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Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 05.10.2009
Aktenzeichen: 4 V 1548/09
Rechtsgebiete: ErbStG, FGO, GG
Vorschriften:
ErbStG § 19 Abs. 1 | |
FGO § 69 Abs. 2 | |
FGO § 69 Abs. 3 | |
GG Art. 3 Abs. 1 | |
GG Art. 6 Abs. 1 | |
GG Art. 19 Abs. 4 | |
GG Art. 100 Abs. 1 |
In der Streitsache
...
hat der 4. Senat des Finanzgerichts München
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht,
des Richters am Finanzgericht und
der Richterin am Finanzgericht
ohne mündliche Verhandlung
am 5. Oktober 2009
beschlossen:
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Beschwerde wird zugelassen.
Gründe:
Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten.
I.
Den Schenkungsteuer- bzw. Rechtsbehelfsakten und den Gerichtsakten lässt sich folgender wesentlicher Sachverhalt entnehmen:
Mit privatschriftlichem Vertrag vom 24. Dezember 2008 wandte der Schenker u.a. seinem Bruder (dem Antragsteller) unentgeltlich einen Anteil i.H.v. 97% an einer Grundstücks Familien GbR zu. Am 20. April 2009 erließ der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) einen Schenkungsteuerbescheid, in dem die Schenkungsteuer i.H.v. 22.644,00 EUR festgesetzt wurde. Dieser Steuerfestsetzung legte das FA gemäß der Mitteilung des zuständigen FA vom 8. April 2009 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 24. Dezember 2008 einen Wert des Erwerbs i.H.v. 143.560,00 EUR zugrunde.
Aufgrund privatschriftlicher Erklärung vom 5. Januar 2009 wandte der Schenker dem Antragsteller zudem durch Überweisung einen Geldbetrag i.H.v. 25.000,00 EUR unentgeltlich zum Zwecke der Altersvorsorge zu. In seiner Schenkungsteuererklärung vom 26. Januar 2009 erklärte der Antragsteller neben der Geldschenkung als Vorschenkung den Erwerb eines Hausanteils im Wert von ca. 100.000,00 EUR zum 24. Dezember 2008. Am 20. April 2009 erließ das FA einen Schenkungsteuerbescheid, in dem für den Erwerb vom 5. Januar 2009 eine Schenkungsteuer i.H.v. 4.590,00 EUR festgesetzt wurde. Dieser Steuerfestsetzung legte das FA einen Wert des Erwerbs i.H.v. 25.000,00 EUR und einen Wert des Vorerwerbs i.S.d. § 14 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl. I 2008, 3018) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 (ErbStG n.F.) i.H.v. 143.560,00 EUR zugrunde. Zudem berücksichtigte das FA einen Anrechungsbetrag für den Vorerwerb i.H.v. 39.960,00 EUR, den es auf der Grundlage eines Werts des Vorerwerbs i.H.v. 143.560,00 EUR, eines bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Freibetrags gem. § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG a.F. i.H.v. 10.300,00 EUR für Erwerber der Steuerklasse II und eines für Erwerber der Steuerklasse II ab dem 1. Januar 2009 nach § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. geltenden Steuersatzes i.H.v. 30% ermittelte.
Mit Schriftsatz vom 23. April 2009 - bei Gericht eingegangen am 27. April 2009 - erhob der Antragsteller hiergegen Sprungklage i.S.d. § 45 FGO, der das FA mit Schriftsatz vom 27. Mai 2009 zustimmte. Über die Klage hat der Senat bislang noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 23. April 2009 stellte der Antragsteller gegenüber dem FA zudem einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids, der mit Bescheid vom 15. Mai 2009 abgelehnt wurde.
Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 - bei Gericht eingegangen am 25. Mai 2009 - begehrt der Antragsteller nunmehr vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz. Zur Begründung seines Aussetzungsantrags trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids wegen einer Verfassungswidrigkeit der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung ernstlich zweifelhaft sei. Zum einen verstoße § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. insofern gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), als die Vorschrift einheitliche Steuersätze für sämtliche Fälle eines Erwerbs von Todes wegen bzw. einer Schenkung unter Lebenden bestimme, obwohl einzelne Zuwendungsgegenstände in unterschiedlicher Höhe der Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen seien, was insbesondere für die Bewertung einer Barschenkung im Vergleich zur Zuwendung von Betriebsvermögen gelte. Während eine Barschenkung mit dem Nennwert anzusetzen sei, käme der Erwerber von Betriebsvermögen in den Genuss eines weitreichenden Verschonungsabschlags gem. § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 4, Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F., womit - vorbehaltlich der Nachversteuerungstatbestände des § 13a Abs. 1, 5 und 8 ErbStG n.F. - mindestens 85% des Werts des Betriebsvermögens bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs außer Ansatz blieben; sofern der Erwerber zudem von seinem Wahlrecht nach § 13a Abs. 8 ErbStG n.F. Gebrauch mache, erhöhe sich der Verschonungsabschlag sogar auf 100%. Diese Ungleichbehandlung von Barvermögen und Betriebsvermögen sei jedoch sachlich nicht gerechtfertigt, da die vom Gesetzgeber verfolgten Lenkungsziele in Gestalt eines Schutzes der Liquidität von Betrieben, der Erleichterung von Investitionen und der Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Neuregelung des ErbStG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 nicht zielgenau umgesetzt worden seien und darüber hinaus keine derartig weitgreifende Begünstigung von Betriebsvermögen erforderten. Zum anderen verstoße die Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. gegen Art. 6 Abs. 1 GG und das sich hieraus ergebende Familienprinzip als weitere Grenze für das Maß der Steuerbelastung. Der Schutz von Ehe und Familie fordere einen familiengerechten Tarifverlauf mit folgerichtig ausgestalteten Übergängen, was durch § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. insoweit nicht gewährleistet sei, als der Antragsteller einerseits als Bruder und Verwandter des Schenkers der Steuerklasse II angehöre, jedoch dem gleichen einheitlichen Steuersatz wie ein Nichtverwandter der Steuerklasse III i.H.v. 30% unterliege. Im Hinblick auf die Anforderungen aus Art. 6 Abs. 1 GG treffe den Antragsteller im Verhältnis zu einem Erwerber der Steuerklasse I andererseits eine nicht gerechtfertigte übermäßige Besteuerung, da für einen Erwerber der Steuerklasse I bei einem Erwerb vergleichbarer Größenordnung lediglich ein deutlich geringerer Steuersatz gelte.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Schenkungsteuerbescheid vom 20. April 2009 ab Fälligkeit für die Dauer des Klageverfahrens ohne Sicherheitsleistung i.H.v. 4.590,00 EUR von der Vollziehung auszusetzen, hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt das FA im Wesentlichen aus, dass die Neuregelung des ErbStG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 insofern die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in dessen Beschluss vom 7. November 2006 (1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1) umgesetzt habe, als sämtliche Vermögensgegenstände nunmehr mit dem gemeinen Wert der Ermittlung des Werts des Erwerbs zugrunde zu legen seien. Zudem habe sich der Gesetzgeber auch hinsichtlich Art und Umfang der Begünstigung des Betriebsvermögens an die Vorgaben des BVerfG in der o.g. Entscheidung zur Verfolgung lenkungspolitischer Zwecke gehalten, womit die unterschiedliche Behandlung von Bargeld und Betriebsvermögen gerechtfertigt sei. Schließlich liege es im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, Vermögensübertragungen im unmittelbaren und engeren familiären Umfeld gegenüber Erwerben durch Personen der Steuerklasse II und III über höhere Freibeträge und niedrigere Steuersätze deutlich geringer steuerlich zu belasten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Schenkungsteuer- bzw. Rechtsbehelfsakten des FA und die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig. Bezüglich des antragsgegenständlichen Schenkungsteuerbescheids ist die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO in Gestalt einer vorherigen vollständigen Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung durch das FA erfüllt (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 XI S 14/98, BFH/NV 1999, 926).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, da mögliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des antragsgegenständlichen Schenkungsteuerbescheids unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten im Streitfall allein keine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen.
a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Finanzgericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Derartige Zweifel sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Juli 1994 I B 53/94, BStBl II 1995, 65) oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen aufwerfen (vgl. BFH-Beschluss vom 12. November 1992 XI B 69/92, BStBl II 1993, 263 m.w.N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für den Streitfall im Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz bezüglich des antragsgegenständlichen Schenkungsteuerbescheids folgende Beurteilung:
aa) Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit exekutiven Handelns und des Vorrangs des Gesetzes als verfassungsdirigierte Rechtsstaatsprinzipien gem. Art. 20 Abs. 3 GG können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids i.S.d. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO auch unter dem Gesichtspunkt der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Rechtsnorm bestehen. Da jedoch jedem formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetz die Vermutung seiner Verfassungskonformität inne liegt, sind an die Beurteilung ernstlicher Zweifel aufgrund einer geltend gemachten Verfassungswidrigkeit einer Steuerrechtsnorm im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes letztlich Anforderungen zu stellen, die über die übliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage hinausgehen (vgl. hierzu z.B. Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 330 m.w.N.). In diesem Sinne sind Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Steuerrechtsnorm anzunehmen, sofern der BFH bereits verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsnorm geäußert hat, ein Finanzgericht gem. Art. 100 Abs. 1 GG ein konkretes Normenkontrollverfahren angestoßen hat, mehrere Finanzgerichte Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der entscheidungserheblichen Rechtsnorm geäußert haben oder wenn aus einer vorausgegangenen Entscheidung des BVerfG auf ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit entsprechender Rechtsnormen geschlossen werden kann (vgl. hierzu Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 130 m.w.N.). Eine Vorlage der Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm an das BVerfG gem. Art. 100 Abs. 1 GG scheidet in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen dessen besonderen Eilcharakters regelmäßig aus und bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454; vom 18. Dezember 1989 IV B 37/89, BFH/NV 1990, 570).
