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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 23.07.2008
Aktenzeichen: 3 K 4255/04
Rechtsgebiete: UStG, Richtlinie 77/388/EWG, VerpackV, AbfG


Vorschriften:

UStG § 2 Abs. 1
UStG § 2 Abs. 3
UStG § 14
UStG § 15 Abs. 1
Richtlinie 77/388/EWG
VerpackV § 6
AbfG § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 3. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Der Kläger begehrt den Vorsteuerabzug aus dem Teil der Kosten für die Entsorgung vom Hausmüll, der auf die darin enthaltenen Verkaufsverpackungen (sog. Fehleinwürfe) entfällt.

Der Kläger, ein Landkreis und damit eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts, entsorgte in seinem Zuständigkeitsbereich Hausmüll gegen Gebühren. Grundlage für die Gebührenerhebung war der in § 4 Abs. 1 und 2 seiner Abfallwirtschaftssatzung angeordnete Anschluss- und Überlassungszwang, der seinerseits auf der Satzungsermächtigung in Art. 7 des Bayerischen Abfallwirtschafts- und Altlastengesetzes vom 27. Februar 1991 (GVBl 1991, 64 - BayAbfAlG) beruhte.

Daneben nahm der Kläger auf seinen Wertstoffhöfen aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung mit der D-GmbH vom 30. September 1992 (Bl. 33 Dauerunterlagen; nachfolgend: Vertrag), geändert durch Änderungsverträge vom 27. Juni 1994 (Bl. 89 Dauerunterlagen) sowie vom 10. Juni 1996 (Bl. 97 Dauerunterlagen), gebrauchte Verkaufsverpackungen an und sortierte diese.

Im Anschluss an Umsatzsteuer-Sonderprüfungen (Bericht vom 12. Dezember 1996 für die Streitjahre 1991-1995, Bericht vom 15. Mai 1998 für die Streitjahre 1991-1995, Bericht vom 6. Juli 1999 für die Streitjahre 1996-1998 sowie Bericht vom 6. Oktober 2005 für das Streitjahr 1998) setzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Umsatzsteuer für die Streitjahre mit Änderungsbescheiden wie folgt fest.

 StreitjahrBescheiddatumDMEUR
199209.09.2003- 228.290,00 DM-116.722,82 EUR
199325.03.1997109.332,00 DM55.900,56 EUR
199409.09.2003245.766,00 DM125.658,16 EUR
199507.07.1998322.794,00 DM165.041,95 EUR
199621.05.1999366.231,00 DM187.250,94 EUR
199731.05.1999369.422,00 DM188.882,47 EUR
199818.10.2005390.447,00 DM199.632,38 EUR

Im Einspruchsverfahren machte der Kläger zusätzliche Vorsteuerbeträge aus den anteiligen Kosten (Leistungsbezügen) für die Entsorgung von fehlerhaft in den Hausmüll eingeworfenen Verkaufsverpackungen (Fehleinwürfen) geltend. Die diesbezüglichen Kosten setzten sich zusammen aus den anteiligen Kosten für das Einsammeln und Transportieren des Hausmülls zu einer Müllverbrennungsanlage, für die Müllverbrennung selbst sowie für die Deponierung.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 28. März 2000 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.

Mit Urteil vom 26. November 2003 (Az.: 3 K 1923/00) hat das Finanzgericht München die Klage abgewiesen. Auf die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 30. Juni 2004 (Az.: V B 2/04) das Urteil wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs aufgehoben, weil das Finanzgericht nicht hinreichend auf die Bestimmungen des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG eingegangen sei, und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht München zurückverwiesen.

Der Kläger macht geltend, dass die Kosten für die Entsorgung von Fehleinwürfen dem unternehmerischen Bereich des Klägers zuzurechnen seien, da er aufgrund seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der D-GmbH zur Entsorgung auch der im Hausmüll fehl eingeworfenen Verkaufsverpackungen verpflichtet sei. Dies gelte insbesondere, da bei der Verbrennung des Hausmülls aufgrund der darin enthaltenen Weißblech-Fehleinwürfe sog. Weißblechschlacke als Verbrennungsrückstand entstehe, die in den Mengenstromnachweis für Weißblechverpackungen einfließe und damit von der D-GmbH vergütet werde.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 19. Oktober 2004, 28. Oktober 2004, 17. Januar 2005, 7. Februar 2005, 30. Juni 2005, 22. Juli 2005, 17. November 2005, 15. Dezember 2005, 5. Juni 2008 sowie 30. Juni 2008 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer für die Streitjahre herabzusetzen um den Betrag von

 StreitjahrBetrag (EUR)
199216.932,41 EUR
199359.005,47 EUR
199465.681,16 EUR
199555.644,97 EUR
199686.439,80 EUR
199774.314,18 EUR
199864.548,19 EUR

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA ist der Auffassung, dass die Entsorgung von Fehleinwürfen in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit erfolge, deshalb eine nichtunternehmerische Tätigkeit darstelle und der Kläger aus diesem Grunde insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des FA vom 15. Dezember 2004, 13. Oktober 2005, 22. November 2005 sowie 8. Dezember 2005 verwiesen.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2008 wird Bezug genommen.

II. Die Klage ist unbegründet. Der beantragte Vorsteuerabzug wurde vom FA zu Recht versagt.

1. Ein Unternehmer kann die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, gemäß § 15 Abs. 1 UStG als Vorsteuerbeträge abziehen.

Nach Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden, soweit diese Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.

