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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 12.10.2006
Aktenzeichen: 14 K 1092/04
Rechtsgebiete: UStG, Sechsten Richtlinie 77/388/EWG
Vorschriften:
UStG § 10 Abs. 1 S. 2 | |
UStG § 25 Abs. 1 | |
UStG § 25 Abs. 3 | |
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG vom 17.05.1977 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a | |
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG vom 17.05.1977 Art. 26 Abs. 1 |
Finanzgericht München
Umsatzsteuer 1994, 1995, 1996
In der Streitsache
...
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2006
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Gründe:
I. Streitig ist die Aufteilung des Gesamtentgelts für Pauschalreisen auf Eigen- und auf Fremdleistungen.
Der Kläger ist Busunternehmer und führte in den Streitjahren unter anderem Pauschalreisen durch, für die er Unterbringungs- und Verpflegungsleistungen von Dritten bezog. Diese Reisen beschränkten sich zum Teil auf Deutschland, im Übrigen führten sie aber auch in EU-Staaten und Drittländer.
Anlässlich einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass der Kläger im Rahmen seiner Umsatzsteuerberechnung die Gesamtentgelte für die durchgeführten Pauschalreisen einerseits auf die von ihm als Eigenleistung erbrachten Busbeförderungsleistungen und andererseits auf die von Dritten bezogenen Fremdleistungen so aufgeteilt hatte, dass eine Marge i.S.d. § 25 Abs. 3 S. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung (UStG) als Bemessungsgrundlage dabei nicht verblieb.
Der Betriebsprüfer sah die vom Kläger gewählte Aufteilungsmethode als unzulässig an. Entsprechend der Regelung in Abschnitt 274 Abs. 2 Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) sei die Aufteilung des Gesamtentgelts im Verhältnis der Kosten für die vom Kläger erbrachten Eigenleistungen zu den von Dritten bezogenen Fremdleistungen vorzunehmen. Zur Ermittlung der Kosten des Klägers für seine Eigenleistungen wurden geschätzte Kosten für einen gefahrenen Kilometer in Höhe von 2,50 DM zugrunde gelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 24. Juni 1999 einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
Das beklagte Finanzamt (FA) folgte der Ansicht des Prüfers und setzte die Umsatzsteuer für die Streitjahre 1994 bis 1996 mit Änderungsbescheiden vom 14. September 1999 entsprechend fest.
Den dagegen gerichteten Einspruch wies das FA mit Entscheidung vom 18. Februar 2004 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger geltend, dass die für die streitgegenständlichen Reisen vereinnahmten Gesamtentgelte nach der von ihm gewählten Methode aufzuteilen seien. Nach seiner Kalkulation multipliziere er die zu fahrenden Kilometer mit 1,40 DM und addiere zu diesem Ergebnis Fixkosten für Bus und Fahrer pro Tag mit 350,00 DM sowie die erforderlichen Reisevorleistungen. Zur Ermittlung des Reisepreises pro Person gehe er stets von einer Teilnehmerzahl von 20 Personen pro Reise aus. Die so errechneten Preise passe er der Marktlage und der Konkurrenzangebote zugunsten oder zulasten der Eigenleistung entsprechend an. In der Regel stimme die Teilnehmerzahl nicht mit der kalkulierten Anzahl der Reisenden überein. Unverändert gleich hoch blieben in diesem Fall aber die Reisevorleistungen pro Reisegast. Bei einer Teilnehmerzahl von mehr als 20 Personen erhöhe sich nur die Auslastung der eigenen Reisebusse. Dadurch erhöhten sich ausschließlich die Einnahmen aus der Eigenleistung. Eine Marge i.S.d. § 25 UStG entstehe jedoch nicht.
Entgegen der Berechnungsmethode des FA, die erst von geschätzten Beträgen ausgehen müsse, um ein Ergebnis zu erhalten, führe seine Kalkulation zu einem sachgerechten Ergebnis i.S.d. Abschnitts 274 Abs. 2 S. 3 UStR. Darüber hinaus habe der Europäische Gerichthof festgestellt, dass von einem Wirtschaftsteilnehmer nicht verlangt werden könne, dass er den Teil des Pauschalpreises, der der Eigenleistung entspricht, nach dem Grundsatz der tatsächlichen Kosten errechnet, wenn es möglich ist, diesen Teil des Pauschalpreises nach dem Marktpreis der Leistungen zu errechnen, die den im pauschalen Leistungspaket enthaltenen entsprächen. Die Ansicht der deutschen Finanzverwaltung, wonach die Aufteilung grundsätzlich nach dem Verhältnis zwischen den tatsächlichen Kosten der von Dritten bezogenen Leistungen und den Eigenleistungen vorzunehmen sei, widerspräche dieser Rechtsprechung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1996 jeweils vom 14. September 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2004 die Umsatzsteuer 1994 um 1.258,95 DM (= 643,69 EUR), die Umsatzsteuer 1995 um 2.716,95 DM (= 1.389,15 EUR) und die Umsatzsteuer 1996 um 4.075,20 DM (= 2.083,62 EUR) herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidungen Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamtsakten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
