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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Gerichtsbescheid verkündet am 05.11.2008
Aktenzeichen: 15 K 2814/07
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 162
EStG § 33 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

15 K 2814/07

Einkommensteuer 2001 und 2002 je als Miterben des verstorbenen Herrn .....

In der Streitsache

...

hat der 15. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...,

des Richters am Finanzgericht ... und

der Richterin am Finanzgericht ...

ohne mündliche Verhandlung

am 5. November 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 16.10.2008 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer 2002 auf 18.440 EUR herabgesetzt wird.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkünfte des Rechtsvorgängers der Kläger für die beiden Streitjahre zutreffend ermittelt wurden.

Der verwitwete M, dessen Einkünfte hier streitig sind, verstarb am 13.12.2002 und wurde laut Mitteilung des Amtsgerichts A vom 1.12.2003 (Geschäfts-Nr.: VI 1459/02) zu gleichen Teilen von den vier Klägern sowie von R und B als Gesamtrechtsnachfolger beerbt. In den Streitjahren erzielte der Erblasser erhebliche Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und aus Renten. Der Erblasser war an drei Grundstücksgemeinschaften beteiligt, deren Einkünfte jeweils gesondert und einheitlich festgestellt wurden. Außerdem war er in den Streitjahren Eigentümer einer vermieteten Eigentumswohnung und einer weiteren Eigentumswohnung. Mangels Abgabe vollständiger Einkommensteuererklärungen für die beiden Streitjahre schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen des Erblassers zunächst. Dementsprechend setzte er die Einkommensteuer für 2001 mit Bescheid vom 12.03.2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO-) auf 31.101,37 EUR (d.h. auf 60.829 DM) fest und hob schließlich mit weiterem Bescheid vom 3.11.2004 diesen Vorbehalt auf. Mit Bescheid desselben Tages setzte der Beklagte auch die Einkommensteuer des Erblassers für 2002 vorbehaltlos auf 33.332 EUR fest. Beide Erstbescheide wurden an den Kläger zu 1) als Miterben des Erblassers und zugleich als Empfangsbevollmächtigten der Kläger zu 2), zu 3) und zu 4) bekanntgegeben. Adressiert waren die Einkommensteuerbescheide an die "Erbengemeinschaft nach Herrn M". Mit als Erstbescheide bezeichneten Einkommensteuerbescheiden für beide Streitjahre jeweils vom 12.12.2006 setzte der Beklagte jeweils vorbehaltlos die Einkommensteuer für 2001 auf 30.605,93 EUR (d.h. 59.860 DM) und für 2002 auf 32.267 EUR fest. Im Erläuterungstext beider Bescheide teilte der Beklagte den Bescheidadressaten mit, dass die bisherigen Erstbescheide infolge unvollständiger Bezeichnung aller Miterben nichtig gewesen seien und zur Beseitigung des Rechtsscheins zurückgenommen würden. Eine Ausfertigung der Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 vom 12.12.2006 wurde an den Kläger zu 1) als Miterben des Erblassers und zugleich als Empfangsbevollmächtigten der Kläger zu 2), zu 3) und zu 4) und jeweils eine weitere Ausfertigung an die beiden Miterben R und B bekannt gegeben. Der Einspruch der Kläger vom 9.01.2007 gegen beide Bescheide blieb mangels vollständiger Einkommensteuererklärungen erfolglos und wurde durch zusammengefasste und nur den Klägern bekanntgegebene Einspruchsentscheidung vom 11.07.2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 1.08.2007 erhobene Klage.

