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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 14 K 891/04
Rechtsgebiete: UStG
Vorschriften:
UStG § 4 Nr. 14 S. 2 |
Finanzgericht München
Umsatzsteuer 1997, 1998, 1999
In der Streitsache
...
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Streitig ist, ob Nutzungsentgelte, die aufgrund eines Kooperationsvertrages gezahlt worden sind, als steuerbare Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen.
Die Klägerin ist eine Praxisgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR. Die Gesellschafter betreiben gemeinsam eine Praxis für Orthopädie.
Im Frühjahr 1997 wurde geplant, Herrn Dr. B. als Urologen in die Praxisgemeinschaft aufzunehmen. Mit Vertrag vom 1. Mai 1997 wurden zwischen den Eigentümern der Praxisräume, der Klägerin sowie Herrn Dr. B. - bezeichnet als Arztsozietät -Mietverträge über die Praxisräume abgeschlossen.
In der Folge war es Herrn Dr. B. jedoch nicht möglich, sich im Wege einer Bar- oder Sacheinlage in die Gemeinschaft einzukaufen. Die Beteiligten verzichteten deshalb auf die Gründung einer Praxisgemeinschaft und begründeten eine Kostengemeinschaft, deren Grundsätze mit Kooperationsvertrag zum 1. Mai 1997 geregelt wurden (vgl. S. 36 ff Gerichtsakten). Nach außen hin führten die Klägerin und Herr Dr. B. jeweils die Praxisgemeinschaft bzw. die Einzelpraxis fort. Gegenüber Dritten wurden die ärztlichen Leistungen selbständig liquidiert, die Gewinne standen den Beteiligten jeweils alleine zu. Im Innenverhältnis wurden die Kosten anteilig getragen.
So wurde das Hauptmietverhältnis der Klägerin und Herrn Dr. B. im Einverständnis mit den Vermietern in ein Untermietverhältnis zwischen der Klägerin und Herrn Dr. B. umgewandelt. Herr Dr. B. verpflichtete sich, ein Drittel der Miete einschließlich der Nebenkosten zu tragen. Für die Nutzung der Praxiseinrichtung leistete er eine Entschädigung in Höhe von einem Drittel der fiktiven Abschreibung für Abnutzung für die Gegenstände des Inventars sowie ein Drittel einer fiktiven Verzinsung mit 6 vom Hundert aus dem Buchwert des Inventars. Auch alle übrigen Aufwendungen wie Personalkosten - ausgenommen der fachbezogenen Aufwendungen - wurden von der Klägerin zu zwei Dritteln und von Herrn Dr. B. zu einem Drittel getragen. Der Zahlungsverkehr wurde über ein gemeinsames Konto abgewickelt, über das alle Mitglieder der Kostengemeinschaft Verfügungsgewalt hatten.
Die Klägerin behandelte die Leistungen zwischen den Kooperationspartnern als nicht steuerbar, steuerpflichtige Umsätze wurden daher für die Streitjahre nicht erklärt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 kam das Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass Herr Dr. B. nicht Mitglied der Praxisgemeinschaft sei und die Nutzungsüberlassung eine steuerbare und teilweise steuerpflichtige Leistung darstelle. Mit Bescheid vom 24. Mai 2000 wurde die Umsatzsteuer 1997 in Höhe von 11.770 DM, mit Bescheid vom 23. November 2000 die Umsatzsteuer 1998 in Höhe von 11.774 DM und mit Bescheid vom 3. August 2001 die Umsatzsteuer 1999 in Höhe von 3.737 DM festgesetzt. Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos, mit Entscheidung vom 26. Januar 2004 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das FA zu Unrecht davon ausgehe, dass es sich bei der von Herrn Dr. B. gezahlten Nutzungsentschädigung um umsatzsteuerpflichtige Leistungen handle.
