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Gericht: Finanzgericht München
Gerichtsbescheid verkündet am 02.05.2006
Aktenzeichen: 7 K 2010/03
Rechtsgebiete: KStG 1999, EStG 1997, UmwStG 1995
Vorschriften:
UmwStG 1995 § 12 Abs. 3 S. 2 | |
EStG 1997 § 10d Abs. 1 | |
EStG 1997 § 10d Abs. 4 S. 2 | |
KStG 1999 § 8 Abs. 1 |
IM NAMEN DES VOLKES
GERICHTSBESCHEID
In der Streitsache
hat der 7. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung [...] ohne mündliche Verhandlung am 02. Mai 2006 für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit notariell beurkundetem Verschmelzungsvertrag vom 13. Juni 2001 übertrug die N-GmbH. ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung gem. § 2 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) i.V.m. § 46 ff. UmwG im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme auf die Klägerin. Der Verschmelzung wurde die Bilanz der N-GmbH zum 31. Dezember 2000 als Schlussbilanz zu Grunde gelegt. Das Wirtschaftsjahr der N-GmbH entsprach dem Kalenderjahr; als Verschmelzungsstichtag wurde der 31. Dezember 2000 bestimmt (s. § 3 des Verschmelzungsvertrages vom 13. Juni 2001). Die Klägerin führt den Betrieb der N-GmbH weiter.
Für die N-GmbH wurde zum 31. Dezember 2000 ein Verlust in Höhe von 2.206.969 DM gesondert festgestellt. In der Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2000, die wegen eines abweichenden Wirtschaftsjahres der Klägerin den Zeitraum vom 01. Juli 1999 bis 30. Juni 2000 umfasste, wies die Klägerin einen Verlustrücktrag aus dem Jahr 2001 in Höhe von 1.000.000 DM aus, der aus der Verschmelzung mit der N-GmbH herrührte.
Der Beklagte (das Finanzamt) erkannte unter Hinweis auf Tz. 12.16 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268, den geltend gemachten Verlustrücktrag nicht an. Nach Auffassung des Finanzamts könne der im Wege der Verschmelzung übernommene Verlust zwar im Veranlagungszeitraum 2001, in den der steuerliche Übertragungsstichtag falle, abgezogen werden; ein Verlustrücktrag sei insoweit jedoch nicht möglich.
Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren nach Berücksichtigung eines Verlustrücktrags in Höhe von 1.000.000 DM im Streitjahr 2000 weiter. Sie vertritt die Auffassung, dass die Klägerin im Rahmen der Verschmelzung als Gesamtrechtsnachfolgerin der N-GmbH in deren Rechtspositionen eingetreten sei. Eine Einschränkung des Verlustabzugs durch Ausschluss des Verlustrücktrags könne der insoweit maßgeblichen Regelung in § 12 Abs. 3 Satz 1 des Umwandlungsteuergesetzes (UmwStG) nicht entnommen werden. Ein eventueller Verlust der übertragenden Gesellschaft könne daher bei der Übernehmerin im Wege des 2-jährigen Verlustrücktrages verrechnet werden und anschließend bei ihr im Rahmen des Verlustvortrags berücksichtigt werden.
Die einschränkende Auslegung der maßgeblichen Regelung durch die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 25. März 1998 komme nicht in Betracht; sie verstoße vielmehr gegen das verfassungsrechtlich gebotene Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
Die Klägerin beantragt,
die Körperschaftsteuer unter Änderung des angegriffenen Bescheides vom 12. Dezember 2002 auf 147.007,15 EUR festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet; dem Senat erscheint es sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Auf die vorgelegten Steuerakten wird Bezug genommen.
Gründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klägerin kann den für die N-GmbH zum 31. Dezember 2000 festgestellten Verlust nicht in dem beantragten Umfang im Wege des Verlustrücktrags bei der Ermittlung ihrer Einkünfte des Streitjahres 2000 berücksichtigen.
1. Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG in der im Streitjahr geltenden Fassung tritt die übernehmende Körperschaft bezüglich eines verbleibenden Verlustabzugs i.S. des § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft unter der Voraussetzung ein, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird. Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag (§ 10d Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).
2. Nach dem Wortlaut der maßgebenden Regelung ist bei der übernehmenden Körperschaft ein Verlustabzug im Wege des Verlustvortrags in Veranlagungszeiträume, die auf den steuerlichen Übertragungsstichtag folgen, möglich. Der Verlustvortrag der übertragenden Körperschaft geht somit nicht verloren; er kann mit künftigen Gewinnen der übernehmenden Gesellschaft verrechnet werden (ebenso Orth, Phasengleiche Verlustverrechnung nach Umwandlungen, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1996, 306, 322; s. auch BMF-Schreiben vom 7. April 2006 IV B 7 - S 1978b - 1/06).
Nach der Praxis der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268 Tz. 12.15 f.) soll - über den gesetzlichen Wortlaut hinausgehend - ein Verlustabzug allerdings nicht nur im Wege des (fortgeführten) Verlustvortrags, sondern auch bereits durch Abzug im Jahr des steuerlichen Übertragungsstichtags möglich sein (zustimmend Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 12 UmwStG Rz. 76; s. auch Gatermann, Verlustberücksichtigung im Umwandlungssteuergesetz, Festschrift für Widmann, 425 ff.). Hierzu wird im Schrifttum auch die Auffassung vertreten, dass der übernehmenden Gesellschaft neben einem Verlustvortrag und einem Verlustausgleich sogar ein Verlustrücktrag möglich sein soll (z.B. Streck/Posdziech, GmbH-Rundschau - GmbHR 1995, 357, 359; Kröner, GmbHR 1996, 256, 259; Mildner, GmbHR 2003, 644, 647; zum Meinungsspektrum s. zusammenfassend Thiel/Eversberg/v. Lishaut/Neumann, GmbHR 1998, 397, 421 ff.).
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann - was vorliegend indes nicht streitig ist - ferner ein im Übertragungsjahr bei der übertragenden Körperschaft eingetretener laufender Verlust nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG mit Gewinnen der übernehmenden Körperschaft des Übertragungsjahrs verrechnet werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH vom 31. Mai 2005 I R 68/03, BFHE 209, 535, DStR 2005, 1182).
3. Im Rahmen einer umwandelnden Verschmelzung durch Aufnahme nach den maßgebenden Vorschriften kommt es nicht zu einer Umqualifizierung des verbleibenden, durch Bescheid festgestellten Verlustvortrags in laufenden Verlust der übernehmenden Gesellschaft (s. BFH-Urteil in BFHE 209, 535, DStR 2005, 1182, m.w.N.). Nach Auffassung des Senats kommt daher für die übernehmende Gesellschaft auch ein Verlustrücktrag in frühere Veranlagungszeiträume nicht in Betracht (ebenso Orth, StuW 1996, 306, 322). Der Verlustvortrag des übertragenden Rechtsträgers geht vielmehr über, ohne seine Qualifizierung als Verlustvortrag zu verlieren; eine phasengleiche Verlustverrechnung ist damit nicht verbunden. Soweit im Schrifttum hierzu abweichende Rechtsauffassungen vertreten werden, ist denen nicht beizupflichten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 535, DStR 2005, 1182).
Diese Auffassungen widersprechen dem Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG; die Vorschrift ist abschließend (Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz. 395) und belässt insoweit keine, für das Begehren der Klägerin günstige Auslegungsmöglichkeit.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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