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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 27.06.2006
Aktenzeichen: 2 K 859/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 33 Abs. 1
EStG § 33a Abs. 3 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

2 K 859/03

Einkommensteuer 2000 und 2001

In der Streitsache

hat der 2. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 27. Juni 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Streitig ist der Ansatz von Kosten für die Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastung i. S. von §§ 33 und 33 a Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

I. In den Streitjahren 2000 und 2001 bezog die am 00.00.1919 geborene Klägerin (Klin.) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Form steuerbegünstigter Versorgungsbezüge sowie aus Kapitalvermögen. Der Grad der Behinderung (GdB) der Klin. in diesem Zeitraum betrug 100% (s. Bescheid vom 2. Juni 1998 mit den Merkzeichen B, G und RF, der am 28. April 2003 ohne Änderung verlängert wurde).

Im Juni 1999 war sie bei einem Spaziergang in Z auf der Straße gestürzt. Im Krankenhaus stellte man "bei Bulbusruptur mit expulsiver Blutung rechts" einen "Verlust der IOL sowie von Aderhaut- und Netzhautgewebe" fest; "die insgesamt schlechte Prognose für das rechte Auge wurde mit der Patientin ausführlich besprochen" (s. Entlassungsbrief der Universität R vom 11. Juni 1999, auf den gemäß § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung -FGO- hingewiesen wird).

Am 7. August 1999 schloss sie eigenständig einen Heimvertrag (§ 105 Abs. 3 FGO) mit dem Träger des Y-Heims in Z. Der Umzug dorthin erfolgte am 16. August 1999 bei gleichzeitiger Aufgabe ihres Alleinhaushalts in Z. Ab dem Zeitpunkt stellte das Y-Heim der Klin. ein Zimmer/ Appartement unter Gewährung voller Versorgung einschließlich der allgemeinen Betreuung und Erbringung von Angeboten zur Freizeitgestaltung zur Verfügung (s. § 1 des Vertrags). Mit dem kalendertäglichen Pflegesatz von 80, 80 DM wurden die Unterkunft, Heizung, Strom Kalt- und Warmwasser, die Versorgung, d.h. die Verpflegung durch Normalkost oder durch Schonkost/Diät nach schriftlicher ärztlicher Verordnung, die regelmäßige Reinigung des Zimmers/Appartements, der jährliche Großputz, die allgemeine Betreuung und Pflege bei vorübergehender leichter Erkrankung sowie die Angebote zur Freizeitgestaltung abgegolten (s. § 2 des Vertrags). Leistungen zur Betreuung bei Pflegebedürftigkeit (s. § 3 des Vertrags) wurden zunächst nur vorgehalten (s. § 1 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags), da die Voraussetzungen für die Einstufung in Pflegestufe I erst ab Februar 2003 vorlagen.

Am 20. September 1999 beantragte sie Blindengeld sowie den Eintrag des Merkzeichens BL im Schwerbehindertenausweis. Die Anträge wurden mit Bescheiden des AVF-L vom 10. April 2000 und 18. Mai 2000 abgelehnt, da laut den drei medizinischen Stellungnahmen (s. ärztliches Gutachten vom 24. März 2000, ärztliche Stellungnahme vom 8. Mai 2000 und Kontrollblatt vom 16. Mai 2000, § 105 Abs. 3 FGO) hierfür die Sehschwäche des linken Auges nicht ausreichte.

Für die von ihr in den Streitjahren 2000 und 2001 (s. Bestätigungen des Y-Heims vom 10. Mai 2001 und vom 8. März 2006) in Höhe von insgesamt 29.298, 08 DM und 29.482 DM bezahlten Heimkosten beantragte sie ergänzend zur Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 vom 6. März 2001, worin sie Heimunterbringung "ohne Pflegebedürftigkeit" angekreuzt hatte, mit beim Beklagten (dem Finanzamt -FA-) FA am 19. März 2001 eingegangenem Schreiben die Berücksichtigung der Heimkosten abzüglich etwaiger Kürzungen als außergewöhnliche Belastung sowie nachträglich ("ferner") die Berücksichtigung für 1999 in Höhe von 11.150,40 DM. Als Begründung führte sie an, dass sie altersbedingt und aufgrund ihrer 100%igen Schwerbehinderung nicht mehr in der Lage gewesen sei, einen Haushalt zu führen. Ein Umzug in das Y-Heim sei ihr daher von ihrem Hausarzt, Herrn Dr. S, dringend angeraten worden.

Mit Einkommensteuerbescheid 2000 vom 27. Juni 2001 berücksichtigte das FA als außergewöhnliche Belastung -neben dem Behindertenpauschbetrag gemäß § 33 b Abs. 3 EStG in Höhe von 2.760 DM -die Kosten der Heimunterbringung allein durch Ansatz von 1.800 DM unter Hinweis auf § 33 a Abs. 3 EStG. Weitere Kosten könnten nicht anerkannt werden, da dies nur bei Unterbringung in einem Pflegeheim möglich sei.

