nicht herausgerechnet werden.

c) Da nach dem Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch für die Streitjahre 1998 und 1999 eine ähnliche Kostenverteilung zwischen den Tochterunternehmen über die Umsatzzahlen gegolten haben soll, kann eine Klage für diese beiden Jahre auch aus den eben unter lit. b) dargestellten Gründen keinen Erfolg haben.

d) Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Tochtergesellschaften als Vertragsparteien der Vereinbarung über Gemeinschaftsaufgaben als Betriebsstätten der Muttergesellschaft zu betrachten seien, sind diese Ausführungen unbehelflich. Denn der Kläger ist gar nicht Arbeitnehmer der Muttergesellschaft [...] A-Mutter-AG sondern er ist - wie sich aus der Präambel der Vereinbarung über die Gebietszusammenarbeit ergibt [...] als Arbeitnehmer einer der Parteien, die die Vereinbarung abgeschlossen haben, also ebenfalls einer Tochtergesellschaft beschäftigt. Außerdem sind nach den obigen Maßstäben auch die Zahlungen der Vergütungen an den Kläger in den Streitjahren nicht als Zahlungen von den Tochtergesellschaften in den Drittauslandsstaaten getragen worden.

5. Im Übrigen hat die Klage auch deshalb keinen Erfolg weil der Kläger bei seinen Tätigkeiten im Drittausland nicht in die Tochterunternehmen organisatorisch eingegliedert war.

Eine Tochtergesellschaft wird nämlich nur dann zur Arbeitgeberin des betreffenden Arbeitnehmers im abkommensrechtlichen Sinne, wenn der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf jenes Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist (BFH-Urteil in BStBl II 2005, 547). Auch daran fehlt es im Streitfall, denn in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vortragen lassen, dass er Anweisungen der Geschäftsführer (country lead manager) der Tochtergesellschaften in den Drittauslandsstaaten Folge geleistet hat, weil diese Geschäftsführer die wirtschaftliche Verantwortung für ihre GmbH und die Haftung zu tragen hatten. Damit war der Kläger aber nicht in die bestehende Hierarchie des Tochterunternehmens eingebunden. Er hat die Auffassungen anderer Geschäftsführer im Ausland nur deshalb berücksichtigt, weil dies wirtschaftlich sinnvoll war, nicht weil er hierzu arbeitsrechtlich verpflichtet war.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision war nicht zulassen (§ 115 Abs. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

Zurück