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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 14 K 4127/06
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 15 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 K 4127/06

Umsatzsteuer 1993

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

ohne mündliche Verhandlung am

14. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist die Anerkennung von Vorsteuer im Zusammenhang mit einem Bauträgerprojekt.

Die Klägerin ist eine mit notarieller Urkunde vom 21. Februar 1992 errichtete und am 15. Dezember 1992 ins Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmenszweck die Renovierung und Errichtung von Bauten als Bauträger, der Erwerb sowie das Halten und Verwalten von Grundbesitz ist. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist Herr A, der gleichzeitig einen Geschäftsanteil in Höhe von nominell DM 5.000 hält. Als Eigentümer eines Grundstücks in G vereinbarte dieser mit Vertrag vom 21. Februar 1992, dass die Klägerin dieses Objekt zur Baureife bringen, die Finanzierung sowie die Vermittlung von Betreibern, Pächtern und Mietern übernehmen sollte (Bl. 10 der Gerichtsakten). Die Klägerin sollte dafür eine Leistungsvergütung zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer erhalten. Außerdem wurde geregelt, dass die Klägerin das Grundstück erwerben, bebauen und nach Fertigstellung an Dritte verpachten oder vermieten könne.

Mit Bescheid vom 24. August 1992 genehmigte das Landratsamt M der Klägerin den Abbruch von noch auf dem Grundstück vorhandenen Nebengebäuden. Im Jahr 1994 begann die Klägerin das Grundstück zu projektieren. Nach dem am 4. Juli 1995 erstellten und dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 1994 beigefügten Lagebericht waren interessierte Käufer für den Wohnbereich sowie Mieter für die Gewerbeflächen vorhanden.

Mit den beim Finanzamt (FA) eingereichten Umsatzsteuererklärungen machte die Klägerin für die Folgejahre Vorsteuerbetrage geltend, steuerpflichtige Umsätze wurden in den Jahren 1993 bis 2004 nicht erklärt.

Für das Streitjahr stimmte das FA der abgegebenen Umsatzsteuererklärung mit Bescheid vom 22. März 1995 zu, es errechnete sich eine Vorsteuer zugunsten der Klägerin in Höhe von 71,35 DM.

Im Rahmen der Steuerfestsetzung für das Jahr 1999 stellte das FA fest, dass das Eigentum an dem zu bebauenden Grundstücks noch nicht auf die Klägerin übergegangen war. In einem Schreiben des mit dem Bauvorhaben beauftragten Architekten an das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege vom 3. Dezember 1998 war als Bauherr nicht die Klägerin, sondern Herr A angegeben (Bl. 24 Umsatzsteuerakten 1993 - 1994). Aus einem Gesprächsprotokoll vom 15. Februar 1999 in dieser Angelegenheit ergab sich, dass dieses Projekt entweder durch den Verkauf von Appartementflächen/Gewerbeflächen (Verkauf von Teileigentum) oder durch den Verkauf des Gesamtobjekts im damaligen Planungsstadium an die Sparkasse T realisiert werden sollte (Bl. 36 ff Umsatzsteuerakten 1993 - 1994) des FA. Mit Schreiben vom 23. Februar 1999 war der H Bank eine Ladeneinheit für eine Bankfiliale in dem Objekt angeboten worden (Bl. 25 Umsatzsteuerakten 1993 - 1994).

Im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerfestsetzung für die Folgejahre wurde dem FA mitgeteilt, dass die Klägerin das Grundstück in den nächsten Wochen erwerben werde, um nachfolgend mit der Bebauung zu beginnen und anschließend eine mehrwertsteuerpflichtige Veräußerung an Dritte vornehmen zu können (Schreiben vom 27. Oktober 1999 und vom 19. April 2001, Bl. 12 und Bl. 21 Umsatzsteuerakten 1993 - 1994).

Das FA kam in Anbetracht dieser Umstände zu dem Ergebnis, dass der geltend gemachte und bisher auch gewährte Vorsteuerabzug zu versagen sei. Dementsprechend erließ es am 4. Mai 2001 einen Änderungsbescheid für das Jahr 1993 und setzte die Umsatzsteuer auf 0 DM fest. Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 6. Oktober 2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen eingelegten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das FA verkenne, dass eine objektiv belegbare Verwendungsabsicht der Klägerin für einen zu Recht in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug vorliege. Bereits aus der Vereinbarung zwischen Herrn A und der Klägerin vom 21. Februar 1992 ergebe sich, dass der Klägerin für ihre Tätigkeit eine Vergütung zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer zustünde. Auch wenn es bislang noch nicht dazu gekommen sei, wolle und werde die Klägerin umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze realisieren. Die mit Herrn A getroffene Abmachung gelte bis heute unverändert fort.

