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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 12.12.2008
Aktenzeichen: 13 K 4371/07
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 3 | |
EStG § 9 Abs. 1 | |
EStG § 31 | |
EStG § 32 Abs. 6 |
In der Streitsache
...
hat das Finanzgericht München, 13. Senat,
durch
den Richter am Finanzgericht [...] als Einzelrichter
auf Grund mündlicher Verhandlung vom 12. Dezember 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids 2004 vom 4. Dezember 2008 wird die Einkommensteuer auf 7.246 EUR festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 60/100 und der Beklagte zu 40/100.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Gründe:
I. Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Steuerberater und erzielt aus dieser Tätigkeit gesondert festgestellte Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit sowie als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH Arbeitslohn und Gewinnausschüttungen. Die Klägerin erhält von dieser Steuerberatungs-GmbH ebenfalls Arbeitslohn und erzielt außerdem gesondert festgestellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Da die Kläger trotz wiederholter Aufforderung die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 nicht abgegeben hatten, schätzte der Beklagte - das Finanzamt (FA) - die Besteuerungsgrundlagen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 25. April 2007). Das FA schätzte unter anderem den Arbeitslohn des Klägers mit 65.000 EUR und den der Klägerin mit 25.000 EUR, die Einnahmen aus Kapitalvermögen mit 20.000 EUR und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit 8.500 EUR.
Auf den dagegen gerichteten Einspruch hat das FA die Einkommensteuerfestsetzung geändert (Einkommensteueränderungsbescheid vom 12. November 2007) und die in den Lohnsteuerbescheinigungen der Kläger ausgewiesenen Bruttoarbeitslöhne bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (70.227 EUR und 21.162 EUR) und die in der Kapitalertragsteuerbescheinigung ausgewiesenen Dividenden (6.874 EUR) neben Zinsen (2.000 EUR) als Kapitalerträge bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben Mit Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2007 hat das FA den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen, da der Einspruch nicht weiter begründet worden sei und die Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen zutreffend erscheinen würden.
Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wie sie für das Vorjahr beantragt worden seien (291 Tage, 52 Entfernungskilometer), berücksichtig werden müssten. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien für das Objekt in [...] S-Stadt mit einem Überschuss in Höhe von 1.240 EUR zu berücksichtigen. Es würde kein schriftlicher Mietvertrag für das vor dem Jahr 1900 errichtete Einfamilienhaus existieren, es sei bereits seit 20 Jahren vermietet und die monatlich vereinnahmte Miete betrage 300 EUR. Außerdem seien wie im Vorjahr zwei Kinder zu berücksichtigen.
Das FA ist der Auffassung, dass Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht in dem geltend gemachten Umfang berücksichtigt werden könnten, da die behauptete Anzahl von 291 Arbeitstagen überhöht erscheine (291 * 52 * 0,30 = 4.539,60). Zutreffend dürften 230 Arbeitstage erscheinen; gegen die angegebenen 52 Entfernungskilometer wendet sich das FA nicht. In der Lohnsteuerbescheinigung des Klägers seien jedoch Arbeitgeberleistungen in Höhe von 1.159 EUR ausgewiesen, die die Werbungskosten mindern würden. Der Kläger habe bisher in der Anlage V für das Objekt in S-Stadt allein Einnahmen in Höhe von 1.240 EUR ausgewiesen; wie sich der Überschuss in Höhe von 1.240 EUR errechnen würde, sei aus den eingereichten Unterlagen nicht ersichtlich. Kinderfreibeträge für zwei Kinder könnten im Streitfall nicht berücksichtigt werden, da die gebotene Freistellung des Existenzminimums durch das Kindergeld bewirkt werde. Außerdem hätten die Kläger keine Angaben zur Berufsausbildung oder den Einkünften der Kinder gemacht.
Mit Einkommensteueränderungsbescheid 2004 vom 4. Dezember 2008 hat das FA die Einkommensteuerfestsetzung geändert und die Aufwendungen für 230 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers zum Abzug zugelassen und die Arbeitgebererstattung von 1.159 EUR als Minderung der Werbungskosten berücksichtigt. Die insoweit vom FA bereits berücksichtigten Werbungskosten betragen 2.429 EUR.
