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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: 14 K 2137/07
Rechtsgebiete: Zollbefreiungs-VO
Vorschriften:
Zollbefreiungs-VO Art. 45 Abs. 1 |
In der Streitsache
...
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...,
der Richterin am Finanzgericht ... und
des Richters am Finanzgericht ... sowie
der ehrenamtlichen Richter ... und ...
ohne mündliche Verhandlung
am 10. Dezember 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Streitig ist, ob der Kläger Schuldner von Einfuhrabgaben geworden ist.
Am 23. Mai 2006 oder kurz davor führte der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau, mit der er seit 8. November 2005 verheiratet ist, Schmuck im Gesamtwert von 6.450,00 EUR aus Serbien Montenegro über einen unbekannten slowenischen Grenzübergang in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein, ohne eine schriftliche Zollanmeldung dafür abzugeben. Die Mobile Kontrollgruppe des Hauptzollamtes entdeckte neben anderen Waren, die als Freimenge belassen wurden, den Schmuck beim Kläger und seiner Ehefrau anlässlich einer Kontrolle auf der Bundesautobahn . Der Kläger hatte im Zeitpunkt der Einfuhr des Schmucks, der den Eheleuten gemeinsam gehört, seinen Wohnsitz in Deutschland. Nach der Einlassung des Klägers wurde der Schmuck etwa zwei Wochen vor ihrer Einreise im Kosovo gekauft und ihm und seiner Ehefrau zur Hochzeit geschenkt. Der Kläger und seine Ehefrau legten zwei Rechnungen vom 6. Mai 2006 vor, die jeweils einen Gesamtbetrag über 1.950 EUR bzw. 4.500 EUR auswiesen. Einzelne Rechnungsposten waren nicht aufgelistet.
Mit Steuerbescheid vom 27. Juni 2006 setzte das Hauptzollamt (HZA) gegen den Kläger als Gesamtschuldner neben seiner Ehefrau Einfuhrabgaben i.H.v. insgesamt 1.219,05 EUR (161,25 EUR Zoll und 1.057,80 EUR Einfuhrumsatzsteuer) fest, weil der Schmuck nach Ansicht des HZA aus einem Drittland ohne Gestellung und Anmeldung in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden ist.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2007) erhob der Kläger Klage, mit der er im Wesentlichen vorbringt, die Waren seien beim Übertritt in das Gemeinschaftsgebiet angemeldet worden. Die Kläger seien beim Grenzübertritt aus dem Kosovo nach Slowenien von den dortigen Zollbehörden kontrolliert worden. Diese hätten auch erkannt, dass die Kläger Goldschmuck mit sich führten. Nachdem der Kläger die Auskunft gegeben habe, dass es sich um Hochzeitsgeschenke handele, sei er von den Zollbehörden nicht aufgefordert worden, ein Anmeldeformular auszufüllen. Auch eine schriftliche summarische Anmeldung sei nicht verlangt worden. Eine Anmeldung als Hochzeitsgut hätte auch noch in Deutschland erfolgen können.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Steuerbescheid vom 27. Juni 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2007 aufzuheben.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Vorbringen des Klägers, er habe bei der Einreise in das Zollgebiet der Gemeinschaft an der slowenischen Grenzzollstelle die mitgeführten Waren gestellt, sei nicht glaubhaft, da er bei der in Deutschland durchgeführten Kontrolle und auch später angegeben habe, dass er den Schmuck bei der Einreise nicht angemeldet habe. Die Entgegennahme einer Zollanmeldung sei auf Grund des vorschriftswidrigen Verbringens nicht mehr möglich. Heiratsgut sei nur dann einfuhrabgabenfrei, wenn die Waren mit einer schriftlichen Zollanmeldung als solches angemeldet würden. Der Kläger könne auch nicht nachweisen, wie viele Personen ihn beschenkt haben und dass der Wert jedes Geschenks 1.000 EUR nicht übersteige. Außerdem seien die Waren nicht innerhalb von vier Monaten nach der Eheschließung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet worden. Die Waren seien auch kein Übersiedlungsgut der Ehefrau, da sie erst kurz vor der Einreise gekauft worden seien.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO).