Auf die richterliche Anordnung vom 16.10.2007, den Gegenstand des Klagebegehrens binnen der hierfür bis zum 20.11.2007 gemäß § 65 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gesetzten Frist zu benennen, legten die Kläger fristgerecht bei Gericht - wiederum teilweise - unvollständige Einkommensteuererklärungen samt einer Heftung von Belegen (Pflegekosten, Bankbescheinigungen) für die Streitjahre vor und reichten eine Begründung ihrer Klage ein. Hierin machten sie für 2002 Pflegekosten des Erblassers in Höhe von 24.635,43 EUR als Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen und Unterhaltsleistungen des Erblassers von 3.125 EUR geltend. Außerdem erklärten sie, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu hoch geschätzt worden seien. Für 2001 möge der Beklagte eine niedrigere Schätzung vornehmen und für 2002 betrügen die Vermietungseinkünfte nur 13.225 EUR, was allerdings mit den Angaben in der bereits zuvor eingereichten Anlage V nicht übereinstimmte. Für die Eigentumswohnung 1 hatte der Kläger zu 1) in den jeweiligen Anlagen V zu den Einkommensteuererklärungen unbelegte Einkünfte von 4.000 DM (2001) bzw. 2.000 EUR (2002) und für die Eigentumswohnung 2 solche von 1.000 DM (2001) bzw. 500 EUR (2002) angegeben. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen müssten zudem noch Schuldzinsen als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Der Beklagte fertigte für die beiden Streitjahre Probeberechnungen auf der Grundlage des seiner Ansicht nach zutreffenden Teils der Angaben in den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre und stellte den Klägern entsprechende Änderungsbescheide in Aussicht. Nach den Probeberechnungen sollte die Einkommensteuer für 2001 und für 2002 auf 47.159,52 EUR bzw. 18.929 EUR festgesetzt werden. Dies beinhaltete für 2001 zwar eine Erhöhung der festzusetzenden Einkommensteuer, sah jedoch bedingt durch die Anrechnung erheblicher Abzugsbeträge eine Erstattung zugunsten der Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers vor. Der Beklagte trug außerdem vor, dass der Kläger zu 1) mittels telefonischer Mitteilung auf die weitere Geltendmachung der zunächst in Rede stehenden Unterhaltsaufwendungen im Klageverfahren verzichtet hätte. Der Sachvortrag blieb in diesem Punkt seitens der Kläger unwidersprochen.

Da die Kläger trotz richterlicher Aufforderung mit Schreiben vom 27.12.2007 und mehrfacher antragsgemäßer Fristverlängerungen ihre unzureichenden Angaben zu den Einkünften aus den beiden Eigentumswohnungen und zu den Pflegekosten des Erblassers nicht vervollständigten, wurden sie mit richterlicher Anordnung vom 6.08.2008 unter Fristsetzung gemäß § 79 b Abs. 2 FGO bis zum 1.09.2008 aufgefordert, gegebenenfalls über die in den Probeberechnungen vorgesehenen Beträge hinausgehende Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen mitzuteilen und zu belegen, die Nutzungsverhältnisse hinsichtlich der beiden Eigentumswohnungen darzulegen und für den Fall der Vermietung der beiden Wohnungen hierfür Einnahmen-Überschussrechnungen vorzulegen und mitzuteilen, ob über die in den Probeberechnungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigten Aufwendungen hinaus noch weitere Pflegekosten geltend gemacht würden. Die richterliche Anordnung vom 6.08.2008 wurde dem Kläger zu 1), zugleich als Prozessbevollmächtigten für die übrigen Kläger mittels Postzustellungsurkunde vom 12.08.2008 zugestellt, blieb jedoch unbeantwortet. Mit jeweils auf § 172 AO gestützten Einkommensteuerbescheiden vom 16.10.2008 änderte der Beklagte die Einkommensteuer für beide Streitjahre entsprechend seinen Probeberechungen.

Die Änderungen für die beiden Streitjahre stellen sich wie folgt dar:

 Einkommensteuer 2001    
- Einkommensteuer- Bescheid vom 12.12.2006 Einkommensteuererklärung vom 20.11.2007 Einkommensteuer- Bescheid vom 16.10.2008
Kapitaleinnahmen 124.100,00 DM 311.490,00 DM 305.414,00 DM
./. Werbungskosten ./. 100,00 DM ./. 111.284,00 DM ./. 108.502,00 DM
./. Sparer-Freibetrag ./. 3.000,00 DM  ./. 3.000,00 DM
Kapitaleinkünfte 121.000,00 DM  193.912,00 DM
Vermietungseinkünfte 33.729,00 DM 35.000,00 DM* 32.729,00 DM
Renteneinkünfte 19.300,00 DM Keine Angaben 19.300,00 DM
Außergew. Belastung 0,00 DM Keine Angaben 3.215,00 DM
./. zumutbare Eigenbelastung -----------  ./. 16.955,00 DM
Abziehbare außergew. Belast. 0,00 DM  0,00 DM
Festgesetzte ESt 59.860,00 DM  92.236,00 DM
Festgesetzte ESt in EUR 30.605,93 EUR - 47.159,52 EUR

