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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 16.07.2009
Aktenzeichen: 14 K 4671/06
Rechtsgebiete: UStG, Richtlinie 77/388/EWG


Vorschriften:

UStG § 3 Abs. 1
UStG § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1
UStG § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1
UStG § 14 Abs. 2
Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 16. Juli 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist die Festsetzung der Umsatzsteuer 2003.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist Buch- und Offsetdruck. Bis Ende 2002 waren R und E Kommanditisten der Klägerin.

Mit so genanntem Vertrag über den Kauf und die Übertragung eines Kommanditanteils vom 23. Dezember 2002 (Kaufvertrag, Bl. 23 ff Dauerunterlagen des Finanzamts) übertrug E ihren Kommanditanteil (KG-Anteil) mit Ablauf des 31. Dezember 2002 zu einem Kaufpreis von 512.000 EUR an den Mitgesellschafter R. Der Kaufpreis sollte durch eine Zahlung von 112.000 EUR sowie durch die Übereignung von zwei in der Anlage des Kaufvertrags aufgeführten Druckmaschinen aus dem Anlagevermögen der Klägerin an E erbracht werden, der von den Parteien als Sachwertabfindung an E bezeichnet wurde. Dabei wurde der Wert der Druckmaschinen mit einem Nettowert von 344.827,58 EUR und einem von der Klägerin zu entrichtenden Umsatzsteuerbetrag von 55.172,42 EUR angesetzt (§ 2 Tz. 4 des Vertrags). Dementsprechend erklärte die Klägerin in der am 11. Januar 2005 beim Finanzamt (FA) eingereichten Umsatzsteuererklärung 2003 den Vorgang als steuerpflichtige Lieferung, E machte den Abzug der ausgewiesenen Vorsteuer geltend.

Mit Mietvertrag ebenfalls vom 23. Dezember 2002 (Mietvertrag) überließ E der Klägerin ab Januar 2003 die Druckmaschinen gegen Mietzins zur uneingeschränkten Nutzung. Als monatlicher Mietzins wurde ein Betrag von 7.500 EUR zuzüglich 1.200 EUR Umsatzsteuer vereinbart.

Nach Durchführung einer Umsatzsteuersonderprüfung und eines anschließenden Rechtsbehelfsverfahrens wurde die Umsatzsteuer 2003 mit Bescheid vom 4. April 2005 auf 238.337,85 EUR festgesetzt.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2006 beantragte die Klägerin die Herabsetzung der Umsatzsteuer 2003 um 40.772,48 EUR mit der Begründung, dass durch die Übertragung der beiden Druckmaschinen keine steuerpflichtige Lieferung der Klägerin erfolgt sei, da das wirtschaftliche Eigentum und somit auch die Verfügungsmacht nicht auf E übertragen worden sei. Vielmehr handle es sich bei den am 23. Dezember 2002 geschlossenen Verträgen um eine Unterform eines Finanzierungsleasingvertrages ("sale-and-lease-back"-Vertrag). Bei den streitgegenständlichen Maschinen handele es sich um eine Zweifarbendruckmaschine des Baujahres 1988 sowie eine Computerduplettmaschine des Baujahres 2000, deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer am 31. Dezember 2010 bzw. 31. Oktober 2006 enden würde. Da der Mietvertrag frühestens zum 31. Dezember 2010 gekündigt werden könne, sei somit die Mindestlaufzeit des Mietvertrages länger bzw. genau so lang wie die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Die beiden Maschinen seien deshalb umsatzsteuerlich weiterhin der Klägerin zuzurechnen. Bei den Mietzahlungen der Klägerin an E handle es sich um von der Umsatzsteuer befreite Entgelte für eine Darlehensgewährung. Da aus diesen Zahlungen kein Vorsteuerabzug möglich sei, müsse die abziehbare Vorsteuer gemindert werden.

Das FA lehnte den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung mit Bescheid vom 28. Juni 2006 ab. Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg (vgl. Einspruchsentscheidung vom 3. November 2006). Nach Ansicht des FA sei im Zusammenhang mit der Übertragung des Kommanditanteils von E an R zunächst eine Übertragung der Druckmaschinen von der Klägerin an R erfolgt, damit dieser seine Kaufpreisverpflichtung gegenüber E hätte erfüllen können. Insoweit handle es sich um eine unentgeltliche Wertabgabe der Klägerin, die einer Lieferung gegen Entgelt gleichzustellen und im Ergebnis zutreffend in der Umsatzsteuerfestsetzung 2003 erfasst sei.

