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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 14 V 3440/07
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 75
AO § 191 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 V 3440/07

Aussetzung der Vollziehung in Sachen Haftung für Umsatzsteuer

In der Streitsache

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 15. Januar 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I.

Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob die Antragstellerin zu Recht für Abgabenschulden der Firma U Handels GmbH, vormals S Fahrzeugbau GmbH, in Haftung genommen worden ist.

Die Antragstellerin wurde mit notariellem Vertrag vom 5. August 1981 gegründet und firmierte damals unter "F Großhandelsgesellschaft mbH". Gegenstand des Unternehmens war der Großhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Artikeln aus dem Camping-Caravan- und Bootsektor, sowie der Im- und Export derartiger Waren. Gesellschafter waren die Brüder T.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30. August 1996 firmierte die Firma von nun an unter "C Immobilien und Verwaltungs GmbH" und beschäftigte sich mit dem An- und Verkauf, der Vermittlung und Vermietung von bebauten und unbebauten Grundbesitz jeder Art, sowie der Durchführung aller damit mittelbar oder unmittelbar zusammenhängender Geschäfte. Gleichzeitig übertrug E T seinen Geschäftsanteil auf U T, der seither alleiniger Anteilseigner der GmbH und deren alleiniger gesetzlicher Vertreter war.

Am 22. Mai 2003 erfolgte wiederum eine Änderung der Firma sowie des Unternehmensgegenstandes in "S Reisemobile GmbH" mit dem Vertrieb von Fahrzeugen aller Art, insbesondere von Wohnmobilen, Wohnwagen, Anhängern, Fahrzeugen mit Spezialaufbauten und Raumzellen und deren Zubehör, sowie An- und Verkauf von neuen und gebrauchten Fahrzeugen aller Art, sowie der Vertretung und Geschäftsführung von Unternehmen gleichen Gegenstandes (vgl. B. 96 f der Haftungsakte des Finanzamts).

Die Firma S Fahrzeugbau GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19. Dezember 1980, geändert am 29. März 1989, gegründet und am 29. Januar 1981 ins Handelsregister beim Amtsgericht M eingetragen (vgl. Bl. 35 Dauerunterlagen des Finanzamts). Gegenstand des Unternehmens war die Herstellung und der Vertrieb von Fahrzeugen aller Art, insbesondere von Wohnmobilen, Wohnwagen, Anhängern, Fahrzeugen mit Spezialaufbauten und Raumzellen, der An- und Verkauf von neuen und gebrauchten Fahrzeugen aller Art, sowie die Vertretung und Geschäftsführung von Unternehmen des gleichen Gegenstandes. Anteilseigner waren die Brüder T.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. Mai 2003 (vgl. Bl. 58 der Dauerunterlagen) wurde die Firma in "U Handels GmbH" geändert, Unternehmensgegenstand war nunmehr der Handel mit Fahrzeugen aller Art. Am 19. September 2003 wurde der Firmensitz nach L verlegt.

Mit notariellem Vertrag vom 23. Oktober 2003 veräußerten die Brüder T ihre Geschäftsanteile an der U Handels GmbH an die in B ansässige C und C s.r.o. (vgl. Bl. 40 der Dauerunterlagen). Am 7. November 2003 wurde der Sitz der Gesellschaft nach P in Gl verlegt.

Durch rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse wurde die U Handels GmbH aufgelöst und am 7. Januar 2005 von Amts wegen im Handelsregister gelöst.

Die Firma S Fahrzeugbau GmbH übte ihren Gewerbebetrieb in gemieteten Räumen in W aus. Eigentümer des Grundstücks ist die E und U T GbR. Diese schloss am 30. Mai 2003 über diese Räume einen Mietvertrag mit der Antragstellerin (vgl. Bl. 49 f Gerichtsakten) und verwendete dieselbe Telefonbuch unter derselben Nummer wie die Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) eingetragen.

In den Monaten Juni und September 2003 hatte die Antragstellerin von der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) aufgelistete Fahrzeuge mit einem Gesamtwert von 333.818,45 EUR übernommen (vgl. Bl. 93 der Haftungsakte des Finanzamts).

Aufgrund dieser Vorgänge kam das Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin den Betrieb der U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) übernommen und die Firma fortgeführt habe.

