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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 14 K 2388/04
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
Finanzgericht München
Zoll
In der Streitsache
...
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ............
des Richters am Finanzgericht ........und
der Richterin am Finanzgericht........ sowie
der ehrenamtlichen Richter ........ und .........
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I. Streitig ist die Tarifierung von Drosselspulen.
Die Klägerin ließ am 28. Januar 2003 beim Zollamt W. 1.000 Stück Drosselspulen "mit einer Induktivität von nicht mehr als 62 mH" unter der Warennummer 8504 5080 300 unter Zollaussetzung zum freien Verkehr abfertigen. Bei der streitgegenständlichen Ware handelt es sich um einen ringförmigen Spulenkern aus Metall, versehen mit zwei separierten Wicklungen aus Kupferdraht, der auf einer Grundplatte aus Kunststoff befestigt ist. Beide Drähte sind mit der gleichen Anzahl von Windungen um den Kern gewickelt. Jedes der beiden Drahtenden führt zu einem Anschlussstift, so dass sich daraus vier Anschlüsse ergeben. Eine entnommene Probe wurde zur Untersuchung an die Zolltechnische Prüfungs-und Lehranstalt München (ZPLA) weitergeleitet. Nach dem Einreihungsgutachten der ZPLA vom 17. Februar 2003 waren die Drosselspulen als "Elektrische Teile von Maschinen, Apparaten und Geräten, in Kapitel 85 anderweit weder genannt noch inbegriffen - Funkentstördrossel" in die Unterposition 8548 9090 990 des Gemeinsamen Zolltarifs (GemZT) einzureihen, für die der Zollsatz 2,7% betrug. Der Beklagte (das Hauptzollamt -HZA-) forderte deshalb mit dem Einfuhrabgabenbescheid vom 26. Februar 2003 zu wenig erhobenen Zoll in Höhe von 89,15 EUR nach. Aufgrund eines im Einspruchsverfahren vorgelegten Datenblattes änderte die ZPLA ihre Auffassung und reihte die streitgegenständlichen Waren nunmehr als "Elektrische Transformatoren in die Unterposition 8504 3290 000 des GemZT ein, weil zwischen den beiden Wicklungen keine Isolierung vorhanden sei und die Drosseln deshalb als Transformator verwendet werden könnten. Hierfür betrug der Zollsatz 3,7%. Da die Klägerin trotz der damit verbundenen angedrohten Verböserung in Höhe von 33,02 EUR den Einspruch aufrecht hielt, wies das HZA den Einspruch gegen Einfuhrabgabenbescheid vom 26. Februar 2003 mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2004 als unbegründet zurück und kündigte an, die 33,02 EUR mit einem gesonderten Bescheid nachzuerheben. Eine entsprechende Nacherhebung ist bis jetzt jedoch nicht erfolgt. Mit ihrer Klage bringt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor: Die streitgegenständliche Ware sei aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheitsmerkmale als Drosselspule und nicht als Transformator einzureihen.
Entstördrosseln seien Sonderformen von Drosseln und sollen die Grundfrequenz des Stromes ungestört passieren lassen, jedoch hochfrequente Ströme dämpfen. Dies diene der Verminderung der Störströme bei hohen Frequenzen, welche durch schnelle Schaltvorgänge z.B. in Leistungshalbleitern entstünden. Hierdurch werde der ungestörte Radio-, Fernseh- oder Handyempfang wieder möglich, wenn in räumlicher Nähe bzw. am selben Stromnetz ein "Störer" betrieben werde. Die stromkompensierte Drossel sei eine besondere Entstördrossel für asymmetrische Störströme. Ihre wichtigste Eigenschaft sei die Induktivität bzw. der max. Strom, den sie durch den Leiterquerschnitt des Wickeldrahtes tragen könne. Ihre technische Grundanordnung entspreche zwar weitgehend der eines Transformators, d.h. beide bestünden je aus einem Kern, auf dem sich zwei Wicklungen befinden. Im Unterschied zum Transformator hätten die beide Drähte bei stromkompensierten Drosseln aber immer die gleiche Anzahl von Windungen um den Kern. Nach dem Verwendungszweck und damit auch dem wesentlichen Charakter, nämlich durch Selbstinduktion das Fließen des Stroms zu begrenzen oder gar zu verhindern, komme nach dem Wortlaut der Unterpositionen bei Pos. 8504 i.V.m. den Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) hierzu nur eine Einreihung als Drosselspule in Betracht. Die Verwendung der streitgegenständlichen Ware als Transformator sei unter ganz speziellen Einsatzbedingungen nur rein theoretisch möglich. Zudem sei die Leistung bzw. Induktivität bei der stromkompensierten Drossel im Datenblatt in mH (milli Henry) angegeben. Die Warennummer 8504 5080 300 benutze die gleiche Maßeinheit, während die Leistung von Transformatoren in kVA angegeben werde. Schließlich sei für die Auslegung des Begriffs "Kompensationsdrossel" in Rz. 05.0 der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (KN) auch die technische Norm EN 60938-1 heranzuziehen, wonach eine Drossel, die mehr als eine Wicklung hat und auf einem Kern derart angeordnet ist, dass die resultierende Magnetisierung bei Laststrom nahezu Null beträgt, als stromkompensierte Drossel definiert sei.
