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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 05.01.2009
Aktenzeichen: 4 K 3049/07
Rechtsgebiete: KraftStG 2002, StVZO, GG


Vorschriften:

KraftStG 2002 § 18
StVZO § 23 Abs. 6a
GG Art. 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 4. Senat,

durch

die Richterin am Finanzgericht als Einzelrichterin

ohne mündliche Verhandlung

am 5. Januar 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob die rückwirkende Änderung der Besteuerung des Wohnmobils des Klägers verfassungsrechtlich zulässig ist.

Der Kläger ist Halter eines Wohnmobils

Mit gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) geändertem Bescheid vom 30. April 2007 setzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Steuer für die Zeit vom 18. April 2005 bis 31. Dezember 2005 auf 131 EUR fest. Für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 17. April 2006 setzte das FA die Steuer auf 134 EUR und für die Zeit ab 18. April 2006 auf jährlich 460 EUR nach dem neuen Wohnmobilsteuertarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 a Buchst. c) i.V.m. § 2 Abs. 2b KraftStG fest.

Den Einspruch des Klägers vom 7. Mai 2007 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2007 als unbegründet zurück.

Zur Begründung der Klage vom 27. August 2007 trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die rückwirkende Änderung der Kfz-Versteuerung für Wohnmobile zum 1. Januar 2006 stelle eine echte Rückwirkung dar, die nicht zulässig sei und gegen das Prinzip des Vertrauensschutzes verstoße. Es sei für den Steuerpflichtigen nicht ersichtlich gewesen, welche steuerliche Regelung im Jahr 2006 in Kraft treten würde. Deshalb habe der Steuerpflichtige im Vorfeld nicht reagieren könne, um Nachteile zu verhindern. Erst am 21. Dezember 2006, dem Zeitpunkt des Erlasses des Dritten Gesetzes zur Änderung des KraftStG habe der Kläger die für die Zukunft geltende steuerliche Regelung definitiv kennen und gegebenenfalls reagieren können.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Kraftfahrzeugsteueränderungsbescheides vom 30. April 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2007 die Kraftfahrzeugsteuer auf 185,38 EUR herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 5. Dezember 2008 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden (§ 6 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen und des Vorbringens der Parteien wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze verwiesen.

Die Entscheidung ergeht im Einvernehmen der Parteien ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

II. 1. Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das FA hat zu Recht die Jahressteuer für das Wohnmobil des Klägers auf 460 EUR heraufgesetzt.

a) Gegen die Rückwirkung der durch das Dritte Gesetz zur Änderung des KraftStG vom 21. Dezember 2006 zum 1. Januar 2006 eingeführten Wohnmobilsteuer bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. (Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 3. April 2008 II B 22/08, BFH/NV 2008, 1364)

Selbst wenn man mit Teilen der Literatur (vgl. Roth, UVR 2007, 313) davon ausgeht, dass es sich bei der rückwirkend zum 1. Januar 2006 eingeführten Wohnmobilsteuer um eine echte Rückwirkung handelt, ist auch die -an die Rechtfertigung strengere Anforderungen stellende - echte Rückwirkung im vorliegenden Fall verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Das BVerfG hat auch die "echte" Rückwirkung ausnahmsweise dann als rechtmäßig angesehen, wenn durch sie die Bürger schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, mit der Neuregelung rechnen mussten und daher ein Vertrauen auf den Fortbestand der alten Regelung nicht schutzwürdig ist (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BverfG- vom 14. Mai 1986, " BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 261, BStBl II 1986, 628, 647). Dieser Rechtfertigungsgrund (kein schutzwürdiges Vertrauen) liegt im Fall der Wohnmobilsteuer vor. Die neue Wohnmobilbesteuerung vollzieht - als bloße sachgerechte Anschlussregelunglediglich den Wegfall des § 23 Abs. 6a der Straßenverkehrs- und Zulassungsordnung (StVZO) aus dem Jahr 2004 nach; war also gleichsam seit 2004 "vorprogrammiert". Aufgrund der straßenverkehrsrechtlichen Gesetzesänderung konnten die Halter entsprechender Fahrzeuge (u.a. Wohnmobile) nicht mehr auf den Fortbestand der früheren Finanzrechtsprechung vertrauen, sondern mussten sich auf eine Steueränderung einstellen. Diese steuerrechtliche Präjudizierung hat auch der BFH jüngst in seinen Beschlüssen zur Hubraumbesteuerung schwerer Geländewagen in besonderer Weise herausgestellt (z.B. BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2006 VII B 263/06, BFH/NV 2007, 766). Die Änderung der Wohnmobil-Steuer war daher schon mit Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO zum 1. Mai 2005 als bekannt vorauszusetzen, zumal eine entsprechende Berichterstattung in den Medien stattgefunden hat. Dass der Kläger von der Berichterstattung keine Notiz genommen hat, kann nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden.

Für eine rechtmäßige Rückwirkung spricht darüber hinaus, dass gerade für die Wohnmobilbesteuerung eine Übergangsfrist vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Dezember 2005 eingeräumt worden ist (§ 18 Abs. 5 n.F. KrafStG), in der noch die alte Besteuerung beibehalten wurde. Damit ist dem Vertrauensschutz hinreichend Rechnung getragen worden.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Wohnmobil-Besteuerung grundsätzlich als Begünstigungsregelung entwickelt worden ist, um die mit Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO drohende, teurere Hubraumbesteuerung für Wohnmobile zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund - und insbesondere im Vergleich zu der seit Wegfall des § 23 Abs. 6 a StVZO erfolgten Höherbesteuerung schwerer Geländewagen - sind die aktuellen Änderungen als begünstigendes Gesetz einzuordnen. Eine rückwirkende Anwendung eines begünstigenden Gesetzes ist verfassungsrechtlich aber in jedem Fall unbedenklich.

b) Die Neuregelung verstößt auch nicht gegen Grundsrechte.

Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz (GG) schützt nicht davor, dass der Staat dem Bürger Geldleistungspflichten in Gestalt neuer steuerlicher Lasten auferlegt. Art. 14 GG ist daher nur ausnahmsweise bei einer sogenannten "erdrosselnden" Wirkung verletzt. Es gibt jedoch keinen Rechtsatz des Verfassungsrechts, der es dem Gesetzgeber verbietet, eine Steuer um 250 v.H. oder mehr von einem Jahr auf ein anderes zu erhöhen (vgl. BFH-Urteile vom 10. Juli 1990 VII R 12/88, BStBl II 1990, 929, BFHE 162, 141 und vom 4. Februar 2002 VII B 62/01, BFH/NV 2002, 815).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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