Mit Stand Juni 2007 beliefen sich die Steuerrückstände der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) aus Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer nebst Zinsen und Verspätungszuschlägen aus den Jahren 1989 bis 2003 sowie aus Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer seit 1987 auf 1.237.802,81 EUR.

Nach vorheriger Anhörung und Ankündigung nahm das FA die Antragstellerin mit Bescheid vom 4. Juni 2007 für den Gesamtrückstand der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) in Haftung (vgl. Bl. 107 ff Haftungsakte).

Über den dagegen eingelegten Einspruch vom 13. Juni 2007 hat das FA noch nicht entschieden. Mit Verfügung vom 27. August 2007 hat das FA dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung teilweise entsprochen und den Antrag in Höhe von 208.240,45 EUR abgelehnt. Dieser Betrag entspricht der rückständigen Umsatzsteuer nebst Verspätungszuschlägen der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) von Mai 2002 bis September 2003, für die das FA die Voraussetzung der Haftung nach § 75 Abgabenordnung 1977 (AO) als erfüllt ansieht.

Mit seinem bei Gericht gestellten Antrag bringt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass sie zu Unrecht in Haftung genommen worden sei, da die Voraussetzungen des § 25 Handelsgesetzbuch (HGB) und des § 75 Abgabenordnung (AO) nicht vorlägen.

Entgegen der Ansicht des FA habe die Antragstellerin den Betrieb der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) nicht fortgeführt. Schwerpunkt dieser Firma sei der Fahrzeugbau sowie der Vertrieb, Um- und Ausbau von Reisemobilen der Firma N gewesen. Aufgrund der mehr als 20 Jahre lang bestehenden Geschäftsverbindungen sei die Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) nahezu mit der Firma N identifiziert worden. Bei den von der Firma N gelieferten Fahrzeugen handle es sich um Fahrzeuge mit einem Gewicht von 3,5 - 14 t mit einem Wert von über 100.000 EUR.

Im Gegensatz dazu sei die Antragstellerin ein reines Handelsunternehmen gewesen, das nur noch Wohnmobile mit einem Gesamtgewicht unter 3,5 t und einem Kaufpreis von maximal 50.000 EUR vertrieben habe. Fahrzeuge der Firma N seien nicht mehr verkauft worden. Im Handelsregister sei ausschließlich der Vertrieb von Fahrzeugen aller Art, nicht jedoch die Herstellung eingetragen. Während alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma S Reisemobile GmbH Herr U T gewesen sei, seien für die Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) Herr U T und Herr E T Gesellschafter gewesen.

Zwar hätte die Firma S Reisemobile ihren Geschäftssitz in denselben Räumen wie die frühere Firma S Fahrzeugbau sowie teilweise dieselben Mitarbeiter gehabt. Es seien aber jeweils neue, zum Teil auch geänderte Miet- und Arbeitsverträge geschlossen worden.

Kern der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) sei eindeutig der Fahrzeugbau gewesen. Die Antragstellerin, die lediglich zwei Mitarbeiter beschäftigt habe, hätte keine Umbauten an den Wohnmobilen durchgeführt, sondern lediglich Gewährleistungsmängel behoben. Allein die Beibehaltung des gemeinsamen Firmenbestandteiles S könne keine Firmenweiterführung begründen.

Eine Haftung wegen Betriebsübernahme gemäß § 75 AO komme ebenfalls nicht in Betracht. Auch wenn die Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) der Antragstellerin einige Fahrzeuge verkauft habe, könne nicht von einer Übereignung des Unternehmens im Ganzen im Juni 2003 gesprochen werden. Denn auch nach diesem Zeitraum sei die Firma U Handels GmbH noch tätig gewesen, wie sich auch anhand der vom FA durchgeführten Schätzungen der Umsatzsteuer für die Zeit Juni bis September 2003 erkennen lasse.