Im dagegen geführten Einspruch trug die Klin. vor (s. Einspruchsschreiben vom 19. Juli und 13. August 2001), die Voraussetzungen nach § 33 Abs. 1 EStG seien gegeben, da ihr Aufenthalt im Y-Heim durch Behinderung, Krankheit und Pflegebedürftigkeit bedingt sei. Typische Kosten der Lebensführung lägen nicht vor, da die Gesamtkosten der Unterbringung in Höhe von ca. 2.500 DM/Monat bei weitem die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten eines Einpersonenhaushalts übersteigen würden. Die bei allen Steuerpflichtigen anfallenden Kosten würden durch Anrechnung einer Hauhaltsersparnis berücksichtigt. Im Juni 1999 sei sie derart gestürzt, dass sie ihr rechtes (besseres) Auge verloren habe. Auf dem linken Auge habe sie schon seit längerem nur mehr ein Sehvermögen von 5% gehabt. Ein GdB von 100% sei ihr ebenfalls seit längerem zuerkannt worden. Die Führung eines selbständigen Haushaltes sei ihr damit unmöglich geworden, so dass sie auf ausdrückliches Anraten ihres Hausarztes am 16. August 1999 in das Y-Heim umgezogen sei. Hierzu legte sie ein "Ärztliches Attest" ihres Hausarztes Dr. S vom 8. Juni 2001 folgenden Inhalts vor: ".... Frau M ist durch eine Erkrankung des Auges selbst und durch eine Verletzung des seinerzeit noch gesunden Auges erheblich sehbehindert. Frau M war und ist auch weiterhin nicht mehr in der Lage, einen eigenen Haushalt zu führen ohne sich selbst zu gefährden, d.h. Brennen lassen von Kochplatten u.Ä. Es war daher seinerzeit und ist auch jetzt weiterhin erforderlich, dass sie in einem Seniorenheim untergebracht ist und versorgt wird." Daraus ergebe sich, so der Klägervertreter, dass seine Mutter keinen eigenen Haushalt mehr führen könne. Da das Attest auf den Unfall abstelle, liege keine (nur) altersbedingte Unterbringung in einem Altenwohnheim vor. Sie sei nicht nur vorübergehend krank, sondern auf die Unterbringung im Y- Heim angewiesen. Sofern Zweifel an der ärztlichen Stellungnahme bestünden, werde angeregt, eine ergänzende Stellungnahme einzuholen. Die Aufwendungen seien somit gemäß dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418 als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Soweit in der Steuererklärung Heimunterbringung "ohne Pflegebedürftigkeit" angekreuzt worden sei, sei dies durch das nachfolgende Schreiben, in dem um Berücksichtigung der Heimkosten gebeten worden sei, überholt. Soweit der Nachweis der Pflegebedürftigkeit durch Einstufung nach dem Pflegeversicherungsgesetz verlangt werde, sei dies durch das Gesetz nicht gedeckt. Zudem sei der Umzug im Einkommensteuerbescheid 1999 vom 2. August 2000 als außergewöhnliche Belastung anerkannt worden. Wenn der Umzug zwangsläufig sei, müsse die daraus resultierende Unterbringung es ebenfalls sein. Auch enthalte der Einkommensteuerbescheid 2000 - wie auch der Einkommensteuerbescheid 1999 -keine ausdrückliche Ablehnung der Berücksichtigung der Heimunterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung. Schließlich seien ihr noch Kosten in Höhe von 197, 25 DM als Eigenanteil bei Krankheitsbehandlungen entstanden, die als außergewöhnliche Belastung steuerlich abziehbar seien.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2001 vom 13. März 2002 kreuzte die Klin. Heimunterbringung zur dauernden Pflege an und erklärte - neben "weiteren außergewöhnlichen Belastungen" in Höhe von 1.460 DM - die "den Pauschbetrag übersteigende Kosten der Heimunterbringung" in Höhe von 13.752 DM (= 29.592 DM an "Kosten der Heimunterbringung" ./. 1.800 DM "Heimbewohner-Abzugsbetrag nach § 33 a Abs. 3 EStG" ./. 14.040 DM "Anzurechnende Haushaltsersparnis im Zeitrum 01.01.2001 bis 31.12.2001") als außergewöhnliche Belastung.

Davon berücksichtigte das FA mit Einkommensteuerbescheid 2001 vom 26. Juni 2002 -neben dem Behindertenpauschbetrag in Höhe von 2.760 DM i. S. von § 33 b Abs. 3 EStG und neben 1.800 DM an "Pflege-Pauschbetrag/-Beträge nach § 33 b Abs. 6 EStG" -nur 1.460 DM als außergewöhnliche Belastung, mit dem Hinweis: "Die Heimkosten wurden wie 1999 und 2000 ebenfalls nicht gewährt". Die 1.460 DM wirkten sich unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung zudem nicht steuermindernd aus.

Im dagegen erhobenen Einspruch (s. das dem FA am 10. Juli 2002 zugegangene Schreiben sowie Schreiben vom 26. Juli 2002) trug die Klin. ergänzend vor, dass nach der Rechtsprechung des BFH (BStBl II 1990, 418 und zuletzt vom 24. Februar 2000 III R 80/97, BFHE 191, 280, BStBl II 2000, 294) zwar Aufwendungen für eine altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung, sondern als typische Kosten der Lebensführung angesehen, Aufwendungen für eine durch Krankheit oder Pflegebedürftigkeit bedingte Unterbringung in einem Altenheim jedoch stets als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt würden (BFH-Urteile vom 22. August 1980 VI R 138/77, BFHE 131, 381, BStBl 1981, 23 und VI R 196/77, BFHE 131, 378, BStBl II 1981, 25 und vom 10. August 1990 III R 2/86 BFH/NV 1991, 231). Grund für ihren Umzug sei den ärztlichen Angaben nach eine über das altersbedingte Maß hinausgehende Vergesslichkeit bzw. Verwirrtheit sowie der beschriebene Unfall (selbst verursachter Sturz) gewesen, bei dem sie ein Auge verloren habe. Sie frage, ob hinsichtlich des Unfalls Zweifel bestünden, ob ein erneutes ärztliches Attest vorgelegt werden solle (mit welchem Inhalt?). Er, der Klägervertreter, weise noch einmal darauf hin, dass seine Mutter nur aufgrund ärztlichen Rates umgezogen sei, obwohl sie gerne in ihrer alten - und um ein Vielfaches billigeren - Wohnung am Platzl geblieben wäre.

