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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 14 K 4909/06
Rechtsgebiete: UStG, AO


Vorschriften:

UStG § 3 Abs. 1b
UStG § 22 Abs. 2
AO § 162 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist die Festsetzung der Umsatzsteuer 2005.

Die Kläger sind im Lebensmitteleinzelhandel unternehmerisch tätig. Abweichend von der am 31. Januar 2006 beim Finanzamt (FA) eingegangenen Umsatzsteuererklärung berücksichtigte das FA Pauschbeträge für zwei Erwachsene für Sachentnahmen laut der amtlichen Richtsatzsammlung von 3.302 EUR und setzte die Umsatzsteuer 2005 im Bescheid vom 14. August 2006 auf 610,29 EUR fest (Bl. 9 f USt-Akte FA).

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2006, Bl. 15 ff USt-Akte FA).

Mit der hiergegen eingelegten Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass der pauschale Ansatz des Eigenbedarfs für den Ehemann nicht berechtigt sei. Dabei werde nicht berücksichtigt, dass der Lebensmittelmarkt nur von der Ehefrau betrieben werde und der Ehemann zusätzlich einer nichtselbständigen Tätigkeit nachgehe. Hinzu komme, dass das von der Klägerin betriebene Geschäft lediglich eine Fläche von 200 qm aufweise und keine Textilabteilung, Fleisch- und Wurstabteilung vorhanden sei. Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum und Hygieneartikel mit beschädigten Packungen, die ansonsten entsorgt werden müssten, dürften ebenfalls nicht zum Ansatz gebracht werden. Weder die eheliche Gütergemeinschaft noch die einkommensteuerliche Zusammenveranlagung seien ein ausreichender Grund für den Ansatz von Warenentnahmen von zwei Personen.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Bescheids vom 14. August 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2006 die Umsatzsteuer 2005 auf 331,65 EUR festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II. Die Klage hat keinen Erfolg, das FA hat die Umsatzsteuer 2005 zutreffend festgesetzt.

Nach § 22 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 1 Satz 2 und § 3 Abs. 1b Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) sind Aufzeichnungen über die Entnahme von Gegenständen durch den Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, getrennt nach Steuersätzen zu machen.

Bei Steuerpflichtigen, die ihren Aufzeichnungspflichten nicht nachkommen, sind die Sachentnahmen nach § 162 der Abgabenordnung zu schätzen. Mangels besserer Anhaltspunkte ist dabei von den auf Erfahrungssätzen der einzelnen Branchen beruhenden Richtsätzen und Pauschalen auszugehen, welche die Finanzverwaltung in einer amtlichen Richtsatzsammlung zusammengefasst hat. Das FA hat nur deshalb diese Pauschbeträge für den Eigenverbrauch angesetzt, weil die Kläger keine Aufzeichnungen über die unentgeltlichen Wertabgaben geführt haben. Die Kläger hatten es somit in der Hand, durch konkrete Aufzeichnungen nachzuweisen, dass die Sachentnahmen nicht den Erfahrungssätzen im Gaststättengewerbe entsprechen (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.03.2007 X B 191/06, BFH/NV 2007, 1134).

Mangels derartiger Beweismittel ist die Schätzung durch das FA nicht zu beanstanden. Insbesondere hat sich das FA zu Recht an der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen für das Kalenderjahr 2004 orientiert, die auch branchenbezogen einzelne Erfahrungswerte für unentgeltliche Wertabgaben enthält (BStBl I 2005, 678). Insoweit müssen sich die Kläger auch die Ungenauigkeiten, die sich aus der Anwendung dieser Erfahrungsätze ergeben können, gefallen lassen (vgl. FG Berlin, Urteil vom 30. April 1985 VII 481/84, EFG 1985, 581 und FG Saarland, Urteil vom 14. Februar 1991 2 K 222/86, EFG 1991, 772). Die einseitige Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles nach unten (sog. "Rosinenpickerei") würde der Pauschalierung insgesamt die Grundlage entziehen, zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führen und daher gegen § 162 Abs. 1 Satz 2 AO verstoßen. Aus diesem Grund sind bei der schätzweisen Ermittlung der Sachentnahmen nach den Pauschbeträgen der Richtsatzsammlung auch keine Zu - oder Abschläge wegen individueller persönlicher Eß- oder Trinkgewohnheiten, krankheitsbedingter Abweichungen von den üblichen Ernährungsgewohnheiten oder urlaubsbedingter Abwesenheitszeiten zu berücksichtigen. Vielmehr bemisst sich die Höhe des Eigenverbrauchs allein am Bedarf eines Privathaushalts an Lebensmitteln.

Da die Pauschbeträge als Durchschnittswerte auf der Erfahrung breiter finanzbehördlicher Ermittlungen beruhen, kommt es nicht darauf an, ob der Inhaber des Lebensmitteleinzelhandels ganz überwiegend beschädigte oder aus anderweitigen Gründen nicht mehr verkäufliche Produkte zum Eigenverbrauch verwendet. Ebenso wenig ist die Größe des Lebensmittelmarktes noch der Umstand von Bedeutung, dass der Ehemann noch einer weiteren Erwerbstätigkeit nachgegangen ist.

Ohne Rechtsfehler hat das FA seiner Berechnung den Pauschbetrag für unentgeltliche Wertabgaben mit einem Jahreswert von 1.140 EUR (ermäßigter Umsatzsteuersatz) zuzüglich 372 EUR (voller Umsatzsteuersatz) für den Gewerbezweig "Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel) zugrunde gelegt und im Streitfall zwei erwachsene Personen berücksichtigt (Gesamtansatz von 3.024 EUR). Dabei hat es die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass nach Aktenlage zum Haushalt der Kläger noch drei erwachsene Kinder zählen. Der vom FA vorgenommene Wertansatz kann daher nicht als überhöht angesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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