 Einkommensteuer 2002    
- Einkommensteuer- Bescheid vom 12.12.2006 Einkommensteuererklärung vom 20.11.2007 Einkommensteuer- Bescheid vom 16.10.2008
Kapitaleinnahmen 63.601 EUR 59.220 57.568 EUR
./. Werbungskosten ./. 51 EUR Keine Angaben ./. 10.546 EUR
./. Sparer-Freibetrag ./. 1.550 EUR  ./. 1.550 EUR
Kapitaleinkünfte 62.000 EUR  45.472 EUR
Vermietungseinkünfte 20.837 EUR 28.993 EUR 15.235 EUR
Renteneinkünfte 9.491 EUR Keine Angaben 9.491 EUR
Pflegekosten 0 EUR 24.635 EUR 15.408 EUR
./. Haushaltsersparnis --------- ./. 7.680 EUR ./. 7.040 EUR
Saldo --------- 16.955 EUR 8.368 EUR
./. zumutbare Belastung ---------  ./. 4.780 EUR
Abziehbare außergew. Belast. 0 EUR  3.588 EUR
Festgesetzte ESt 32.267 EUR - 18.929 EUR

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 vom 16.10.2008 entsprechend ihren weitergehenden Angaben zur Höhe der außergewöhnlichen Belastungen zu ändern und die festgesetzte Einkommensteuer 2001 und 2002 entsprechend herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Ansicht seien alle nachvollziehbaren Angaben berücksichtigt worden. Die erklärten Schuldzinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen seien unter Beachtung des teilweise anzuwendenden Halbeinkünfteverfahrens anerkannt worden. Für die Eigentumswohnung 1 seien die vom Kläger zu 1) geschätzten Beträge angesetzt worden und für die Wohnung 2 wegen unentgeltlicher Überlassung an eine nahe Angehörige die erklärten positiven Einkünfte unberücksichtigt geblieben. Die dem Erblasser entstandenen und nur für 2002 geltend gemachten Pflegekosten seien entsprechend ihrem zeitlichen Anfall und den vorgelegten Rechnungen auf die beiden Streitjahre verteilt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die Finanzamtsakten der Kläger Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1.) Die Klage ist zulässig.

a) Die Anfechtungsklage ist fristgerecht, d.h. innerhalb der hierfür nach § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO vorgesehenen Monatsfrist nach Wirksamkeit der Einspruchsentscheidung vom 11.07.2007 bei Gericht eingegangen. Der Umstand, dass nicht sämtliche Miterben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers die Klage erhoben haben, berührt deren Zulässigkeit nicht.

b) Die am Verfahren nicht als Kläger beteiligten Miterben R und B müssen auch nicht zum Verfahren beigeladen werden. Ein Steuerbescheid, der sich gegen mehrere Gesamtschuldner richtet (§ 44 Abs. 1 AO), begründet kein solches Rechtsverhältnis, dass nur eine einheitliche Entscheidung gegenüber allen Bescheidadressaten erlaubt. Wird der Steuerbescheid - wie im Streitfall - nicht von allen Gesamtschuldnern gemeinsam durch Klage angefochten, so sind die nicht als Kläger beteiligten Gesamtschuldner nicht im Sinne des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendigerweise beizuladen (Bundesfinanzhof -BFH-Beschluss vom 18. Mai 2006 II B 28/04, BFH/NV 2006, 1849). Auch für eine einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO ist kein Raum, weil die nicht am Verfahren als Kläger beteiligten Gesamtschuldner durch die Anfechtung des Bescheids nicht zwangsläufig in ihren rechtlichen Interessen berührt werden. Gegen mehrere Gesamtschuldner können zulässigerweise unterschiedliche Rechtskraftwirkungen eintreten.

c) Die zunächst klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 jeweils vom 12.12.2006 sind durch die nach Rechtshängigkeit der Klage ergangenen und an alle Miterben der Erbengemeinschaft nach M adressierten Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 vom 16.10.2008 ersetzt worden. Letztere sind damit Gegenstand des Verfahrens geworden (§ 68 Satz 1 FGO).

2.) Die Klage ist - auf der Grundlage der geänderten Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 vom 16.10.2008 - jedoch weitgehend unbegründet.

a) Die klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheide sind formalrechtlich rechtmäßig.

Insbesondere hat der Beklagte sie auf die Änderungsvorschrift des § 172 AO stützen dürfen.

Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO darf ein Steuerbescheid geändert werden, wenn der Steuerpflichtige dieser Änderung zustimmt. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, weil der Kläger zu 1) auch im Namen der übrigen Kläger gegen die vorausgegangenen Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 jeweils vom 12.12.2006 Einspruch eingelegt und deren Änderung auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen beantragt hatte. Dies umfasst auch die Befugnis des Beklagten, die für 2001 festgesetzte Einkommensteuer - wie im Bescheid vom 16.10.2008 erfolgt - zu erhöhen.

b) Der Beklagte hat die für die Streitjahre festgesetzte Einkommensteuer des Erblassers der Kläger - von einem geringfügigen Punkt abgesehen - auch zutreffend berechnet.

aa) Soweit die Kläger an der Aufklärung der Besteuerungsgrundlagen des Erblassers nicht in der erforderlichen und ihnen zumutbaren Weise mitgewirkt haben, ist der Beklagte auch befugt gewesen, diese nach § 162 AO zu schätzen. Die Kläger haben nicht nur unvollständige Einkommensteuererklärungen beim Beklagten eingereicht, sondern vor allem auch die Aufklärungsanordnung des Berichterstatters zu den noch unklaren Sachverhaltspunkten unbeantwortet gelassen.

bb) Unter diesem Gesichtspunkt und unter Berücksichtigung der von den Klägern eingereichten Bankunterlagen sind die Einnahmen des Erblassers aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG-) in den beiden Streitjahren jedenfalls nicht überhöht angesetzt. Die Kürzung der für das Streitjahr 2001 geltend gemachten Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften beruht auf einem durch den Beklagten vorgenommenen schätzungsweisen Abschlag von 5% auf diese Aufwendungen wegen der teilweisen Anwendung des so genannten Halbeinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 Buchstabe d, § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). Der Senat sieht mangels genauerer eigener Kenntnis der Zusammensetzung der geltend gemachten Werbungskosten und insbesondere der gänzlich fehlenden Mitwirkung der Kläger an der Aufklärung des Sachverhalts keinen Anlass zur Beanstandung dieses schätzungsweisen Ansatzes. Dasselbe gilt für die vom Beklagten für das Streitjahr 2002 anerkannten Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften.

cc) Auch der Ansatz der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) in den klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheiden begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die im klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheid für 2001 berücksichtigten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 32.729 DM setzen sich zum einen aus den jeweils gesondert und einheitlich, mithin für den Beklagten verbindlich, festgestellten Einkünften von erstens -1.271 DM (Grundstücksgemeinschaft M 1) und zweitens 30.000 DM (Grundstücksgemeinschaft M 2) und zum anderen aus den durch den Kläger zu 1) für die Eigentumswohnung 1 selbst im Schätzungsweg angegebenen Einkünften von 4.000 DM zusammen. Vergleichbar ist die Rechtslage hinsichtlich des Ansatzes von 15.235 EUR im klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheid für 2002. Dieser Betrag errechnet sich aus den jeweils gesondert und einheitlich festgestellten und deshalb für den Beklagten gleichfalls verbindlichen Vermietungseinkünften von 2.415 EUR (Grundstücksgemeinschaft Dr. M s.o.), von 14.898 EUR (Grundstücksgemeinschaft M1) und von -4.077 EUR (2. Grundstücksgemeinschaft Dr. M s.o.) sowie den wiederum vom Kläger zu 1) selbst geschätzten Einkünften von 2.000 EUR für die Eigentumswohnung 1. Vermietungseinkünfte aus der Wohnung 2 ließ der Beklagte im Hinblick auf die von ihm angenommene unentgeltliche Überlassung der Wohnung an eine nahe Angehörige außer Ansatz. Da die Kläger trotz mehrfacher richterlicher Aufforderungen hierzu keine Angaben zur Nutzung dieser Wohnung gemacht haben, hat der Senat keine Veranlassung zu diesbezüglich weitergehenden Ermittlungen (§ 76 FGO).

dd) Auch die Sachbehandlung der für den Erblasser aufgewendeten Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 Abs. 1 EStG) in den klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheiden vom 16.10.2008 durch den Beklagten begegnet hinsichtlich ihrer einkommensteuerlichen Auswirkung nur geringfügigen Bedenken.

