Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 04.04.2009
Aktenzeichen: 14 V 29/09
Rechtsgebiete: FGO, UStG


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
UStG § 14
UStG § 15 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

ohne mündliche Verhandlung

am 04. April 2009

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe:

I. Streitig ist die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 2005 und 2006.

Der Antragsteller ist als Vermieter und Gastronom unternehmerisch tätig.

Im Rahmen einer für die Jahre 2004 bis 2006 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung traf das Finanzamt (FA) unter anderem folgende Feststellungen:

Die Gemeinde T (Gemeinde) hatte sich im Zusammenhang mit dem Kauf des in der Denkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege als Baudenkmal eingetragen Wasserschlosses T gegenüber dem Bezirk O verpflichtet, das Wasserschloss als bedeutendes Baudenkmal zu erhalten und gegen Gewährung eines Investitionszuschusses die entsprechenden Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, bzw. einem Dritten diese Verpflichtung übertragen (vgl. Bl. 15 Rechtsbehelfsakte FA). Mit Kaufvertrag vom 17. Januar 2005 hatte die Gemeinde das Wasserschloss an den Antragsteller weiter verkauft (vgl. Bl. 1 ff Rechtsbehelfsakte FA), der laut Ziffer IX des Kaufvertrags die Verpflichtung zur Durchführung der baulichen Erhaltungsmaßnahmen übernommen hat. In einer gesonderten Vereinbarung vom 17. Mai 2005 (Zuschussvereinbarung, Bl. 14 ff Rechtsbehelfsakte FA) wurde geregelt, dass die Gemeinde dem Antragsteller in den Jahren 2005 und 2006 einen Zuschuss von jeweils 1 Million EUR gewährt, der ausschließlich für die Instandhaltungsmaßnahmen verwendet werden dürfe (vgl. Ziffer III und IV der Zuschussvereinbarung, Bl. 16 Rechtsbehelfsakte FA).

Das FA vertrat die Ansicht, dass die Zahlung der Gemeinde nicht als Zuschuss, sondern als Entgelt für die Übernahme der Sanierungsverpflichtung der Gemeinde anzusehen sei. Der vom Antragsteller geltend gemachte Abzug von Vorsteuern aus den Sanierungskosten wurde nicht zugelassen, da die beabsichtigte Verwendung des Gebäudes nicht zu umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen führe. Eine Ortsbesichtigung am 26. Oktober 2007 durch den Umsatzsteuerprüfer habe ergeben, dass der Ostflügel des Schlosses bereits steuerfrei vermietet sei, und auch für das erste bis dritte Obergeschoss des Westflügels eine steuerfreie Vermietung vorgesehen sei. Seine Absicht, das Erdgeschoss des Westflügels steuerpflichtig zu vermieten, habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

Darüber hinaus erhöhte das FA im Jahr 2005 die steuerpflichtigen Umsätze zu 16% wegen Materialverkäufe an die Firma N sowie für die Jahre 2005 und 2006 die steuerpflichtigen Umsätze zu 7% wegen vereinnahmter Lizenzgebühren des B für Jazzveranstaltungen (vgl. Zwischenbericht vom 16. Oktober 2008, Bl. 57 ff und Bl. 95 Rechtsbehelfsakte FA).

Mit Bescheid jeweils vom 14. November 2008 setzte das FA die Umsatzsteuer 2005 auf 379.179,02 EUR und die Umsatzsteuer 2006 auf einen Negativbetrag von 103.567,32 EUR fest. Über den dagegen gerichteten Einspruch ist noch nicht entschieden. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide wurde am 4. Dezember 2008 abgelehnt.

Mit seinem bei Gericht eingereichten Antrag macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, dass das FA den Vorsteuerabzug aus den Sanierungskosten zu Unrecht versage. Eine Trennung zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft sei umsatzsteuerlich nicht möglich. Da er die Gelder von der Gemeinde im Rahmen eines Leistungsaustausches erhalte, bestehe ein unmittelbarer und direkter Zusammenhang mit den Sanierungskosten, für die der Vorsteuerabzug zu gewähren sei. Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs komme es insoweit nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige anhand objektiver Umstände nachweisen könne, dass die Aufwendungen für die Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet würden.