Mit der hiergegen eingelegten Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel auf Herabsetzung der Umsatzsteuer weiter. Sie trägt vor, dass die Verfügungsmacht an den Maschinen infolge ihrer zivilrechtlichen Übertragung und der gleichzeitig erfolgten Rückvermietung weder auf Herrn R noch auf Frau E übergegangen sei, sondern bei der Klägerin verblieben sei. Der Vertrag über den Kauf und die Übertragung des KG-Anteils sowie der Mietvertrag gleichen Datums bildeten eine wirtschaftliche Einheit und hätten Finanzierungs- und Sicherungsfunktion. Da Rl kein Vermögen besessen habe, habe man das Ausscheiden von E aus der Gesellschaft gegen Sachwertabfindung mit Baraufgabe beschlossen und vollzogen. Andererseits sei man sich bewusst gewesen, dass die Maschinen notwendiges Betriebsvermögen der KG darstellten. Dem entsprechend sei der Mietvertrag zwingende Bedingung für das Zustandekommen des Vertrags über den Kauf und die Übertragung des KG-Anteils gewesen. Ferner sei erkennbar, dass die Mietzahlungen, die bezogen auf den anteiligen Anteilspreis zu einer Rendite von über 15% auf den Nominalbetrag der Forderung der Antragstellerin führten, nicht auf eine Gebrauchsüberlassung, sondern auf eine risikoadäquate Kapitalverzinsung abstellten. Der monatliche Mietzins bilde daher bei wirtschaftlicher Betrachtung den Tilgungs-, Kosten- und Zinsanteil für eine steuerfreie Kreditgewährung.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 28. Juni 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 3. November 2006 sowie des Umsatzsteuerbescheids vom 4. April 2005 das Finanzamt zu verpflichten, die Umsatzsteuer 2003 um 40.772,48 EUR herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend weist es darauf hin, dass der vorliegende Vertrag über den Kauf und die Übertragung des Kommanditanteils nicht die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rechnung erfülle

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II. Die Klage hat keinen Erfolg. Das FA hat eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2003 zu Recht abgelehnt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei der im Streitfall vorgenommenen vertraglichen Gestaltung im Zusammenhang mit der Übertragung des KG-Anteils nicht um eine wirtschaftliche Einheit, sondern um eigenständige Rechtsgeschäfte, die aufgrund der jeweils unterschiedlichen Vertragspartner auch umsatzsteuerlich voneinander getrennt zu würdigen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - können, falls ein Steuerpflichtiger gegenüber einem Leistungsempfänger aufgrund eines Vertrages ein Bündel verschiedener Leistungen erbringt, diese als einheitliche Leistung oder als mehrere umsatzsteuerrechtlich eigenständige Leistungen betrachtet werden (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 2005 V R 26/03, BFH/NV 2005, 1395). In der Regel ist jede Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Zum anderen darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96 --Card Protection Plan Ltd.--, Slg. 1999, I-973, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer- Recht --UVR-- 1999, 157 RandNr. 29 ff.; BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BStBl II 2001, 658).

Im Streitfall beabsichtigten die Parteien die Übertragung des KG-Anteils von E an R. Zur Erfüllung der als Gegenleistung geschuldeten Kaufpreisverpflichtung übertrug R zwei Druckmaschinen aus dem Unternehmensvermögen der Klägerin an E, die anschließend von dieser an die Klägerin zur weiteren und unveränderten Verwendung vermietet worden sind. Anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall (Urteil vom 24. Februar 2005 V R 26/03, a.a.O.) wurden vorliegend von mehreren Steuerpflichtigen verschiedene Leistungen gegenüber verschiedenen Leistungsempfänger erbracht. Somit liegt keine einheitliche Leistung zwischen den Beteiligten, sondern mehrere umsatzsteuerrechtlich eigenständig zu beurteilende Leistungen vor.

Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei dieser Vertragsgestaltung auch nicht um einen so genannten "sale and lease back" Vertrag. Bei diesem Rechtsgeschäft wird das Eigentum an einem Gegenstand aufgrund eines Kaufvertrages auf einen Leasinggeber übertragen. Dieser vermietet den Gegenstand an den Verkäufer (Leasingnehmer) und ist sich mit ihm einig, dass das Eigentum an dem Gegenstand nach Ablauf der Mietzeit an den Verkäufer (Leasingnehmer) zurückfällt. Zivilrechtlich wird das "sale-and-lease-back"-Verfahren ebenso behandelt wie das Finanzierungsleasing, bei dem der Leasinggeber das Eigentum an dem Leasinggegenstand von einem Dritten erwirbt und ihn an den Leasingnehmer vermietet, d.h. auch beim "sale-and-lease-back" erwirbt der Käufer (Leasinggeber) das zivilrechtliche Eigentum an dem Leasinggegenstand (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 29. November 1989 VIII ZR 323/88, BGHZ 109, 250).

Nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) richtet sich die umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieser Gestaltung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar 2006 V R 22/03, BStBl II 2006, 721). Dieses ergibt sich aus dem von den Vertragspartnern nach den vertraglichen Vereinbarungen vorgesehenen normalen, d.h. störungsfreien Ablauf des Leasinggeschäftes. Eine für alle Erscheinungsformen des Leasings einheitliche Beurteilung ist dabei nicht möglich, weil sich beim Leasinggeschäft Elemente mehrerer zivilrechtlicher Vertragstypen (insbesondere Miet-, Kauf- und Darlehensvertrag) in unterschiedlicher Gewichtung miteinander verbinden können. Die Frage nach den umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen kann nur auf der Grundlage der konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung beantwortet werden.

Unter Berücksichtung dieser Grundsätze und der im Streitfall vorliegenden Interessenlage der Vertragsparteien ergibt sich, dass deren Vereinbarungen nicht vorwiegend der Finanzierung oder Sicherung dienten (vgl. auch Beschluss des Finanzgerichts München vom 28. April 2008 14 V 4177/07). Zwar wäre der Vertrag über den Kauf und die Übertragung der KG Anteile nicht ohne den Mietvertrag abgeschlossen worden, außerdem wurden die bisher im Eigentum der Klägerin stehenden Maschinen von dieser "zurückgemietet". Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien, losgelöst von der Frage, ob die Klägerin auch Vertragspartei des Kauf- und Übertragungsvertrages ist, mit ihren Vereinbarungen vergleichbar dem "sale-and-lease-back" die Finanzierung des Erwerbs der vermieteten Druckmaschinen und die Sicherung von E durch Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums wollten.

Auch wenn Ausgangspunkt der vertraglichen Regelungen die Frage der Finanzierung der Gegenleistung für den Erwerb der KG-Anteile war, haben die von den Parteien mangels Finanzierbarkeit des Kaufpreises schließlich getroffenen Vereinbarungen schon deshalb keinerlei Finanzierungsfunktion vergleichbar einer Kreditgewährung durch E, weil von dieser keine Kapitalüberlassung an die Klägerin oder R erfolgte.

Ziel der Vereinbarungen war ausweislich des Kauf- und Übertragungsvertrages, dass R sämtliche Anteile an der KG erhalten, andererseits der Lebensunterhalt von E gesichert sein sollte. Da R jedoch ohne Vermögen war und den Kaufpreis offensichtlich nicht finanzieren konnte, einigten sich die Parteien dahingehend, dass E stattdessen die Druckmaschinen aus dem Vermögen der Klägerin als Teil der Gegenleistung erhalten sollte. Aus der Interessenlage der Vertragsparteien ergibt sich weiter, dass trotz Übertragung der Druckmaschinen an E die weitere Nutzungsmöglichkeit des für die KG notwendigen Betriebsvermögens sichergestellt werden sollte. Der wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarungen zwischen dem Erwerber der Anteile R und E bzw. der Klägerin und E hat in der Übertragung von Vermögenswerten als Gegenleistung für die erworbenen Anteile einerseits und Sicherstellung der Nutzungsmöglichkeit der Klägerin andererseits bestanden. Dem zur Folge ist davon auszugehen, dass E nicht nur das zivilrechtliche Eigentum zu Sicherungszwecken, sondern die Verfügungsmacht an den Druckmaschinen erhalten und diese sodann an die Klägerin zur bloßen Nutzung gegen Entgelt überlassen hat. Hierfür spricht auch, dass die Druckmaschinen - im Gegensatz zum "sale- and-lease-back"-Verfahren - nach Ende des Mietvertrages an E zurückzugeben sind, sowie die Tatsache, dass El während des Bestehen des Mietvertrages Teile einer Druckmaschine veräußerte, was ihr nur möglich gewesen sein kann, wenn sie durch Verschaffung der Verfügungsmacht - sei es durch Herrn R oder durch die Klägerin - befähigt wurde, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung über die Druckmaschinen frei zu verfügen.

