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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 6 K 4583/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 33 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

6 K 4583/05

Einkommensteuer 2004

In der Streitsache

...

hat das Finanzgericht München, 6. Senat,

ohne mündliche Verhandlung am 16.Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob Aufwendungen des Klägers für die Anschaffung eines Wasserbettes mit Holzrahmenkonstruktion dazu als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

Der Kläger leidet nach eigenen Angaben an chronischen Allergien. In der Steuererklärung vom für das Jahr 2004 machte der Kläger Anschaffungskosten für ein Wasserbett in Höhe von 1.324,-EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Zum Nachweis verwies er auf die ärztliche Bescheinigung seines behandelnden Arztes. Aus der Bescheinigung ergibt sich, dass beim Kläger aufgrund des Krankheitsbildes und der ermittelten Laborwerte eine strikte Vermeidung allergenisierender Stoffe angezeigt ist. Im Testverfahren sei festgestellt worden, dass von den auf dem Markt erhältlichen Bettwaren ausschließlich ein Wasserbett infrage komme. Zudem könnten Wasserbettsysteme "abgespeckt" und auf wenige Materialien reduziert werden, so dass die Gefahr einer weiteren Allergerisierung deutlich gemindert werde.

Der Beklagte (Finanzamt-FA) erkannte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 19.7.2005 neben anderen nicht mehr streitgegenständlichen Abweichungen (Änderungsbescheid vom 28.11.2005), die Aufwendungen für das Wasserbett nicht als außergewöhnliche Belastungen an, weil es diese als Kosten zur Hausratsbeschaffung nach vorangegangenem Umzug wertete und nicht als Kosten einer Heilbehandlung anerkannte.

Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 1.12.2005 insoweit als unbegründet zurück.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger ergänzend vor, dass bei ihm im Frühjahr 2002 eine multiple chronische Sensibilisierung hauptsächlich gegen Kunststoffe wie Latex, Polyester und Schimmelpilze (chronische Allergien) aufgrund zunächst nicht erklärbarer physischer Leistungsschwäche diagnostiziert worden sei. Die Normalisierung des Immunsystems bei multipler chronischer Sensibilisierung erstrecke sich im Regelfall - wie auch beim Kläger über Jahre. Durch die Komplexität des Zusammenwirkens allergierelevanter Stoffe und Materialien sei es fast zwangsläufig, dass die Therapien und Maßnahmen im Laufe der Zeit angepasst und/oder ergänzt werden müssten. Der Kläger müsse deshalb davon ausgehen, dass weitere speziell auf ihn zugeschnittene Maßnahmen - wie z.B. das Wasserbett - notwendig würden. Ferner wies er darauf hin, dass der Rahmen des Wasserbettes aus unverträglichem Schaumstoff bestanden habe, der durch eine Holzkonstruktion ersetzt wurde.

Zum Nachweis der Aufwendungen in 2004 legte der Kläger eine Rechnung vom 27.10.2003 und einen Kontoauszug vom 16.1.2004 vor.

Auf die Schriftsätze des Klägers vom 14.12.2005, 26.1. und 2.3.2006 wird verwiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 19.7.2005 und 28.11.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.12.2005 dahingehend zu ändern, dass weitere außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 1.324,-EUR anerkannt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Klagebegründung verweist das FA auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass der Nachweis der krankheitsbedingten Notwendigkeit der Anschaffung des Wasserbettes nicht erbracht worden sei. Das vorgelegte privatärztliche Attest sei kein geeigneter Nachweis.

Auf den Schriftsatz des FA vom 22.2.2006 wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat die Aufwendungen für die Anschaffung des Wasserbettes zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zum Abzug zugelassen.

1) Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastungen).

a) Krankheitsbedingte Maßnahmen und die dadurch veranlassten Aufwendungen sind regelmäßig aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, soweit sie entweder der Heilung dienen oder den Zweck verfolgen, die Krankheit in der Person des Kranken erträglich zu machen.