Die Kläger beantragen sinngemäß
unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids 2004 vom 4. Dezember 2008 bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers Werbungskosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 4.539 EUR zum Abzug zuzulassen, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 1.240 EUR herabzusetzen sowie zwei Kinderfreibeträge zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 1.880 EUR herabzusetzen und im Übrigen die Klage abzuweisen.
Das FA verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
Mit richterlicher Anordnung vom 6. Juni 2008 wurden die Kläger aufgefordert, die Anzahl der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die Voraussetzungen für zwei Kinderfreibeträge sowie die Einnahmen und Werbungskosten für das Objekt in S-Stadt nachzuweisen.
Aus der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2003 ist ersichtlich, dass die Kinder des Klägers aus der im Jahr 2002 geschiedenen Ehe mit [...XF] am [...] 1. April 1986 und am [...] 1. April 1989 geboren sind.
Mit Beschluss vom 18. November 2008 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen ( § 6 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Der Einzelrichter hat vom vormals zuständigen FA [...] L-Stadt die Anlage V für das Objekt in S-Stadt der letzten dort abgegebenen Einkommensteuererklärung 2001 des Klägers und [...] XF auf Anforderung per Telefax übermittelt bekommen; in dieser Anlage V ist ein Überschuss in Höhe von 3.824 DM ausgewiesen (wegen der weiteren Angaben des Klägers in dieser Anlage V wird auf das Telefax verwiesen; FG-Akte Bl. 42 - 44). Vom FA [...] S-Stadt wurde dem Gericht per Telefax die Aktenausfertigung des Einheitswertbescheids für das Objekt auf den 1.1.1993 (Zurechnungsfortschreibung an den Kläger als Alleineigentümer) übermittelt (FG-Akte Bl. 49) und fernmündlich mitgeteilt, dass in dem Haus in S-Stadt die gesamte Wohnfläche 202 qm beträgt (FG-Akte Bl. 48). Das Einwohnermeldeamt (EMA) von S-Stadt hat mitgeteilt, dass in dem Objekt in S-Stadt eine dreiköpfige Familie gemeldet ist (FG-Akte Bl. 59).
Es fand mündliche Verhandlung unter Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Kläger statt. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.
II. 1. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der ordnungsgemäß geladenen Kläger in der mündlichen Verhandlung im Streitfall verhandeln und entscheiden, denn die Kläger wurden in der Ladung darauf hingewiesen ( § 91 Abs. 2 FGO).
2. Die Klage ist teilweise begründet.
a) Das FA hat zu Recht mit Einkommensteueränderungsbescheid 2004 vom 4. Dezember 2008 die Einkommensteuerfestsetzung geändert und die Aufwendungen für - nur - 230 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers berücksichtigt.
Werbungskosten sind auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen ( § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Einkommensteuergesetz i.d.F. des Streitjahres - EStG -). Mindernd auf die Werbungskosten sind steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers nach § 3 Nr. 39 EStG anzurechnen (Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl. 2008, § 9 Rz. 129). Für die Anzahl der durchgeführten Fahrten tragen die Kläger die Beweislast ( BFH-Urteil vom 30. Juli 2003 X R 28/99, BFH/NV 2004, 210). Können die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt oder berechnet werden, so sind sie entsprechend § 162 Abgabenordnung (AO) zu schätzen; diese Schätzungsbefugnis steht auch dem Finanzgericht zu ( § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO).
