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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 22.03.2006
Aktenzeichen: 3 K 4633/02
Rechtsgebiete: Richtlinie (EWG) Nr. 388/77, UStG 1999


Vorschriften:

UStG 1999 § 3 Abs. 1
UStG 1999 § 7 S. 1
UStG 1999 § 3a Abs. 3
UStG 1999 § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a
UStG 1999 § 4 Nr. 10 Buchst. a
UStG 1999 § 4 Nr. 10 Buchst. b
UStG 1999 § 4 Nr. 28
UStG 1999 § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b
Richtlinie (EWG) Nr. 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

hat der 3. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung auf Grund mündlicher Verhandlung vom 22. März 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob ein Umsatz einer Organgesellschaft der Klägerin nach § 4 Nr. 28 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei ist.

Die Klägerin ist Organträger der X AG (-AG-vormals Y AG).

Mit Vertrag vom 21. Januar 2002 übertrug die AG rückwirkend zum 1. Januar 2002 einen Teil ihres Lebensrückversicherungsbestandes zum Preis von EUR an die Z. Auf den Wortlaut des Vertrags wird verwiesen. Die Lebensrückversicherungsverträge wurden von der AG selbst direkt mit Erstversicherungsunternehmen geschlossen. Ausweislich der Anlagen zum Vertrag betreiben alle von der Übertragung betroffenen Erstversicherer ihr Unternehmen im Ausland, und zwar zum Teil im übrigen Gemeinschaftsgebiet und zum Teil im Drittlandsgebiet. Gemäß § 2 Nr. 4 des Vertrages ist eine etwa für die Übertragung des Versicherungsbestandes anfallende Umsatzsteuer von der übernehmenden Gesellschaft zu zahlen.

Die Klägerin erklärte in einer am 21. März 2002 bei dem Beklagten (dem Finanzamt -FA-) eingereichten berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Januar 2002 steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug in Höhe von EUR. Hierin ist das o. g. Entgelt von EUR aus der Veräußerung des Versicherungsbestandes enthalten. Die Klägerin errechnete eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Januar 2002 in Höhe von EUR.

Das FA erließ am 27. Mai 2002 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid, in dem es die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Januar 2002 auf EUR festsetzte. Den Einspruch der Klägerin vom 12. Juni 2002 wies es mit Einspruchsentscheidung vom 26. September 2002 als unbegründet zurück.

Mit ihrer hiergegen am 15. Oktober 2002 (Eingang bei Gericht) erhobenen Klage trägt die Klägerin vor: Die Übertragung des Versicherungsbestands sei kein steuerpflichtiger Ausgangsumsatz, sondern eine steuerbare und nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfreie Übertragung eines Gegenstands, der zur Ausführung steuerfreier Umsätze i. S. des § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG verwendet werde. Die entgeltliche Übertragung des Versicherungsbestandes sei auch dann eine nach § 4 Nr. 28 UStG von der Umsatzsteuer befreite Leistung, wenn - wie im Streitfall - der Gegenstand zur Ausführung nicht steuerbarer Umsätze i. S. des § 3a Abs. 4 Nr. 6a UStG verwendet werde. Dies ergebe sich aus der teleologischen Auslegung der Befreiungsvorschrift mit Rücksicht auf den zugrunde liegenden Art. 13 Teil B Buchst. c der sog. 6. EG-Richtlinie. Auch der Wortlaut der Vorschrift stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Die vom FA vertretene Auslegung des Tatbestandsmerkmals "steuerfreie Tätigkeit" i. S. des § 4 Nr. 28 UStG würde zur Nichtanwendung der nationalen Vorschrift wegen Unvereinbarkeit mit den Vorgaben in der 6. EG-Richtlinie führen. Die Klägerin könne sich bei Zugrundelegung der vom FA vertretenen Auffassung direkt auf die Richtlinienvorschrift des Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-Richtlinie berufen, weil diese nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt worden sei. Nach dem Wortlaut und insbesondere dem Zweck der genannten Vorschrift sei die tatsächliche Steuerbefreiung des zugrunde liegenden Umsatzes nicht erforderlich. Dies ergebe sich aus dem weiteren Tatbestandsmerkmal "kein Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Gegenstandes". Hierdurch werde sichergestellt, dass die Steuerbefreiung nur dann eingreife, wenn die steuerpflichtige Veräußerung ansonsten zu einer Doppelbelastung beim Unternehmen führen würde.

