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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: 14 K 557/06
Rechtsgebiete: ZK


Vorschriften:

ZK Art. 112 Abs. 3
ZK Art. 201 Abs. 1
ZK Art. 236 Abs. 1
ZK Art. 239 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...,

der Richterin am Finanzgericht ... und

des Richters am Finanzgericht ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...

ohne mündliche Verhandlung

am 28. Mai 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Zoll hat.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Zolllagers Typ D. In der Bewilligung des Zolllagers gestattete das Hauptzollamt (HZA) der Klägerin, die eingelagerten Waren durch Anschreibung in den Bestandsaufzeichnungen in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen, und verpflichtete die Klägerin insoweit zur Abgabe einer ergänzenden Zollanmeldung pro Kalendermonat. Dementsprechend gab die Klägerin für die Monate Januar bis Dezember 2003 bezüglich der Überführung von X in den zollrechtlich freien Verkehr ergänzende Zollanmeldungen mit jeweils einer DV-Warenanmeldungsliste in der Anlage ab. Insgesamt errechnete die Klägerin in diesen ergänzenden Zollanmeldungen für das Jahr 2003 eine Zollschuld i.H.v. 3.150.247,03 EUR, die sie in der Folge auch entrichtete. Dabei legte sie jeweils den Umrechnungskurs zugrunde, der bei Überführung der Waren in das Zolllagerverfahren gegolten hatte.

Mit Antrag vom 7. April 2005 beantragte die Klägerin für das Jahr 2003 Erstattung von Einfuhrabgaben i.H.v. 154.313,29 EUR, weil diese gesetzlich nicht geschuldet gewesen seien. Denn es habe bezüglich der verwendeten Umrechnungskurse eine ihr nicht bekannte Wahlmöglichkeit zwischen dem Umrechnungskurs zum Zeitpunkt der Zollanmeldung und der Warenentnahme bestanden.

Eine Erstattung lehnte das HZA mit Verfügung vom 19. April 2005 ab, weil die Bemessungsgrundlagen zum Zeitpunkt der Überführung der Waren in das Zolllagerverfahren maßgeblich gewesen seien, da ein Antrag auf Anwendung der günstigeren Bemessungsgrundlagen zum Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht gestellt worden sei. Ein solcher Antrag könne nach der Überlassung der Waren nicht mehr zugelassen werden.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2006) erhob die Klägerin Klage, mit der sie im Wesentlichen vorbringt, ihr sei erst nachträglich bekannt geworden, dass hinsichtlich der Bemessungsgrundlage der Zollschuld ein Wahlrecht bestanden habe. Sie sei vom HZA auch nicht auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Auch der zuständige Sachbearbeiter habe ihr auf Nachfrage im Dezember 2003 diesbezüglich nicht sofort Auskunft geben können. Es sei nicht ersichtlich, warum eine nachträgliche Ausübung des Wahlrechts nicht mehr möglich sei, zumal kein Zeitpunkt bestimmt sei, zu dem der Antrag auf Ausübung des Wahlrechts gestellt werden müsse. Das Vorhandensein der Ware könne nicht Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts sein, weil bei Abgabe der ergänzenden Zollanmeldungen die Ware stets bereits überlassen sei. Hinsichtlich des Umrechnungskurses könne auch nachträglich jederzeit eine Korrektur vorgenommen werden, ohne dass die Gefahr von Manipulationen oder Unklarheiten bestünde. Bezüglich des Monats Dezember 2003 sei es ihr deshalb nicht möglich gewesen, ihr Wahlrecht auszuüben, weil sie eine entsprechende Auskunft vom HZA erst im Januar 2004 und damit nach Abgabe ihrer Zollanmeldung für Dezember 2003 erhalten habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das HZA unter Aufhebung der Verfügung vom 19. April 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2006 zur Erstattung von Zoll i.H.v. 154.313,29 EUR zu verpflichten,

hilfsweise,

das HZA unter Änderung der Verfügung vom 19. April 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2006 zur Erstattung von Zoll i.H.v. 9.890,42 EUR zu verpflichten.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bei der Überführung von Waren aus einem Zolllager Typ D in den zollrechtlich freien Verkehr seien grundsätzlich die Beschaffenheit, der Zollwert und die Menge maßgeblich, die sich auf die Waren im Zeitpunkt ihrer Überführung in das Zolllagerverfahren beziehen, es sei denn der Beteiligte beantrage die Anwendung der Bemessungsgrundlagen zum Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld. Einen solchen Antrag habe die Klägerin nicht gestellt. Die von der Klägerin errechneten Einfuhrabgaben seien somit gesetzlich geschuldet gewesen. Im Übrigen nimmt es Bezug auf seine Einspruchsentscheidung.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO).

