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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 07.03.2007
Aktenzeichen: 5 K 4412/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

5 K 4412/05

Einkommensteuer 2000, 2001 und 2002

In der Streitsache

[...]

hat das Finanzgericht München, 5. Senat, durch

den Richter am Finanzgericht ... als Einzelrichter

ohne mündliche Verhandlung am 07. März 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Der ledige Kläger wird beim Beklagten, dem Finanzamt München IV, zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte in den Streitjahren 2000 bis 2002 u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und machte Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung geltend. Er sei seit März 2000 in München unbefristet beschäftigt und bewohne dort eine ca. 63 qm große Wohnung. Vorher sei er mehrere Jahre in Fulda tätig gewesen und habe dort ebenfalls über eine angemietete Wohnung verfügt. Seit 1968 sei er in Essen gemeldet, erst mit Hauptwohnsitz und ab 1988 mit Nebenwohnsitz. Dort bewohne er eine abgeschlossene Wohnung im Haus seiner Eltern mit 35 qm, die zwei Zimmer, Kochmöglichkeit, Bad und Flur habe. Im Jahr 2000 habe er 12, in 2001 23 und in 2002 13 Heimfahrten nach Essen durchgeführt. Mehr Fahrten seien insbesondere in den Jahren 2001 und 2002 durch seine intensive berufliche Fortbildung nicht möglich gewesen. Der Beklagte ließ die Aufwendungen in den Einkommensteuerbescheiden 2000, 2001 und 2002 unberücksichtigt.

Auf den im Einspruchsverfahren vorgebrachten Einwand des Beklagten, dass aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere aufgrund des Vergleichs der beiden Wohnungen und der Zahl der Heimfahrten, nicht von einer doppelten Haushaltsführung auszugehen sei, entgegnete der Kläger, die Wohnung im Elternhaus entspreche dem bewertungsrechtlichen Begriff der Wohnung. Größe und Ausstattung der Wohnung seien für die Frage der doppelten Haushaltsführung ohne Bedeutung. Der Beklagte wies den Einspruch - unter Änderung der streitgegenständlichen Steuerbescheide in anderen, nicht mehr strittigen Punkten - mit Einspruchsentscheidung vom 08.11.2005 ab.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ausschlaggebend sei allein, dass am Ort der Beschäftigung eine Wohnung unterhalten werde und der Wille vorhanden sei, an den Ort des Lebensmittelpunktes in die dort vorgehaltene Wohnung zurückkehren zu können. Auch die Anzahl der Heimfahrten sei, zumal kurz nach dem Wechsel des Arbeitgebers, ohne Bedeutung, vielmehr habe zu dieser Zeit aufgrund des neuerlichen Probearbeitsverhältnisses ein höheres Bedürfnis des Klägers nach Absicherung bestanden.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuerbescheide 2000, 2001 und 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 08.11.2005 dahingehend zu ändern, dass Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 33.896,16 DM für 2000, 30.685 DM für 2001 und 2.595 DM für 2002 als weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, können gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als Werbungskosten abgezogen werden, unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG liegt eine doppelte Haushaltsführung dann vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Erforderlich ist somit das Halten von zwei Wohnungen sowie die Aufsplittung der ansonsten einheitlichen Lebensführung auf zwei Haushalte (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH-vom 02.01.1972 VI R 95/71, BFHE 104, 193, BStBl II 1972, 262). Ferner muss sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht am Beschäftigungsort, sondern weiterhin am Wohnort befinden. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einer doppelten Haushaltsführung ist, dass der Ort des Lebensmittelpunkts am Heimathausstand verbleibt, während der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort wohnt. Der Lebensmittelpunkt eines Menschen liegt dort, wo sich seine sozialen und familiären Belange konzentrieren.

Dies ist der Ort, an dem er gesellschaftlich eingebunden ist, an dem er seinen Freundes- und Bekanntenkreis hat und an dem er seine sozialen und gesellschaftlichen Bindungen pflegt (FG Hamburg, Urteil vom 08.03.2002 II 42/01, EFG 2002, 1029; BFH vom 05.10.1994 a.a.O.).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass sich der Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse im Streitjahr in Essen befand und er dort einen eigenen Haushalt bewirtschaftete.

a) Die Anzahl der Heimfahrten ist nur ein Indiz für den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse.

Die ständige Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, geht bei typisierender Betrachtung von mindestens zwei Heimfahrten pro Monat aus. Eine derartige Anzahl von Heimfahrten hat der Kläger weder vorgetragen noch hat er durch Vorlage geeigneter Belege über Fahrtkosten deren tatsächliche Durchführung glaubhaft gemacht oder gar nachgewiesen.

b) Zum Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse hat der Kläger hinsichtlich seines Freundes- und Bekanntenkreises in Essen und im Gegensatz hierzu in München nichts vorgetragen, was für oder gegen einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse an dem einen oder dem anderen Ort sprechen könnte.

Die Größe der Wohnung in München im Vergleich zur Größe der Wohnung ist im Rahmen der notwendigen Gesamtabwägung ein Indiz, das deutlich für ein Vorliegen des Lebensmittelpunktes in München spricht. Weitere Ausführungen zum Lebensmittelpunkt hat der Kläger unter Beharrung auf seinem Rechtsstandpunkt bei mehreren Gelegenheiten, bei denen ihm die abweichende Rechtsauffassung des Beklagten zur Stellungnahme zugeleitet wurde, jedoch nicht geliefert. Insbesondere aus der Zuleitung des Schriftsatzes des Beklagten vom 28.03.2006 mit Fristsetzung zur Stellungnahme hätte er ersehen müssen, dass das Gericht das Vorbringen des Beklagten durchaus für entscheidungserheblich erachtet. Dieses Verhalten begrenzt die Amtsermittlungspflicht des Gerichts (vgl. BFH-Beschluss vom 06.05.2005 XI B 239/03, BFH/NV 2005, 1605).

c) Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Denn Voraussetzung für die Anerkennung von Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung ist die Eigenbewirtschaftung im Sinne des Unterhaltens eines Haushalts am Wohnort. Das Gesetz unterscheidet in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG zwischen dem Wohnen am Beschäftigungsort und dem Unterhalten eines eigenen Hausstandes außerhalb dieses Ortes.

Daraus wird gefolgert, dass der Arbeitnehmer die Haushaltsführung wesentlich bestimmen und das dort herrschende hauswirtschaftliche Leben in einem Maße fördern muss, dass dieser Hausstand als der Haupthausstand erscheint (Schmidt/Drenseck, EStG § 9 Rz 144 m.w.N.). Dies ist aufgrund der Aufenthaltszeiten in Essen und der nach der Lebenserfahrung zu vermutenden Verköstigung durch die Eltern des Klägers bei dessen Aufenthalten nicht nachgewiesen.

d) Wegen der bereits vorliegenden langjährigen auswärtigen Beschäftigung des Klägers kommt auch eine sog. unechte doppelte Haushaltsführung von vornherein nicht in Betracht (siehe hierzu umfassend BFH-Urteil vom 16.12.2004 IV R 8/04, BFH/NV 2005, 772 m.w.N.).

e) Damit lässt sich nicht feststellen, dass sich der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Klägers in Essen befunden hat. Hierfür trägt der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen die Feststellungslast.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

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