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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Gerichtsbescheid verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 7 K 2045/05
Rechtsgebiete: KStG


Vorschriften:

KStG § 36 Abs. 1
KStG § 37 Abs. 1
KStG § 37 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

7 K 2045/05

Körperschaftsteuer 2002

Gesonderte Feststellung der Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG

Gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2,§ 28 S. 3,§ 38 Abs. 1 KStG zum 31.03.2002

In der Streitsache

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 28. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Klage werden der Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 02. Februar 2005, der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 02. Februar 2005 und der Bescheid zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31. März 2002 vom 02. Februar 2005, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2005, mit der Maßgabe geändert, dass der am 28. März 2001 beschlossenen und am 15. Mai 2002 ausgekehrten Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 die Verwendung eines Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von einem 1/6 des Ausschüttungsbetrages zu Grunde gelegt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen wird dem Beklagten übertragen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist ein Gesellschaft mit beschränkter Haftung; sie ermittelt den Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr jeweils vom 01. April eines Jahres bis zum 31. März des Folgejahres. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der S GmbH.

Unter dem 28. März 2001 --im Wirtschaftsjahr 2000/2001--beschloss die S GmbH eine Vorabausschüttung aus dem Jahresüberschuss zum 31. März 2001 in Höhe von 706.703,00 DM, welche am 15. Mai 2001 --im Wirtschaftsjahr 2001/2002--fällig wurde und abfloss. In dem Bescheid zum 31. März 2001 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vom 22. April 2004 stellte das seinerzeit für die Besteuerung der S GmbH zuständig gewesene Finanzamt W die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt fest:

Ek 45: 732.996 DM

Ek 40: 1.597.344 DM

Ek 01: 3.044.035 DM

Ek 02: ./. 16.449 DM

Ek 04:

1.400.000 DM

Summe: 6.757.926 DM

Der Beklagte (das Finanzamt) berücksichtigte weder im Veranlagungszeitraum 2001 noch im Veranlagungszeitraum 2002 (Streitjahr) mit Blick auf die erfolgte Ausschüttung eine Minderung der Körperschaftsteuer. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass nach den maßgeblichen Vorschriften über den Übergang vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren eine Minderung der Körperschaftsteuer weder im Veranlagungszeitraum 2001 noch im Streitjahr eintrete. Da es sich bei der am 28. März 2001 beschlossenen und am 15. Mai 2001 vorgenommenen Vorabausschüttung um eine sog. Ausschüttung für ein noch nicht abgelaufenes Wirtschaftsjahr handele -welche nach altem Recht eine "andere Ausschüttung" darstelle -könne das bisherige Anrechnungsverfahren nicht mehr zur Anwendung kommen. Nach den mithin im Streitfall anzuwendenden Vorschriften über das Halbeinkünfteverfahren könne das gem. § 37 KStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung --n.F.--erstmals zum 31. März 2002 in Höhe von 212.777 DM festgestellte Körperschaftsteuerguthaben erst in den folgenden Jahren, d.h. für Ausschüttungen, die nach diesem Zeitpunkt erfolgten, genutzt werden. Eine Nutzung nicht bescheidmäßig festgestellter Körperschaftsteuerguthaben komme nicht in Betracht. Daher sei die Klägerin in den sog. "rechtlosen Raum" gelangt.

Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, der Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 im Streitjahr die Verwendung eines Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 117.784,00 DM --entsprechend 1/6 des Ausschüttungsbetrages--zu Grunde zu legen, weiter. Sie vertritt die Auffassung, dass die Verwendung von Körperschaftsteuerguthaben im Übergangszeitraum vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren eine vorhergehende formale Feststellung des Körperschaftsteuerguthabens nicht voraussetze. Erforderlich sei lediglich, dass zum Zeitpunkt der offenen Gewinnausschüttung entsprechendes Körperschaftsteuerguthaben vorhanden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 02. Februar 2005, den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 02. Februar 2005 und den Bescheid zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3, § 38 Abs. 1 KStG zum 31. März 2002 vom 02. Februar 2005, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2005, mit der Maßgabe zu ändern, dass der am 28. März 2001 beschlossenen und am 15. Mai 2002 ausgekehrten Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 die Verwendung eines Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von einem 1/6 des Ausschüttungsbetrages zu Grunde gelegt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es vertritt weiter die Auffassung, dass zur Nutzung von Körperschaftsteuerguthaben die vorherige bescheidmäßige Feststellung erforderlich sei.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Auf die vorgelegten Akten, insbesondere die Einspruchsentscheidung vom 12. April 2005, wird Bezug genommen.

II.

Die Klage ist begründet.