2. Die streitgegenständlichen Leistungsbezüge (Eingangsumsätze) wurden nicht für Zwecke der besteuerten Umsätze des Klägers gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG bzw. für das Unternehmen des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 und 3 UStG verwendet.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, bestehen, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann (z.B. EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007 Rs. C-435/05, Investrand BV, Rn. 23 m.w.N., Slg. 2007, I-01315, UR 2007, 225). Das Recht auf Abzug der für den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen entrichteten Mehrwertsteuer ist nur gegeben, wenn die hierfür getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der versteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören (EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007 Rs. C-435/05, Investrand BV, Rn. 23 m.w.N., a.a.O.).

Ein solcher direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den streitigen Eingangsumsätzen einerseits und den Ausgangsumsätzen, die der Kläger gegenüber der D-GmbH erbringt andererseits, besteht vorliegend jedoch nicht.

Die streitgegenständliche Tätigkeit der Entsorgung von Fehleinwürfen in die Hausmülltonnen stellt keine Leistung des Klägers im umsatzsteuerlichen Sinn an die D-GmbH dar. Die geltend gemachten (anteiligen) Aufwendungen für das Einsammeln und Transportieren des Hausmülls zur Müllverbrennungsanlage, für die Müllverbrennung sowie für die Deponierung hängen daher insoweit nicht mit den Ausgangsumsätzen an die D-GmbH zusammen.

aa) Dem Vertrag mit der D-GmbH lässt sich keine Verpflichtung zur Entsorgung der Fehleinwürfe entnehmen. Diese gehört mithin nicht zum Inhalt der entgeltlichen Leistung des Klägers gegenüber der D-GmbH.

Gem. § 1 Abs. 1 und 3 des Vertrags übernimmt der Kläger gegenüber der D-GmbH den Aufbau sowie den Betrieb eines Systems zur regelmäßigen Abholung und Sortierung gebrauchter Verkaufsverpackungen gem. § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung vom 12. Juni 1991 (BGBl. I 1991, 1234 - VerpackV). Hierdurch bedient sich die D-GmbH des Klägers zur Erfüllung ihrer eigenen Verpflichtung aus § 6 Abs. 3 VerpackV, nämlich dem Aufbau eines Systems, das flächendeckend eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen in ausreichender Weise gewährleistet. Dadurch verfolgtes Ziel hierbei ist gemäß § 6 Abs. 2 VerpackV und dem Anhang dazu die Rücknahme von Verkaufsverpackungen durch getrennte Erfassung der Verpackungen zur stofflichen Verwertung.

Bereits aus der Formulierung "Abholung ... gewährleistet" ergibt sich, dass keine Verpflichtung der hierfür zunächst verantwortlichen D-GmbH bestand, für eine vollständige Erfassung aller Verkaufsverpackungen auch außerhalb des von ihr gewählten, geeigneten Erfassungssystems zu sorgen. Deshalb kann aber auch nicht angenommen werden, dass die Parteien eine der D-GmbH selbst nicht obliegende Verpflichtung zum Gegenstand einer vertraglichen Übertragung auf den Kläger machen wollten.

Zudem ist diese Verpflichtung aus der Verpackungsverordnung im Lichte ihrer gesetzlichen Grundlage, nämlich § 14 Abs. 2 Satz 3 Nummer 3 des Abfallgesetzes vom 27. August 1986 (BGBl. I 1986, 1410 - AbfG), zu interpretieren; demzufolge ist für Verpackungen die Rückgabe durch ein geeignetes Rücknahmesystem sicherzustellen. Auch § 4 Abs. 1 Nummer 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I 1994, 2705 - KrW- /AbfG) ordnet den Vorrang der stofflichen bzw. energetischen Verwertung an.

In § 4 Abs. 4 KrW-/AbfG wird hierbei zwischen energetischer Verwertung einerseits und thermischer Behandlung von Abfällen zur Beseitigung, insbesondere von Hausmüll, andererseits unterschieden. Demnach beinhaltet die energetische Verwertung den Einsatz von Abfällen als Ersatzbrennstoff; vom Vorrang der energetischen Verwertung unberührt bleibt die thermische Behandlung von Abfällen zur Beseitigung, insbesondere von Hausmüll. Für die Abgrenzung ist auf den Hauptzweck der Maßnahme abzustellen. Ausgehend vom einzelnen Abfall, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, bestimmen Art und Ausmaß seiner Verunreinigungen sowie die durch seine Behandlung anfallenden weiteren Abfälle und entstehenden Emissionen, ob der Hauptzweck auf die Verwertung oder die Behandlung gerichtet ist.

Der Hauptzweck der Verbrennung von Abfällen in einer Abfallverbrennungsanlage besteht jedoch selbst dann nicht in deren Verwertung, wenn - wie im vorliegenden Fall vom Kläger vorgetragen - die bei der Verbrennung erzeugte Wärme ganz oder teilweise zurück gewonnen wird. Wenn die Rückgewinnung der durch die Verbrennung erzeugten Wärme nur einen Nebeneffekt einer Maßnahme darstellt, deren Hauptzweck die Abfallbeseitigung ist, steht sie der Einstufung dieser Maßnahme als Beseitigungsmaßnahme nicht entgegen (EuGH-Urteil vom 13. Februar 2003 Rs. C-458/00, MVA Straßburg, NVwZ 2003, 457).

Die streitgegenständliche Entsorgung und nachfolgende Verbrennung von im Hausmüll befindlichen Verkaufsverpackungen zusammen mit dem Hausmüll ohne vorherige Aussonderung führt demzufolge nicht zur stofflichen oder energetischen Verwertung, sondern lediglich zur thermischen Behandlung. Würde man mit dem Kläger die thermische Behandlung als abfallrechtlich gleichwertig ansehen, so wäre im Ergebnis eine getrennte Erfassung und Sortierung der Verkaufsverpackungen überflüssig, da diese generell zusammen mit dem Hausmüll der thermischen Behandlung zugeführt werden könnten. Dies entspricht jedoch nicht dem in § 1 Abs. 2 Nummer 3 VerpackV formulierten Ziel der Abfallvermeidung durch stoffliche Verwertung.