Dies zu Grunde gelegt, ist das Gericht der Auffassung dass, das FA im Ergebnis zutreffend für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Aufwendungen in Höhe von 2.429 EUR als Werbungskosten berücksichtigt hat (Berechnung: 230 * 52 km * 0,30 EUR/km = 3.588 EUR; Minderung um Zuschuss lt. Lohnsteuerbescheinigung 1.159 EUR. 3.588 EUR - 1.159 EUR = 2.429 EUR). Das FA hat nach Auffassung des Gerichts zutreffend angenommen, dass der Kläger im Streitjahr an 230 Arbeitstagen die Arbeitsstätte aufgesucht hat. Berücksichtigt man, dass das Streitjahr 251 reguläre Arbeitstage (Montag bis Freitag) hatte (366 Kalendertage ./. 52 Sonntage ./. 52 Samstage ./. 11 Feiertage während der Woche) und berücksichtigt man weiter, dass der Kläger Anspruch auf mindest 18 Urlaubstage im Jahr hat, ist die behauptete Anzahl von 290 Arbeitstagen nicht nachvollziehbar. Dafür, dass der Kläger 290 Arbeitstage im Streitjahr erreicht haben will, hat er auch nichts weiter vorgetragen. Die Schätzung des FA, dass der Kläger an 230 Arbeitstagen die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unternommen hat, ist demgemäß nicht zu beanstanden. Da die Kläger trotz richterlicher Anordnung keine weiteren Fahrten des Klägers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nachgewiesen haben, geht dies nach den Regeln der objektiven Beweislast zulasten der Kläger.
b) Die Schätzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt in S-Stadt durch das FA mit 8.500 EUR ist nach Auffassung des Gerichts nicht zutreffend.
Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln kann, hat es diese zu schätzen ( § 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag ( § 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Auch dann hat die Finanzbehörde aber bei seiner Schätzung alle zu Gunsten des Steuerpflichtigen sprechenden Umstände zu berücksichtigen ( § 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Denn Ziel einer Schätzung hat es zu sein, dem wirklichen steuererheblichen Sachverhalt so nahe wie möglich zu kommen. Eine Strafschätzung zu Lasten des Steuerpflichtigen ist nicht zulässig, wohl aber eine Schätzung in einem möglichen oberen Rahmen, sofern sie in sich schlüssig ist. Sich insoweit ergebende Unsicherheiten, die im Wesen jeder Schätzung begründet sind, muss der Steuerpflichtige hinnehmen, weil er durch sein den steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht genügendes Verhalten die Ursache für die Schätzung gesetzt hat (vgl. zu allem Tipke/Kruse, AO/FGO, 16. Aufl., § 162 AO, Tz. 28 f., 35 m.w.N.). Bei der Schätzung handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung der Verwaltung mit einer eingeschränkten Nachprüfungsmöglichkeit durch das Finanzgericht (vgl. § 102 FGO). Das Finanzgericht ist in diesen Fällen verpflichtet, im Rahmen der freien Beweiswürdigung, eine eigene Schätzung vorzunehmen ( § 96 Abs. 1 FGO). Begehrt ein Steuerpflichtiger den Abzug von Werbungskosten, so trägt er die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die Tatsachen, die den Abzug dem Grunde und der Höhe nach begründen (Schmidt/ Drenseck, EStG, 27. Aufl. 2008, § 9 Rz. 190 m.w.N.; BFH-Urteile vom 2. März 2005 VI R 36/01, BFH/NV 2006, 33; ; vom 23. April 1996 IX R 5/94, BStBl II 1996, 595 jeweils m.w.N.).
Die in dem angefochtenen Steuerbescheid vorgenommene Schätzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr, die Anhaltspunkte für eine unzulässige Strafschätzung nicht erkennen lässt, führt auf der Grundlage der vorliegenden Anlagen V für die Jahre 2001 und 2003 sowie der Auskünfte des FA S-Stadt über die Angaben in den Einheitswertakten und der Auskünfte des EMA zu einer Verminderung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf den Betrag von 1.880 EUR. Das FA hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht einer Schätzung der Einkünfte in dieser Höhe zugestimmt.
Aufgrund der Sachverhaltsermittlungen im vorbereitenden Verfahren ( § 79 Abs. 1 FGO) steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Objekt in S-Stadt als Mietwohngrundstück bewertet ist (Zurechnungsfortschreibung auf 1.1.1993 mit Bescheid vom 5. Juli 1994; FG-Akte Bl. 49) und dass die Wohnfläche 202 qm umfasst (fernmündliche Auskunft der Sachbearbeiterin in der Bewertungsstelle vom 26. November 2008; FG-Akte Bl. 48). Außerdem steht aufgrund der Sachverhaltermittlungen beim EMA fest, dass in diesem Objekt eine dreiköpfige Familie ([...] MM mit Ehefrau und Kind) gemeldet ist (Auskunft EMA vom 9. Dezember 2008, FG-Akte Bl. 59); das Gericht ist der Überzeugung, dass diese Familie auch im Streitjahr in diesem Haus gewohnt hat. Aufgrund des Vortrags der Kläger steht fest, dass [...] MM im Dezember 2007 auf das Konto des Klägers bei der [...] H-Bank in S-Stadt 300,00 EUR überwiesen hat (Kontoauszug vom 19. Dezember 2007, FG-Akte Bl. 24).