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akte und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Die Klage ist nicht begründet.
1. Das HZA hat zu Recht gegen den Kläger Einfuhrabgaben i.H.v. 1.219,05 EUR festgesetzt, weil diese dadurch in der Person des Klägers entstanden sind, dass er den Schmuck ohne Gestellung über die slowenische Grenze in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat.
a) Die Einfuhrabgaben sind gem. Art. 202 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a, Abs. 2 des Zollkodex (ZK) bzw. hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer gem. §§ 13 Abs. 2, 21 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung (UStG) i.V.m. Art. 202 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a, Abs. 2 ZK entstanden, da der Kläger den Schmuck vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat. Gem. Art. 234 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex (ZK-DVO) gelten Waren dann als vorschriftswidrig verbracht, wenn sich bei einer Kontrolle ergibt, dass die Willensäußerung i.S.d.. Art. 233 ZK-DVO erfolgt ist, ohne dass die verbrachten Waren die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 ZK-DVO erfüllen. Insbesondere ist eine konkludente Zollanmeldung durch Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben (Art. 233 Abs. 1 Buchst. a zweiter Anstrich ZK-DVO) nicht zulässig gewesen. Dies ist nur dann möglich, wenn Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet werden sollen und es sich dabei um Waren zu nichtkommerziellen Zwecken handelt, die im persönlichen Gepäck von Reisenden enthalten sind und die gemäß Kapitel I Titel XI der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen vom 28. März 1983 - Zollbefreiungs-VO (ABl. (EG) Nr. 1 105/1 vom 23. April 1983) abgabenfrei sind (Art. 230 Buchst. a ZK-DVO). Die Nachweispflicht hinsichtlich einer Abgabenbefreiung in diesem Sinne trägt der Kläger (vgl. Art. 131 Zollbefreiungs-VO).
Eine Befreiung für Waren im persönlichen Gepäck von Reisenden gem. Art. 45 Abs. 1 Zollbefreiungs- VO kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil der Gesamtwert des Schmucks i.H.v. 6.450,00 EUR die zulässige Wertgrenze von 175 Euro überstiegen hat (Art. 47 Satz 1 Zollbefreiungs-VO). Eine Überlassung wenigstens eines oder einzelner Schmuckstücke im Rahmen der Freimenge ist ebenfalls nicht zulässig, da diese bereits für andere Waren in Anspruch genommen worden und darüber hinaus der Wert der einzelnen Schmuckstücke vom Kläger nicht belegt worden ist, weil die vorgelegten Rechnungen jeweils nur einen Gesamtbetrag ausweisen. Zudem ist eine Zuordnung zu einer einzigen Person nicht möglich gewesen (vgl. auch Urteil des FG München vom 23. Oktober 2008 14 K 1743/06, n.v.).
Dennoch hat der Kläger die Grenze zum Zollgebiet der Gemeinschaft an einem unbekannten slowenischen Grenzübergang überschritten, ohne den Schmuck dort zu gestellen und eine ausdrückliche Zollanmeldung dafür abzugeben.
Zwar behauptet er im Gegensatz zu seinen Angaben im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nunmehr, er sei von den slowenischen Behörden kontrolliert worden und diese hätten die Einfuhr des Goldschmucks nicht beanstandet. Diese Darstellung ist jedoch nicht glaubhaft, weil sie seiner früheren Einlassung widerspricht und er weder genauer dargelegt hat, wann und an welcher Zollstelle er den Schmuck gestellt oder eine mündliche Zollanmeldung abgegeben haben will, noch dafür Nachweise erbracht hat (vgl. Art. 131 Zollbefreiungs-VO). Dazu kommt, dass die Inanspruchnahme einer Zollbefreiung für Heiratsgut nur möglich ist, wenn eine schriftliche Zollanmeldung zur Abfertigung in den zollrechtlich freien Verkehr abgegeben wird, weil in den Art. 225 ff. ZK-DVO insoweit keine Vereinfachung zugelassen ist. Eine schriftliche Zollanmeldung hat der Kläger jedoch unstreitig nicht abgegeben. Abgesehen davon haben die Voraussetzungen für eine Zollbefreiung auch nicht vorgelegen.