Gemäß § 1 Abs. 3 des Vertrags sind sich die Parteien einig, dass "die im Rahmen dieses Leistungsvertrags erfassten und sortierten Materialien Wertstoffe im Sinne der Verpackungsverordnung sind und nicht unter den Abfallbegriff fallen". Da die Fehleinwürfe in die Hausmülltonnen nicht getrennt erfasst und sortiert werden, werden sie von den Vertragsparteien nicht als Wertstoffe im Sinne der Verpackungsverordnung angesehen, und sind damit auch aus diesem Grund nicht Gegenstand der vertraglichen Leistungsbeziehungen.

Darüber hinaus zählt die Entgeltregelung in § 7 Abs. 1 des Vertrags die vertraglichen Pflichten des Klägers auf, indem sie von der "Abgeltung aller von dem Entsorger gemäß diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen (Gefäßgestellung, Sammlung und Transport, Sortierung, Bereitstellung einschließlich Lagerkosten) ausgenommen Entsorgung der Reststoffe" spricht.

Alle diese Pflichten beziehen sich auf die Verkaufsverpackungen, die auf den Wertstoffhöfen gesammelt werden, ohne Fehleinwürfe im Hausmüll mit zu umfassen.

bb) Gegen eine vertragliche Verpflichtung zur Entsorgung der Fehleinwürfe spricht ferner die Regelung unter Ziff. 1 Stufe 2 der Anlage 3 zum Vertrag, wonach der Kläger bei Nichterfüllung der nach Einwohnerzahl festgelegten Erfassungsmengen (Quoten) die Öffentlichkeitsarbeit zu verstärken sowie "Kontrollen zum satzungsgemäßen Ausschluss der Verkaufsverpackungen aus der Restmüll- und Bioabfallentsorgung" durchzuführen hat. Dieser Regelung lässt sich entnehmen, dass die Problematik einer unzureichenden Erfassungsquote (also einem Abweichen der mengenmäßig erfassten Ist-Menge von der im vorhinein festgelegten Soll-Menge) aufgrund von Fehleinwürfen von den Vertragsparteien durchaus gesehen wurde.

Diese haben jedoch bewusst keine vertragliche Verpflichtung zur Entsorgung dieser Fehleinwürfe durch den Kläger gegenüber der D-GmbH begründet, sondern vielmehr stattdessen eine Annäherung der Ist-Menge an die Soll-Menge durch ein Hinwirken auf eine Einhaltung des "satzungsgemäßen Ausschlusses" aus der Hausmüllentsorgung durch die Bürger angestrebt.

cc) Im Übrigen spricht für eine Zuordnung der streitigen Leistungsbezüge zur dem Kläger als hoheitliche Aufgabe obliegenden Hausmüllentsorgung (siehe unten unter 5.), dass sich der Vorgang der Leerung der Hausmülltonne nicht aufteilen lässt in eine hoheitliche Hausmüllentsorgung einerseits sowie eine privatrechtliche Verpackungsentsorgung andererseits.

aaa) Einheitliche wirtschaftliche Vorgänge dürfen umsatzsteuerrechtlich nicht künstlich aufgespalten werden, wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und ein einheitliches Ganzes bilden (BFH-Urteile vom 24. Januar 2008 V R 12/05, UR 2008, 308 sowie vom 2. März 2006 V R 25/03, BStBl II 2006, 788; vgl. auch EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96, Card Protection Plan Ltd., Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1999, 157). Nach dem Wesen des fraglichen Umsatzes ist zu ermitteln und festzustellen, ob eine einheitliche Leistung oder mehrere Leistungen vorliegen; eine Leistung ist dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat (BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 V R 12/05, a.a.O.).

bbb) Für eine Einheitlichkeit spricht, dass der Kläger die Fehleinwürfe in die Hausmülltonne nicht aussortiert, um sie entweder überhaupt nicht entgegenzunehmen oder nachfolgend getrennt stofflich zu verwerten, sondern sie zusammen mit dem Hausmüll thermisch behandelt.

ccc) Zudem handelt es sich bei der Leerung der Hausmülltonne aus Sicht des Endverbrauchers dieser Dienstleistung (der privaten Haushalte) um eine einheitliche Leistung und nicht um die Entsorgung der einzelnen in der Tonne befindlichen Gegenstände mit jeweils unterschiedlichen Leistungsempfängern, Entsorgungswegen und -verpflichtungen.

dd) Dem steht - anders als der Kläger ausführt - nicht entgegen, dass § 1 Abs. 1 der Anlage 2 zum Vertrag von der privatwirtschaftlichen Erfassung, Sortierung und stofflichen Verwertung aller Verkaufsverpackungen spricht. Diese Formulierung gibt nur das vom Verordnungsgeber formulierte Ziel der Verpackungsverordnung wieder; zur Erreichung dieses vorgegebenen Ziels hat sich der Kläger im Rahmen seiner Auswahlmöglichkeiten bezüglich eines geeigneten Organisationsmodells für die Erfassung im Bringsystem entschieden. Das gewählte Erfassungssystem konkretisiert jedoch die vertraglichen Pflichten des Klägers und impliziert gerade nicht, dass den Kläger darüber hinaus eine umfassende Beseitigungsverpflichtung von Verkaufsverpackungen, wo auch immer diese aufgefunden werden, trifft.

ee) Im Übrigen erscheint es im Hinblick auf die gesetzliche Abfalldefinition in § 3 Abs. 1 des Krw-/AbfG fraglich, ob - wie vom Kläger vorgetragen - die in den Hausmülltonnen eingeworfenen Verpackungen abfallrechtlich überhaupt Wertstoffe bleiben und abfallrechtlich demnach den auf den Wertstoffhöfen gesammelten Verpackungen gleichzustellen sind. Denn nach dieser Vorschrift sind Abfälle im Sinne dieses Gesetzes alle beweglichen Sachen, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Dies trifft auf die Fehleinwürfe jedenfalls zu.