Das Gericht legt die Angaben des Klägers in der Anlage V für 2004 seiner Schätzung nicht zugrunde. Denn die Angaben der Kläger für das Objekt in S-Stadt im Streitjahr in der Anlage V mit sowohl Einnahmen als auch einem Überschuss in Höhe von 1.240 EUR widersprechen den weiteren Angaben der Kläger, dass die monatlichen Mietzinsen im Streitjahr ebenfalls 300 EUR betragen haben. Das Gericht legt auch die Schätzung des FA für das Streitjahr seiner Schätzung nicht zugrunde, denn die Schätzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr durch das FA lässt sowohl die beiden letzten in den Akten vorliegenden Anlagen V für die Jahre 2001 und 2003 außer Betracht und dies, obwohl das FA die Anlage V für 2003 bei der Veranlagung für das Vorjahr zugrunde gelegt hat. In diesen Anlagen V wurden Einnahmen von 7.050 DM (für 2001) bzw. 3.525 EUR (für 2003) sowie Werbungskosten von 3.226 DM (für 2001) bzw. 1.720 EUR (für 2003) erklärt. Außerdem widerspricht die Schätzung des FA für das Streitjahr insbesondere der vom Gericht ermittelten Tatsache, dass nur eine dreiköpfige Familie in diesem Haus gemeldet ist.
Aufgrund der Angaben des Klägers im vorliegenden Klageverfahren, dass ihm monatlich Mietzinsen von 300 EUR von dem Mieter [...] MM (FG-Akte Bl. 24) überwiesen wurden, geht das Gericht davon aus, dass die Mieteinnahmen im Streitjahr 2004 für das Objekt in S-Stadt 3.600,00 EUR betragen haben. Das Gericht geht bei seiner Schätzung davon aus, dass keine weiteren Mietparteien in dem Haus gewohnt haben, denn beim EMA in S-Stadt ist nur diese eine Familie als Bewohner des Hauses gemeldet. Diesen Einnahmen von 3.600,00 EUR stehen nach Auffassung des Gerichts Werbungskosten gegenüber; die das Gericht in Anlehnung an die für das Jahr 2003 in der Anlage V von den Klägern erklärten Werbungskosten mit 1.720 EUR schätzt. Aufgrund des Alters des Gebäudes, für das in der Anlage V für 2001 das Baujahr 1886 angegeben wird, ist das Gericht der Auffassung, dass die Kläger auch zurecht für das Jahr 2003 keine Absetzung für Abnutzung mehr geltend gemacht haben. Bei der Angabe des Baujahrs in der Anlage V für 2003 mit 1986 geht das Gericht davon aus, dass insoweit ein Schreibfehler der Kläger vorliegt. Für höhere Werbungskosten haben die Kläger trotz gerichtlicher Anordnung keine Nachweise erbracht, das geht nach den Regeln der objektiven Beweislast zu deren Nachteil. Das Gericht schätzt deshalb die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers im Streitjahr mit 1.880 EUR (3.600 - 1.720 = 1.880).
c) Das FA hat zu Recht bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kläger keine Kinderfreibeträge gemäß § 32 Abs. 6 EStG vom Einkommen abgezogen.
