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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 28.09.2009
Aktenzeichen: 7 K 3924/07
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 129
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des ... des ... und der ...

sowie der ehrenamtlichen Richter ...

ohne mündliche Verhandlung am 28. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob eine Berichtigung des bestandskräftigen Körperschaftsteueränderungsbescheids 2002 vom 14. März 2005 nach § 129 Abgabenordnung (AO) zulässig ist.

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmenszweck die Übernahme der Stellung einer persönlich haftenden Gesellschafterin in Kommanditgesellschaften der "...-Gruppe" ist. Nachdem die Klägerin die Steuererklärungen 2002 am 07. Mai 2004 zunächst ohne Bilanz und GuV-Rechnung beim Beklagten (Finanzamt) abgegeben hatte, reichte sie aufgrund eines Schreibens des Finanzamts vom 12. Mai 2004 am 18. Mai 2004 die Bilanz und GuV-Rechnung nach. Das Finanzamt führte die Veranlagung 2002 mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der AO stehenden Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 28. Juni 2004 erklärungsgemäß durch. Parallel dazu forderte das Finanzamt die Klägerin mit Schreiben vom 17. Juni 2004 u.a. auf, die Konten "sonstige betriebliche Aufwendungen" (Konto 6003) und "sonstige Kosten Projekte" (Konto 5902) zu erläutern. Es folgten diverse Erinnerungen und Telefonate, auf die die Klägerin jedoch nicht reagierte. Am 14. März 2005 erließ das Finanzamt einen Körperschaftsteueränderungsbescheid 2002, mit dem der erklärte Gewinn um einen Betrag von 264.309 EUR erhöht wurde. Laut Erläuterung zum Bescheid wurden die Positionen "Aufwendungen Projekte" und "sonstige betriebliche Aufwendungen" nicht anerkannt, da die zahlreichen wiederholten schriftlichen und mündlichen Anfragen nicht beantwortet worden seien. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2007 beantragte die Klägerin die Änderung des Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 14. März 2005 wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129 AO. Zur Begründung trug sie vor, dass im Steuerbescheid vom 14. März 2005 Betriebsausgaben in Höhe von 264.309 EUR nicht anerkannt worden seien. Nach der Vorgeschichte zur Veranlagung habe der Veranlagungsbeamte jedoch vermutlich die in der Gewinn- und Verlustrechnung 2002 enthaltenen Konten Nr. 5902 "sonstige Kosten Projekte" in Höhe von 128.796,78 EUR und Nr. 6300, "sonstige betriebliche Aufwendungen" in Höhe von 169.169,57 EUR nicht anerkennen wollen und sei bei der Einarbeitung der Zahlen aus der Gewinn und Verlustrechnung in der Zeile verrutscht, so dass er statt dem Konto 5902 "sonstige Kosten Projekte" das Konto 5900 "Aufwendungen Projekte" in Höhe von 95.140 EUR erwischt habe und auf diese Weise die Summe von 264.309 EUR zustande gekommen sei. Insoweit handle es sich um eine Falschübernahme und somit um eine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO. Das Konto 5900 habe der Finanzbeamte in keinem Falle vom Betriebsausgabenabzug ausschließen wollen. Dagegen sei ungewiss, ob er das Konto 5902 in voller Höhe aus dem Betriebsausgabenabzug habe streichen wollen. Daraus ergebe sich, dass eine Korrektur des irrtümlich Gegenstand der Betriebsausgabenstreichungen gewordenen Saldos des Kontos 5900 nach § 129 AO durchzuführen sei, eine Nachholung der vielleicht beabsichtigten Streichung des Saldos des Kontos 5902 dagegen unzulässig sei, da nicht sicher sei, ob die Streichung des Saldos dieses Kontos tatsächlich beabsichtigt gewesen sei, denn die nur theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums reiche aus, um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 129 AO auszuschließen. Auch eine Änderung nach § 177 AO sei unzulässig, da die Betriebsausgaben, die auf dem Konto 5902 verbucht worden seien, dem Finanzamt zwischenzeitlich nachgewiesen und von diesen akzeptiert worden seien, so dass keine Unsicherheit mehr bestehe, dass ein Betriebsausgabenabzug tatsächlich gegeben sei.