Auch der Vertrag stellt in § 1 Abs. 3 klar, dass (nur) die in dessen Rahmen erfassten und sortierten Materialien als Wertstoffe i.S.d. Verpackungsverordnung angesehen werden. Der Vertrag nimmt hierbei Bezug auf § 1 Abs. 3 Nummer 7 AbfG, wonach die Vorschriften des AbfG nicht gelten für Stoffe, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen Verwertung zugeführt werden.

Mithin besteht demnach kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang der Aufwendungen für das Einsammeln und Transportieren des Hausmülls zur Müllverbrennungsanlage, der Kosten der Müllverbrennung selbst sowie der Deponiekosten zu den an D-GmbH vertragsgemäß erbrachten Leistungen, da Grundlage der Vereinbarung zwischen dem Kläger und D GmbH die Wiederverwertung und nicht die Verbrennung und Deponierung zusammen mit dem Hausmüll ist.

b) Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen dann angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und - als solche - Bestandteile des Preises der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Dies ist jedoch im Streitfall ebenfalls nicht gegeben.

Die Kosten der Entsorgung der Fehleinwürfe stellen keinen Kostenbestandteil der steuerpflichtigen Tätigkeit des Klägers gegenüber der D-GmbH dar.

aa) Dies ergibt sich zum Einen daraus, dass zur Abgeltung der vertraglichen Pflichten des Klägers gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags in der ursprünglichen Fassung ein "gewichtsbezogenes Entgelt je Tonne erfasster Menge (Input)" zu zahlen ist. Zwar stellt § 7 Abs. 1 Satz 3 des Vertrags abweichend von Satz 1 zur Entgeltsbestimmung auf die Output-Menge ab, also nach der Definition des § 4 Abs. 2 des Vertrags die nach Sorten bereits getrennte Gewichtsmenge.

Diese Unterscheidung wird nach § 7 Abs. 1 Satz 3 des Vertrages jedoch nur relevant für die Mengenbestimmung von Papier, Pappe und Karton; hierfür sollen nur 25% "der Kosten des Inputs" erstattet werden. Dem liegt offensichtlich die Erwägung zugrunde, dass sich das auf den Wertstoffhöfen erfasste Altpapier zu lediglich 25% aus Verkaufsverpackungen zusammensetzt und im Übrigen aus Zeitungen und ähnlichem.

Hierbei wird das Entgelt gemäß § 7 Abs. 3 des Vertrags "unter Beibringung der Nachweise (Wiegescheine) über die Inputmenge" der D-GmbH in Rechnung gestellt. Diese Gewichtsbestimmung konnte jedoch nur für die auf den Wertstoffhöfen gesammelten Verkaufsverpackungen (sowie die bei der Verbrennung des Hausmülls entstehende Weißblechschlacke) vorgenommen werden, nicht für die mengenmäßig nicht erfassten Fehleinwürfe von sonstigen Verkaufsverpackungen aus Papier/Pappe bzw. Kunststoff in die Hausmülltonnen.

Zudem erfolgt die Vergütung nach § 7 Abs. 1 des Vertrags getrennt nach den Gewichtsmengen der einzelnen Wertstoffgruppen, also Glas, Pappe/Papier und Leichtverpackungen. Die von den Vertragsparteien vereinbarte Entgeltberechnungsmethode lässt sich damit nicht auf die nach Material undifferenzierte Menge der Fehleinwürfe übertragen und kann diese deshalb nicht mit umfassen.

bb) Die Regelung in Anlage 3 zum Vertrag führt nicht zu einer auch von der Einwohnerzahl abhängigen und damit nach der klägerischen Auffassung den Fehleinwürfen im Hinblick auf das Gesamtaufkommen an Verkaufsverpackungen pro Bürger Rechnung tragenden Entgeltsbestimmung.

Denn die Anlage 3 zum Vertrag nimmt ausdrücklich eine Systembeschreibung vor und postuliert hierbei lediglich das nach einzelnen Wertstoffgruppen differenzierte zu erwartende Verkaufsverpackungsaufkommen in Gewicht pro Bürger pro Jahr und legt damit die Soll-Quote der Erfassung fest. Dies wird deutlich durch die als "Stufe 2" bezeichnete Regelung, wonach bei "Nichterfüllung der Quoten" die Öffentlichkeitsarbeit sowie Kontrollen zur Einhaltung des Ausschlusses von Verkaufsverpackungen aus der Hausmüllentsorgung verstärkt werden sollen, also die Ist-Quote gesteigert werden soll.

cc) Hieran ändert die mit dem Änderungsvertrag vom 27. Juni 1994 vorgenommene Neuregelung der Entgeltsbestimmung in § 7 des Vertrags nichts. Zwar wurde von der zunächst rein gewichtsbezogenen Entgeltregelung für die einzelnen Wertstoffgruppen übergegangen auf ein nach Einwohnerzahlen bestimmtes und zudem nach Gewicht gestaffeltes Entgelt (sog. Preis/Mengenstaffel) für die einzelnen Wertstoffgruppen. Hierbei erfolgte jedoch wiederum keine Mengenbestimmung der im Hausmüll enthaltenen Fehleinwürfe.