Nach § 31 Satz 1 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung wird die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG bewirkt. Kindergeld und Kinderfreibetrag können nach Einführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs durch das Jahressteuergesetz (JStG) 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl. I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) nicht mehr kumulativ, sondern nur noch alternativ in Anspruch genommen werden (BTDrucks 13/1558, 139). Der Kinderfreibetrag ist bei der Einkommensteuerveranlagung nur dann abzuziehen, wenn die gebotene Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums des Kindes nicht schon in vollem Umfang durch das während des Kalenderjahres gezahlte Kindergeld erreicht wird ( § 31 Satz 4 EStG). Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen besteht insoweit nicht. Ergibt die gemäß § 31 Satz 4 EStG vorzunehmende Vergleichsrechnung (sog. Günstigerprüfung), dass die Steuerentlastung durch den Abzug des Kinderfreibetrages geringer ist als das dem Steuerpflichtigen anteilig zuzurechnende Kindergeld, so ist die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums des Kindes durch das Kindergeld bewirkt (§ 31 Satz 1, 2. Alternative EStG). Das gilt auch dann, wenn das Kindergeld nicht an den Steuerpflichtigen ausgezahlt wurde, ihm aber im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs zusteht ( § 31 Satz 5 EStG).
Werden - wie im Streitfall - Eltern nicht nach § 26 EStG zur Einkommensteuer zusammenveranlagt, so ist im Regelfall (d.h. wenn beide Elternteile Anspruch auf einen Kinderfreibetrag haben) bei der Vergleichsrechnung des § 31 Satz 4 EStG für den zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil das an den anderen Elternteil ausgezahlte (hälftige) Kindergeld (im Streitjahr: monatlich 154 EUR für das erste und zweite Kind) so zu berücksichtigen, als hätte es der barunterhaltspflichtige Elternteil erhalten. Entsprechend ist bei der Veranlagung des anderen Elternteils zu verfahren, der seine Unterhaltsverpflichtung durch die Betreuung des Kindes erfüllt ( § 1606 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -); auch wenn das Kindergeld in voller Höhe an diesen Elternteil ausgezahlt wird ( § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG), darf auch bei dessen Günstigerprüfung nur das hälftige Kindergeld berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 16. März 2004 VIII R 89/03, BFH/NV 2004, 1243 und VIII R 86/98, BFH/NV 2004, 1152).
Im Streitfall ist aus der angefochtenen Einkommensteuerfestsetzung ersichtlich, dass das FA die sog. Günstigerprüfung für die beiden Kinder durchgeführt hat und dabei für jedes der beiden Kinder einen Kindergeldanteil von 924 EUR (12 * 154/2 = 924) berücksichtigt hat. Diese Günstigerprüfung hat im Streitfall ergeben, dass die gebotene Freistellung des Existenzminimums durch das gewährte Kindergeld erreicht wird. Ebenso führt eine Günstigerprüfung bei einem um 6.620 EUR verminderten zu versteuernden Einkommen im Streitfall (aufgrund der Ausführungen in den Entscheidungsgründen dieses Urteils unter Tz. II.2) zu dem Ergebnis, dass die Gewährung von Kindergeld im Streitfall günstiger ist. Damit scheidet ein Abzug von Kinderfreibeträgen vom Einkommen aus.
Im Übrigen ist das Gericht auch gar nicht in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Kinderfreibeträge für die beiden Kinder für das ganze Streitjahr vorliegen. Die Kläger haben seit Jahren keine Anlage K zur Einkommensteuer- Erklärung mit Angaben zu den Kindern abgegeben und aus den Einkommensteuerakten ist außer den Geburtsdaten der Kinder (und dies auch nur in den Erläuterungen des Einkommensteuerbescheids 2003 und den Speicherdaten zum Einkommensteuerbescheid 2004; ESt-Akte 2004, Bl. 14) nichts weiter ersichtlich. So kann u.a. nicht beurteilt werden, ob das ältere - am [...] 1. April 1986 - geborene Kind ab Mai 2004 noch gemäß § 32 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen ist, denn es ist im Streitjahr volljährig geworden.
3. Aufgrund des Urteils ergeben sich folgende Änderungen der Besteuerungsgrundlagen im Streitjahr und die folgende festzusetzende Einkommensteuer 2004:
EUR | |
Zu versteuerndes Einkommen lt. Bescheid vom 04.12.2008 | 51.668 |
- Verminderung Einkünfte VuV lt. Urteil (8.500 - 1.880 = 6.620) - | 6.620 |
= zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil | 45.048 |
Zu versteuern nach Splittingtarif: 45.048 | 7.246 |
4. Die Kostenentscheidungen ergibt sich aus § 138 Abs. 2 i.V.m. § 137 Satz 2 FGO und § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Ende der Entscheidung
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