Darüber hinaus habe die Klägerin die objektive Verwendungsabsicht gegenüber stets belegt, zum Beispiel in den Lageberichten der Jahresabschlüsse. Sie beabsichtige für den Fall, dass sie das Grundstück erwerben werde, von Beginn der Unternehmung an bis heute das Grundstück entweder umsatzsteuerpflichtig zu vermieten oder zu veräußern.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1993 vom 4. Mai 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 aufzuheben und die Umsatzsteuer in Höhe eines Negativbetrages von 71,35 DM (36,48 EUR) festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die Klage ist unbegründet, das FA hat den Vorsteuerabzug zu Recht versagt.

1. Nach der Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist aber die Steuer für bezogene Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Umsätze im Zusammenhang mit der Veräußerung von unbebauten und bebauten Grundstücken sind nach § 4 Nr. 9 a UStG und im Zusammenhang mit Grundstücksvermietung und - verpachtung nach § 4 Nr. 12 a Satz 1 steuerfrei. Auf diese Steuerbefreiung kann der Unternehmer verzichten, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird (§ 9 Abs. 1 UStG).

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach Absatz 1 der Vorschrift bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer hat die Voraussetzungen insoweit nachzuweisen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 UStG).

Für den Vorsteuerabzug in der Investitionsphase gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Art. 17 und 20 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl.Urteile vom 29. Februar 1996 Rs. C-110/94 -INZO -, BStBl II 1996, 655;vom 8. Juni 2000 Rs. C-400/98 -Breitsohl -, Umsatzsteuer-Rundschau -UR-2000, 329;vom 8. Juni 2000 Rs. C-396/98 Schlossstrasse -, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht -UVR -2000, 308) und des BFH (Urteil vom 8. März 2001 V R 24/98, BFH/NV 2001, 876) der Grundsatz des "Sofortabzugs", wonach der Vorsteuerabzug bereits in dem Besteuerungs- bzw. Voranmeldungszeitraum zu gewähren ist, in dem die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind. Hat der Unternehmer zu dieser Zeit mit den Leistungsbezügen noch keine nennenswerten Verwendungsumsätze im Sinne von § 15 Abs. 2 UStG ausgeführt, ist auf die beabsichtigten Verwendungsumsätze abzustellen. Er braucht die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten, sondern kann den sofortigen Vorsteuerabzug aus den ersten Investitionsausgaben tätigen, wenn er die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben hat und dies durch objektive Anhaltspunkte belegt (EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 Rs. C-400/98, a.a.O.).

Maßgebend für die Überprüfung der durch objektive Anhaltspunkte belegten Verwendungsabsicht ist der jeweilige Zeitpunkt des Leistungsbezugs, zu dem das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht (Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG; BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 876).

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Die Klägerin kann anhand objektiver Anhaltspunkte ihre Absicht nicht belegen, die von ihr bezogenen Eingangsleistungen ausschließlich für steuerpflichtige Veräußerungs- bzw. Vermietungsumsätze zu verwenden.

Allein aus der Vereinbarung vom 21. Februar 1992 zwischen der Klägerin und Herrn A, der immer noch Eigentümer des Grundstücks ist, kann sich diese Absicht nicht ergeben. Die Verpflichtung der Klägerin, "potentielle Betreiber, Pächter, Mieter zu vermitteln", lässt keinen Schluss darauf zu, dass hiermit allein ein Interessentenkreis gemeint war, der in den gemieteten Räumen ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze hätte ausführen wollen. So wurde eine Ladeneinheit des Projekts auch einer Bank für den Betrieb einer Filiale angeboten. Ein Verzicht der Klägerin auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG ist bei Zustandekommen eines Mietvertrages nicht möglich, da die Bank als Leistungsempfänger auch steuerfreie Umsätze gemäß § 4 Nr. 8 UStG erzielt, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Auch wenn die vereinbarte Leistungsvergütung zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer erfolgen sollte, kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Klägerin ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze realisieren werde. Letztlich wird insoweit ebenso wie in dem an das FA gerichteten Schreiben die subjektive Absicht belegt, eine zumindest auch teilweise steuerpflichtige Verpachtung oder Veräußerung anzustreben.

Aus den Lageberichten der Jahresabschlüsse ergibt sich im Übrigen lediglich der Ablauf der verschiedenen Vorbereitungsarbeiten für das Projekt, die weiterhin bestehende Absicht, das Grundstück in die Gesellschaft einzubringen (Lagebericht zum 31. Dezember 1996), sowie die Schwierigkeiten, mit dem Bauvorhaben wegen eines Verwaltungsgerichtsverfahrens gegen die Baugenehmigung beginnen zu können (Lagebericht zum 31. Dezember 2001 und zum 31. Dezember 2004). Der Nachweis für die ernste im Streitjahr bestehende Absicht der Klägerin, mit ihrer begonnenen wirtschaftlichen Tätigkeit später steuerpflichtige Umsätze zu erzielen, ist dadurch jedoch nicht erbracht.

2. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (s. § 90 Abs. 2 FGO).

3. Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe vorliegt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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