dd) Auch die in der Anlage 4a zum Änderungsvertrag vom 27. Juni 1994 (Bl. 94-96 Dauerunterlagen) vereinbarte Erhöhung der abrechenbaren Menge um 20% spricht entgegen der klägerischen Auffassung nicht für eine darin zum Ausdruck kommende Absicht der Vertragsparteien, hierdurch die Fehleinwürfe in den Hausmüll abzugelten. Denn es wurde lediglich für die Wertstoffgruppe LVP (gem. § 4 Satz 2 des Vertrages i.d.F. vom 27. Juni 1994 sind dies "Leichtstoffverpackungen, insbesondere aus Kunststoff-, Aluminium-, Weißblech-, Verbundverpackungen und Getränkekartons") eine Erhöhung um 20% vorgenommen, nicht jedoch für die weiteren Wertstoffgruppen Glas oder Papier, Pappe und Karton, aus denen sich die Fehleinwürfe ebenfalls zusammensetzen. Sofern die Vertragsparteien die Absicht gehabt hätten, sich bei dieser Erhöhung an der Fehleinwurfsquote zu orientieren, so hätten sie eine gleichmäßige Anhebung für alle Wertstoffgruppen vorgenommen.

ee) Zuletzt spricht auch die ausdrücklich in § 7 Nr. 3 des durch den Änderungsvertrag vom 27. Juni 1994 geänderten Vertrags geregelte Übernahme der Entsorgungskosten für Sortierreste, die anlässlich der Sortierung der auf den Wertstoffhöfen gesammelten Verkaufsverpackungen anfallen, durch die D-GmbH dagegen, dass die bei der Entsorgung der Fehleinwürfe anfallenden Kosten ohne entsprechende ausdrückliche Regelung im Vertrag abgegolten sein sollen.

3. Die Hinzurechnung der bei der Müllverbrennung entstehenden Weißblechschlacke (Weißblechschrott) zur gegenüber der D-GmbH abgerechneten Weißblechmenge führt zu keinem anderen Ergebnis.

a) Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Zusatzvereinbarung vom 29. April 1997 (Bl. 154 ff FG-Akte 3 K 4255/04) legt der Senat dahin aus, dass der Kläger zu seinen Gunsten Weißblechschrott aus den Rückständen der Verbrennung (in der Müllverbrennungsanlage A) des von ihm entsorgten Hausmülls (bis zur Höhe von 112 Tonnen/Jahr) bei der Berechnung des Entgelts berücksichtigen durfte ("dem Entsorger wird ... gestattet,..."), das er von der D-GmbH für die Erfassung der Leichtverpackungen (LVP) erhielt, soweit der Weißblechschrott einer stofflichen Verwertung durch die D-GmbH zugeführt wurde (§ 1 Abs. 1 dieser Zusatzvereinbarung i.V.m. Ziffer 4 und Anlage 5a des Vertrags vom 10. Juni 1996).

b) Der Senat geht davon aus, dass der Kläger von dieser Möglichkeit erst ab dem Streitjahr 1997 Gebrauch gemacht hat. Denn nach der vom Kläger vorgelegten Aufstellung (Bl. 119 FG-Akte 3 K 1923/00) hat er aus den Verbrennungsrückständen des im Hausmüll enthaltenen Weißblechs erst ab diesem Streitjahr (und ferner im Streitjahr 1998) Einnahmen erzielt.

Anderes - etwa weil die Vereinbarung bereits ab dem 1. Januar 1996 galt - konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht festgestellt werden.

c) Das Gericht schließt sich nicht der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung an, dass der volle Vorsteuerabzug aus den streitigen Leistungsbezügen (für das Einsammeln und Transportieren des Hausmülls zur Müllverbrennungsanlage, für die Müllverbrennung selbst und die Deponierung) zu gewähren sei, weil deswegen der gesamte Hausmüll habe behandelt werden müssen. Denn insoweit fehlt es an dem oben genannten (siehe oben 2.) direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen diesen Leistungsbezügen, die der Entsorgung des gesamten Hausmülls und nicht der Gewinnung des Weißblechschrotts aus etwa im Hausmüll enthaltenen Weißblechverpackungen dienen, und etwaigen Umsätzen aus einer Lieferung des Weißblechschrottes an die D-GmbH.

Sähe man hingegen - wie etwa der Kläger - einen vollen Zusammenhang dieser Aufwendungen mit einer entgeltlichen Lieferung der Weißblechschlacke vom Kläger an die DGmbH, dann wären jedoch die Müllgebühren (zumindest in Höhe der begehrten Anteile am Vorsteuerabzug) als Entgelte Dritter gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG ebenfalls der Umsatzsteuer zu unterwerfen, was offensichtlich gleichfalls zur Abweisung der Klage führen müsste.

Dies ergibt sich aus folgender - überschlägiger - Berechnung:

Auszugehen ist dabei zunächst von dem gesamten Vorsteuervolumen aus den Eingangsleistungen für die Hausmüllbeseitigung, das vom Kläger lediglich anteilig in Höhe von je nach Streitjahr variierenden Sätzen zwischen 12,00% und 18,37% geltend gemacht wurde (vgl. Bl. 25, 37, 46, 60, 71, 99 USt-Akte sowie Bl. 4 des in die USt-Akte eingelegten Konvoluts unter Trennblatt "USt 1998"); dieses Volumen lässt sich durch Hochrechnung des anteilig geltend gemachten Betrags auf 100% ermitteln. Dieses Vorsteuervolumen ist sodann noch zu erhöhen um den Anteil der Vorsteuer aus Eingangsleistungen für die Hausmüllbeseitigung in Zusammenhang mit dem Betrieb der Wertstoffhöfe in Höhe der 20%, die bislang vom Kläger noch nicht geltend gemacht wurden; in Höhe von 80% wurde die hierauf entfallende Vorsteuer vom FA bereits gewährt. Die Summe dieser beiden Positionen ergibt die zusätzliche Vorsteuer.