Aufwendungen für die Pflege eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen sind ebenso wie Krankheitskosten eine außergewöhnliche Belastung im o.g. Sinne (BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 III R 39/05, BStBl II 2007, 764). Ist ein Steuerpflichtiger krankheitsbedingt in einem Altenpflegeheim untergebracht, kann er die dadurch entstehenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Hat der Steuerpflichtige seinen normalen Haushalt aufgelöst, sind seine Aufwendungen um die Haushaltsersparnis zu mindern, weil die Kosten des persönlichen Haushalts ausschließlich einkommensteuerrechtlich nicht abziehbare Kosten der privaten Lebensführung darstellen (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Die Haushaltsersparnis ist durch einen Vergleich der Pflegeheimkosten mit den Kosten eines entsprechenden privaten Haushalts und nicht durch einen Vergleich mit den Kosten eines Altenheims zu ermitteln (BFH-Urteile vom 22. August 1980 VI R 138/77, BStBl II 1981, 23 undvom 18. April 2002 III R 15/00, BStBl II 2003, 70). Die Finanzverwaltung bewertet die Haushaltsersparnis entsprechend dem in § 33 a Abs. 1 EStG für den Unterhalt unterhaltsberechtigter Personen vorgesehenen Höchstbetrag (Abschnitt R 188 Abs. 2 Satz 4 Einkommensteuer- Richtlinien 2002). Diese Sachbehandlung ist auch aus der Sicht des erkennenden Senats eine geeignete Art und Weise der insoweit erforderlichen Schätzung der im Streitfall fiktiv anzunehmenden Kosten des Privathaushalts des Erblassers. Den bezeichneten Grundsätzen ist der Beklagte im Streitfall im Wesentlichen gefolgt.

Die Höhe der Abziehbarkeit von Aufwendungen aufgrund außergewöhnlicher Belastungen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG richtet sich nach dem Prinzip der "endgültigen Belastung". Erhält der Steuerpflichtige als Ausgleich für die eingetretene Belastung (auch in späteren Veranlagungszeiträumen) Vorteile oder Kostenerstattungen so sind diese belastungsmindernd anzurechnen (BFH-Urteil vom 30. Juni 1999 III R 8/95, BStBl II 1999, 766). Dies gilt auch für den Streitfall. Die Kläger müssen sich auf die zunächst entrichteten Pflegekosten die Rechnungsgutschriften und Überzahlungen des Altenpflegeheims anrechnen lassen. Der Zeitpunkt der Abziehbarkeit dieser Aufwendungen aufgrund außergewöhnlicher Belastungen bestimmt sich hierbei nach dem Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG( BFH-Urteile vom 30. Juli 1982 VI R 67/79, BStBl II 1982, 744 und vom 30. Juni 1999, a.a.O.).

Demnach sind die im Streitjahr 2002 dem Kläger zu 1) in Vertretung für den Erblasser in Rechnung gestellten Beträge abzüglich der verrechneten Überzahlungen und erstatteten Gutschriften auch in diesem Veranlagungszeitraum einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, auch wenn ihnen Pflegedienstleistungen aus dem Jahr 2001 (z.B. November und Dezember) zugrunde gelegen haben. Durch die Saldierung der Rechnungsbeträge aus dem Streitjahr 2002 mit den Gutschriften und Überzahlungen desselben Jahrs ist die einkommensteuerrechtliche Wirksamkeit der effektiven Belastung im Jahr des Zu- bzw. Abflusses sichergestellt. Der Senat geht mangels genauerer Angaben seitens der Kläger dabei davon aus, dass die Rechnungsbeträge jeweils im Zeitpunkt ihrer Rechnungsstellung eingezogen worden, die Gutschriften und Überzahlungen jeweils im Zeitpunkt ihres rechnungsmäßigen Ausweises zur Erstattung oder Verrechnung gelangt sind. Da die Kläger die Rechnungsbelege nicht vollständig vorgelegt haben, insbesondere die Rechnungen des Altenpflegeheims für die Monate Juni, Oktober, November und Dezember 2002 fehlen, der Erblasser aber offensichtlich im Streitjahr 2002 bis zu seinem Tode dort gepflegt worden ist, schätzt der Senat - wie auch schon der Beklagte - die ihm in diesen Fehlmonaten hierfür entstandenen Kosten entsprechend den Rechnungsbeträgen der Vergleichsmonate zugunsten der Kläger.

Verbleibende Unsicherheiten gehen wegen der fehlenden Mitwirkung der Kläger an der Aufklärung zu deren Lasten. Änderungen hinsichtlich der Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen im Streitjahr 2001 sind nicht veranlasst, weil die tatsächlich abziehbaren Aufwendungen in diesem Jahr die zumutbare Belastung im Sinne des § 33 Abs. 3 EStG ersichtlich nicht überschreiten. Die im Streitjahr 2002 zu schätzende Haushaltsersparnis errechnet sich aufgrund des Pflegezeitraums vom 1.01.2002 bis zum 13.12.2002 durch Anwendung des Faktors 11,5/12 auf den Höchstbetrag nach § 33 a Abs. 1 EStG von 7.680 EUR und beläuft sich mithin auf 7.360 EUR.

