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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: 14 K 3600/06
Rechtsgebiete: ZK


Vorschriften:

ZK Art. 29 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...,

des Richters am Finanzgericht ... und

der Richterin am Finanzgericht ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...

ohne mündliche Verhandlung

am 10. Dezember 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist der Zollwert eingeführter Kraftfahrzeuge und eines Motors.

Der Kläger meldete am 15. März 2004 beim Zollamt D einen Pick-up Chevy GMC als gebrauchten Lkw unter der Warennummer 8704 2139 mit einem Zollwert von 2.300 USD zur Überführung in den freien Verkehr an. Diesen hatte er zuvor am 20. Februar 2004 im Versandverfahren T1 von B zu seinem Betrieb nach X befördern lassen. Das Versandverfahren wurde beim Zollamt D beendet und das Kfz zur vorübergehenden Verwahrung an den Kläger überlassen. Am 16. März 2004 wurde eine Beschau des angemeldeten Pick-ups in einer Werkstatt in W vorgenommen. Dabei wurde festgestellt, dass bereits am 11. März 2004 im Auftrag des Klägers ein defektes Relais aus dem Motor ausgebaut worden war. Das Zollamt erklärte deshalb die Zollanmeldung vom 15. März 2004 für ungültig, weil die in die vorübergehende Verwahrung übergebene Ware unzulässig verändert wurde.

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 21. April 2004 setzte der Beklagte (das Hauptzollamt - HZA) für den Pick-up Chevy GMC unter Zugrundelegung des angemeldeten Zollwerts von 2.300 USD (plus Frachtkosten in Höhe von 800 USD) Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 1.096,77 EUR (561,64 EUR Zoll und 535,13 EUR Einfuhrumsatzsteuer) fest, weil der Kläger diesen der zollamtlichen Überwachung entzogen habe.

Mit Zollanmeldung vom 16. April 2004 meldete der Kläger beim Zollamt B einen Chevy Truck Burgundy (Silverado 4x4 Z71, FIN [Amtliche Anmerkung: Fahrzeugidentifikationsnummer]: 2GCEK19R1V1112616) und einen Chevy Pick-up Maroon (Silverado Diesel, FIN: 1GCCC29F1WE123391) jeweils unter der Warennummer 8704 2139 mit einem Zollwert von je 1.500 USD sowie einen gebrauchten Motor mit einem Zollwert von 0,- USD zur Überführung in den freien Verkehr an.

Das Zollamt nahm die Zollanmeldung an und setzte, ohne die Waren zu beschauen, mit Einfuhrabgabenbescheid vom 20. April 2004 hierfür Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 1.761,58 EUR (811,74 EUR Zoll und 949,84 EUR Einfuhrumsatzsteuer) fest.

Am 13. Mai 2004 erschien Herr H beim HZA und gab an, vom Kläger einen Pick-up für 12.000 EUR gekauft zu haben. Des Weiteren teilte er mit, dass der Kläger über amerikanische Soldaten Pick-ups aus Amerika beziehe, bei denen die angemeldeten Rechnungspreise nicht stimmten.

Im Rahmen der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen kam die Zollfahndung zu dem Ergebnis, dass der Kläger für die im Jahre 2004 eingeführten Fahrzeuge und Fahrzeugteile unterfakturierte Rechnungen vorgelegt habe.

Das HZA forderte deshalb vom Kläger mit Einfuhrabgabenbescheid vom 1. Dezember 2005 Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 4.832,59 EUR (2.531,65 EUR Zoll und 2.300,94 EUR Einfuhrumsatzsteuer) nach. Dabei ging es von einem Zollwert für den Chevy GMC in Höhe von 7.000 USD, den Chevy Pick-up Maroon in Höhe von 5.975 USD, den Chevy Truck Burgundy in Höhe von 8.065 USD und den gebrauchten Motor in Höhe von 3.025 USD aus.

Nach erfolglosem Einspruch macht der Kläger mit der gegen die Einspruchsentscheidung vom 9. August 2006 erhobenen Klage im Wesentlichen Folgendes geltend:

Den Chevy GMC habe er im Auftrag des US-Soldaten G bei der Firma A in Florida gekauft und unter Verwendung einer AE-Form 550-175 A in das Zollgebiet eingeführt. Bei dem Fahrzeug habe es sich um ein Unfallfahrzeug gehandelt, der Motor sei zunächst nicht funktionsfähig gewesen, da die Ventildeckel und die Ölwanne abgebaut gewesen seien. Er habe das Fahrzeug mit einem neuen Motor versehen, sämtliche Karosserieschäden repariert, eine neue Lackierung aufgebracht und das Fahrzeug mit neuen Felgen und Reifen versehen. Da der US-Soldat G zwischenzeitlich seinen Marschbefehl in den Irak erhalten habe, habe dieser kein Interesse mehr an dem Fahrzeug gehabt. Er habe das Fahrzeug zwar zollfrei an einen anderen US-Soldaten verkaufen wollen, es habe sich vorher jedoch Herr H als Käufer gefunden. Der bei ihm sichergestellten Quittung über 7.000 USD komme keine Beweisfunktion zu, da er das Fahrzeug bei der Firma A Import gekauft habe. Dieses Dokument belege lediglich, dass der Kläger an den Unterzeichner 1.500 USD für das Fahrzeug zurückgezahlt habe.