In einem weiteren Schritt ist die Umsatzsteuer aus dem vom Kläger mitgeteilten Gebührenaufkommen (Bl. 153 FG-Akte 3 K 4255/04) herauszurechnen.

Die Erhöhung der festzusetzenden Umsatzsteuer ergibt sich schließlich aus dem Saldo der beiden vorgenannten Positionen.

 Streitjahrzusätzliche VorsteuerUSt aus GebührenSaldo USt
1992290.142 DM2.070.357 DM1.780.215 DM
1993726.047 DM2.152.378 DM1.426.331 DM
1994799.592 DM2.109.528 DM1.309.936 DM
1995744.826 DM2.196.576 DM1.451.750 DM
19961.165.367 DM2.366.909 DM1.201.542 DM
19971.279.798 DM2.425.491 DM1.145.693 DM
19981.150.366 DM2.445.336 DM1.294.970 DM
Summe6.156.138 DM15.766.575 DM9.610.437 DM

d) Ebenso wenig kommt ein anteiliger Vorsteuerabzug (etwa entsprechend dem Anteil des Weißbleches am Hausmüll oder entsprechend einem Umsatzschlüssel) in Betracht. Insoweit fehlt es gleichermaßen an einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit etwaigen Umsätzen aus der Lieferung von Weißblechschlacke. Die Abgeltung der Weißblechschlacke ist nur ein Reflex der Hausmüllentsorgung; denn die Aufwendungen für das Einsammeln und Transportieren des Hausmülls zur Müllverbrennungsanlage und für die Müllverbrennung fallen auch ohne die Nutzung der Weißblechschlacke an ( vgl. auch EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007 Rs. C-435/05, Investrand BV, Rn. 32, a.a.O.). Ein Zusammenhang der Deponierungskosten mit der Nutzung der Weißblechschlacke kommt ohnehin nicht in Betracht, da diese - wie die oben dargelegte vertragliche Regelung zeigt - nicht deponiert, sondern weiterverwertet wird.

Im Ergebnis hat dies jedoch keinen Einfluss auf den Erfolg der Klage, da bei Bejahung eines Zusammenhangs mit solchen steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen im Gegenzug auch die auf den Weißblechanteil im Hausmüll entfallenden Gebühreneinnahmen aus der Hausmüllentsorgung als Entgeltzahlung von dritter Seite gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG anzusehen wären, wodurch sich die Bemessungsgrundlage für die steuerpflichtigen Umsätze an die DGmbH erhöhen würde.

Hierbei wäre für den auf die Weißblechschlackenlieferung entfallenden Vorsteueranteil konsequenterweise der gleiche Aufteilungsmaßstab anzusetzen wie für den als Drittentgelt zu behandelnden Gebührenanteil. Deshalb kann auch offenbleiben, ob etwa - nachdem dem Gericht keine anderen Zahlen vorliegen - als Aufteilungsmaßstab der Anteil des Weißblechs im Hausmüll gemäß den vorgelegten Hausmüllsortieranalysen vom Oktober sowie November 2002 (Bl. 80-83 FG-Akte 3 K 1923/00) in Höhe von 1,9 bis 2,1 Prozent herangezogen werden könnte (der dann ggf. zur Ausscheidung der Deponierungskosten usw. im Wege der Schätzung weiter zu reduzieren wäre). Nach diesen Analysen, die auf Untersuchungen des Hausmülls außerhalb der Streitjahre basieren, setzte sich der Hausmüll im Oktober 2002 zu 2,1 Prozent sowie im November 2002 zu 1,9 Prozent aus FE-Metall (Eisen-Metall) zusammen, zu dem auch Weißblech gehört.

Denn unabhängig vom gewählten Aufteilungsmaßstab ergäbe sich nach obiger überschlägiger Berechnung eine Erhöhung der festzusetzenden Umsatzsteuer, so dass der Klage schon aus diesem Grunde nicht stattzugeben wäre.

e) Auch die Tatsache, dass die Gebührenkalkulation für die Hausmüllentsorgung ab dem 1. Juli 1998 ohne die Kosten der Entsorgung der fehl eingeworfenen Verkaufsverpackungen vorgenommen wurde, änderte nichts an diesem Ergebnis. Denn selbst bei Ansatz lediglich der im ersten Halbjahr 1998 erzielten Gebühreneinnahmen als anteiligem Drittentgelt und gleichzeitigem anteiligen Ansatz der sich für das Gesamtjahr 1998 ergebenden zusätzlichen Vorsteuern ergäbe sich bei überschlägiger Berechnung eine Erhöhung der festzusetzenden Umsatzsteuer.

4. Aus der Tatsache, dass für die Kosten für Sortierabfall (Fehleinwürfe in den Wertstoffsammelbehältern auf den Wertstoffhöfen) im Gegensatz zu den Kosten für die Entsorgung von Fehleinwürfen in den Hausmüll ausdrücklich eine gesonderte Erstattung durch die DGmbH vereinbart wurde, lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten.