Außerdem habe das FA beim Erlass des Haftungsbescheids ermessensfehlerhaft gehandelt habe. Die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Forderungen seien offensichtlich zum großen Teil verjährt und könnten nicht im Einzelnen nachvollzogen werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Antragstellerin aufgrund der Vollziehung des Haftungsbescheides Insolvenzantrag stellen müsse.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 4. Juni 2007 in Höhe von 208.240,45 EUR auszusetzen, hilfsweise die Zulassung der Beschwerde zum Bundesfinanzhof.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des Bescheides (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298) und zwar aus folgenden Erwägungen:

Das FA hat die Antragstellerin dem Grunde und der Höhe nach zu Recht für Steuerschuldenden der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) in Haftung genommen:

1. Gemäß § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung 1977 (AO) kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Bei der Übereignung eines Unternehmens im Ganzen haftet der Erwerber gemäß § 75 AO für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmers gründet, vorausgesetzt, dass die Steuern seit Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebes durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens (§ 75 Abs. 1 S. 2 AO). Eine Übereignung eines Unternehmens im Ganzen liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die übereigneten Gegenstände die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens waren und geeignet sind, die wesentlichen Grundlagen für den Betrieb des Erwerbers zu bilden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7.11.2002 VII R 11/01, BStBl II 2003, 226). Eine Übereignung eines Unternehmens im Ganzen setzt also den Übergang des gesamten lebenden Unternehmens voraus, d.h. den Übergang der durch das Unternehmen repräsentierten organischen Zusammenfassung von Einrichtungen und dauernden Maßnahmen, die dem Unternehmen dienen oder mindestens seine wesentlichen Grundlagen ausmachen, so dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortführen kann (BFH-Urteil vom 11. Mai 1993 VII R 86/92, BStBl II 1993, 700).

Sie verlangt hingegen nicht die Übertragung sämtlicher von dem bisherigen Unternehmer für seinen Betrieb genutzter Grundlagen (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1991 VII R 57/89, BFH/NV 1992, 712) und erst recht nicht die Übertragung solcher Grundlagen, die zu einem früheren, vor der Betriebsübernahme liegenden Zeitpunkt zu diesen gehört haben, von dem vorherigen Unternehmer aber bereits vor der Übertragung seines Unternehmens aus irgendeinem Grunde veräußert, weggegeben oder sonst aufgegeben worden sind.

Voraussetzung für eine Unternehmensübertragung im Ganzen ist insofern lediglich, dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte Investitionen fortführen könnte, und dass zwischen dem bisherigen Unternehmen und dem vom Erwerber geführten Identität besteht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. November 2002 VII R 11/01, BStBl II 2003, 226).

Die Haftung des Erwerbers ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, wenn die Weiterführung des Betriebs --bedingt durch organisatorische Veränderungen-- nur im eingeschränkten Umfang erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 1985 VII R 129/80, BFH/NV 1986, 573). Denn für die Haftung kommt es allein darauf an, dass der Erwerber sich die wirtschaftliche Kraft des übernommenen Unternehmens --sei es durch Verpachtung, Weiterveräußerung oder Stilllegung zur Steigerung der Erträge des eigenen Betriebs-- zuführen und daraus die rückständigen Betriebsteuern zahlen kann.

Maßgebender Zeitpunkt ist dabei der Zeitpunkt der Übertragung des Betriebs. Dies gilt auch dann, wenn sich die Übereignung des Unternehmens nicht an einem (Stich-)Tag vollzogen, sondern sich über einen Zeitraum erstreckt hat.

1. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Aufgrund des Mietvertrages vom 30. Mai 2003 war es der Antragstellerin möglich, in den Räumen der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) und mit denselben Mitarbeitern tätig zu werden. Für die Haftung des Betriebsübernehmers reicht es aus, wenn nur ein Teil der Arbeitnehmer des veräußerten Unternehmens vom Erwerber wieder eingestellt wird bzw. weiterbeschäftigt wird (BFH-Urteil vom 10.12.1991 VII R 57/89, BFH/NV 1992, 712).

Mit insgesamt sechs Verträgen hat sie in den Monaten Juni und September 2003 zudem Fahrzeuge im Gesamtwert von 333.818,45 EUR von der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) erworben. Insoweit handelte es sich ebenso wie bei der Nutzungsmöglichkeit von Räumen und Arbeitskraft um die wesentlichen Betriebsgrundlagen. Denn auch die Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) betrieb den Handel mit Fahrzeugen aller Art.