Dem Gesamtkonzept unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten ist somit kein Finanzierungscharakter zu entnehmen. Den Vertragspartnern kam es hinsichtlich der Druckmaschinen vorwiegend auf die Nutzung und Nutzungsüberlassung an die KG und nicht auf den Erwerb und die "Zurück"- Veräußerung der Druckmaschinen an die KG an. Diese Interessenlage ist jedoch mit der beim Finanzierungsleasing, das wie das "sale-and-leaseback"- Verfahren in erster Linie als Finanzierungsinstrument gilt, indem der Leasingnehmer über die Leasingraten letztlich das an ihn überlassene Wirtschaftsgut finanziert und der Leasinggeber Ersatz seiner Aufwendungen und einen angemessenen Gewinnanteil erhält, nicht vergleichbar (vgl. Urteil des BFH vom 26. Januar 1970 IV R 144/66, BStBl II 1970, 264).

Aufgrund der im Streitfall getrennt vorzunehmenden Beurteilung der getätigten Umsätze ergibt sich, dass R seine Verpflichtung aufgrund der im Vertrag vom 23. Dezember 2002 getroffenen Regelungen - die Übertragung der beiden Druckmaschinen an E - nicht ohne vorherigen Entnahmevorgang tätigen konnte, da diese Gegenstände dem Unternehmen der Klägerin zugeordnet waren.

Insoweit handelt es sich um eine unentgeltliche Zuwendung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG), die als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegt. Nach dieser Vorschrift wird einer Lieferung gegen Entgelt die Entnahme eines Gegenstandes durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, gleichgestellt. Bei § 3 Abs. 1b UStG handelt es sich um eine gegenüber § 3 Abs. 1 UStG eigenständige Regelung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Mai 2008 XI R 60/07, BStBl II 2008, 721). So liegt eine Entnahme z.B. nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG auch dann vor, wenn der Unternehmer einen Gegenstand für eigene nichtunternehmerische Zwecke entnimmt und somit keinem Abnehmer --wie von § 3 Abs. 1 UStG vorausgesetzt-- Verfügungsmacht verschafft wird.

Dem entspricht es, dass auch Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) als gemeinschaftsrechtliche Grundlage von § 3 Abs. 1b UStG nicht alle unentgeltlichen Lieferungen, sondern nur "die Entnahme ... durch einen Steuerpflichtigen ... für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke" erfasst. Somit steht eine Entnahme als unentgeltliche Zuwendung einer Entnahme für unternehmensfremde Zwecke gleich. Denn nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 27. April 1999 C-48/97 --Kuwait Petroleum-- (Slg. 1999, I-2323) können selbst Entnahmen, die für Zwecke des Unternehmens erfolgen, als unentgeltliche Zuwendung steuerbar sein.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze auf den Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine steuerpflichtige Entnahme hinsichtlich der Übertragung der Druckmaschinen an R vor. Abweichend von der Regelung des § 3 Abs. 1 UStG ist es nicht erforderlich, dass diesem tatsächlich die Verfügungsmacht daran verschafft worden ist. Vielmehr ist ausreichend, dass R dadurch die infolge des Vertrags vom 23.Dezember 2002 resultierende private Kaufpreisverpflichtung an E erfüllen konnte.

Bemessungsgrundlage für die Wertabgabe ist gemäß § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG der Einkaufspreis der Druckmaschinen zum Zeitpunkt der Übertragung. Zutreffend hat das FA insoweit den Wert von netto 344.827,58 EUR, der auch im Kaufvertrag einvernehmlich von E und R festgelegt worden ist, herangezogen und dem Regelsteuersatz von 16% unterworfen. Im Ergebnis führt dieser Ansatz nicht zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung, da nunmehr der bislang als Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung berücksichtigte Nettowert in Höhe von ebenfalls 344.827,58 EUR nicht mehr der Umsatzsteuer unterworfen wird.

Im Übrigen schuldet die Klägerin die im Kaufvertrag vom 23. Dezember 2002 ausgewiesene Umsatzsteuer auch nach § 14 Abs. 2 UStG. Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn der Unternehmer - wie im Streitfall - in einer Rechnung Umsatzsteuer für einen steuerfreien Umsatz gesondert ausgewiesen hat (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1992, V R 48/90, BStBl II 1993, 251). Die Regelung des § 14 Abs. 2 UStG enthält einen Gefährdungstatbestand besonderer Art und soll die unberechtigte Erteilung von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer verhindern, die eine Gefährdung des Steueraufkommens dadurch herbeiführt, dass der Empfänger der Abrechnung in den Stand versetzt wird, unberechtigt einen Vorsteuerabzug vorzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 1993 V R 75/88 in Umsatzsteuerrundschau -UR- 1993, 200; BFH-Urteil vom 8. Dezember 1988 V R 28/84 BStBl 11 1989, 250). Im Streitfall sind diese Voraussetzungen erfüllt, da E den Abzug der Vorsteuer geltend gemacht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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