Auf die Schriftsätze der Klägerin vom 20. Dezember 2002, vom 27. März 2003, vom 7. Februar 2006, vom 21. Februar 2006 und vom 17. März 2006 wird verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheids vom 27. Mai 2002 und der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Januar 2002 auf einen Betrag von EUR festzusetzen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt es aus, die Veräußerung des Lebensrückversicherungsbestandes stelle zwar die Lieferung eines Gegenstandes i. S. des § 3 Abs. 1 UStG dar. Der veräußerte Gegenstand sei jedoch nicht für eine nach § 4 Nrn. 8 bis 27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet worden. Im Streitfall betrieben die Zahler der Rückversicherungsprämien und damit die Empfänger der Versicherungsleistungen ihr Unternehmen im Ausland. Der Ort der sonstigen Leistung liege dabei gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a i. V. m. Abs. 3 UStG im Ausland. Der veräußerte Gegenstand sei somit ausschließlich für nicht steuerbare Umsätze verwendet worden, § 4 Nr. 28 UStG sei nicht einschlägig. Entgegen der Auffassung der Klägerin reiche für die Anwendung der genannten Vorschrift nicht die Verwendung des Gegenstandes für eine grundsätzlich in den Befreiungsvorschriften des § 4 Nrn. 8 bis 27 UStG genannten Tätigkeit, sondern es müsse tatsächlich zu einer Steuerbefreiung kommen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-Richtlinie, da hiernach eine Steuerbefreiung nur in Betracht komme, wenn die Lieferung von Gegenständen für eine von der Steuer befreite Tätigkeit bestimmt gewesen sei.

Auf die Schriftsätze des FA vom 10. Februar 2003 und vom 14. Dezember 2005 wird verwiesen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Gründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Der Umsatzsteuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr.1 UStG).

a) Von den unter die genannte Vorschrift fallenden Umsätzen sind u. a. steuerfrei:

Die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungssteuergesetzes sowie die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird (§ 4 Nr. 10 Buchst. a und b UStG).

Die Lieferungen von Gegenständen, die der Unternehmer ausschließlich für eine nach § 4 Nr. 8 bis 27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet hat (§ 4 Nr. 28 UStG).

b) § 4 Nr. 10 UStG beruht auf Artikel 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach haben die Mitgliedstaaten "die Versicherungsund Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden", von der Umsatzsteuer zu befreien.

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Februar 1999 (Rs. C-349/96 Card Protection Plan, EuGHE I 1999, 973, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1999, 254) liegt nach allgemeinem Verständnis ein Versicherungsumsatz vor, wenn sich der Versicherer verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsabschluss vereinbarte Leistung zu erbringen. Nach dem EuGH-Urteil vom 8. März 2001 (Rs. C-240/99 Försäkringsaktiebolag Skandia, EuGHE I 2001, 1959, UR 2001, 157) setzt ein Versicherungsumsatz seinem Wesen nach eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden, d. h. dem Versicherten voraus.

c) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (§ 3 Abs. 1 UStG). Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21. Dezember 1988 V R 24/87, BFHE 156, 273, BStBl II 1989, 430, m. w. N.) umfasst der Begriff "Gegenstand" als Lieferungsmerkmal in § 3 Abs. 1 UStG sowohl "Sachen" (körperliche Gegenstände, § 90 des Bürgerlichen Gesetzbuches), als auch Wirtschaftsgüter, die im Verkehr wie körperliche Sachen behandelt werden (z. B. der elektrische Strom, die Wasserkraft, der Firmenwert, die Kundschaft -wobei zwischen dem Geschäftswert bei Gewerbebetrieben und dem Praxiswert bei freiberuflichen Praxen nicht unterschieden wird -). Diese Auslegung des Begriffs "Gegenstand" durch die Rechtsprechung hat sich in der Praxis eingebürgert und dadurch eine gewisse gewohnheitsrechtliche Verfestigung erfahren.

2. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall ergibt sich folgendes:

a) Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 3 Abs. 1 UStG handelt es sich bei der Überlassung des Lebensrückversicherungsbestands um eine Lieferung. Denn die AG hat in dem Vertrag ihren Stamm an Lebensrückversicherungskunden auf die S übertragen (vgl. auch Urteil des Finanzgerichts -FG-Schleswig-Holstein vom 27. Juni 1990 IV 122/89, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1990, 602). Der Ort dieser Leistung liegt im Inland (§ 3 Abs. 7 Satz 1 UStG), sie ist daher grundsätzlich steuerbar.

b) Die Übertragung des genannten Versicherungsbestands ist nicht nach § 4 Nr. 10 UStG steuerfrei. Denn die Übertragung des Bestands stellt keinen Versicherungsumsatz i. S. der oben unter II. 1. b) genannten EuGH-Rechtsprechung dar, sondern es handelt sich um eine sog. Vertragsübernahme, die bei den übertragenen Rückversicherungsverträgen zur Auswechselung der AG und der S auf der Seite des Rückversicherers führt (zu den Voraussetzungen der Vertragsübernahme vgl. Möschel in Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, Vor § 414 RdNr. 7 f.).

c) Die Übertragung des Versicherungsbestands ist auch nicht nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei.

aa) Der Senat hält die Vorschrift im Streitfall für nicht anwendbar. Seiner Auffassung nach dient § 4 Nr. 28 UStG als Auffangvorschrift für den Fall, dass (Hilfs-)Gegenstände geliefert werden, die zur Ausführung steuerfreier Tätigkeiten verwendet worden sind. Als Beispiel hierfür ist z. B. der Pkw eines Landarztes zu nennen, den dieser zur Erbringung seiner steuerfreien Umsätze i. S. des § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG verwendet hat.

Gegenüber dem genannten Beispielsfall besteht im Streitfall Identität zwischen dem Liefergegenstand (Versicherungsvertrag) und dem Gegenstand der steuerfreien Tätigkeit (Versicherungsumsatz).

Der Senat stützt seine Auslegung des § 4 Nr. 28 UStG auf die zugrunde liegende Vorschrift des Art. 13 Teil B Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG. Auch diese Vorschrift sieht nur die Befreiung solcher Gegenstände vor, die ausschließlich für eine von der Steuer befreite Tätigkeit bestimmt waren. Nicht vorgesehen ist die Befreiung der Lieferung solcher "Gegenstände", die selbst die steuerfreie Tätigkeit darstellen.

bb) Selbst wenn § 4 Nr. 28 UStG abweichend von den unter aa) genannten Gründen im Streitfall grundsätzlich anwendbar sein sollte, hätte die Klage keinen Erfolg.

aaa) Hinsichtlich des Teils des übertragenen Lebensrückversicherungsbestands, bei dem die Erstversicherer ihren Sitz im Drittlandsgebiet haben, ergibt sich das für die Klägerin negative Ergebnis aus folgender Überlegung:

Nach Art. 13 Teil B Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer u. a. die Lieferungen von Gegenständen, die ausschließlich für eine auf Grund des Art. 13 Teil B oder der Art. 28 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG von der Steuer befreite Tätigkeiten bestimmt waren, wenn für diese Gegenstände kein Vorsteuerabzug vorgenommen werden konnte. Da der Klägerin der Vorsteuerabzug für Vorbezüge, die zur Ausführung von Umsätzen an Versicherungsnehmer im Drittlandsgebiet verwendet wurden, grundsätzlich möglich war (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG), scheidet die Anwendung des § 4 Nr. 28 UStG bei richtlinienkonformer Auslegung insoweit aus. Unmaßgeblich ist angesichts der eindeutigen Formulierung der Richtlinie, dass die Klägerin den eigentlich möglichen Vorsteuerabzug im streitigen Zeitraum nicht in Anspruch genommen hat, wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat.

bbb) Hinsichtlich des Teils des übertragenen Lebensrückversicherungsbestands, dessen Erstversicherer ihren Sitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet haben, gilt folgendes:

Zwar konnte die Klägerin insoweit keinen Vorsteuerabzug vornehmen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die Klägerin hat den gelieferten Lebensrückversicherungsbestand aber nicht ausschließlich für eine nach § 4 Nr. 8 bis 27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet, sondern für eine nicht steuerbare Tätigkeit (§ 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a i. V. m. § 3a Abs. 3 UStG, vgl. auch Husmann in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 28 Anm. 32, Birkenfeld in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 28 Tz. 59).