Nach § 7 Abs. 2 des Vertrags ist die D-GmbH verpflichtet, die Entsorgungskosten für den Sortierabfall zu tragen, während für den - gleichsam spiegelbildlichen - Fall der Entsorgung der Fehleinwürfe in den Hausmüll keine Kostentragungspflicht der D-GmbH besteht. Hieraus kann jedoch entgegen der klägerischen Auffassung keine Einbeziehung der Entsorgungskosten für Fehleinwürfe in die vertraglichen Beziehungen zur D-GmbH entnommen werden mit dem Argument, dass der Kläger andernfalls "doppelt benachteiligt" werde.

Dieses wirtschaftliche Ergebnis ist vielmehr Folge der vom Kläger getroffenen Entscheidung für das Bringsystem, wobei sich der Kläger gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags auch für die Einführung eines Holsystems hätte entscheiden können. Dass sich beim Bringsystem die Sortenreinheit der vom Bürger zum Wertstoffhof gebrachten Verkaufsverpackungen gegenüber dem Holsystem erhöht, bei dem der Bürger sich aus Bequemlichkeit dazu verleiten lassen mag, auch Restmüll in den sog. gelben Sack einzuwerfen, führt zwangsläufig zu einer Verlagerung des Kostenvolumens von den Sortierungskosten auf den Wertstoffhöfen hin zu den Entsorgungskosten für Fehleinwürfe in den Restmüll. Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass von der D-GmbH nur für Sortierabfälle eine Kostenerstattung vereinbart wurde, sind lediglich wirtschaftliche Gesichtspunkte, die in die Wahl des Entsorgungssystems einfließen.

5. Zwar kommt in Betracht, dass die streitigen Leistungsbezüge direkt und unmittelbar mit den entgeltlichen Leistungen der Hausmüllentsorgung (gegenüber den angeschlossenen Haushalten) zusammenhängen oder zumindest insoweit allgemeine Aufwendungen darstellen.

Hierfür besteht jedoch kein Recht des Klägers auf Vorsteuerabzug, da der Kläger insoweit nicht als Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG anzusehen ist.

a) Voraussetzung für eine Bejahung der Unternehmereigenschaft des Klägers wäre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, dass er eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (selbständig) ausübt.

Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, zu denen auch der Kläger als Gebietskörperschaft gehört, jedoch nur im Rahmen ihres Betriebs gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) gewerblich oder beruflich tätig; nur insoweit sind sie Unternehmer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) und unterhalten ein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG). Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind, soweit es sich nicht um Hoheitsbetriebe handelt, alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, sowie die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 KStG).

b) Die Entsorgung von Verkaufsverpackungen (also nicht des Hausmülls) durch das Einsammeln auf den Wertstoffhöfen sowie die anschließende Verwertung gem. § 1 des Vertrages und damit die Übernahme der Verpflichtungen der D-GmbH aus § 6 Abs. 3 VerpackV stellen hingegen eine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG dar. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und entspricht auch der Verwaltungsauffassung (vgl. Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 13. August 2007 S 7106 - 171 - StO 172).

Denn eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist dann unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig, wenn sie auf privatrechtlicher Grundlage und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen handelt (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Juli 2007 V B 44/06, UR 2007, 936; BFH-Urteile vom 9. Oktober 2002 V R 64/99, BStBl II 2003, 375 sowie vom 22. September 2005 V R 28/03, BStBl II 2006, 280).

c) Die streitgegenständliche Entsorgung von Fehleinwürfen stellt als Teil der Leistung "Hausmüllentsorgung" dagegen keine unternehmerische Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG dar.

aa) § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG ist unter Beachtung des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG und der zu dieser Bestimmung ergangenen Rechtsprechung - soweit möglich - richtlinienkonform auszulegen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 31. Juli 2007 V B 44/06, BFH/NV 2007, 2365, sowie BFH-Urteile vom 27. Februar 2003 V R 78/01, BStBl II 2004, 431 und vom 5. Februar 2004 V R 90/01, BStBl II 2004, 795).

bb) Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG hat folgenden Wortlaut:

"Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht- Steuerpflichtige zu grösseren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Die vorstehend genannten Einrichtungen gelten in jedem Fall als Steuerpflichtige in Bezug auf die in Anhang D aufgeführten Tätigkeiten, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.

Die Mitgliedstaaten können die Tätigkeiten der vorstehend genannten Einrichtungen, die nach Artikel 13 oder 28 von der Steuer befreit sind, als Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen."

cc) Der Kläger ist als Landkreis und damit als Gebietskörperschaft eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" (eine juristische Person des öffentlichen Rechts) i.S.d. Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG.

Die Hausmüllentsorgung erfolgte im Rahmen der öffentlichen Gewalt im Sinne dieser Bestimmung der Richtlinie 77/388/EWG.

aaa) Aufgrund des in § 4 Abs. 1 und 2 der Abfallwirtschaftssatzung des Klägers vom 28. März 1991 angeordneten Anschluss- und Überlassungszwangs konnte die Hausmüllentsorgung als hoheitliche Maßnahme (Über-Unterordnungsverhältnis) im Bereich des Gesundheits- und Umweltschutzes nur durch die öffentliche Hand und nicht durch private Unternehmen ausgeübt werden. Rechtsgrundlage für diese Satzungsbestimmung war Art. 7 BayAbfG. Insofern übt der Kläger diese Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt aus, weil sie im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung erfolgt, wobei die Ausübung dieser Tätigkeit das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen umfasst (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Dezember 2000 Rs. C-446/98, Fazenda Publica, Slg. 2000, I-11435, UR 2001, 108; BFH-Urteil vom 27. Februar 2003 V R 78/01, BStBl II 2004, 431, Rn. 33).

