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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 17.03.2009
Aktenzeichen: 6 K 3474/06
Rechtsgebiete: KStG


Vorschriften:

KStG § 8b Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 6. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht NN,

des Richters am Finanzgericht NN und

des Richters am Finanzgericht NN sowie

der ehrenamtlichen Richter NN und NN

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist - für den Veranlagungszeitraum 2002 - die Anwendung des § 8b Körperschaftsteuergesetz (KStG) auf anteilige Aktienverluste aus der Veräußerung von Investmentanteilen.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein genossenschaftliches Kreditinstitut. Sie hielt alle Anteile an dem Investment Sondervermögen XY Dachfonds Nr. 1 (Fonds). Diese Anteile wurden im Streitjahr zurückgegeben. Dabei wurde ein Veräußerungsgewinn von insgesamt 70. 000 EUR erzielt, der auch versteuert wurde. Dieser Veräußerungsgewinn beinhaltet nach Mitteilung der NN Investment vom 28. Oktober 2005 einen besitzanteiligen Aktienverlust in Höhe von -221.145,91 EUR. Der Veräußerungsgewinn im Übrigen beträgt 291.145,91 EUR.

Eine auch für das Streitjahr durchgeführte Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, dieser anteilige Aktienverlust sei dem Gewinn der Klägerin hinzuzurechnen. Auf den Bericht über die Außenprüfung vom 5. Dezember 2005 wird Bezug genommen. Entsprechend erging unter dem 11. April 2006 ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid für 2002. Bei einem Jahresüberschuss von 352.362 EUR und einem zu versteuernden Einkommen von 1.775.898 EUR wurde die Körperschaftsteuer auf 433.398 EUR festgesetzt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 10. August 2006 wurde der dagegen eingelegte Einspruch vom 11. April 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 6. September 2006:

§ 40 a Abs. 1 Satz 2 KAGG sei - wie vorliegend - im Fall der Veräußerung oder Rückgabe von Fondsanteilen nicht anwendbar, wenn ein Veräußerungsgewinn entstehe.

Die historische Auslegung dieser Norm bestätige das auf Basis der rein grammatikalischen Auslegung gefundene Ergebnis.

Der insoweit identische Wortlaut zur Tatbestandsvoraussetzung in § 8 b Abs. 3 KStG bestätige diese Auslegung, wonach die in § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG angesprochene Gewinnminderung sich auf Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste aus dem Fondanteil als Ganzes beziehe.

Analog lasse sich auch aus dem System der Umsetzung des Halbeinkünfteverfahrens im KAGG kein gegenteiliger objektivierter Wille des Gesetzgebers ableiten.

Bei der Neuregelung des § 40 a Abs. 1 Satz 2 KAGG durch das Gesetz vom 22. Dezember 2003 handle es sich nicht nur um eine deklaratorische Klarstellung, sondern um eine konstitutive Gesetzesänderung, die in einen bereits im Veranlagungszeitraum 2002 verwirklichten Sachverhalt eingreife.

Die Klägerin beantragt,

die Körperschaftsteuerfestsetzung für 2002 dahingehend zu ändern, dass die Hinzurechnung gemäß § 8 b Abs. 3 KStG aus dem Verkauf der Anteile an dem Investmentsondervermögen XY Dachfonds Nr. 1 in Höhe von 221.145 EUR rückgängig gemacht und das steuerpflichtige Einkommen entsprechend gemindert wird,

hilfsweise

Zulassung der Revision.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

Zulassung der Revision.

Bei dem erzielten negativen Aktiengewinn handle es sich um eine Gewinnminderung im Sinne des § 8b Abs. 3 KStG.

Nach § 8b Abs. 2 KStG blieben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören, außer Ansatz.

Die Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG sei auch auf Anteile an Investmentfonds anzuwenden (§ 40a Abs. 1 Satz 1 KAGG).

Nach § 8b Abs. 3 KStG seien Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstünden, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen.