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten und die im Verfahren eingereichten Schriftsätze hingewiesen.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Das HZA hat zu Recht die Erstattung von Zoll gem. Art. 236 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) für das Jahr 2003 i.H.v. insgesamt 154.313,29 EUR abgelehnt, weil der festgesetzte Zoll im Zeitpunkt der Zahlung gesetzlich geschuldet gewesen ist.

Die Zollschuld ist vorliegend gem. Art. 201 Abs. 1 ZK mit der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr entstanden. Abweichend von Art. 201 Abs. 2 ZK entsteht die Zollschuld bei einem Zolllager Typ D, bei dem die Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr mittels einer vereinfachten Anmeldung in Form der Anschreibung in der Buchführung in Verbindung mit der späteren Abgabe einer ergänzenden Zollanmeldung vorgenommen wird, nicht erst mit der Annahme der Zollanmeldung, sondern bereits mit der Anschreibung in der Buchführung der Klägerin (Art. 76 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 Buchst. c ZK). Für die entstandene Zollschuld ist die Klägerin gem. Art. 201 Abs. 3 Satz 1 ZK als Anmelderin Zollschuldnerin geworden.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen für die Zollschuld i.S.d. Art. 214 ZK einschließlich des hier streitigen Umrechnungskurses ist gem. Art. 112 Abs. 3 Unterabs. 1 ZK der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Waren in das Zolllagerverfahren überführt worden sind. Auf diesen Zeitpunkt hat die Klägerin selbst im Rahmen ihrer ergänzenden Zollanmeldungen abgestellt und das HZA die Zollschuld dementsprechend festgesetzt.

Zwar besteht gem. Art. 112 Abs. 3 Unterabs. 2 ZK grundsätzlich die Möglichkeit, auch auf die Bemessungsgrundlagen zum Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld abzustellen. Dies setzt jedoch einen Antrag des Anmelders voraus. Einen solchen Antrag hat die Klägerin unstreitig zunächst nicht gestellt. Erst mit ihrem Erstattungsantrag vom 7. April 2005 hat sie um Anwendung des jeweils günstigeren Umrechnungskurses gebeten. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Zollschuld auf der Basis des nicht ausgeübten Wahlrechts im Zeitpunkt der Zahlung gesetzlich geschuldet gewesen und dementsprechend zu Recht festgesetzt worden ist, weil das HZA mangels anderslautendem Antrag der Klägerin hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen auf den Zeitpunkt der Überführung der Waren in das Zolllagerverfahren abzustellen hatte.

Dass die Klägerin von ihrem Wahlrecht keine Kenntnis gehabt hat, ändert an diesem Ergebnis ebenfalls nichts, da Art. 236 ZK nicht auf subjektive Gegebenheiten abstellt.

Am Bestehen der Zollschuld in der gezahlten Höhe ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin im Dezember 2003 beim HZA hinsichtlich des Bestehens des Wahlrechts nachgefragt und erst im Januar 2004 eine entsprechende Auskunft erhalten hat, weil es für Art. 236 ZK allein darauf ankommt, ob die Zollschuld bestanden hat. Dies ist jedoch, da das Wahlrecht nicht ausgeübt worden ist, der Fall.

Auch eine Erstattung gem. Art. 239 Abs. 1 ZK scheidet aus, weil ein derartiger Erstattungsantrag gem. Art. 239 Abs. 2 ZK nur innerhalb von zwölf Monaten nach der Mitteilung der Abgaben an den Zollschuldner gestellt werden kann und die Klägerin ihren Antrag auf Erstattung erst am 7. April 2005 und damit rund 15 Monate später gestellt hat.

Die Klage ist aus den oben dargestellten Gründen auch im Hilfsantrag unbegründet. Es haben bezüglich des Abrechnungsmonats Dezember 2003 auch keine besonderen Umstände vorgelegen, die eine Verlängerung dieser Frist gem. Art. 239 Abs. 2 Satz 2 erster Anstrich ZK gerechtfertigt hätte. Denn die Klägerin hat nach eigenen Angaben im Januar 2004 vom HZA die Auskunft erhalten, dass das hier in Rede stehende Wahlrecht besteht, und dennoch erst im April 2005 den Antrag auf Erstattung gestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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