Hinsichtlich des Chevy Pick-up Maroon und des Chevy Truck Burgundy sei der Anschaffungspreis von 1.500 USD zutreffend. Die ermittelten Marktpreise seien nicht repräsentativ, da die streitgegenständlichen Fahrzeuge nicht fahrbereit gewesen seien und sich in einem sehr schlechten technischen Allgemeinzustand befunden hätten. Dies ergebe sich auch aus dem Übernahmeprotokoll der Spedition, die die Fahrzeuge beim Kläger ausgeliefert habe. Bei der bei ihm vorgefundenen Liste mit der Überschrift "K.../M...Business Cash Flow" handle es sich lediglich um eine von ihm selbst zum Zwecke der Kapitalbeschaffung gefertigte Aufstellung. Die darin aufgeführten Preise seien rein fiktiv. Bei dem Motor für den Chevy Silverado Diesel handle es sich um eine sog. Draufgabe der Firma A, da der Motor des gleichzeitig dort erworbenen Chevy Silverado Diesel von Anfang an unbrauchbar gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

den Einfuhrabgabenbescheid vom 1. Dezember 2005 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bringt im Wesentlichen Folgendes vor:

Hinsichtlich des Pick-up Chevy GMC seien die Einlassungen des Klägers widersprüchlich und unglaubwürdig. Lt. der beim Kläger vorgefundenen Quittung habe der tatsächliche Preis 7.000 USD betragen. Hinsichtlich der beim Zollamt B abgefertigten Pick-ups und des Motors habe die Liste "K.../M... Business Cash Flow" sichergestellt werden können, die auch die Preise, Transportkosten und Provisionen für die streitgegenständlichen Fahrzeuge und Ersatzteile aufliste und den tatsächlichen Einkaufspreis widerspiegle. Zudem deckten sich diese festgestellten Preise nach Recherchen des US-amerikanischen Zolls mit den durchschnittlichen Verkaufspreisen gleichwertiger Fahrzeuge.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten sowie die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung).

II. Die Klage ist unbegründet.

Das HZA hat vom Kläger zu Recht gemäß Art. 220 Abs. 1 Zollkodex (ZK) Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 4.832,59 EUR nachgefordert. Die in den Einfuhrabgabenbescheiden vom 20. und 21. April 2004 festgesetzten Abgabenbeträge waren geringer als die tatsächlich gesetzlich geschuldeten Beträge. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger in dem vom HZA festgestellten Umfang den Zollwert der streitgegenständlichen Waren zu niedrig angemeldet hat.

1. Der Zollwert eingeführter Waren ist gem. Art. 29 Abs. 1 ZK der Transaktionswert, d.h. der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis. Dieser ist gem. Art. 29 Abs. 3 Buchst. a ZK die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen Gunsten für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer oder vom Käufer an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind. Die Zahlung kann unmittelbar oder mittelbar durchgeführt werden.

a) Hinsichtlich des Chevy Pick-up Maroon, des Chevy Truck Burgundy und des gebrauchten Motor ist das HZA demnach zu Recht von Zollwerten in Höhe von 5.975 USD, 8.065 USD und 3.025 USD ausgegangen.

Die über das Zollamt B eingeführten Waren sind zwar nicht beschaut worden, so dass gemäß Art. 71 Abs. 2 ZK grundsätzlich die in der Zollanmeldung enthaltenen Angaben (Zollwerte) zu Grunde zu legen sind. Diese Beschaffenheitsvermutung nach Art. 71 ZK ist jedoch widerlegbar. Aus Art. 78 Abs. 1 und 3 ZK ergibt sich nämlich, dass sie aufgrund einer nachträglichen Überprüfung der Zollanmeldung widerlegt werden kann (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler/Deimel, Kommentar zur Abgabenordnung, Art. 235-236 ZK, Rz. 51; Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 20. Oktober 2005 C-468/03, Randnrn. 49-52, 63, Slg. 2005, I-8937). Ob diese Beschaffenheitsvermutung widerlegt werden kann, ist unter Beachtung der Grundsätze über die Feststellungslast zu beurteilen.