Folglich seien Gewinnminderungen aus der Veräußerung von besitzanteiligen Aktien im Zusammenhang mit Investmentfonds ebenfalls nicht zu berücksichtigen (§ 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG).

Am 22. April 2008 fand ein Termin zur Erörterung des Sach- und Rechtsstandes statt. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Auf die ergänzenden Stellungnahmen der Klägerin vom 29. April 2008 und vom 19. Juni 2008 und des FA vom 26. Mai 2008 wird Bezug genommen.

Am 17. März 2009 hat der Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

II. 1. Die Klage ist unbegründet.

a) Das Finanzamt hat den in den zurückgegebenen Investmentfondsanteilen enthaltenen Aktienverlust, der den Handelsbilanzgewinn und daraus folgend den Steuerbilanzgewinn der Klägerin gemindert hat, materiell-rechtlich zutreffend dem Bilanzgewinn wieder hinzugerechnet.

Materielle Rechtsgrundlage für die Hinzurechnung der Aktienverluste zum Steuerbilanzgewinn der Klägerin ist § 8b Abs. 3 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung.

Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in § 8b Abs. 2 genannten Anteil entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen. § 8b Abs. 3 KStG wirkt nach seiner Regelungstechnik als Einkommensermittlungsvorschrift; unter die Bestimmung fallende Gewinnminderungen sind dem Steuerbilanzgewinn außerbilanziell hinzuzurechnen.

§ 8b Abs. 3 KStG ist jedoch nicht unmittelbar anwendbar, denn dies würde voraussetzen, dass die genannte Regelung sowie die Vorschrift in § 8b Abs. 2 KStG, auf die Abs. 3 der Vorschrift unmittelbar Bezug nimmt, den "Anteil" an einem Investmentfonds mit umfasst. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 des Gesetztes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung) gilt das Wertpapier-Sondervermögen als Zweckvermögen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Es ist nach § 38 Abs. 1 Satz 2 KAGG von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit. Der Anteil an einem Investmentfonds stellt danach einen Anteil an einem Sondervermögen bzw. einer Vermögensmasse, nicht jedoch, wie dies § 8b Abs. 2, 3 KStG erfordern würde, einen "Anteil an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen" dar. Für eine unmittelbare Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG ist daher im Streitfall kein Raum.

Die Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG ergibt sich jedoch nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften des KAGG. Auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, sind § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anteilscheininhaber noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören (§ 40a Abs. 1 KAGG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung).

Der Senat schließt sich der Rechtsansicht an, dass es sich bei der in § 40a Abs. 1 KAGG angeordneten Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG um eine "Rechtsfolgenverweisung" handelt mit der Konsequenz, dass auch die Rechtsfolge des § 8b Abs. 3 KStG, die mit derjenigen in Abs. 2 der Vorschrift untrennbar in Verbindung steht, anzuwenden ist (vgl. dazu Urteil des 7. Senats des Finanzgerichts München 7 K 917/07 vom 28. Februar 2008, EFG 2008, 991, m.w.N.; Revision eingelegt, Az. des BFH: I R 27/08).

Für die steuerliche Beurteilung der von der Klägerin erzielten Aktienverluste aus der Rückgabe von Anteilen an dem Investmentfonds sind die §§ 38 ff KAGG in der für das Streitjahr geltenden Fassung maßgeblich. Diese Vorschriften bestimmen, wie Einnahmen aus dem Wertpapier-Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft auf der Ebene des Anteilseigners der Besteuerung unterworfen werden. Das KAGG folgt insoweit einem -eingeschränkten- "Transparenzprinzip", welches darauf abzielt, die Erträge des Wertpapier-Sondervermögens einerseits unmittelbar beim Anleger zu erfassen und andererseits bei diesem teilweise steuerlich zu begünstigen. Das vom Gesetzgeber verfolgte Transparenzprinzip gebietet es, Einkünfte des Fonds grundsätzlich wie Einkünfte des Anlegers zu behandeln; nach diesen Grundsätzen gehen die Besteuerungsvorschriften des KAGG den allgemeinen Regeln des EStG vor.