II. Die Klage ist unbegründet, das FA hat den Aufteilungsmaßstab der Gesamtentgelte zutreffend ermittelt.
1. Bei der Besteuerung von Reiseleistungen gelten nach § 25 Absätze 1 und 3 des Umsatzsteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung (UStG) die vom Unternehmer von Dritten bezogenen und an seine Leistungsempfänger im eigenen Namen weiter geleisteten Reisevorleistungen als sonstige Leistung. Diese bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, und dem Betrag, den der Unternehmer für die Reisevorleistungen aufwendet. Diese Bestimmung gilt als Sonderregelung nur für die Versteuerung der von Dritten bezogenen und vom Unternehmer an seine Leistungsempfänger weiter geleisteten Reisevorleistungen. Die vom Unternehmer im Rahmen eines Gesamtleistungspaktes -wie z.B. einer Pauschalreise -zusätzlich erbrachten eigenen Leistungen sind nach den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuerrechts zu versteuern (zur Auslegung der entsprechenden Regelung in Artikel 26 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 -Sechste Richtlinie -vgl. EuGH-Urteil vom 22.Oktober 1998 Rs. C-308/96 und C-94/97, EuGHE 1998, 6229, Rdnr. 35).
2. Kriterien, nach denen die Marge für die von Dritten bezogenen Leistungen von denjenigen für die Eigenleistungen getrennt berechnet werden können, finden sich weder in § 25 UStG noch in Art 26 der Sechsten Richtlinie (Urteil des Finanzgericht Münster vom 19. August 2003 5 K 6965/99 U, EFG 2003, 1743). Im Streitfall ist jedoch eine Aufteilung des Gesamtentgelts in diesem Sinne erforderlich, da der Kläger das Entgelt für die von ihm erbrachten Eigenleistungen in Gestalt der Busbeförderung lediglich mit dem auf das Inland entfallenden Streckenabschnitt - und damit nur zu einem bestimmten Teil -der Umsatzsteuer zu unterwerfen hat, während die Marge für die von Dritten bezogenen Leistungen in voller Höhe zu versteuern ist. Je höher der Anteil der Eigenleistungen an dem jeweiligen Gesamtentgelt für eine Pauschalreise ist, umso niedriger errechnet sich mithin die insgesamt vom Kläger für die anlässlich der Pauschalreise erbrachten Leistungen geschuldete Umsatzsteuer.
3. Als Besteuerungsgrundlage gilt bei den meisten Dienstleistungen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG und Artikel 11 Teil A Abs. 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie alles, was als Gegenleistung für die erbrachte Leistung erhalten worden ist, wobei unter Gegenleistung das zu verstehen ist, was tatsächlich erhalten worden ist und nicht ein nach objektiven Maßstäben angesetzter Wert. Im Falle eines Pauschalpreises, der sich sowohl auf von Dritten bezogenen und somit von § 25 UStG erfasste Leistungen als auch auf von dieser Bestimmung nicht erfasste Eigenleistungen bezieht, kann jedoch die Gegenleistung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht als Besteuerungsgrundlage für die im Rahmen des pauschalen Leistungspaktes erbrachte Eigenleistung herangezogen werden (vgl. EuGH in EuGHE 1998, 6229, Rdnr. 41). Nach der Rechtsprechung des EuGH ergeben sich zur Bestimmung der Bezugsgröße, die an Stelle der Gegenleistung heranzuziehen ist, um den auf die Eigenleistung entfallenden Anteil des Pauschalpreises herauszurechnen, zwei Möglichkeiten, die unter näher bestimmten Voraussetzung beide zulässig sind.
a) So errechnet sich nach der hiernach zulässigen Methode der Heranziehung des Marktpreises der Teil des Pauschalpreises, der der Eigenleistung entspricht, nach dem Marktpreis der Leistungen, die den im pauschalen Leistungspaket enthaltenen entspricht. Vom Gesamtentgelt wird also der enthaltene Marktpreis der Eigenleistung abgezogen und die Differenz als Entgelt für die von Dritten bezogenen Leistungen angesehen.