Zu Unrecht habe das FA ihm Umsätze mit B zugerechnet. Diese Umsätze seien von der X Stiftung getätigt und von dieser ordnungsgemäß versteuert worden, er selbst sei lediglich als Vermittler tätig gewesen. Darüber hinaus könne er Unterlagen im Zusammenhang mit Warenverkäufen an die Firma N nach Klärung der Sachlage mit dem für diese Firma zuständigen Steuerberater vorlegen.

Im Übrigen sei ihm unverständlich, warum die Umsatzsteuersonderprüfung bislang nicht abgeschlossen worden sei. Das FA begründe dies mit ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit möglicherweise unangemessen hohen Sanierungskosten für Schloss G, einem anderen Objekt, das er vermietet habe, sowie einer angeblichen Organschaft mit der Firma C GmbH. Solange das FA jedoch keine umfassende und abschließende Klärung des Sachverhalts durchgeführt habe, sei die Steuerfestsetzung aufgrund eines Zwischenberichts nicht möglich.

Der Antragsteller beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 14. November 2008 in Höhe von 377.899,02 EUR und den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 14. November 2008 in Höhe von 20.953,67 EUR bis zur endgültigen Beendigung der Betriebsprüfung sowie der Klärung durch eine finanzgerichtliche Instanz von der Vollziehung auszusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es trägt vor, dass die Umsatzsteuersonderprüfung bislang nicht abgeschlossen werden könne, da im Zusammenhang mit der Prüfung einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen dem Antragsteller und der Firma C GmbH die Buchhaltungsunterlagen trotz mehrfacher Aufforderung nicht vorgelegt worden seien.

Da der Antragsteller nicht aufgrund objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen habe, dass er das Wasserschloss zur Ausführung steuerpflichtiger Vermietungsumsätze nutzen werde, komme ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht.

Auch die aufgrund seiner Tätigkeit für B vereinnahmten Honorare müsse sich der Antragsteller zurechnen lassen, da die Abrechnungen an ihn gerichtet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298) und zwar aus folgenden Erwägungen:

1. Das Finanzamt hat den Vorsteuerabzug aus den Sanierungskosten für das Wasserschloss zu Recht versagt.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich hinsichtlich der Übernahme der Sanierungsverpflichtung durch den Antragsteller gegen die teilweise Erstattung der Baukosten durch die Gemeinde um einen Leistungssaustausch handelt. Davon unabhängig richtet sich der Vorsteuerabzug aus den im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen angefallenen Kosten jedoch nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG). Nach dieser Vorschrift kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist aber die Steuer für bezogene Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Umsätze im Zusammenhang mit der Veräußerung von unbebauten und bebauten Grundstücken sind nach § 4 Nr. 9 a UStG und im Zusammenhang mit Grundstücksvermietung und - verpachtung nach § 4 Nr. 12 a Satz 1 steuerfrei. Auf diese Steuerbefreiung kann der Unternehmer verzichten, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird (§ 9 Abs. 1 UStG).

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach Absatz 1 der Vorschrift bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer hat die Voraussetzungen insoweit nachzuweisen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 UStG).

Für den Vorsteuerabzug in der Investitionsphase gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Art. 17 und 20 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. Urteile vom 29. Februar 1996 Rs. C-110/94 - INZO -, BStBl II 1996, 655; vom 8. Juni 2000 Rs. C- 400/98 - Breitsohl -, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2000, 329; vom 8. Juni 2000 Rs. C-396/98 - Schlossstrasse -, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - UVR - 2000, 308) und des BFH (Urteil vom 8. März 2001 V R 24/98, BFH/NV 2001, 876) der Grundsatz des "Sofortabzugs", wonach der Vorsteuerabzug bereits in dem Besteuerungs- bzw. Voranmeldungszeitraum zu gewähren ist, in dem die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind.

Hat der Unternehmer zu dieser Zeit mit den Leistungsbezügen noch keine nennenswerten Verwendungsumsätze im Sinne von § 15 Abs. 2 UStG ausgeführt, ist auf die beabsichtigten Verwendungsumsätze abzustellen. Er braucht die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten, sondern kann den sofortigen Vorsteuerabzug aus den ersten Investitionsausgaben tätigen, wenn er die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben hat und dies durch objektive Anhaltspunkte belegt (EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 Rs. C-400/98, a.a.O.).