Die Rechtsprechung gehe in den Fällen, in denen dem Steuerpflichtigen für den eigenen, ausschließlich durch Krankheit oder Pflegebedürftigkeit bedingten Aufenthalt in einem Heim Kosten entstünden, davon aus, dass zu den nach § 33 EStG anzuerkennenden Mehraufwendungen grundsätzlich die gesamten vom Heim in Rechnung gestellten Unterbringungskosten einschließlich der Kosten für ärztliche Betreuung und für Pflege gemindert um eine Haushaltsersparnis gehörten und steuermindernd zu berücksichtigen seien (BFH Urteile vom 7. März 1975 VI R 248/71, BFHE 115, 346, BStBl II 1975, 483; BFH in BStBl II 1981, 23, in BStBl II 1981, 25 und in BStBl II 1990, 418). Im Rahmen des § 33 EStG würden damit die Mehrkosten, die gegenüber Aufwendungen bei normaler Lebensführung entstünden, eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Die unter § 33 EStG fallenden Mehrkosten würden nicht nur die Aufwendungen für Pflege und ärztliche Hilfe umfassen, die bei einem Heimaufenthalt in der Regel erheblich höher lägen, als die dafür üblichen Kosten bei einem Verbleib im eigenen Haushalt. Dass eine Einstufung in die Pflegestufen nach dem Gesetzeswortlaut nicht verlangt werde, bestätige das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 16. März 2000 4 K 1899/98, DStRE 2000, 636.

Mit Schreiben vom 17. September 2002 wies das FA darauf hin, dass die Kosten für die Heimunterbringung nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG berücksichtigt werden könnten, da der Aufenthalt im Y-Heim nicht ausschließlich durch eine Krankheit verursacht sei. Darüber hinaus liege kein Nachweis vor, dass die Unterbringung im Y-Heim zur dauernden Pflege erfolgt sei. Der Freibetrag gemäß § 33 a Abs. 3 EStG sei daher -insoweit werde gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung hingewiesen und die Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 30. Oktober 2002 zu äußern -mit 1.800 DM anstelle von 1.200 DM in beiden Streitjahren zu hoch gewährt worden.

Die Klin. verwundere "die Drohung" (s. Schreiben vom 23. September 2002), dass der bisher gewährte Freibetrag gekürzt werden solle. Denn solange sie in ihrer eigenen Wohnung gewohnt habe, habe sie 1.800 DM geltend machen können. Müsse sie dagegen in einem Heim wohnen, durch das ihr um ein Vielfaches höhere Kosten entstünden, solle ihr nur ein gekürzter Freibetrag gewährt werden. Die Verfassungsmäßigkeit einer derartigen Regelung dürfe mehr als zweifelhaft sein. Ergänzend verweise sie auf die Entscheidung des BFH vom 18. April 2002 III R 15/00, BFH/NV 2002, 1218). Hierin bestätige der BFH, dass nur die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim zu den üblichen Kosten der Lebensführung rechne, was vorliegend nicht der Fall sei, wie sich aus dem vorliegenden ärztlichen Attest ergebe.

Nach der Definition des BFH sei jeder regelwidrige körperliche Zustand eine Krankheit, die zur Anwendung des § 33 EStG führe. In dem dortigen Fall habe eine Oberarm- und Unterschenkelamputation zugrunde gelegen. Bei ihr sei es die durch den Sturz verursachte Erblindung auf dem rechten Auge gewesen. Letztlich könne nur ein Arzt die Gründe feststellen, die zum Einzug in das Y-Heim geführt hätten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2003 erhöhte das FA die Einkommensteuer 2000 und 2001 nach Verbindung der beiden Einsprüche zur gemeinsamen Entscheidung auf 3.290,67 EUR (6.436 DM) und 3.265,62 EUR (6.387 DM). Im Fall der Heimunterbringung könne der Tatbestand des § 33 EStG ausnahmsweise erfüllt sein, wenn der Heimaufenthalt ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst sei; zu den Krankheitskosten zählten dann neben den Pflegekosten auch die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung, soweit es sich um gegenüber der normalen Lebensführung entstehende Mehrkosten handle. Wie die Klin. in ihrem Schreiben vom 16. März 2001 mitgeteilt habe, sei sie altersbedingt und aufgrund ihrer 100%igen Schwerbehinderung nicht mehr in der Lage gewesen, einen eigenen Haushalt zu führen. Laut dem Schreiben vom 19. Juli 2001 sei ihr Aufenthalt im Y-Heim durch Behinderung, Krankheit und Pflegebedürftigkeit bedingt. Ein ausschließlich durch eine Krankheit bedingter Heimaufenthalt liege daher nicht vor. Ein Abzug der gesamten Heimkosten nach § 33 EStG sei zwar auch möglich, wenn der Heimaufenthalt ausschließlich durch die Pflegebedürftigkeit bedingt sei. Ein ausschließlich durch die Pflegebedürftigkeit bedingter Aufenthalt liege aber nur vor, wenn eine Pflegestufe nach SGB XI festgestellt worden sei.

Der Nachweis sei durch eine Bescheinigung der sozialen Pflegekasse oder des privaten Versicherungsunternehmens, das die private Pflegeversicherung durchführe, oder nach § 65 Abs. 2 EStDV zu erbringen. Die Klin. habe aber weder einen Nachweis über das Vorliegen einer Pflegestufe nach SGB XI noch eine Bescheinigung nach § 65 Abs. 2 EStDV eingereicht.

Sie habe vielmehr mit Schreiben vom 16. März 2001 mitgeteilt, dass eine Einstufung in eine Pflegestufe (noch) nicht erfolgt sei, weil nach Auskunft der Pflegedienstleitung des Y- Heims nicht alle hierfür erforderlichen Verrichtungen durch das Pflegepersonal hätten durchgeführt werden müssen. Die Berücksichtigung der Kosten für die Heimunterbringung nach § 33 a Abs. 3 EStG für 2000 und 2001 erfolge nur noch in Höhe von 1.200 DM, nachdem die Klin. auf die diesbezügliche Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO hingewiesen worden sei. Da nach den vorgelegten Unterlagen die Unterbringung im Y-Heim nicht zur dauernden Pflege erfolgt sei, könnten nach § 33 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG nur 1.200 DM steuerlich berücksichtigt werden. Die Voraussetzungen des durch einen Übertragungsfehler im Einkommensteuerbescheid 2001 berücksichtigten Pflege- Pauschbetrages nach § 33 b Abs. 6 EStG (statt der Heimunterbringung nach § 33 a Abs. 3 EStG) liege ebenfalls nicht vor, da nach Satz 1 des § 33 b Abs. 6 EStG die Gewährung eines Pflegepauschbetrages voraussetze, dass dem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer anderen Person außergewöhnliche Belastungen erwachsen.