Die danach zulässige Berechnungsmethode des auf die Eigenleistungen entfallenden Anteils am Gesamtentgelt nach dem in diesem Entgelt enthaltenen Marktpreis dieser Leistungen kann im Streitfall jedoch mangels feststellbaren Marktpreises nicht angewendet werden. Ein Marktpreis des Klägers für seine Eigenleistungen besteht als feste Rechengröße nicht. Der Kläger erbringt diese Leistungen an seine Kunden ausschließlich im Gesamtpaket der Pauschalreise und nicht losgelöst davon auch als Einzelleistungen zu einem bestimmbaren Marktpreis.
Die Kalkulation des Klägers entspricht nicht einem Marktpreis. Marktwert nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Preis, den der Unternehmer seinen Kunden üblicherweise für Busfahrten ohne Inanspruchnahme des Pauschalangebotes in Rechnung stellt (vgl. EuGH in EuGHE 1998, 6229, Rdnr. 36). Im vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall ging es um einen Hotelier, der ein Reisegesamtpaket bestehend aus Unterkunft (Eigenleistung) und Beförderung (Fremdleistung) angeboten hatte. Insoweit konnte der Marktwert der Eigenleistung ohne großen Aufwand ermittelt worden, da er dem vom Hotel üblicherweise in Rechnung gestellten Zimmerpreis ohne Beförderungsleistung entspreche. Der übliche Zimmerpreis konnte also ohne die zusätzlich angebotene Beförderungsleistung ohne großen Aufwand ermittelt werden.
Im hier zu entscheidenden Fall kann der vom Kläger für die feste Vermietung eines Busses mit Fahrer je Fahrtkilometer erhobene Preis nicht als Marktpreis für seine Eigenleistungen zu Grunde gelegt werden. Im Falle der festen Vermietung erlangt der Kläger ein feststehendes Entgelt pro Fahrtkilometer, das unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Personen ist, die in dem Bus befördert werden. Bei der Durchführung der Pauschalfahrten hängt der vom Kläger -insbesondere im Rahmen seiner vor Ausschreibung der Fahrt durchzuführenden Kalkulation des Angebotspreises für die Fahrt -nicht unerheblich von der von ihm erwarteten Teilnehmerzahl ab. Diese wiederum ist abhängig vom Reiseziel und Reiseverlauf. Während es einerseits Pauschalreisen gibt, die erfahrungsgemäß im großen Umfang nachgefragt werden, gibt es andere Pauschalreisen, bei denen nur mit einer geringeren Anzahl an Teilnehmern zu rechnen ist. Der in dem vom Kläger angebotenen Gesamtpreis für die Pauschalreise enthaltene Marktpreis für seine Busbeförderungsleistungen ist daher von den vorgenannten Faktoren abhängig und mithin variabel und daher als Rechengröße für die im Streitfall vorzunehmende Aufteilung nicht zu ermitteln.
Darüber hinaus widerspricht die Kalkulation des Klägers den Grundsätzen der Margebesteuerung nach § 25 UStG. Nach seiner Berechnung kann in keinem Fall eine Marge entstehen, da sich eine höhere Teilnehmerzahl nur als höhere Auslastung der Busse und damit seiner Eigenleistung auswirkt. Die von ihm eingesetzten Busse müssen aber bei einer durchzuführenden Reise unabhängig von der tatsächlichen Teilnehmerzahl jedenfalls bei einer Mindestpersonenzahl von 20 Reisenden eingesetzt werden, da der Kläger diesem Personenkreis zur Durchführung der gebuchten Pauschalreise verpflichtet ist.
b) Da die Aufteilung des Klägers nicht zu einem sachgerechten Ergebnis führt, kann sie nur nach der anderen vom Europäischen Gerichtshof für zulässig erachteten Methode der tatsächlichen Kosten erfolgen. Hierbei sind -wie im Grundsatz vom Betriebsprüfer und ihm folgend dem Beklagten vorgenommen -die Kosten des Klägers für die von ihm von Dritten bezogenen Leistungen und die Kosten zu ermitteln, die ihm durch das Erbringen seiner eigenen Leistungen entstanden sind. Die Differenz zwischen dem eingenommenen Gesamtbetrag und den Gesamtkosten ist anschließend im Verhältnis der Aufwendungen für die von Dritten bezogenen Leistungen zu den Kosten der Eigenleistungen in eine Marge für die von Dritten bezogenen Leistungen und eine Marge für die Eigenleistungen aufzuteilen.
Die Kosten für die Eigenleistungen sind mangels verwertbarer Berechnungsgrundlagen zu schätzen. Die von der Beklagten hierbei zu Grunde gelegten Kosten je Fahrtkilometer von 2,50 DM erachtet das Gericht als sachgerecht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Ende der Entscheidung
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