Maßgebend für die Überprüfung der durch objektive Anhaltspunkte belegten Verwendungsabsicht ist der jeweilige Zeitpunkt des Leistungsbezugs, zu dem das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht (Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG; BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 876).

Im Streitfall kann der Antragsteller anhand objektiver Anhaltspunkte seine Absicht nicht belegen, die bezogenen Eingangsleistungen ausschließlich für steuerpflichtige Veräußerungs- bzw. Vermietungsumsätze zu verwenden. Wie am 26. Oktober 2007 anlässlich der vom FA durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt wurde, war der Ostflügel bereits zu 100% steuerfrei vermietet, für das erste bis dritte Obergeschoss des Westflügels war die steuerfreie Vermietung beabsichtigt. Auch ein Vorsteuerabzug aus den der für das Erdgeschoss des Westflügels angefallenen Kosten kommt nicht in Betracht, weil der Antragsteller seine Absicht nicht belegt hat, die bezogenen Eingangsleistungen ausschließlich für steuerpflichtige Veräußerungs- bzw. Vermietungsumsätze zu verwenden.

Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des EuGH vom 29. Februar 1996 berufen (Rs. C-215/94, Mohr, Slg. 1996, I-959; UR 1998, 61) berufen. Bei diesem Verfahren ging es um die Frage, ob die Aufgabe der Milcherzeugung durch einen Landwirt eine Dienstleistung darstellt und ob es sich bei der hierfür erhaltenen Vergütung um Entgelt handelt, nicht jedoch um die im Streitfall entscheidende Frage, ob der Abzug von Vorsteuern bei der Verwendung zu umsatzsteuerfreien Umsätzen in Betracht kommt.

2. Zu Recht hat das FA dem Antragsteller auch die B erbrachten Umsätze zugerechnet. Anhand einer für den Monat Juni 2006 vorliegenden Abrechnung (Bl. 95 Rechtsbehelfsakte FA) ergibt sich, dass der Antragsteller als Leistungserbringer genannt wird. Es ist nicht ersichtlich, dass er lediglich als Vermittler für die X Stiftung tätig geworden ist.

3. Der Antragsteller hat nicht nachgewiesen, dass er keine Warenverkäufe an die Firma A getätigt hat. Zu Recht hat das FA entsprechend der vorgenommenen Buchungen eine Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze von 16% vorgenommen. Für einen etwaigen damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerabzug liegen die Voraussetzungen nicht vor, da der Antragsteller nicht einmal ansatzweise die Voraussetzungen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 UStG erfüllt hat.

4. Im Übrigen begegnet die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 2005 und 2006 aufgrund der im Zwischenbericht zur Umsatzsteuerprüfung vom 16. Oktober 2008 getroffenen Feststellungen jeweils mit Bescheid vom 14. November 2008 keinen Bedenken. Zum einen handelt es sich bei einem Prüfungsbericht nicht um einen mit Rechtsbehelf anfechtbaren Verwaltungsakt i.S.d. § 118 Abgabenordnung 1977 - AO- (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1985 I R 214/82, BStBl 1986, 21). Darüber hinaus hat das FA den Sachverhalt, der für die steuerrechtliche Beurteilung der in diesem Verfahren streitigen Fragen relevant ist, umfassend aufgeklärt. Das Vorliegen einer möglichen Organschaft mit der Firma C GmbH und die Höhe des Vorsteuerabzugs für Baumaßnahmen am Schloss G ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

5. Eine Aussetzung der Vollziehung kann auch nicht im Hinblick auf eine "unbillige Härte" gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gewährt werden.

Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung des eingezogenen Betrages nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (Beschlüsse des BFH vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510 und vom 5. März 1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren sind auch im Fall der Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte zu berücksichtigen. Da - wie oben ausgeführt - keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, kommt eine Aussetzung wegen unbilliger Härte grundsätzlich nicht in Betracht.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 128 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung).

Ende der Entscheidung

Zurück