Dagegen wendet sich die Klin. mit der vorliegenden Klage. Zur Begründung trägt sie ergänzend zum Vorverfahren im Wesentlichen vor: Warum der Umzug in das Y-Heim letztlich geboten gewesen sei, könne weder sie noch der Klägervertreter als Nichtmediziner beurteilen.

Maßgeblich dürfte eine Pflegebedürftigkeit bzw. Krankheit gewesen sei. Das FA habe trotz Nachfrage hierzu keine Ermittlungen durchgeführt oder Unterlagen erbeten. Soweit auf die Pflegebedürftigkeit abgestellt werde, sei eine Feststellung einer Pflegestufe bislang zwar nicht erfolgt. Aber ein Heimaufenthalt könne auch ohne die Feststellung einer Pflegestufe erforderlich sein. Dies ergebe sich bereits daraus, dass viele Heime eine vom SGB nicht vorgesehene Pflegestufe 0 eingeführt hätten. Die Versorgungsbedürftigkeit der Klin. übersteige den bei Personen ihres Alters üblichen Umfang bei weitem, wie sich aus dem vorgelegten ärztlichen Attest ergebe. Nach der ärztlichen Stellungnahme sei auch die Behinderung - also eine Krankheit - der Grund für die Notwendigkeit einer Heimunterbringung gewesen.

Insbesondere wegen einer außergewöhnlich starken Sehbehinderung habe sie seit vielen Jahren einen GdB von 100. Nachdem sie im Juni 1999 ihr besseres Auge aufgrund des Unfalls verloren habe, sei sie auf dringende ärztliche Empfehlung hin in ein Heim umgezogen.

Soweit in der Einspruchentscheidung ausgeführt werde, der Heimaufenthalt müsse ausschließlich durch ein Krankheit bedingt sein, um als außergewöhnliche Belastung anerkannt zu werden, könne dies nicht dazu führen, dass ein kranker Steuerpflichtiger, der zusätzlich noch pflegebedürftig sei, keine Aufwendungen geltend machen könne. Der in der Einspruchsentscheidung mehrfach verwendete, der Rechtsprechung des BFH entnommene Begriff "ausschließlich" könne nur derart verstanden werden, dass eine Anerkennung als außergewöhnliche Belastung ausscheide, wenn die Pflegebedürftigkeit oder die Krankheit allein einen Einzug in ein Heim nicht erfordern würden. Jede andere Auslegung würde zu einer Schlechterstellung desjenigen führen, der krank und pflegebedürftig sei. Selbst wenn letzteres nach (unzutreffender) Auffassung der Finanzverwaltung nicht vorliege, reiche die Krankheit zur Berücksichtigung der Unterbringungskosten. Wenn zudem in der Einspruchsentscheidung der seit vielen Jahren gewährte Freibetrag von 1.800 DM auf 1.200 DM gekürzt werde, weil sie nunmehr in einem Heim wohnen müsse, bleibe unberücksichtigt, dass in den Unterbringungsaufwendungen in erheblich größerem Umfang Kosten für Dienstleistungen enthalten seien, die mit Aufwendungen für eine Haushaltshilfe vergleichbar seien.

Seit Februar 2003 sei die Klin. in die Pflegestufe I eingruppiert. Ab diesem Zeitpunkt sei damit (wohl) unstreitig, dass die Heimunterbringungskosten eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Mit Wiederholungsgutachten aufgrund der Untersuchung vom 3. November 2003 sei die Pflegestufe I weiter bestehen geblieben. Wie sich aus dem diesbezüglichem Schreiben der Bayerischen Beamtenkrankenkasse vom 12. November 2003 ergebe, würden im Rahmen der Pflegeversicherung nur bestimmte gesetzlich definierte Katalogverrichtungen berücksichtigt, so dass der zusätzlich bestehende zeitaufwendige allgemeine Beaufsichtigungsbedarf der Klin. nicht mitberücksichtigt werden könne. Die Einstufung in eine Pflegestufe könne damit nicht ausschließlich das maßgebliche Kriterium für die Frage sein, ob eine außergewöhnliche Belastung anzunehmen sei. Ähnliches ergebe sich aus einem Artikel in Finanztest 1/2004 zur Pflegeversicherung, wonach ab 2007 der Hilfebedarf für Demenzkranke in bestimmten Umfang anerkannt werden solle. Zusammengefasst stelle sich die Lage so dar, dass sie, die Klin. im Sommer 1999 wegen des Verlustes des rechten Auges, der äußerst schwachen Sehleistung auf dem linken Auge und der beginnenden Alzheimer- Erkrankung, die vermutlich auch zu dem Sturz geführt habe, nicht mehr in der Lage gewesen sei, einen eigenen Haushalt zu führen. Damit sei der Umzug in ein Heim zwangsläufig gewesen.

Eine Pflegebedürftigkeit etwa in der Form, dass sie hätte gefüttert oder angekleidet werden müssen, sei zwar damals nicht gegeben gewesen. Aber sie habe eine Betreuung und Versorgung benötigt, die sie in ihrer vorherigen Mietwohnung weder gehabt habe noch dort hätte erbracht werden können. Im Y-Heim sei diese gewährleistet gewesen. Mittlerweile sei sie in Pflegestufe 3 eingruppiert, was zugleich bedeute, dass sie keinerlei Fragen mehr beantworten könne und erst recht nicht wisse, wo sich eventuell benötigte Unterlagen befänden.

Wegen des weiteren Vortrags der Klin. wird gemäß § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Klageschriftsätze vom 21. Februar, 10. März und 30. Dezember 2003 sowie vom 10. März 2006 - jeweils samt Anlagen - sowie auf die Niederschrift vom 27. Juni 2006 hingewiesen.

