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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 08.12.2005
Aktenzeichen: 14 K 36/03
Rechtsgebiete: EStG, AO, BGB a.F.


Vorschriften:

AO § 191 Abs. 1
AO § 191 Abs. 4
BGB a.F. § 419 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 1 S. 2
EStG § 36 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In der Streitsache

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht des Richters am Finanzgericht und des Richters am Finanzgericht sowie der ehrenamtlichen Richter und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08. Dezember 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Änderung des Haftungsbescheids vom 27. Dezember 2000 und der Einspruchsentscheidung wird die Haftungsschuld auf 2.517,42 EUR (= 4.923,65 DM) herabgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin erhielt im März 1992 von ihrem Ehemann dessen teilweise zum Betriebsvermögen gehörende Grundstück ... Straße 3 in B. mit notariellem Vertrag übertragen.

Nachdem der Beklagte (das Finanzamt) hiervon im März 1998 Kenntnis erlangt hatte, errechnete er einen Entnahmegewinn, erfasste diesen Betrag bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb und setzte schließlich die Einkommensteuer 1992 für den Ehemann mit Bescheid vom 16. Dezember 1999 auf 90.493 DM fest.

Da das Finanzamt rückständige Einkommensteuer 1992 und Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1992 sowie Umsatzsteuer 1991 und steuerliche Nebenleistungen zur Umsatzsteuer und Einkommensteuer des Ehemanns nicht beitreiben konnte, nahm es die Klägerin, gestützt auf § 419 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) a.F., mit Bescheid vom 27. Dezember 2000 für die Abgabenrückstände des Ehemanns in Höhe von 120.506,13 DM in Haftung.

Den nicht näher erläuterten Einspruch dagegen wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 21. November 2002 als unbegründet zurück

Dagegen ist die Klage gerichtet, zu deren Begründung im Wesentlichen vorgetragen wird, dass das Finanzamt die Betriebsaufgabe für den Betrieb des Ehemanns zwangsweise und im Widerspruch zur Rechtsprechung unterstellt habe. Zudem seien die Steuerschulden, für die die Klägerin haften solle, im Zeitpunkt der Übernahme des gesamten Vermögens noch nicht entstanden gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid auf 2.517,42 EUR zu beschränken.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Klageerwidernd verweist es im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Gründe

II.

Die Klage ist begründet.

Der Haftungsbescheid des Finanzamts gegen die Klägerin ist im Umfang des Klageantrags rechtswidrig.

Übernimmt jemand durch Vertrag das Vermögen eines anderen, so können nach dem auch im Steuerrecht anwendbaren ehemaligen § 419 Abs. 1 BGB a.F. (s. § 191 Abs. 1 und Abs. 4 AO) dessen Gläubiger, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des bisherigen Schuldners, von dem Abschlüsse des Vertrags an ihre zu dieser Zeit bestehenden Ansprüche auch gegen den Übernehmer geltend machen.

Danach haftet der Übernehmer also nur für Ansprüche, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegen den Veräußerer bestehen. Bei - wie im Streitfall - Übertragung eines Grundstücks ist der Zeitpunkt entscheidend, in dem der Antrag auf Umschreibung oder auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung beim Grundbuchamt eingegangen ist (vgl. Bundesgerichtshof-Urteil vom 13. Juli 1960 V ZR 19/59, BGHE 33, 123; Palandt, BGB, 57. Auflage, § 419 Rz. 14 m.w.N.)

Die Eintragung der Klägerin im Grundbuch aufgrund der Auflassung im März 1992 erfolgte zum 20. Oktober 1992 (s. Bl. 19 der Haftungsakte). Die möglicherweise durch die Vertragsübernahme mit notariellem Vertrag im März 1992 ausgelöste Einkommensteuer wegen Entnahme eines Betriebsgrundstücks ist jedoch erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 1992, also zu einem Zeitpunkt nach der Vermögensübernahme, gemäß § 36 Abs. 1 EStG entstanden. Da deshalb eine auf § 419 BGB a.F. gestützte Haftung der Klägerin nicht in Betracht kommt, kann die Frage, ob die Festsetzung der Einkommensteuer 1992 gegenüber dem Ehemann der Klägerin zu Recht erfolgt ist, was die Klägerin bestreitet, hier dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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