Die Vorschrift des § 4 Nr. 28 UStG kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht über ihren Wortlaut hinaus erweiternd dahin ausgelegt werden, dass sie auch die Verwendung des Versicherungsbestandes für nicht steuerbare Leistungen umfasst. Denn das nationale Umsatzsteuergesetz gilt nicht für nicht steuerbare Tätigkeiten. Diese werden vom System der Umsatzsteuer nicht erfasst. Sie können daher nicht zu einer ergänzenden Auslegung der Vorschriften dieses Systems herangezogen werden.

Die vorstehende Auslegung des § 4 Nr. 28 UStG ist richtlinienkonform. Auch die Richtlinie 77/388/EWG, auf der das nationale Umsatzsteuergesetz beruht, erfasst nicht die "nicht steuerbaren" Tätigkeiten.

Nach Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG unterliegen der Mehrwertsteuer (nur) die Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt. Leistungen, die wegen ihres Leistungsortes im Ausland nicht steuerbar sind, unterliegen nicht der Mehrwertsteuer.

Die Steuerbelastung der Vorbezüge als Grund für die Steuerbefreiung bei der Wiederveräußerung ist kein alternatives, sondern ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal. Deshalb kann entgegen der Auffassung der Klägerin § 4 Nr. 28 UStG nicht schon deshalb zur Anwendung kommen, weil sie bei der AG ggf. anfallende Vorsteuerbeträge nicht abziehen konnte.

Falls in dem Umstand, dass nicht steuerbare Tätigkeiten mangels Steuerbarkeit keiner Befreiungsvorschrift unterfallen können und es deshalb zu Doppelbelastungen mit Mehrwertsteuer kommen kann, ein Bruch des Mehrwertsteuersystems liegen sollte, ist er nach Auffassung des Senats hinzunehmen, weil er sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Art 13 Teil B Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG ergibt (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Mai 2003 Rs. C 269/00 "Seeling", EuGHE I-2003, 4101, Umsatzsteuer-Rundschau -UR-2003, 288, Rdnr. 54).

Dass das Mehrwertsteuersystem nicht bruchfrei ist, belegt z. B. das BFH-Urteil vom 31. Januar 2002 V R 61/96 (BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813) und die vorgehende EuGH-Entscheidung vom 8. März 2001 C-415/98 "Baksi", EuGHE 2001 I-1831, Umsatzsteuer-Rundschau -UR-2001, 149). Je nach Gestaltung (Entnahme vor Veräußerung des steuerbelasteten Gegenstands oder nicht) tritt eine Doppelbelastung mit Umsatzsteuer ein. Der EuGH hat hierin keine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes gesehen. Nach seiner Auffassung ermöglicht Art. 13 Teil B Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG keine allgemeine Steuerbefreiung von Lieferungen, bei denen der Lieferer beim Erwerb des Gegenstands keinen Vorsteuerabzug geltend machen konnte (EuGH-Urteil vom 8. Dezember 2005 C-280/04 "Jyske Finans AG", Internationales Steuerrecht-IStR-2006, 58 m. Anm. Korf).

ccc) Aus dem BFH-Urteil vom 23. Januar 1992 V R 66/85 (BFHE 167, 221), in dem der BFH entschieden hat, dass auch zu Unrecht auf nicht steuerbare Lieferungen ausgewiesene Mehrwertsteuer als Vorsteuer abziehbar ist, kann nichts für die Auffassung der Klägerin sprechendes hergeleitet werden. Die genannte Entscheidung erging, bevor sich der BFH der zutreffenden richtlinienkonformen Auffassung angeschlossen hat, dass nicht jede in einer Rechnung ausgewiesene Steuer, sondern nur die für den Umsatz gesetzlich geschuldete Mehrwertsteuer als Vorsteuer abziehbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 2. April 1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Ende der Entscheidung

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