Die Klin. beantragt unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 vom 27. Juni 2001 und 2001 vom 26. Juni 2002, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2003,

die Einkommensteuer 2000 unter Ansatz eines Eigenanteils bei Krankheitskosten in Höhe von 197,25 DM und von Heimkosten in Höhe von 29.298 DM als außergewöhnliche Belastung unter Abzug der Haushaltsersparnis und die Einkommensteuer 2001 unter Ansatz von Heimkosten in Höhe von 29.492 DM als weitere außergewöhnliche Belastung unter Abzug der Haushaltsersparnis entsprechend festzusetzen; die zumutbare Belastung ist dabei zu berücksichtigen.

Hilfsweise

ist die Verböserung in der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2003 von 1.800 DM auf 1.200 DM für beide Jahre rückgängig zu machen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach den eingereichten Unterlagen liege keine krankheitsbedingte Unterbringung im Altenheim vor. Die Umzugskosten seien 1999 (fälschlicherweise) offensichtlich wegen der Kürzung um die zumutbare Belastung als außergewöhnliche Belastung zugrunde gelegt worden.

Im Übrigen handle es sich um eine Abschnittsbesteuerung, so dass die steuerliche Behandlung für 1999 nicht für die Veranlagungszeiträume 2000 und 2001 maßgeblich sei.

Mit Aufklärungsanordnung vom 8. Februar 2006 wurde der Klägervertreter aufgefordert, insbesondere aufklärende Ausführungen unter Vorlage entsprechender Nachweise vorzulegen, die eine krankheitsbedingte Unterbringung in das Altenheim belegen. Mit Klageschriftsatz vom 10. März 2006 legte der Klägervertreter daraufhin den Entlassungsbericht des Klinikums R vom 11. Juni 1999, den vollständigen Heimvertrag vom 7. August 1999, die Bescheide des AVL Z vom 10. April 2000 (Ablehnung Blindengeld) und vom 18. Mai 2000 (Ablehnung Merkzeichen Bl), die medizinischen Stellungnahmen vom 14. März 2000, 8. Mai 2000 und 16. Mai 2000 zum Antrag auf Blindengeld bzw. Merkzeichen Bl, den Änderungsbescheid AVL Z vom 2. Juni 1998 (100% Behinderung), das Verlängerungsschreiben AVL Z vom 28. April 2002 sowie die Bescheinigungen des Y-Heims über die geleisteten Zahlungen vor.

Auf Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, dass ein zeitnahes Attest auf den Zeitpunkt des Heimunterbringungsvertrages nicht vorliege, wies der Klägervertreter darauf hin, dass seiner Mutter nicht bekannt gewesen sei, dass aus steuerlichen Gründen die Erstellung eines möglicherweise amtsärztlichen Attestes oder überhaupt eines Attestes zur steuerlichen Beurteilung erforderlich gewesen sei. Hinzukomme, dass das FA auch ohne Vorlage eines Attestes den Umzug in das Altenheim im Jahr 1999 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt habe und zudem auf weitere Anfragen im Zusammenhang mit Durchführung der Veranlagung 2000 und 2001 ein Attest trotz seiner Anfrage nicht angefordert habe. Insofern stellt der Klägervertreter den Antrag auf Vernehmung von Herrn Dr. S, zu laden über seinen Praxisnachfolger Dr. N in Z als Zeugen dafür, dass er den Umzug der Klin. im August 1999 ins Y-Heim aus medizinischer Sicht für dringend erforderlich gehalten und dies der Klin. auch geraten habe.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Das FA hat zu Recht die geltend gemachten Kosten für die Unterbringung in einem Altenheim nicht als außergewöhnliche Belastung i. S. von § 33 EStG anerkannt.

1.1 Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, werden von § 33 EStG nicht erfasst. Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung rechnen auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim. Allerdings kann auch im Falle der Heimunterbringung der Tatbestand des § 33 EStG ausnahmsweise erfüllt sein, wenn der dortige Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist. Denn zu den Krankheitskosten gehören nicht nur die Aufwendungen für medizinische Leistungen im engeren Sinn, sondern auch solche für eine krankheitsbedingte Unterbringung (s. insbesondere BFH-Urteil vom 18. April 2002 III R 15/00, BFHE 199, 135, BStBl II 2003, 70 m.w.N.). Die Abgrenzung hat somit danach zu erfolgen, ob der Umzug altersbedingt oder krankheitsbedingt erfolgte, wobei der Steuerpflichtige einen krankheitsbedingten Umzug darlegen und nachweisen muss.

Die von der Finanzverwaltung hierfür für erforderlich gehaltenen Nachweise, die Feststellung mindestens der Pflegestufe I oder die Feststellung einer Behinderung mit den Merkzeichen "H" oder "Bl" (vgl. BMF-Schreiben vom 20. Januar 2003, BStBl I 2003, 89) mögen zweckmäßig sein, sind aber nicht durch den Gesetzeswortlaut gedeckt. Denn die Ermächtigungsgrundlage des § 33 b Abs. 7 EStG, wonach die Bundesregierung ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats zu bestimmen, wie nachzuweisen ist, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge vorliegen, betrifft nur die Inanspruchnahme von Pauschbeträgen. Ein Nachweis für einen ausschließlich krankheitsbedingten Umzug unter Geltendmachung bestimmter Aufwendungen, muss daher auch in anderer Form geführt werden können (ebenso Schmidt/Drenseck EStG § 33 Rz 35 "Altersheim" m. w. N sowie FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. März 2000 4 K 1899/98, DStRE 2000, 636, worauf der Klägervertreter zu Recht hinweist).