bbb) Zwar konnte nach § 16 Abs. 2 Krw-/AbfG nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 7. Oktober 1996 (vgl. Art. 13 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen vom 27. September 1994, BGBl. I S. 2705) die hoheitliche Aufgabe der Abfallentsorgung von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern auch auf private Unternehmer übertragen werden. Hierbei verblieb aber die Verantwortlichkeit für die Hausmüllentsorgung auch bei Einschaltung privater Unternehmen gemäß §§ 15 Abs. 2, 16 Abs. 1 Krw-/AbfG weiterhin bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern. Im Übrigen ist eine solche Übertragung im Gebiet des Klägers in den Streitjahren nicht erfolgt (s. nachfolgend).

dd) Die Behandlung des Klägers als Nicht-Steuerpflichtiger führt auch nicht gem. Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 Richtlinie 77/388/EWG zu größeren Wettbewerbsverzerrungen.

aaa) Es reicht - entsprechend dem Zweck der Bestimmung, die Steuerneutralität zu gewährleisten - nach der Rechtsprechung des EuGH aus, wenn die Tätigkeiten von Einrichtungen des öffentlichen Rechts - im Wettbewerb mit ihnen - auch von Privaten ausgeübt werden können und ihre Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige "zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen kann" (vgl. EuGH-Urteil vom 17. Oktober 1989 Rs. 231/87 und 129/88, Comune di Carpaneto Piacentino u.a., Slg. 1989, 3233). Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es hierbei insoweit auf den "tatsächlichen oder potentiellen" Wettbewerb an (vgl. BFH-Urteil vom 20. Dezember 2007 V R 70/05, BStBl II 2008, 454, m.w.N.).

bbb) Im Streitfall erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung, dass hinsichtlich der hoheitlichen Hausmüllentsorgung im klägerischen Zuständigkeitsbereich in den Streitjahren keine - auch nur potentielle - Wettbewerbssituation zwischen dem Kläger und privaten Konkurrenten bestanden hat. Dies liegt angesichts der hoheitlichen Ausgestaltung der Hausmüllentsorgung durch den Kläger (s.o.) im Übrigen auch nahe. Wenn jedoch keine Wettbewerbssituation vorliegt, kann es auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Insoweit ist das Gebiet des Klägers der räumlich relevante Bereich für die Feststellung von (größeren) Wettbewerbsverzerrungen (EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2007 Rs. C-408/06, Götz, UR 2008, 296, Rn. 43 f ).

ee) Der Kläger übte auch nicht gem. Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG eine der in Anhang D der Richtlinie aufgeführten Tätigkeiten aus.

ff) Es handelt sich ebenfalls nicht gem. Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 4 der Richtlinie 77/388/EWG um eine Tätigkeit der vorstehend genannten Einrichtungen, die nach Artikel 13 oder 28 von der Steuer befreit ist.

6. Ein Anspruch auf die geltend gemachten Vorsteuerbeträge ergibt sich nicht aus Treu und Glauben aufgrund einer verbindlichen Zusicherung des FA.

a) Das FA kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebunden sein, wenn es einem Steuerpflichtigen zugesichert hat, einen konkreten Sachverhalt, dessen steuerrechtliche Beurteilung zweifelhaft erscheint und der für die wirtschaftliche Disposition des Steuerpflichtigen bedeutsam ist, bei der Besteuerung in einem bestimmten Sinn zu beurteilen (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1989 X R 208/87, BStBl II 1990, 274).

Aus einer finanzbehördlichen Auskunft können Rechtsfolgen nur abgeleitet werden, wenn der Steuerpflichtige eine verbindliche Zusage beantragt und das FA eine solche ohne Einschränkung oder Vorbehalte erteilt hat (BFH-Urteil vom 17. September 1992 IV R 39/90, BStBl II 1993, 218).

b) Der Schriftsatz des FA vom 15. Dezember 2004 (Bl. 60 FG-Akte 3 K 4255/04) stellt keine verbindliche Zusicherung im og. Sinne dar. Zum Einen fehlt es bereits an einem vom Kläger gestellten Antrag unter Darlegung eines konkreten Sachverhalts, dessen rechtliche Beurteilung zweifelhaft erscheint. Das Schreiben das FA nahm vielmehr Stellung zur klägerischen Argumentation in der Begründung der vom Kläger erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde.

Zudem wollte das FA erkennbar keine abschließende rechtliche Würdigung des streitgegenständlichen Sachverhalts mit Selbstbindungscharakter vornehmen, sondern lediglich in Aussicht stellen, bei Nachweis des Vorliegens einer bestimmten Voraussetzung, nämlich dass die Kosten der Fehleinwurfsbeseitigung bei der Gebührenrechnung außer Ansatz geblieben sind, dem klägerischen Begehren im vorliegenden Rechtsstreit nachzukommen.

Insoweit ist es unbeachtlich, dass das FA einer vom Klägervertreter gefertigten und dem FA mit Schreiben vom 22. Juli 2005 zugesandten Gesprächsnotiz, demzufolge es sich fernmündlich "gebunden" gefühlt habe, nicht ausdrücklich widersprochen hat.

Vor allem aber hat der Kläger für die Streitjahre (1992-1998) auf Grund des Schriftsatzes des FA vom 15. Dezember 2004 keine Dispositionen getroffen.

c) Überdies hätte sich eine - vorliegend nicht gegebene - Bindungswirkung erst auf den Zeitraum ab dem 1. Juli 1998 erstrecken können, da die vom FA geforderte Voraussetzung (Herausrechnung der Kosten der Fehleinwurfentsorgung aus der Hausmüllgebührenkalkulation) nach dem klägerischen Vortrag (Schriftsatz vom 17. November 2005) erst ab diesem Zeitpunkt erfüllt war.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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