Die nach § 33 Abs. 1 EStG abziehbaren Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen sind demnach für das Streitjahr 2002 wie folgt zu ermitteln:

 Pflegezeitraum Rechnungsdatum Rechnungsbetrag Überzahlung Gutschrift
1.11. - 30.11.2001 4.02.2002   - 834,55
1.12. - 31.12.2001 4.02.2002   - 1.250,79
1.11. - 31.12.2001 4.02.2002 2.794,26   
1.01. - 31.01.2001 4.02.2002 2.633,45   
1.02. - 28.02.2002 4.03.2002  - 696,82  
1.02. - 28.02.2002 2.05.2002   - 2.378,60
1.03. - 31.03.2002 8.04.2002 1.354,45   
1.03. - 31.03.2002 2.05.2002   - 2.633,45
1.02. - 30.04.2002 2.05.2002 6.650,25   
1.05. - 31.05.2002 3.06.2002 1.489,75   
1.06. - 30.06.2002 fehlt -----------   
1.07. - 31.07.2002 1.08.2002 1.489,75   
1.08. - 31.08.2002 3.09.2002 1.589,26   
1.09. - 30.09.2002 1.10.2002 1.473,50   
1.10. - 31.10.2002 fehlt -----------   
1.11. - 30.11.2002 fehlt -----------   
1.12. - 13.12.2002 fehlt -----------   
Summe der Rechnungsbeträge - 19.474,67 -696,82 - 7.097,39
1.06. - 30.06.2002 Schätzung lt. 5/02 1.489,75   
1.10. - 31.10.2002 Schätzung lt. 9/02 1.473,50   
1.11. - 30.11.2002 Schätzung lt. 9/02 1.473,50   
1.12. - 13.12.2002 Schätzung 13/31 lt. 9/02 617,92   
Summe einschließlich Schätzungen - 24.529,34   
Rechnungsüberzahlung - -696,82   
Rechnungsgutschriften - - 7.097,39   
Gesamtaufwendungen in 2002 - 16.735,13   
- ./. Haushaltsersparnis im Pflegezeitraum (11,5/12 x 7.680,-) - - 7.360,00   
= Außergewöhnliche Belastung (gerundet) - 9.375,00   
./. Zumutbare Belastung - - 4.780,00   
- = Abziehbare Aufwendungen nach § 33 EStG - 4.595,00  

ee) Die Höhe der in den klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheiden angesetzten Renteneinkünfte des Erblassers ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass der Sachvortrag des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 20.12.2007, die Kläger hätten telefonisch mitgeteilt, die ursprünglich erklärten Unterhaltsaufwendungen nicht mehr geltend machen zu wollen, unzutreffend sein könnte, zumal sich die Kläger auch hierzu nicht mehr geäußert haben. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, in welchen Punkten die Kläger durch die klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheide noch in ihren Rechten verletzt sein könnten.

c) Die Einkommensteuer für das Streitjahr 2001 bleibt danach unverändert, die Einkommensteuer für das Streitjahr 2002 ist wie folgt zu ermitteln:

Gesamtbetrag der Einkünfte lt. EStB 2002 vom 16.10.2008 68.290 Sonderausgabenpauschbetrag - 36 Versicherungsbeiträge - 3.500 Abziehbare außergewöhnliche Belastungen - 4.595 Zu versteuerndes Einkommen 2002 60.159 Einkommensteuer laut Grundtabelle 19.312 Abzug ausländischer Steuer - 872 Festzusetzende Einkommensteuer 2002 18.440

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 137 Satz 1 FGO. Der Beklagte hat dem Antrag der Kläger auf Änderung der ursprünglich klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheide zwar durch die nach Rechtshängigkeit der Klage für beide Streitjahre bekannt gegebenen Änderungsbescheide jeweils vom 16.10.2008 teilweise entsprochen. Der teilweise Erfolg der Klage hat jedoch - ebenso wie der geringfügig darüber hinausgehende Urteilsausspruch - auf den erst im Klageverfahren vorgelegten Beweismitteln beruht, die die Kläger bereits zuvor im Verwaltungsverfahren vorlegen hätten können und müssen. Die Kosten des Verfahrens sind deswegen allein den Klägern aufzuerlegen.

4.) Es erscheint als sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a Abs. 1 FGO).

Gegen diesen Gerichtsbescheid kann jeder Beteiligte innerhalb eines Monats nach Zustellung ... Antrag auf mündliche Verhandlung stellen.

Ende der Entscheidung

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