Nach Auffassung des erkennenden Senats kann der Nachweis eines krankheitsbedingten Umzugs in ein Altersheim auch durch Vorlage eines aussagekräftigen amtsärztlichen oder vergleichbaren Attests geführt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und steuerlichen Gleichbehandlung muss dieses vorgelegte Attest allerdings vor oder doch zumindest im zeitlichen Zusammenhang mit dem Umzug in das Altenheim erstellt werden. So sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, Kosten für Maßnahmen, die nach der Lebenserfahrung nicht ausschließlich von Kranken auf Grund einer medizinischen Indikation unmittelbar zur Behandlung oder Linderung einer Krankheit ergriffen werden, nur dann als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn im Einzelfalle durch ein vor Durchführung der Maßnahme ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Zeugnis nachgewiesen wird, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit des Steuerpflichtigen notwendig ist und dass eine andere Behandlung nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheint (BFH-Urteil vom 30. Juni 1995 III R 52/93, BFHE 178, 81, BStBl II 1995, 614, ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 25. Juni 1999 9 K 7395/96 E, EFG 1999, 960 jeweils m.w.N.) Die gleichen Erwägungen müssen auch für die Unterbringung in einem Altersheim gelten, da auch insoweit ein Umzug nicht ausschließlich krankheitsbedingt erfolgen muss (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 25. Juni 1999 9 K 7395/96 E, EFG 1999, 960 wie auch das vom Klägervertreter - wenn auch in anderem Zusammenhang -erwähnte Urteil des FG Rheinland- Pfalz in DStRE 2000, 636 sowie das Urteil des Hessischen FG vom 23. Mai 2005 13 K 1676/04, EFG 2005, 1869).

1.2 Bei Anwendung vorstehender Rechtsgrundsätze auf vorliegenden Streitfall ist davon auszugehen, dass ein krankheitsbedingter Umzug in das Altenheim nicht nachgewiesen worden ist und auch nachträglich nicht mehr nachgewiesen werden kann.

1.2.1 Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem zum Nachweis erforderlichen ärztlichen Zeugnis zwingend um ein amtsärztliches handeln muss. Denn im vorliegenden Streitfall ist kein ärztliches Attest vorhanden, welches vor bzw. zum Zeitpunkt des Umzugs am 16. August 1999 in das Altersheim oder auch nur zeitnah dazu erstellt worden ist.

Auf das Erfordernis kann nicht deshalb verzichtet werden, weil der Klin. möglicherweise nicht bekannt gewesen ist, dass aus steuerlichen Gründen die Erstellung eines amtsärztlichen Attestes oder überhaupt eines Attestes zur steuerlichen Beurteilung gefordert wird. Denn die Unkenntnis über notwendige Voraussetzungen für die Anerkennung steuerlicher Abzüge führt grundsätzlich nicht dazu, dass auf die dafür notwendigen Voraussetzungen verzichtet werden kann. Die Ausnahmen, in der die Rechtsprechung auch ein nachträglich erstelltes amtsärztliches Attest als ausreichend angesehen hat, z.B. weil dieses Erfordernis erstmals aufgestellt wurde, liegen nicht vor. Im Falle der Anerkennung von Krankheitskosten ist seit langem ständige Rechtsprechung (s. BFH-Urteil vom 1. Februar 2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543), dass zum Nachweis der Zwangsläufigkeit ein ärztliches Attest vor oder zumindest zeitnah nach Durchführung z.B. einer Heilbehandlung erstellt sein muss.

Sollen Heimunterbringungskosten als Krankheitskosten eingestuft werden, kann nichts anderes gelten. Damit kann die Klin. nicht mit Erfolg einwenden, dass ihr das Erfordernis einer zumindest zeitnahen Erstellung eines ärztlichen Attestes für die steuerlich wirksame Geltendmachung von Krankheitskosten, nicht bekannt gewesen sei.

Auf zeitnahe Attestierung kann entgegen der Auffassung des Klägervertreters auch nicht deshalb verzichtet werden, weil das FA auch ohne Vorlage eines Attestes den Umzug in das Altenheim im Jahr 1999 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt hat. Es ist nämlich umstritten, ob der Ansatz von Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung sich auf den krankheitsbedingten Umzug beschränkt (für Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung in weiterem Umfang z.B. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach (H/H/R), § 33 EStG Anm. 300 "Umzugskosten"), so dass der Ansatz von Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung nicht zwangsläufig einen krankheitsbedingten Umzug voraussetzt; gegen eine entsprechende Annahme des FA spricht zudem, dass es im Einkommensteuerbescheid 1999 vom 2. August 2001 den Ansatz der Heimunterbringungskosten mangels krankheitsbedingter Heimunterbringung nicht zum Abzug zuließ. Auch würde ein fehlerhafter Ansatz von Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung nicht den fehlerhaften Ansatz von Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung erfordern. Ein Vertrauensschutz der Klin. wie auch des Klägervertreters für die Streitjahre kann folglich aus dem Verhalten des FA im Vorjahr nicht abgeleitet werden. Schließlich musste das FA entgegen der Auffassung des Klägervertreters auch auf die weiteren Anfragen im Zusammenhang mit Durchführung der Veranlagung 2000 und 2001 nicht reagieren, insbesondere kein weiteres Attest trotz Anfrage des Klägervertreters anfordern; die Erstellung eines weiteren Attestes zum Zeitpunkt der Anfragen hätte nämlich nicht mehr zeitnah erfolgen können. Denn die erste diesbezügliche "Anfrage" seitens des Klägervertreters "sofern Zweifel von Seiten des FA an der ärztlichen Stellungnahme bestünden, werde angeregt, eine ergänzende Stellungnahme einzuholen" wurde erst im weiteren Einspruchbegründungsschreiben vom 13. August 2001 gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 gestellt. Die weitere Anfrage "Bestehen hinsichtlich des Unfalls Zweifel? soll ein erneutes ärztliches Attest vorgelegt werden (mit welchem Inhalt?)?" erfolgte mit Schreiben vom 26. Juli 2002 im Rahmen des Einspruchs gegen den Einkommensteuerbescheid 2001.