Die Klägerin beantragt,
dem Einfuhrabgabenbescheid vom 26. Februar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2004 aufzuheben.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bringt im Wesentlichen vor, dass es sich bei den streitgegenständlichen Waren entsprechend den Erläuterungen zur KN nach den objektiven Beschaffenheitsmerkmalen um elektrische Transformatoren handle, da diese aus zwei induktiv gekoppelten Spulenwicklungen aus Kupferdraht auf einem gemeinsamen Spulenkörper bestünden, Drosselspulen dagegen im Wesentlichen nur aus einer Strom leitenden Wicklung bestünden.
Außerdem gebe es auch Transformatoren, deren Windungszahl funktionsbedingt zwingend notwendig im Übersetzungsverhältnis 1:1 stehen müsse. Technische Normen könnten zwar grundsätzlich zur Auslegung von in den Erläuterungen zur KN genannten, aber nicht weiter definierten Begriffen herangezogen werden. Allerdings seien mit "Kompensationsdrosseln" nur Drosseln zur Kompensation von Blindleistungen zu verstehen, die nichts mit "stromkompensierten Drosseln" zu tun hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akte, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.
II. Die Klage ist unbegründet.
Das HZA hat von der Klägerin zu Recht Zoll für die eingeführten Drosselspulen angefordert, weil diese nicht in die Warennummer 8504 5080 300 des GemZT eingereiht werden können.
1. Nach ständiger Rechtsprechung (z.B. Urteil des Europäischen Gerichtshofs -EuGH-vom 7. Oktober 2004 Rs. C-379/902, EuGHE 2004, I-9273, ZfZ 04, 409 und des Bundesfinanzhofs -BFH-vom3. Februar 2004 VII R 33/03, BFH/NV 2004, 849, jeweils m.w.N.) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des GemZT festgelegt sind (vgl. Allgemeinen Vorschrift -AV-1 und 6 für die Auslegung der KN; Schwarz-Wockenfoth, Kommentar zum Zollrecht, Anm. 39 ff. und 86 ff. zu Teil F). Darüber hinaus sind die Erläuterungen zum HS und zur KN ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen. Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH-Urteile vom 23. Juli 1998 VII R 91/97, BFH/NV 1999, 234;vom 9. Mai 2000 VII R 61/98, BFH/NV 2000, 1508). Bei der insoweit geforderten Verwendungseignung kommt es nicht auf den Verwendungszweck an, den der Zollbeteiligte seiner Ware beimisst oder für den er sie bestimmt hat.
2. Vorliegend ist unstreitig, dass die streitgegenständlichen Waren in die Pos. 8504 des GemZT einzureihend sind. Für deren Einreihung in eine Unterposition der Pos. 8504 ist deshalb nach AV 6 maßgebend der Wortlaut der Unterpositionen, die Anmerkungen hierzu und -sinngemäß -die AV 2 bis 5. Nach dem Wortlaut kommen sowohl die Unterpositionen 8504 31 und 8504 32, die andere Transformatoren (als solche mit Flüssigkeitsisolation) erfassen, als auch die Unterposition 8504 50, die andere Drosselspulen und andere Selbstinduktionsspulen betrifft, in Frage. Da die Anmerkungen zum Abschnitt XVI und zu Kapitel 85 des GemZT keine Aussage darüber treffen, in welche dieser Unterpositionen die streitgegenständlichen Waren einzureihen sind, sind die Erläuterungen zum HS und zur KN heranzuziehen.