Aufgrund des Kooperationsvertrages bestehe eine Innengesellschaft zwischen Herrn Dr. B und der Klägerin. Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen, Einrichtung und Personal stelle einen nicht steuerbaren Leistungsaustausch zwischen den einzelnen Mitgliedern der Kostengemeinschaft dar. Dies zeige sich schon an der Tatsache, dass die Kosten weitgehend nicht nach tatsächlichem Nutzen, sondern vielmehr nach Beteiligungsquote verteilt worden seien. Für den fehlenden Leistungsaustausch spreche nicht zuletzt die Vereinbarung, dass Herr Dr. B für die Nutzung des Anlagevermögens keine Miete, sondern vielmehr eine Nutzungsentschädigung gezahlt habe, die der Höhe nach wie bei der Klägerin der Absetzung für Abnutzung entspreche.
Selbst wenn man wie das FA von einem steuerbaren entgeltlichen Leistungsaustausch zwischen den Mitgliedern ausgehe, wären die getätigten Umsätze nach § 4 Nr. 14 S. 2 UStG steuerbefreit. Die Tatsache, dass Herr Dr. B in den Jahren 1998 und 1999 nicht Mitglied der Praxisgemeinschaft gewesen sei, hätte für die umsatzsteuerliche Beurteilung keine Bedeutung, da sich aus den Richtlinien eindeutig ergebe, dass diese Regelung jede Organisationsform der ärztlichen Zusammenarbeit erfasse.
Im übrigen würden die bezogenen Leistungen auch unmittelbar zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet, da die Beschaffung und gemeinsame Nutzung von Geräten und Personal die ärztliche Behandlungsleistung nicht nur ermöglichten, sondern selbst unmittelbar gegenüber den Patienten eingesetzt würden.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide für das Jahr 1997 vom 24. Mai 2000, für das Jahr 1998 vom 23. November 2000 und für das Jahr 1999 vom 3. August 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2004 aufzuheben und die Umsatzsteuer für diese Jahre jeweils auf Null festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
II. Die Klage ist unbegründet. Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall ein steuerbarer Leistungsaustausch vorliegt und die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 S. 2 UStG nicht eingreift.
1. Die Klägerin hat an Herrn Dr. B Leistungen erbracht, indem sie ihm Praxisräume, einrichtung sowie Personal gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hat. Grundlage hierfür war der Kooperationsvertrag vom 1. Mai 1997. Es handelt sich dabei ausschließlich um eine Regelung von Nutzungsberechtigung und Kostenübernahmeverpflichtung, nicht dagegen um eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung, mit der eine Innengesellschaft begründet werden sollte.
Insoweit sind Personenzusammenschlüsse zu verstehen, die nach außen nicht selbst als Unternehmer auftreten, sondern deren Mitglieder jeweils im eigenen Namen für die Innengesellschaft handeln (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, Kommentar zur Umsatzsteuer, Rdn. 28 zu § 2 UStG, Ulmer in Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Rdn. 279 zu § 705 BGB). Begriffsnotwendig erfordert die Innengesellschaft als Personengesellschaft das Bestehen eines gemeinsamen Zwecks i.S.d. § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Erreichung des gemeinsamen Zwecks durch die Beitragsleistungen unterscheidet die Innengesellschaft vom normalen Schuldverhältnis (Blanke, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gesellschafterbeiträgen bei Personengesellschaften, Vorbemerkung zu § 4).
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - liegt bei einer Innengesellschaft in umsatzsteuerlicher Hinsicht kein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaftern und Innengesellschaft, sondern nur ein solcher unter Gesellschaftern vor. Gegenstand der Umsatzbesteuerung sind die unter den Gesellschaftern jeweils im eigenen Namen ausgetauschten Leistungen (BFH-Urteil vom 27. Mai 1982 V R 110 u. 111/81, BStBl II 1982, 678).
Der von der Klägerin und Herrn Dr. B geschlossene Vertrag enthält jedoch keine Regelungen, die auf die Begründung eines gesellschaftsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses hindeuten. Wie unter Punkt I Absatz 2 des Vertrages vereinbart, wurde auf die Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausdrücklich verzichtet. Die gewählten Formulierungen lassen nicht den Schluss zu, dass die Vertragsparteien sich gegenseitig Gesellschafterrechten und -pflichten einräumen wollten.