Keine außergewöhnliche Belastung wird allerdings durch Aufwendungen für solche Maßnahmen begründet, die nicht unter den Begriff der Heilbehandlung im hier maßgeblichen Sinn fallen. Nur vorbeugende, der Gesundheit dienende Maßnahmen oder die mit einer Krankheit verbundenen Folgekosten erwachsen nicht zwangsläufig.

b) Die Notwendigkeit der Anschaffung solcher Hilfsmittel, die sowohl von Kranken zur Linderung ihres Leidens wie auch von Gesunden aus Gründen der Vorsorge oder zur Steigerung des Lebenskomforts getätigt werden, ist deshalb durch die Vorlage eines vor dem Kauf erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Attests nachzuweisen. Denn nicht das FA oder das Finanzgericht sondern nur ein Amtsarzt oder etwa der medizinische Dienst einer öffentlichen Krankenversicherung besitzt zugleich Sachkunde und die notwendige Neutralität, um die medizinische Indikation solcher Aufwendungen - ohne die für den behandelnden Arzt bestehende Gefahr einer Störung des Vertrauensverhältnisses zu seinem Patienten - objektiv beurteilen zu können.

2) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im Streitfall die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für das Wasserbett nicht nachgewiesen.

Für die Anerkennung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für ein Wasserbett als außergewöhnliche Belastungen ist ein entsprechendes amts- oder vertrauensärztliches Attest erforderlich, da Wasserbetten auch von Gesunden erworben werden.

Das vorgelegte Attest des behandelnden Arztes erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Wie zuvor ausgeführt, ist zum Nachweis der medizinischen Indikation der Aufwendung ein Attest eines neutralen Sachverständigen erforderlich. Hierauf kann bei Hilfsmitten im weiteren Sinne - wie im Streitfall das Wasserbett - nicht verzichtet werden, da bereits seit 1991 ein entsprechender Nachweis der Zwangsläufigkeit der Anschaffung durch die Vorlage eines qualifizierten Attests verlangt wird, und damit für den Betroffenen nicht neu und überraschend ist (vgl. BFH-Urteil vom 9.8.1991 III R 54/90, BStBl II 1991, 820).

Überdies ergibt sich aus dem vorliegenden Attest nicht, dass die Aufwendungen den Umständen nach notwendig i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG waren und von dem bisherigen Bett des Klägers eine gesundheitsschädliche Wirkung - durch allergenisierende Stoffe- ausgegangen ist, die die Anschaffung eines neuen Bettes medizinisch indizierte (vgl. zum Austausch belasteter Möbel BFH-Urteil vom 23.5.2002 II R 52/99, BStBl II 2002, 592).

3) Ferner fehlt es im Streitfall nicht nur am Nachweis der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen sondern die Aufwendungen sind auch als solche nicht außergewöhnlich.

Aufwendungen sind außergewöhnlich, wenn sowohl das Ereignis, das die Belastung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, als auch die Aufwendungen als solche außergewöhnlich sind (vgl. Schmidt/Drenseck § 33 EStG, Rz. 14; Blümich/Heger, § 33 EStG § 33 Rz. 83).

Wasserbetten werden im allgemeinen Handel als Alternative zu Matratzenbetten angeboten und verkauft. Der Kläger hat damit eine Aufwendung getätigt, die im Rahmen der allgemeinen Lebensführung liegt und als solche nicht außergewöhnlich ist. Denn Wasserbetten gehören zu den Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens. So ist die Frage, ob Krankenversicherungen für die Kosten eines Wasserbettes aufkommen müssen, mit der Begründung abgelehnt worden, dass es sich - wenn auch um Luxusartikel - um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handele. Diese Bewertung ist auch für das Steuerrecht zutreffend (so auch Urteil des Finanzgericht München vom 20.7.2007 Az. 10 K 3219/06, nicht veröffentlicht, mit Hinweis auf die Entscheidung des Landessozialgerichtes Niedersachsen vom 26.4.1995 L 4 Kr 7/95; [...]).

Dies gilt auch, soweit der Kläger statt eines Schaumstoffrahmens eine spezielle Holzkonstruktion gewählt hat. Da jedes Wasserbett einen Sockel hat, begründet die Entscheidung für ein bestimmtes Material - Holz statt Schaumstoff - noch keine besondere Vorrichtung etwa für medizinische Zwecke, die die Aufwendungen für das Wasserbett von den Aufwendungen für ein Bett für Gesunde unterscheidet und zum medizinischen Hilfsmittel macht.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).



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