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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 19.02.2009
Aktenzeichen: 7 V 3719/08
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 149 Abs. 1
AO § 162 Abs. 1
AO § 162 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des des Richters am Finanzgericht und

der Richterin am Finanzgericht

ohne mündliche Verhandlung

am 19. Februar 2009

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Die Antragsteller sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Antragsteller ist als selbstständiger Kfz-Gutachter tätig, die Antragstellerin erzielt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und betreibt darüber hinaus einen selbstständig ausgeübten Büroservice.

Nachdem die Antragsteller - wie bereits in den Vorjahren - die Einkommensteuererklärungen 2003 und 2004 nicht beim Antragsgegner (dem Finanzamt) abgegeben hatten, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen mit den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden Bescheiden vom 18. Oktober 2005 (2003) und vom 13. März 2006 (2004). In der Folge wurde für 2003 keine Einkommensteuererklärung eingereicht. Für 2004 wurde eine Gewinnermittlung für den Betrieb des Antragstellers vorgelegt. Das Finanzamt erließ daraufhin am 25. August 2006 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid für 2004. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb weiterhin bestehen.

Am 10. Juli 2007 führte das Finanzamt bei den Antragstellern eine betriebsnahe Veranlagung durch. Da dem Prüfer keine Unterlagen vorgelegt wurden, schätzte dieser den Gewinn des Antragstellers aus Gewerbebetrieb für 2003 auf 60.000 EUR und für 2004 auf 50.000 EUR. Aufgrund der Prüfung erließ das Finanzamt am 17. August 2007 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Dagegen erhoben die Antragsteller Einspruch. Sie teilten insbesondere mit, dass die Schätzungen viel zu hoch und damit willkürlich und unzulässig seien. Die Steuerunterlagen könnten nicht vorgelegt werden, da diese in einem Prozess über Erbstreitigkeiten benötigt würden.

Das Finanzamt wies mit Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2008 den Einspruch als unbegründet zurück. Die Antragsteller erhoben dagegen Klage, über die der Senat noch nicht entschieden hat.

Nach erfolgloser Antragstellung beim Finanzamt beantragen sie

die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 vom 17. August 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2008 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit.

Das Finanzamt beantragt,

die Ablehnung des Antrags.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht über die betriebsnahe Veranlagung vom 18. Juli 2007, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Der Antrag ist unbegründet. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:

1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO wird die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung soll als summarisches, abgekürztes Verfahren der Eilbedürftigkeit der beantragten Maßnahmen gerecht werden. Es ist daher nur nach Aktenlage und aufgrund der präsenten Beweismittel zu entscheiden. Den Antragstellern obliegt es, die aus ihrer Sicht entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen.

Bei der hier gebotenen summarischen Betrachtung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

a) Das Finanzamt war nach § 162 Abs. 1 und 2 AO zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der Antragsteller befugt, da sie ihrer Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärungen mach § 149 Abs. 1 AO i.V.m. § 56 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) nicht nachgekommen sind. Das Finanzamt war somit nicht in der Lage, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln. Auf den Grund der Nichtvorlage kommt es nicht an, da die Buchführungsunterlagen und sonstigen Aufzeichnungen grundsätzlich der Beweisrisikosphäre des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind (Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 162 Rz. 37).

b) Auch gegen die Höhe der vom Finanzamt geschätzten Einkünfte bestehen keine rechtlichen Bedenken. Ziel der Schätzung ist es, anhand der vorhandenen Anhaltspunkte mit Hilfe eines verminderten Beweismaßes den Sachverhalt so zu ermitteln, dass die Besteuerungsgrundlagen die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Daher sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 S. 2 AO). Die gewählte Schätzungsmethode muss dem Ziel gerecht werden, den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen. Die Schätzung muss in sich schlüssig, ihre Ergebnisse wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (Leopold/Madle/Rader, AO, § 162 Rz. 20). Diesen Anforderungen ist das Finanzamt im Streitfall gerecht geworden. Bei der Schätzung des Gewinns des Antragstellers ist das Finanzamt von dem für 2004 in Höhe von 25.515 EUR erklärten Gewinn ausgegangen und hat diesen durch einen pauschalen Zuschlag auf 50.000 EUR erhöht. Für das Jahr 2003, in dem jeglicher Anhaltspunkt über die Höhe des erzielten Gewinns fehlt, hat es den Gewinn auf 60.000 EUR geschätzt. Dies erscheint schlüssig und führt zu einem Ergebnis, das Wahrscheinlichkeitsmaßstäben standhält. Andere Möglichkeiten, die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, standen dem Finanzamt nicht zur Verfügung, da die Antragsteller auch der betriebsnahen Veranlagung keine Unterlagen zur Verfügung gestellt haben.

Nach der Rechtsprechung des BFH erweist sich eine Schätzung erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Einzelfalles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt; wird die Schätzung erforderlich, weil der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - seiner Erklärungspflicht nicht genügt, kann sich das Finanzamt sogar an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren, weil der Steuerpflichtige möglicherweise Einkünfte verheimlichen möchte (BFH-Urteil vom 13. Juli 2000 - IV R 55/99, BFH/NV 2001, 3). Da das Finanzamt nicht gegen diese Grundsätze verstoßen hat, bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

c) Ob der Antragsteller im Rahmen der Tätigkeit als Kfz-Gutachter Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt, ist für die Frage der Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide ohne Bedeutung, da dies keine Auswirkung auf die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer hat.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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