Auch wenn nach den vorstehend skizzierten Grundsätzen im Einzelfall ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Steuerrechtsnorm bestehen sollten, rechtfertigt dies vor dem Hintergrund der besonderen Funktions- und Wirkungsweise des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht zwangsläufig eine Aussetzung der Vollziehung des darauf beruhenden Steuerbescheids gem. § 69 Abs. 2 FGO. Da der Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungskonformität einer Steuerrechtsnorm letztlich die Wirkung einer zeitweisen Suspendierung der gesetzlichen Vorschrift zukommt (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454), ist unter Beachtung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes i.S.d. Art 19 Abs. 4 GG nach ständiger und vom BVerfG bestätigter Rechtsprechung des BFH eine spezifische Interessenabwägung zwischen dem individuellen Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Interesse an einem Vollzug formell ordnungsgemäß zustande gekommener - und mithin mit der Vermutung der Verfassungskonformität ausgestatteter - Steuergesetze und dem damit einhergehenden allgemeinen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung vorzunehmen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09, DStR 2009, 1950 m.w.N.; BVerfG-Beschluss vom 3. April 1992 2 BvR 283/92, HFR 1992, 726; hierzu auch Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spittaler, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 331 m.w.N.). Im Rahmen dieser Abwägung ist zudem neben dem Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache das hieraus abzuleitende Verbot der über die Hauptsacheentscheidung hinausgehenden Entscheidung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist in diesem Zusammenhang insbesondere eine Prognose anzustellen, ob in einem (möglichen) Hauptsacheverfahren vor dem BVerfG mit einer rückwirkenden Nichtigkeitsfeststellung oder (lediglich) mit einer Unvereinbarkeitserklärung unter Anordnung der befristeten Weitergeltung des verfassungswidrigen Gesetzes zu rechnen ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Juli 2003 II B 20/03, BStBl II 2003, 807; kritisch Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 96). Um den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum im Rahmen der erforderlichen Neuregelung zu wahren, spricht das BVerfG bei dem Verstoß einer Steuerrechtsnorm gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG regelmäßig eine bloße Unvereinbarkeitserklärung mit der Anordnung der befristeten Weitergeltung des verfassungswidrigen Gesetzes bis zu einer gesetzlichen Neuregelung aus (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165; vom 7. November 2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1; hierzu auch Seer, NJW 1996, 285 m.w.N.), womit in dieser Fallkonstellation ein Aussetzungsinteresse des Antragstellers letztlich in den Hintergrund tritt. Eine Ausnahme besteht lediglich insofern, als sich aus einer früheren Entscheidung des BVerfG bereits konkrete Vorgaben für eine verfassungskonforme Neuregelung der gesetzlichen Materie entnehmen lassen, an die sich der Gesetzgeber nicht gehalten hat (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94), bzw. in den Fällen verfassungswidriger einzelner Steuernormen mit haushaltswirtschaftlich untergeordneter Bedeutung und vergleichsweise kurzem Anwendungszeitraum (vgl. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1-2/07, 1-2/08, DStR 2008, 2460).
In seinem Beschluss vom 25. August 2009 hat der 6. Senat des BFH allerdings die Möglichkeit angedeutet, entgegen der bisherigen Rechtsprechung im Rahmen der Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und den öffentlichen Vollzugs- und Haushaltsinteressen letztere in Zukunft weniger stark zu berücksichtigen bzw. auf das Erfordernis eines besonderen Aussetzungsinteresses des Antragstellers gänzlich zu verzichten (vgl. BFH-Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09, DStR 2009, 1950). Der 6. Senat hat diese Frage in seinem Beschluss zur Aussetzung der Vollziehung wegen Zweifel an der Verfassungskonformität des Abzugsverbots für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer jedoch letztlich offen gelassen, da seiner Meinung nach angesichts relativ geringer Steuerausfälle bei einer möglichen Nichtigerklärung des § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne einer geordneten Haushaltsführung dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers von vornherein nicht entgegenstehe und somit auch mit einer rückwirkenden Nichtigerklärung der betreffenden Norm durch das BVerfG gerechnet werden könne.
bb) Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall kommt nach Ansicht des Senats eine Aussetzung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des antragsgegenständlichen Schenkungsteuerbescheids allein unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht in Betracht.