Aus diesen Gründen war auch dem Antrag des Klägervertreters auf Vernehmung von Herrn Dr. S, zu laden über seinen Praxisnachfolger Dr. N in Z als Zeugen dafür, dass er den Umzug der Klin. im August 1999 ins Y-Heim aus medizinischer Sicht für dringend erforderlich gehalten und dies der Klin. auch geraten habe, nicht nachzukommen. Denn die Vernehmung des damaligen Hausarztes als Zeuge zum jetzigen Zeitpunkt kann ebenso wenig ein zeitnahes Attest ersetzen wie eine weitere schriftliche Äußerung, ein weiteres Attest. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Beweisantrag schon deshalb nicht zu beachten war, weil als ladungsfähige Anschrift die Privatadresse angegeben werden muss (vgl. § 82 FGO i.V.m. § 373 ZPO).

1.2.2 Bei der verspätet erst am 8. Juni 2001 vom Hausarzt der Klin. ausgestellten Bescheinigung handelt es sich zudem um kein aussagekräftiges ärztliches Attest darüber, dass die Unterbringung im Altenheim am 16. August 1999 krankheitsbedingt erfolgte.

Denn darin stellt der Internist Dr. S, der Hausarzt der Klin., allein fest, dass die Klin. durch eine Erkrankung des Auges selbst und durch eine Verletzung des seinerzeit noch gesunden Auges erheblich sehbehindert sei und sie daher auch weiterhin nicht mehr in der Lage sei, einen eigenen Haushalt zu führen, ohne sich selbst und andere zu gefährden, "d.h. Brennenlassen von Kochplatten u.Ä." Es sei daher seinerzeit erforderlich gewesen und sei es auch jetzt weiterhin erforderlich, dass Frau M in einem Seniorenheim untergebracht sei und versorgt werde. Die Gefahr des Brennenlassens von Kochplatten u.Ä. ist nicht durch die bezeichnete Behinderung der Klin. bedingt. Die Ursache für diese Gefährdung liegt regelmäßig in der zunehmenden Vergesslichkeit mit fortschreitendem Alter, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die nicht bezeichnet worden sind. Insbesondere wurde zu dem Zeitpunkt keine vom Erscheinungsbild des üblichen Alterungsprozesses abweichende Altersdemenz diagnostiziert, die möglicherweise eine andere Beurteilung zulassen würde. Entgegen der Auffassung des Klägervertreters ergibt sich aus dem Attest folglich nicht, dass die Versorgungsbedürftigkeit der Klin. den bei Personen ihres Alters üblichen Umfang bei weitem überschritten hat. Zwar wurde die Klin. durch die Verletzung des seinerzeit noch gesunden Auges durch den Sturz erheblich sehbehindert. Wie sich aus dem auf die gerichtliche Aufklärungsanordnung vom 8. Februar 2006 hin vorgelegten Entlassungsbrief des Krankenhauses R ergibt, wurde konkret bei Bulbusruptur mit expulsiver Blutung rechts ein Verlust der IOL sowie von Aderhaut und Netzhaut festgestellt. Aber mit Bescheid des AVL Z vom 10. April 2000 wurde ein Blindengeld und mit Bescheid vom 18. Mai 2000 das Merkzeichen Bl abgelehnt, wozu die medizinischen Stellungnahmen vom 14. März 2000, 8. Mai 2000 und 16. Mai 2000 geführt hatten, weil die Sehschwäche hierfür nicht ausreichte. Die bezeichnete Sehbehinderung der Klin. ermöglichte keinen Eintrag des Merkmals H (für Hilflosigkeit) im Schwerbehindertenausweis für die Streitjahre. Der Eintrag in den Streitjahren beschränkte sich seit 2. Juni 1998 vielmehr auf die Merkmale B, G und RF. Die Sehbehinderung der Klin. auf dem linken Auge betrug entgegen dem Vortrag des Klägervertreters nicht nur 5%. Bei der augenärztlichen Untersuchung am 14. März 2000 wurde laut Bescheid des AVF L vom 10. April 2000 auf Ihrem besseren linken Auge vielmehr eine Sehschärfe von 2/10 gemessen.

1.2.3 Gegen eine Unterbringung der Klin. aus Krankheitsgründen spricht auch, dass keine über das normale Maß hinausgehenden Aufwendungen (vgl. § 1 des Heimvertrags), die jedem Heimbewohner altersbedingt entstehen, in den Streitjahren angefallen sind. Gemäß dem am 7. August 1999 geschlossenen Heimvertrag zahlte sie kalendertäglich einen Pflegesatz von 80,80 DM, womit allein die unter § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Vertrags bezeichneten Bereiche abgegolten wurden: Die Unterkunft, Heizung, Strom Kalt- und Warmwasser (Nr. 1), die Versorgung (Nr. 2 a) bis d), d.h. die Verpflegung durch Normalkost oder durch Schonkost/ Diät nach schriftlicher ärztlicher Verordnung, die regelmäßige Reinigung des Zimmers/ Appartements, der jährliche Großputz einschließlich Reinigung von Gardinen, die allgemeine Betreuung und Pflege bei vorübergehender leichter Erkrankung (Nr. 4, Nr. 3 nicht belegt!) sowie die Angebote zur Freizeitgestaltung (Nr. 5). Leistungen zur Betreuung bei Pflegebedürftigkeit (s. § 3 des Vertrags) wurden in den Streitjahren nur vorgehalten (s. § 1 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags). Ein diesbezüglicher Bedarf der Klin. hat in den Streitjahren nicht bestanden.

1.2.4 Unter Beachtung der zu der streitgegenständlichen Frage ergangenen BFH-Urteile ist somit nicht feststellbar, dass die Unterbringung der Klin. im Y-Heim krankheitsbedingt erfolgte.

"Krankheitsbedingte Unterbringung" ist nur in besonders schwerwiegenden Fällen angenommen worden, wie die - soweit ersichtlich -dazu ergangen Entscheidungen des BFH bezeugen: Urteil vom 22. August 1980 VI R 138/77, BFHE 131, 381, BStBl II 1981, 23 (1); vom 22. August 1980 VI R 196/77, BFHE 131, 378, BStBl II 1981, 85 (2); vom 10. August 1990 III R 2/86, BFH/NV 1991, 231 (3); auch das bereits bezeichnete Urteil in BStBl II 2000, 294 (4) sowie das Urteil vom 18. April 2002 III R 15/00, BFHE 199, 135, BFH/NV 2002, 1218 = BStBl II 2003, 70 (5).