3. Danach sind die streitgegenständlichen Waren in die Unterpositionen 8504 31 oder 8504 32 des GemZT einzureihen. Eine Einreihung in die Unterposition 8504 50 als andere Drosselspulen oder andere Selbstinduktionsspulen scheidet aus, weil diese nach der Begriffsbestimmung in Randziffer 37.0 der Erläuterungen zum HS zu Pos. 8504 im Wesentlichen aus einer Strom leitenden Wicklung bestehen, die, wenn sie in einen Wechselstromkreis eingeschaltet wird, durch ihre Selbstinduktion das Fließen des Stroms begrenzt oder verhindert. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall. Die Betriebsströme und symmetrischen Störströme sollen nach Angaben der Klägerin vielmehr ungedämpft durch die Drossel geleitet werden. Lediglich asymmetrische Störströme sollen gedrosselt werden.
Nach ihrer Bauart entsprechen die streitgegenständlichen Waren elektrischen Transformatoren wie sie in der Begriffsbestimmung in Randziffer 02.0 der Erläuterungen zum HS zu Pos. 8504 beschrieben sind. Danach sind Transformatoren Geräte ohne bewegliche Teile, die durch Induktion Wechselstrom in einem festgelegten oder regelbaren Verhältnis in Wechselstrom mit anderer Stärke oder Spannung, usw. umwandeln. Sie bestehen in der Regel aus zwei oder mehr Spulen mit Wicklungen aus isoliertem Draht, die verschiedenartig um meistens lamellierte (aus Blechen bestehende) Eisenkerne angeordnet sind. Die eine Spule bildet den Primärstromkreis, die andere den Sekundärstromkreis. Manche Transformatoren, die Spartransformatoren, haben jedoch nur eine einzige Spule, von der ein Teil sowohl zum Primärstromkreis als auch zum Sekundärstromkreis gehört. Die Anordnung der Wicklungen auf nur einer Spule ist demnach ebenso unschädlich wie der Umstand, dass beide Wicklungen gleichartig sind. Insoweit wird von der Klägerin nicht bestritten, dass es auch Transformatoren gibt, deren Windungszahl funktionsbedingt zwingend notwendig im Übersetzungsverhältnis 1:1 stehen muss. Außerdem gehören nach Randziffer 04.1 der HS-Erläuterungen zur Pos. 8504 hierher Transformatoren aller Art, ohne Rücksicht auf Bauart oder Verwendungszweck. Deshalb ist auch nicht von Bedeutung, für welche Verwendungszwecke die Klägerin oder deren Kunden die streitgegenständlichen Waren einsetzen. Im Übrigen basieren sowohl Transformatoren als auch stromkompensierte Drosseln auf dem Induktionsprinzip, das lediglich durch die unterschiedliche Einbindung in den Stromkreis bzw. die Stromkreise unterschiedlich genutzt wird.
Wie sich aus Randziffer 07.0 der HS-Erläuterungen weiter ergibt, gehören zu den elektrischen Transformatoren auch Selbstinduktionsspulen, die bei Gleichstrom eine ähnliche Aufgabe erfüllen wie Transformatoren bei Wechselstrom. Sie besitzen einen Primärstromkreis und einen Sekundärstromkreis. Wird dem Primärstromkreis ein intermittierender oder schwankender Gleichstrom zugeführt, so entsteht im Sekundärstromkreis ein entsprechender Induktionsstrom. Zu dieser Position (Transformatoren) gehören Selbstinduktionsspulen aller Art und für jeden Verwendungszweck.
Somit sind die von der Klägerin eingeführten Selbstinduktionsspulen nach deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften als andere Transformatoren in die Unterposition 8504 31 oder 8504 32 einzureihen. Es handelt sich hierbei um keine "anderen" Selbstinduktionsspulen im Sinne der Unterposition 8504 50. Dabei ist nicht entscheidungserheblich, dass die Leistung der streitgegenständlichen Waren im vorgelegten Datenblatt in mH angegeben ist, da sie auch in kVA bestimmt werden kann. Ob die Leistung mehr oder weniger als 1 kVA beträgt, ist unbeachtlich, denn sowohl für die Unterposition 8504 3190 als auch für die Unterposition 8504 3290 beträgt der Zollsatz 3,7%. Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf Randziffer 05.0 der Erläuterungen zur KN berufen, wonach Kompensationsdrosseln zur Unterposition 8504 50 gehören. Diese dienen der Kompensation von Blindleistungen und können nicht stromkompensierten Drosseln gleichgesetzt werden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
5. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung.
Ende der Entscheidung
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