Bei dem eingeführten Schmuck hat es sich nicht um Heiratsgut i.S.d. Art. 11 Abs. 1 Zollbefreiungs- VO gehandelt, da der Kläger nicht seinen gewöhnlichen Wohnsitz aus Anlass seiner Eheschließung aus einem Drittland in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegt, sondern bereits vor der Eheschließung in Deutschland gewohnt hat. Ob die Ehefrau des Klägers ihren Wohnsitz anlässlich der Eheschließung nach Deutschland verlegt hat, ist den Akten nicht zu entnehmen. Dies kann jedoch dahinstehen, da die behauptete Anmeldung zum zollrechtlich freien Verkehr ohnehin nicht innerhalb von vier Monaten nach der Eheschließung erfolgt ist, weil die Eheschließung bereits am 8. November 2005 erfolgt ist, der Schmuck jedoch erst am 23. Mai 2006 oder kurz davor eingeführt worden ist (Art. 14 Abs. 1 zweiter Anstrich Zollbefreiungs-VO).
Auch eine Zollfreiheit als Hochzeitsgeschenk gem. Art. 11 Abs. 2 Zollbefreiungs-VO scheidet vorliegend aus, da der Kläger keinen Nachweis dafür erbracht hat, dass der Wert eines jeden Geschenks 1.000 EUR nicht übersteigt und die schenkende Person ihren gewöhnlichen Wohnsitz in einem Drittland hat. Vielmehr sind lediglich zwei Rechnungen vorgelegt worden, die jeweils einen Gesamtbetrag über 1.950 EUR bzw. 4.500 EUR ausweisen, ohne dass einzelne Schmuckstücke konkret aufgelistet werden. Zudem wäre auch für diese Zollbefreiung die viermonatige Frist i.S.d.. Art. 14 Abs. 1 zweiter Anstrich Zollbefreiungs-VO einzuhalten gewesen.
Es handelt sich bei dem Schmuck schließlich auch nicht um Übersiedlungsgut, weil der Kläger bereits vor der Einfuhr in Deutschland gewohnt hat (vgl. Art. 2 Zollbefreiungs-VO) und der Schmuck ausweislich der Rechnungen vom 6. Mai 2006 erst kurz vor der Einreise gekauft worden ist (vgl. Art. 3 Buchst. a Zollbefreiungs-VO).
b) Die Zollschuld ist gem. Art. 215 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK in Deutschland entstanden, da nicht festgestellt werden kann, wo genau der Schmuck vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden ist.
c) Der Kläger ist gem. Art. 202 Abs. 3 erster Anstrich ZK bzw. gem. §§ 13a Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 202 Abs. 3 erster Anstrich ZK Zollschuldner geworden, weil er den Schmuck, der ihm und seiner Ehefrau nach eigenen Angaben gemeinsam gehört hat, gemeinsam mit ihr ohne Abgabe einer ausdrücklichen Zollanmeldung und damit vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat.
Darauf, ob der Kläger sich hinsichtlich der Abgabenpflicht in einem Irrtum befunden hat, kommt es nicht an, da Art. 202 Abs. 3 erster Anstrich ZK die Zollschuldentstehung nur an das Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale knüpft.
d) Der Kläger ist neben seiner Ehefrau Gesamtschuldner gem. Art. 213 ZK geworden, weil die Eheleute den Schmuck gemeinsam in das Zollgebiet verbracht haben, ohne eine entsprechende Anmeldung dafür abzugeben. Das HZA hat sein Ermessen bei der Inanspruchnahme der beiden Gesamtschuldner ordnungsgemäß ausgeübt.
e) Die Berechnung der Einfuhrabgaben ist richtig erfolgt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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