In den Streitfällen (1), (2) und (4) ging der BFH ausdrücklich von der vom FG nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für das Revisionsgericht jeweils bindenden Feststellung aus: "Die Klin. war krankheitsbedingt in den Pflegeheimen untergebracht (1), die Klin. und ihr Ehemann waren krankheitsbedingt in dem Pflegeheim untergebracht (2), die Eltern der Kläger waren krankheitsbedingt in einem Altenpflegeheim untergebracht (4)". Im Streitfall (2) ging er stillschweigend davon aus. Im Streitfall (5) wies er, wie das FA zu Recht vorträgt, zur Nachholung der notwendigen tatsächlichen Feststellungen, ob ausschließlich Krankheit für den Einzug des Klägers ins Wohnstift maßgebend war, den Fall zur weiteren Entscheidung an das FG zurück. Bei Betrachtung der den Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte in den Fällen (1), (2) und (4) ergibt sich Folgendes: Die Klin. im Fall (1) hatte einen Schlaganfall (Gehirnschlag) erlitten, der anhaltende Sprachstörungen und Gedächtnisschwächen zur Folge hatte; sie konnte nach dem Schlaganfall ihr Bett nicht mehr verlassen und Nahrung nicht mehr selbständig aufnehmen. Im Fall (2) wurde die Unterbringung der Klin. und ihres Ehemanns in dem Pflegeheim wegen der Lähmungen als krankheitsbedingt angesehen. Im Fall (4) lebten die Eltern des Klägers im Altenzentrum, weil der Vater einen Schlaganfall erlitten hatte und die Mutter auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen war. Im Fall (3) ist weder dem BFH-Urteil noch dem vorausgehenden Urteil des FG Hamburg vom 5. September 1985 III 102/80 (n. v.) entnehmbar, welcher Sachverhalt zugrunde lag. Im Fall (5) war der Pensionär im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit den Merkmalen "G", "aG" und "H". Eine entsprechend schwerwiegende Krankheit ist vorliegend nicht gegeben.

2. Auch der Hilfsantrag ist abzulehnen. Zu Recht gewährte das FA nur einen Pauschbetrag nach § 33 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG in Höhe von 1.200 DM, weil die Voraussetzungen nach Satz 2 Nr. 2 der Vorschrift nicht vorlagen, Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift nicht als verfassungswidrig anzusehen ist und die diesbezügliche sog. Verböserung rechtens war.

2.1 Die Voraussetzungen nach § 33 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG der im Streitjahr geltenden Fassung lagen nicht vor. Gemäß der Vorschrift kann der Steuerpflichtige bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Aufwendungen abziehen, die ihm wegen der Unterbringung in einem Heim zur dauernden Pflege erwachsen und Kosten für Dienstleistungen enthalten, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind.

Die Unterbringung der Klin. in den Streitjahren erfolgte aber -unbestritten -nicht zur dauernden Pflege.

2.2 Entgegen der Auffassung der Klin. ist § 33 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht deshalb als verfassungswidrig anzusehen, weil er im Gegensatz zu Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Vorschrift den Abzugsbetrag nicht auf 1.800 DM sondern auf 1.200 DM beschränkt, obwohl doch, so der Klägervertreter, bei der Unterbringung in einem Heim in den Unterbringungskosten in erheblich größerem Umfang als bei einer Unterbringung zu Hause Kosten für Dienstleistungen, die mit Aufwendungen für eine Haushaltshilfe vergleichbar seien, anfallen würden. Zwar kann ein Steuerpflichtiger nach § 33 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG der im Streitjahr geltenden Fassung bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte die durch die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt entstandenen Aufwendungen abziehen. Aber entgegen der Auffassung der Klin. sind die vergleichbaren Dienstleistungen bei einer Heimunterbringung oft kostengünstiger, so dass § 33 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG wegen eines zu hohen Höchstbetrags von 1.800 DM möglicherweise für verfassungswidrig einzustufen ist und nicht § 33 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG wegen eines zu geringen Höchstbetrags von nur 1.200 DM (so zu Recht Kanzler in H/H/R EStG § 33 a Anm. 258). Ein Höchstbetrag von 1.800 DM ist nach Auffassung des Senats jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn die Unterbringung im Heim nicht zur dauernden Pflege erfolgt, sondern der Steuerpflichtige, wie die Klin. in den Streitjahren, nur in einem Heim untergebracht ist, ohne pflegebedürftig zu sein. Hierfür sind gemäß § 33 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG folglich zu Recht nur Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 1.200 DM abzugsfähig.

2.3 Die diesbezügliche Verböserung im Einspruchsverfahren war rechtens. Nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, die Sache erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchführers geändert werden, wenn auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen wird und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO). Im Einspruchsverfahren wies das FA mit Schreiben vom 17. September 2002 darauf hin, dass kein Nachweis darüber vorliege, dass die Unterbringung im Y-Heim zur dauernden Pflege erfolgt sei und der Freibetrag gemäß § 33 a Abs. 3 EStG daher -insoweit werde auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung hingewiesen und die Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 30. Oktober 2002 zu äußern (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO) -mit 1.800 DM anstelle von 1.200 DM in beiden Streitjahren zu hoch gewährt worden sei. Mit Schreiben vom 23. September 2002 trug der Klägervertreter hierzu die unter 2.2 dargestellten Einwendungen vor, die aus den dort dargestellten Gründen unbeachtlich sind.

3. Auch der beantragte Ansatz eines Eigenanteils bei Krankheitskosten in Höhe von 197,25 DM für das Streitjahr 2000 führt zu keinem steuerlichen Abzug als außergewöhnliche Belastung. Zwar sind diese Aufwendungen dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung anzusehen. Aber sie führen zu keiner Einkommensteuerminderung, da allein die 197,25 DM nicht die zumutbare Belastung von 6% des Gesamtbetrags der Einkünfte (6% von 47.964 DM = 2.877 DM) überschreiten.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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