Mit Schreiben des Finanzamts vom 22. Juni 2007 wurde der Antrag auf Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2002 nach § 129 AO abgelehnt. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 11. Oktober 2007).

Dagegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass dem Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 14. März 2005 eine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO zu Grunde liegt und beruft sich zur Begründung auf die bereits im Antrag vom 8. Mai 2007 dargelegten Gründe. Ergänzend führt sie aus, dass sich aus den Akten des Finanzamts keine konkreten Hinweise ergeben würden, welche Betriebsausgabe nun tatsächlich gestrichen hätten werden sollen. Aufgrund dieser Unsicherheit sei es dem Finanzamt verwehrt, die Streichung der Betriebsausgaben aus dem Konto 5902 im Rahmen einer Berichtigung nach § 129 AO nachzuholen.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 23. Juni 2007 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 11. Oktober 2007 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, den Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 14. März 2005 nach § 129 AO zu ändern und die Nichtanerkennung des Betriebsausgabenabzugs in Höhe von 264.309 EUR rückgängig zu machen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen und beruft sich zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO liegen nicht vor.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, gemäß § 129 Satz 1 AO jederzeit berichtigen. Offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne sind mechanische Fehler, die ebenso mechanisch, d.h. ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden können (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Mai 1998 IV B 151/97, BFH/NV 1998, 1452). Besteht auch nur die Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers oder einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung, so ist eine Berichtigung nach § 129 AO nicht zulässig (BFH-Urteil vom 13. November 1997 V R 138/92, BFH/NV 1998, 419). Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, ist jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2005 VIII R 99/02, BFH/NV 2006, 1041).

Im Streitfall ist bereits nicht eindeutig erkennbar, ob dem Finanzamt bei Erlass des Steuerbescheids vom 14. März 2005 ein Fehler unterlaufen ist. Zwar trifft es zu, dass das Finanzamt im Vorfeld des Erlasses des Änderungsbescheides die Klägerin um Erläuterung der beiden Positionen aus der Gewinn- und Verlustrechnung Konto 6300 "sonstige betriebliche Aufwendungen" und Konto 5902 "sonstige Kosten Projekte" gebeten, laut Begründung zum Körperschaftsteuerbescheid 2002 jedoch neben der Position "sonstige betriebliche Aufwendungen" das Konto "Aufwendungen Projekte" (Konto 5000) nicht anerkannt hat. Das Konto "Aufwendungen Projekte" laut Gewinn- und Verlustrechnung stellt ein anderes Konto als das Konto "sonstige Kosten Projekte" dar. Dieses Kontos war nicht Gegenstand der Anfrage des Finanzamts vom 17. Juni 2004. Geht man jedoch davon aus, dass das Finanzamt beabsichtigt hat, die Position "sonstige Kosten Projekte" (Konto 5902) nicht anzuerkennen und es zu einer Verwechslung mit der Position "Aufwendungen Projekte" (Konto 5000) gekommen ist, so liegt kein Fehler in der Steuerfestsetzung, sondern lediglich in der Begründung vor, da das Finanzamt jedenfalls Betriebsausgaben in Höhe dieses Betrags nicht anerkennen wollte. Eine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO liegt nur vor, wenn ein Verwaltungsakt in seinem Regelungsgehalt fehlerhaft ist, nicht jedoch wenn lediglich ein Fehler in der Begründung vorliegt (Frotscher, Abgabenordnung, § 129 Rz. 26). Dass vom Finanzamt nicht ein noch höherer Betrag vom Betriebsausgabenabzug gestrichen worden ist, kann von der Antragstellerin nicht geltend gemacht werden, da es ihr hierfür am Rechtschutzbedürfnis fehlt.

Im Übrigen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Bearbeiter des Finanzamts bei Erlass des Änderungsbescheids vom 14. März 2005 das Konto "Aufwendungen Projekte" (Konto 5000) willentlich gestrichen hat und nicht beim Ablesen in der Zeile verrutscht ist z.B. weil er - da er sich in den Fall nicht ausreichend eingearbeitet hat - irrtümlich der Auffassung war, die Position "Aufwendungen Projekte" sei von der Klägerin nicht hinreichend nachgewiesen worden. In diesem Fall ist eine Berichtigung wegen offenbarere Unrichtigkeit ausgeschlossen, weil ein Fehler in der Sachverhaltsermittlung und kein mechanischer Fehler vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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