Darüber hinaus fehlt ein gemeinsamer Gesellschaftszweck, der über die reine Nutzungsregelung und Kostentragungspflicht hinausgeht. Zweifellos verfolgen die Vertragspartner durch die Kooperationsvereinbarung das gemeinsame Ziel der Kostenersparnis. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass die Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit allein auf die Verwirklichung dieses gemeinsamen Gesellschaftszwecks hinwirken soll. Sowohl die Klägerin als auch ihr Vertragspartner führen die Praxisgemeinschaft bzw. die Einzelpraxis nach außen hin jeweils selbständig fort, ohne damit für die Innengesellschaft handeln zu wollen. Die Kostenersparnis stellt insoweit lediglich eine Art "Mitnahmeeffekt" dar.
2. Die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches sind erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des BFH ist erforderlich, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem "Rechtsverhältnis", d.h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt (z.B. EuGH-Urteil vom 21. März 2002 Rs. C174/00 -Kennemer Golf & Country Club-, Randnr. 39, m.w.N., Umsatzsteuer-und Verkehrsteuer-Recht --UVR--2002, 154, BFH-Urteil vom 25.05.2000, BFHE 191, 458 ). Im Streitfall stellt die Klägerin entsprechend den Regelungen des Kooperationsvertrags Herrn Dr. B Praxisräume, Personal und sonstiges Anlagevermögen zur Verfügung. Als Gegenleistung wurde die vereinbarte Entschädigung in Höhe eines Drittels der insgesamt angefallenen Aufwendungen als umsatzsteuerliches Entgelt entrichtet. Auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung "Entschädigung" kommt es insoweit nicht an. Die von Herrn B geleisteten Zahlungen stellen vielmehr den pauschalierten Preis und damit eine Abrechnungsmodalität dar, die für die Inanspruchnahme der Praxisorganisation zu zahlen war.
3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG sind nicht erfüllt. Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) sind u.a. die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt steuerfrei. Satz 2 dieser Vorschrift regelt die Steuerfreiheit der sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in Satz 1 bezeichneten Berufe sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach Satz 1 steuerfreien Umsätze verwendet werden.
Im Streitfall erfolgte die Überlassung der Praxiseinrichtung und des Personals durch die Klägerin, nicht jedoch durch die Gemeinschaft. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind unstreitig nicht erfüllt, da lediglich die Klägerin und nicht eine von der Klägerin und Dr. B gebildete Gemeinschaft diesem die Praxiseinrichtung überlassen hat.
Entsprechend dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, in erster Linie nur bestimmte medizinisch-technische Leistungen der genannten Gemeinschaftseinrichtungen zu begünstigen, begrenzt § 4 Nr.14 Satz 2 UStG die Steuerbefreiung auf die Leistungen, die "unmittelbar" zur Ausführung der Umsätze aus freiberuflicher Tätigkeit "verwendet" werden (BFH-Urteil vom 21. Juni 1990 V R 94/85 BFH/NV 1992, 773). "Unmittelbar" bedeutet unter Ausschluss einer Zwischenstufe. Danach liegt eine unmittelbare Verwendung nur vor, wenn die jeweilige Gemeinschaftsleistung selbst gegenüber den Patienten eingesetzt wird. Die Überlassung einer Praxiseinrichtung durch einen Arzt erfüllt hingegen nicht die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift (BFH-Beschluss vom 24. September 2004 V B 177/02, BFH/NV 2005, 258-259). Danach reicht es nicht aus, dass die Leistung der Gemeinschaft die ärztliche Behandlungsleistung lediglich ermöglicht.
So verhält es sich im Streitfall. Denn die Leistungen der Klägerin ermöglichen erst die ärztliche Behandlungsweise des Urologen und werden nicht direkt bei einer heilberuflichen Betätigung am menschlichen Körper verwendet. Die Leistungen der Klägerin werden auf einer Zwischenstufe erbracht, die eigentliche ärztliche Leistung erfolgt erst anschließend.
4. Im Übrigen hat das FA hinsichtlich der Untervermietung von Räumen die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 a UStG entsprechend berücksichtigt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
Ende der Entscheidung
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