Im Streitfall konnte das HZA diese Beschaffenheitsvermutung mit der beim Kläger vorgefundenen Liste "K.../M... Business Cash Flow" widerlegen. Aus dieser ergeben sich nämlich der tatsächliche Warenwert, die Frachtkosten und die jeweils zu zahlende Kommission für die streitgegenständlichen Waren. Dabei bildet der Warenwert den Transaktionswert im Sinne von Art. 29 Abs. 1 ZK, zu dem die Beförderungskosten und Provisionen gemäß Art. 32 Abs. 1 Buchst. a i) und e i) ZK hinzuzurechnen sind. Dass es sich bei der in der Liste aufgeführten "Commission" um eine Einkaufsprovision im Sinne von Art. 32 Abs. 4 ZK handelt, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

Die Einlassungen des Klägers, dass die in der Liste aufgeführten Preise rein fiktiv und die beiden Fahrzeuge nicht fahrbereit gewesen seien und sich in einem sehr schlechten Allgemeinzustand befunden hätten, erscheinen als unglaubwürdige Schutzbehauptung.

Zum einen hat der Kläger nicht, wie vom Gericht angefordert, die von ihm selbst in seiner Klagebegründung genannten Übernahmeprotokolle der Spedition vorgelegt, aus denen sich der angeblich schlechte Zustand des Chevy Pick-up Maroon und des Chevy Truck Burgundy zum Zeitpunkt der Einfuhr ergibt.

Zum anderen ist nicht nachvollziehbar, warum die in der vorgefundenen Liste aufgeführten Preise, die zum Zwecke der Kapitalbeschaffung gefertigt worden sein soll, rein fiktiv sein sollen. Einerseits soll dies Herr M bestätigen können, obwohl er andererseits dem Kläger lt. der vorgefundenen Quittung tatsächlich 10.000 USD Kredit gewährt hat. Dies spricht vielmehr dafür, dass die in der Liste aufgeführten Preise dem tatsächlichen Warenwert entsprochen haben, denn sonst hätte kein Grund für eine entsprechend hohe Kreditgewährung bestanden. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die in der Liste aufgeführten Preise nach Recherchen des US-amerikanischen Zolls mit den durchschnittlichen Verkaufspreisen gleichwertiger Fahrzeuge in den USA übereinstimmen.

b) Hinsichtlich des Pick-up Chevy GMC ergibt sich der in den USA tatsächlich gezahlte Kaufpreis aus der beim Kläger vorgefundenen Quittung über 7.000 USD.

Entgegen der Einlassung des Klägers ergibt sich daraus nicht, dass er an den Unterzeichner der Quittung 1.500 USD für dieses Kfz zurückgezahlt hat, sondern allenfalls, dass er vom Gesamtpreis in Höhe von 7.000 USD 1.500 USD angezahlt hat.

Dieses Kfz ist zwar am 17. März 2004 im Rahmen einer Kontrolle durch Beamte des Zollamts beschaut worden, bei der der in der Zollanmeldung angegebene Warenwert von 2.300 USD nicht beanstandet worden ist.

Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass die kontrollierenden Beamten wegen der gerade durchgeführten Reparaturarbeiten am Kfz dessen Wert nicht beurteilen konnten und die Art der durchgeführten Reparatur (Austausch eines defekten Relais) die Zeugenaussage von Herrn H vom 22. Juli 2004 bestätigt. Danach hat der Kläger auf die Frage von Herrn H, wie er den Pick-up so günstig verkaufen könne, geantwortet, dass er diesen als Schrott eingeführt habe, indem er ihn zuvor durch die Entfernung des Motorsteuerrelais fahruntüchtig gemacht habe. Hierzu passt auch das Übernahmeprotokoll der Spedition, wonach das Kfz nicht anspringt. Ein schlechter Zustand, mit Ausnahme der Verschmutzung, ergibt sich hieraus nicht.

c) Die vom Kläger beantragten Zeugenvernehmungen sind nicht erforderlich, denn es kann im Hinblick auf die Aussage von Herrn H zu der Entfernung der Motorsteuerrelais als wahr unterstellt werden, dass die Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Einfuhr nicht fahrbereit gewesen sind.

Ebenso wenig ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens geboten, denn der Betrag der Einfuhrabgaben wird grundsätzlich anhand der Bemessungsgrundlagen bestimmt, die für die Ware zum Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld gelten (Art. 214 Abs. 1 ZK). Der Zustand der streitgegenständlichen Waren zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht entscheidungserheblich.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Ende der Entscheidung

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