1. Nach § 37 Abs. 1 KStG n.F. wird auf den Schluss des Wirtschaftsjahres, das dem in § 36 Abs. 1 KStG n.F. genannten Wirtschaftsjahr folgt, ein Körperschaftsteuerguthaben ermittelt. Das Körperschaftsteuerguthaben beträgt 1/6 des Endbestandes des mit einer Körperschaftsteuer von 40 v. H. belasteten Teilbetrags. Nach Absatz 2 der Vorschrift mindert sich das Körperschaftsteuerguthaben um jeweils 1/6 der Gewinnausschüttungen, die in den folgenden Wirtschaftsjahren erfolgen und die auf einem dem gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhen. Nach § 34 Abs. 2 KStG ist § 37 KStG n.F. auf die im Streitfall maßgebliche Ausschüttung anzuwenden.

2. § 37 KStG n.F. steht nach Auffassung des Senats der Nutzung eines Körperschaftsteuerguthabens im Streitfall nicht entgegen.

a) Aus dem Wortlaut des § 37 Abs. 2 KStG n.F. folgt nicht eindeutig, dass nur ein auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres festgestelltes Körperschaftsteuerguthaben für eine (Vorab-)Ausschüttung genutzt werden darf. Eine derartige Auslegung ist zwar möglich und wird von der Finanzverwaltung und in Teilen der Literatur auch vertreten (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF--vom 6. November 2003, BStBl I 2003, 575, Rz. 30 f.; vgl. auch Dötsch in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 37 KStG n.F. Rz. 8 ff.; Jünger in Lademann, KStG, § 37 n.F. Anm. 69; Lang, DB 2002, 1793 ; zweifelnd Bauschatz in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 37 Rz. 43). Im Gegenzug ist indes auch die Auslegung möglich, dass § 37 Abs. 2 KStG lediglich an § 37 Abs. 1 KStG anknüpft. § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG n.F. wäre danach so zu verstehen, dass sich das auf den Schluss des in § 36 Abs. 1 KStG n.F. genannten Wirtschaftsjahres ermittelte Körperschaftsteuerguthaben in den folgenden Jahren um jeweils 1/6 der Gewinnausschüttung mindert. Eine Regelung, wonach ein Körperschaftsteuerguthaben nur genutzt werden darf, wenn es zuvor gesondert festgestellt wurde, enthält § 37 Abs. 2 KStG n.F. nach dieser Auslegung nicht (so Blümich/ Danelsing, EStG/KStG/GewStG, § 37 KStG Rz. 9; Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 37 KStG, Rz. 17c; Bott in Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 37, Rz. 120.1 f.; Kramer, DStR 2003, 1866; Bren/Kirste, GmbHR 2003, 1047.

b) Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung.

Dem Wortlaut des § 37 Abs. 2 KStG n.F. ist nicht zu entnehmen, dass die Realisierung eines Körperschaftsteuerguthabens in jedem Fall einer vorherigen Feststellung bedarf (Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH-vom05. April 2005 I B 221/04, BFHE 209, 341, BStBl II 2005, 526). Die Gegenauffassung (BMF in BStBl I 2003, 575, a.a.O.; Dötsch in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, a.a.O.; Jünger in Lademann, a.a.O.; Lang, a.a.O.) ist schon aus gesetzessystematischer Sicht abzulehnen. Die Formulierung in § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG n.F., wonach sich das Körperschaftsteuerguthaben ... um jeweils 1/6 der Gewinnausschüttungen, die "in den folgenden Wirtschaftsjahren erfolgen", mindert, bezieht sich nach seiner Stellung im Gesetz nicht auf Abs. 2 Satz 4 der Regelung (ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 37 KStG, Rz. 17c; Kramer, a.a.O. 1869).

Auch aus teleologischer Sicht --insbesondere mit Blick auf Sinn und Zweck der gesonderten Feststellung--ist eine solche für die Realisierung eines Körperschaftsteuerguthabens nicht erforderlich (s. hierzu Kramer, a.a.O., 1868). Nach Auffassung des Senats spricht zudem der Umstand, dass eine Feststellung nach altem Recht (vgl. § 28 Abs. 2 KStG a.F.) erforderlich war, nicht dafür, dass der Gesetzgeber daran unter dem Regime des Halbeinkünfteverfahrens festhalten wollte. Der Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren ist von einem vollständigen Systemwechsel geprägt, welcher auch mit einer Steuervereinfachung einhergehen sollte (vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 14/2683; zu den Auslegungskriterien bei Normen, die den Übergang zum Halbeinkünfteverfahren sichern, s. FG München, Beschluss vom 26.10.2004 -6 V 5013/03, DStRE 2005, 397). Im Streitfall kann der maßgeblichen Vorschrift nicht ein auf der alten Rechtlage aufbauender Telos beigemessen werden, da § 28 Abs. 2 KStG a.F. im Rahmen der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals eine grundlegend andere Bedeutung zukam (Kramer, a.a.O. 1869; a.A. Dötsch in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, a.a.O., Rz. 10). Vor diesem Hintergrund besteht auch für die Annahme, der Gesetzgeber habe bei Erlass der maßgeblichen Vorschriften einen sog. "rechtlosen Raum" geschaffen, kein Anlass.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Abs. 3, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.



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