Der gesetzgeberische Grundgedanke, Direktanleger und Wertpapier- Sondervermögen einkommensteuerrechtlich gleichermaßen zu behandeln, kommt in der im Streitfall maßgeblichen Regelung des § 40a Abs. 1 KAGG durch die gesetzgeberische Anordnung zum Ausdruck, wonach auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier- Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 2 KStG "anzuwenden" sind. Damit wird nicht lediglich die (isolierte) Geltung des § 8b Abs. 2 KStG, sondern die (vollumfängliche) "Anwendung" der in § 8b Abs. 2 KStG normierten Rechtsfolgen bestimmt. Zu diesen Rechtsfolgen gehören indes auch die in § 8b Abs. 3 KStG bestimmten Einschränkungen bei der Gewinnermittlung im Zusammenhang mit einem in Abs. 2 der Vorschrift genannten "Anteil". Es gebietet eine am Grundprinzip der Folgerichtigkeit orientierte Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG, den Fondsanleger -ebenso wie den Direktanleger- den in § 8b Abs. 3 KStG bestimmten Einschränkungen zu unterwerfen.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Überlegung, dass ein genereller, notwendiger und untrennbarer Zusammenhang zwischen der Steuerfreiheit von Erträgen einerseits und der Nichtabziehbarkeit von Verlusten andererseits im Steuerrecht nicht existiere. Da im Streitfall nach Auffassung des Senats schon die unmittelbare Auslegung der maßgeblichen Vorschrift eine Anwendung des Abzugsverbots von Gewinnminderungen erforderlich macht, braucht ein solcher genereller Rechtsgrundsatz nicht zur Auslegung herangezogen werden.

Da eine Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG bereits nach der im Streitjahr geltenden Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG gesetzlich bestimmt war, kommt es auf die Frage einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung der §§ 40a Abs. 1 Satz 2, 43 Abs. 18 KAGG i.d.F. des Korb II - Gesetzes nicht mehr an. Der Senat folgt insoweit der auch in der Gesetzesbegründung zu § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.d.F. des Korb II - Gesetzes zum Ausdruck gekommenen Auffassung des Gesetzgebers (BT-Drs. 15/1518, 17), wonach die genannten Regelungen lediglich eine redaktionelle Klarstellung dahin enthalten, dass § 8b Abs. 3 KStG auch bei Investmentanteilen gelte, wenn Verluste aus der Veräußerung der Anteilscheine oder Teilwertminderungen auf Wertminderungen der in dem Wertpapier-Sondervermögen befindlichen Beteiligungen beruhten.

b) Im Streitfall hat das FA zutreffend - entsprechend dem Transparenzprinzip - die im zurückgegebenen Investmentfonds enthaltenen Verluste aus Aktien steuerlich unberücksichtigt gelassen. Bei diesen Aktien handelt es sich um Anteile an Körperschaften im Sinne des § 8b Abs. 2 KStG. Aufgrund der Gesetzesformulierung "soweit" in § 40a Abs. 1 KAGG ist es nicht erforderlich, dass der Investmentfonds nur Aktien enthalten hat. Entsprechend ist der auf die Aktien entfallenden Veräußerungsverlust, der Teil des bei Rückgabe des Investmentfonds entstandenen Gesamtgewinns war, dadurch steuerlich zu neutralisieren, als er außerbilanziell dem Steuerbilanzgewinn hinzuzurechnen ist. Die Klägerin wird dadurch so gestellt, wie sie es wäre, wenn sie die entsprechenden Aktien nicht mittelbar über den Investmentfonds sondern direkt gehalten hätte. Dabei braucht nicht weiter darauf eingegangen werden, dass die Klägerin alleinige Anteilseignerin des Investmentfonds war.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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