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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 4 K 2948/06
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 36 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

4 K 2948/06

Verbindliche Auskunft

In der Streitsache

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[....] sowie

der ehrenamtlichen Richter

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Aufhebung der Auskunft vom 28.6.2006 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Auskunft zu erteilen, bei der das Diplom der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in N als eine der Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf gleichwertige Vorbildung im Sinne des § 36 Abs.2 Nr. 1 Steuerberatungsgesetz berücksichtigt wird.

2. Die Prüfung der Frage, inwieweit die nach diesem Zeitpunkt ausgeübten praktischen Tätigkeiten Tätigkeiten im Sinne des § 36 Abs. 3 Steuerberatungsgesetz sind, bleibt dem Beklagten vorbehalten.

3. Von den Kosten des Verfahrens haben der Beklagte 3/4 und der Kläger 1/4 zu tragen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Diplomabschluss an einer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie einer der Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf gleichwertige Vorbildung i.S. des § 36 Abs. 2 Nr. 1 Steuerberatungsgesetz (StBerG) ist.

Der Kläger besuchte ab September 1989 berufsbegleitend die Verwaltungs- und WirtschaftsAkademie N. Nach dem ordnungsgemäßen Studium erhielt er am 1. Dezember 1992 das Wirtschaftsdiplom mit der Berechtigung, die Bezeichnung Betriebswirt (VWA) zu führen. Die Abschlussprüfung bezog sich auf folgende Fachgebiete:

Betriebswirtschaftslehre einschließlich Organisations- und Führungslehre, Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft - Bürgerliches Recht, Handelsrecht, öffentliches Recht und Grundlagen der EDV (Zusatzfach).

In der Zeit vom 2.7.1979 bis 30.9.1980 leistete der Kläger den Grundwehrdienst.

Seit 1.4.2000 ist der Kläger in der Informatik GmbH als verantwortlicher Mitarbeiter in der Bilanzbuchhaltung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden/Woche tätig. Nach einer Bestätigung dieser Firma vom 2.5.2006 führte er in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden folgende Tätigkeiten aus:

Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen,

Vorbereitung und Mitwirkung bei Jahresabschlussarbeiten,

Erstellung von Steuererklärungen und

Einrichtung der Buchführung.

Am 22.2.2006 legte der Kläger die Prüfung zum geprüften Bilanzbuchhalter erfolgreich ab.

Mit Antrag vom 2.5.2006 beantragte der Kläger beim Beklagten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft darüber, ob und ggf. inwieweit die Voraussetzungen für eine Zulassung zur Steuerberaterprüfung erfüllt sind.

Mit Schreiben vom 28.6.2006 erteilte der Beklagte gemäß § 38a StBerG die verbindliche Auskunft, dass für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung ab dem Datum der Ausstellung der Bescheinigung der Informatik GmbH noch eine praktische Tätigkeit für einen Zeitraum von 5 Jahren, 6 Monaten und 20 Tagen nachzuweisen sei. Auf die nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG erforderliche praktische Tätigkeit könnten nur der Grundwehrdienst mit 1 Jahr und 3 Monaten sowie die ab der Ablegung der Bilanzbuchhalterprüfung am 22.2.2006 bei der Informatik GmbH ausgeübte Tätigkeit angerechnet werden.

Mit der Klage beantragt der Kläger sinngemäß, den Beklagten unter Aufhebung der Auskunft vom 28.6.2006 zu verpflichten, ihm die verbindliche Auskunft zu erteilen, dass er die Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung erfülle.

Zur Begründung schildert er unter Vorlage entsprechender Unterlagen detailliert seinen beruflichen Werdegang. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf den Klageschriftsatz vom 31.7.2006 einschließlich der Anlagen Bezug genommen.

Er ist der Auffassung, dass der Abschluss der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie N einer Abschlussprüfung im kaufmännischen Ausbildungsberuf gleichzusetzen sei.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält das Studium an der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie einem Ausbildungsberuf für nicht vergleichbar, da einem Studium der dem Ausbildungsberuf immanente Praxisbezug fehle.

Am 22.11.2006 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

II.

Die Klage ist zum größten Teil begründet.

Zu Unrecht hat der Beklagte das Diplomzeugnis der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie N zum Betriebswirt (VWA) der Kaufmannsgehilfenprüfung nicht als gleichwertig angesehen.

Wie sich aus den ausführlichen Internet-Seiten der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie N unter , auf die Bezug genommen wird (insbesondere unter "Studienange-bot", "Studienziel", "Studienablauf" und "Zulassung"), ergibt, werden durch das berufsbegleitende 6 semestrige Studium, das grundsätzlich auf einer kaufmännischen Ausbildung und praktischen Berufstätigkeit aufbaut, Führungskräfte in diesem Bereich herangebildet. Damit ist der erfolgreiche Studiumabschluss einer Kaufmannsgehilfenprüfung nicht nur gleichzusetzen, sondern übertrifft die in § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG bestimmte Vorbildungsvoraussetzung bei weitem.

Die Gleich- bzw. die eindeutig gegebene Höherwertigkeit des Studiums kann auch nicht deshalb verneint werden, weil es nicht so praxisbezogen ist, wie eine Kaufmannslehre. Zum einen ist der Praxisbezug eindeutig dadurch gegeben, dass das Studium nur berufsbegleitend ist und zum anderen muss die erforderliche Praxis - wie bei einem Hochschulstudium -erst durch eine nach dem Abschluss ausgeübte einschlägige praktische Tätigkeit nachgewiesen werden.

Inwieweit die nach dem Diplomerwerb am 1. Dezember 1992 vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten im Einzelnen die in § 36 Abs. 3 StBerG bestimmten Voraussetzungen erfüllen muss, da insoweit eine Prüfung und Entscheidung der Beklagten noch nicht erfolgt ist, muss zunächst der Beurteilung durch den Beklagten vorbehalten bleiben.

Da der Kläger deshalb mit seinem Begehren, die Auskunft zu erhalten, bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung zu erfüllen, insoweit keinen Erfolg hatte, hält es der Senat für angemessen, gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) die Verfahrenskosten dem Beklagten zu 3/4 und dem Kläger zu 1/4 aufzuerlegen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf §§ 151 Abs. 3 und 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10 und 711 Zivilprozessordnung.



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