Der Senat verkennt nicht die vom Antragsteller gerügte Divergenz zwischen der weitreichenden Begünstigung von Betriebsvermögen aufgrund der Verschonungsregelungen der §§ 13a, 13b ErbStG n.F. im Vergleich zu den übrigen Vermögensgegenständen - so insbesondere einem mit dem Nennwert anzusetzenden Barvermögen - einerseits und zwischen der steuerlichen Belastung von Erwerbern der Steuerklasse II gegenüber den geringer belasteten Erwerbern der Steuerklasse I bzw. den gleich belasteten Erwerbern der Steuerklasse III aufgrund der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. andererseits. Unabhängig von der Frage, ob aus dieser divergierenden steuerlichen Belastung unterschiedlicher Vermögensgegenstände bzw. unterschiedlicher Gruppen von Erwerbern ernstliche Zweifel i.S.d. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO an der Verfassungsmäßigkeit der entscheidungserheblichen Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. aufgrund eines möglichen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. Art. 3 Abs. 1 GG bzw. eines Verstoßes gegen das Gebot des besonderen Schutzes von Ehe und Familie gem. Art. 6 Abs. 1 GG in seiner Funktion als besonderes Gleichbehandlungsgebot resultieren, scheidet eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids gem. § 69 Abs. 2 Satz 1 FGO aus. Der Senat hat im Verfahren über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß den (noch) geltenden Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Juli 2003 II B 20/03, BStBl II 2003, 807; vom 25. August 2009 VI B 69/09, DStR 2009, 1950) eine Abwägung zwischen dem besonderen Aussetzungsinteresse des Antragstellers und den öffentlichen Interessen an einer geordneten Haushaltsführung vorzunehmen und dabei zu beachten, dass er keine weitergehende Entscheidung trifft, als vom BVerfG im Rahmen einer möglichen abstrakten bzw. konkreten Normenkontrolle zu erwarten wäre.
Vor diesem Hintergrund besteht nach Ansicht des Senats im Streitfall insofern ein das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegendes öffentliches Interesse an einer geordneten Haushaltsführung, als es sich bei § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. nicht um eine isoliert zu betrachtende und anzuwendende Steuernorm mit einer lediglich untergeordneten haushaltswirtschaftlichen Bedeutung sondern um die zentrale Tarifvorschrift des geltenden ErbStG mit Auswirkungen auf sämtliche Festsetzungen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer handelt, womit im Fall einer rückwirkenden Nichtigerklärung des § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. durch das BVerfG bei einer unabsehbaren Verfahrensdauer und einem geschätzten jährlichen Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer i.H.v. 4 bis 5 Mrd. EUR Steuerausfälle in nennenswerter Höhe zu besorgen wären. Da das BVerfG in der Vergangenheit im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens in vergleichbaren Fällen des Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG zur Wahrung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums im Hinblick auf eine verfassungskonforme Neuregelung nicht die (rückwirkende) Nichtigkeit des betreffenden Steuergesetzes sondern lediglich dessen Unvereinbarkeit mit der Verfassung nebst der befristeten Weitergeltung des verfassungswidrigen Gesetzes bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ausgesprochen hat, steht im Streitfall bei einer möglichen Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. ebenfalls die letztgenannte Entscheidungsvariante zu erwarten. Dies gilt um so mehr, als die Frage der verfassungskonformen Ausgestaltung der Privilegierung des unentgeltlich übertragenen Betriebsvermögens gegenüber sonstigen Vermögensgegenständen im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. das Ausmaß der steuerlichen Belastung der Erwerber der Steuerklassen I bis III im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 6 Abs. 1 GG nach Ansicht des Senats durch die Entscheidung des BVerfG zum ErbStG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung vom 7. November 2006 (1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1) keiner abschließenden Klärung zugeführt worden ist, aus der sich bereits die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung des ErbStG durch das Gesetz vom 24. Dezember 2008 (BGBl. I 2008, 3018) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 mit hinreichender Bestimmtheit ableiten ließe.
b) Da sich im Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz der Prozessstoff auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen und präsenten Beweismittel beschränkt, bleibt jede weitergehende Sachverhaltsaufklärung i.S.d. § 76 FGO dem gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten (vgl. Koch in Gräber, FGO, 6. Auflage 2006, § 69 Rz. 121, 122).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4. Die Beschwerde zum BFH wird zugelassen. Im Hinblick auf den Beschluss des BFH vom 25. August 2009 (VI B 69/09, DStR 2009, 1950) berührt die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage, ob im Rahmen eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Steuernorm entgegen der bisherigen Rechtsprechung die öffentlichen Haushaltsinteressen in der Interessenabwägung weniger stark berücksichtigt werden können bzw. ob ein besonderes Aussetzungsinteresse des Antragstellers überhaupt erforderlich ist, das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts. Die Rechtssache hat damit grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 128 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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