Nicht entscheidend ist dabei, dass die Antragstellerin die Produktion von Fahrzeugen nicht übernommen hat. Aufgrund der Änderung des Unternehmensgegenstandes der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) laut Gesellschafterbeschluss vom 22. Mai 2003 in "Handel mit Fahrzeugen aller Art" zeigt sich ohnehin, dass der Fahrzeugbau im Zeitpunkt der Betriebsübernahme durch die Antragstellerin keine wesentliche Bedeutung für die Firma mehr hatte. Darüber hinaus ist es nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für die Haftung nach § 75 AO ausreichend, wenn der übernommene Betrieb nur eingeschränkt fortgeführt wird (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 1985 VII R 129/80, BFH/NV 1986, 57).

Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob die U Handels GmbH nach dem Verkauf der Wohnmobile an die Antragstellerin ihre Geschäftstätigkeit (längstens bis September 2003 anlässlich der Verlegung des Gesellschaftssitzes nach L, vgl. Insolvenzgutachten) fortgeführt hat. Denn entscheidend für eine Inhaftungnahme ist, dass die Antragstellerin ein lebendes Unternehmen und nicht nur einzelne Vermögensgegenstände erworben hat. Das ergibt sich bereits daraus, dass sie in der Lage war, das erworbene Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortzuführen.

Da das bisherige Unternehmen und die Antragstellerin darüber hinaus unter derselben Telefonnummer zu erreichen waren und sich auch die Firmenbezeichnung von "S Fahrzeugbau GmbH" und "S Reisemobil GmbH" vom Schriftbild her auf den verwendeten Briefköpfen nicht wesentlich geändert hat, konnte der allgemeine Geschäftsverkehr von der Identität zwischen dem bisherigen Unternehmen und dem von der Antragstellerin geführten Betrieb ausgehen. Es kommt daher in diesem Zusammenhang nicht auf den Wechsel der Geschäftsführung an, da das Unternehmen nach außen hin ohne wesentliche Veränderungen fortgeführt wurde.

2. Die Haftungsinanspruchnahme ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Das Fa hat dem Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung bereits teilweise entsprochen. Der im vorliegenden Verfahren noch streitbefangene Betrag in Höhe von 208.240,45 EUR entspricht der rückständigen Umsatzsteuer nebst Verspätungszuschlägen der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) von Mai 2002 bis September 2003, d.h. der Steuer nebst Nebenleistungen (§ 152 i.V.m. § 1 Abs. 3 AO), die im Haftungszeitraum i.S.d. § 75 Abs. 1 S. 1 AO entstanden sind. Wie vom FA zutreffend dargelegt übersteigt die Haftungssumme auch nicht den Wert des übernommenen Vermögens in Form der übereigneten Fahrzeuge (vgl. § 75 Abs. 1 S. 2 AO). Darüber hinaus sind die der Haftung zugrundeliegenden Steuerschulden der Firma U Handels GmbH (vormals S Fahrzeugbau GmbH) auch noch nicht verjährt, da die früheste Fälligkeit die Umsatzsteuerschuld Mai am 15. Juli 2002 betrifft. Insoweit endet die Zahlungsverjährungsfrist gemäß § 229 Abs. 1 AO frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres 2007.

3. Ein Ermessensfehlgebrauch (§ 191 AO) bei Erlass des Haftungsbescheides kann nicht festgestellt werden. Unter den gegebenen Umständen des Falles hat das FA sein Entschließungs- und Auswahlermessen richtig betätigt. Insbesondere war es nicht geboten, die Steuerrückstände mit größerem Nachdruck bei der S Fahrzeugbau GmbH bzw. der U Handels GmbH zu verfolgen, da dem FA bekannt war, dass die Steuerschuldnerin ihren Zahlungsverpflichtungen nachgekommen ist (vgl. auch Insolvenzgutachten vom 30. April 2004). Die Inanspruchnahme der Antragstellerin als Haftungsschuldner war daher gerechtfertigt.

4. Eine Aussetzung der Vollziehung kann auch nicht im Hinblick auf eine "unbillige Härte" gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gewährt werden. Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung des eingezogenen Betrages nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (Beschlüsse des BFH vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510 und vom 5. März 1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren sind auch im Fall der Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte zu berücksichtigen. Da - wie oben ausgeführt - keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, kommt eine Aussetzung wegen unbilliger Härte nicht in Betracht.

5. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zu gelassen, da keiner der in § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe ersichtlich ist. 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.



Ende der Entscheidung

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