Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 9 K 1680/07
Rechtsgebiete: EStG, KStG, AO


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 3
EStG § 20 Abs. 1
EStG § 36 Abs. 2
KStG § 44
AO § 173 Abs. 1
AO § 175 Abs. 1
AO § 177 Abs. 2
AO § 361 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 9. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung ...

sowie

der ehrenamtlichen Richterinnen ... und ...

ohne mündliche Verhandlung

am 22. April 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. In Änderung des Einkommensteuerbescheids 1999 vom 2. Januar 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 26. März 2007 wird die Einkommensteuer 1999 auf 60.399,93 EUR (118.132 DM) festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 95/100, der Beklagte zu 5/100.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob Zuschläge für die Tätigkeit des Klägers an Sonn- und Feiertagen steuerfrei oder als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu behandeln sind.

Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren 1997 bis 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war in den Streitjahren zu 51% an der ... GmbH (GmbH) beteiligt. Gleichzeitig war er auch Geschäftsführer. Laut Anstellungsvertrag vom 12. September 1989 hatte der Kläger in den Streitjahren neben einem Festgehalt i.H.v. monatlich 4.400 DM auch Anspruch auf eine erfolgsabhängige Gewinntantieme. In der Gesellschafterversammlung vom 15. April 1997 wurde die monatliche Tätigkeitsvergütung auf 9.500 DM erhöht.

Anlässlich einer Gesellschafterversammlung wurde laut einem Gesellschafterprotokoll vom 5. Dezember 1995 beschlossen, dass der Kläger für die Tätigkeit an Sonn- und Feiertagen steuerfreie Zuschläge gemäß "§ 3 b EStG, Abschn. 30 LStR" erhalten solle. Konkrete Angaben zur Berechnung der zu zahlenden Zuschläge waren im Protokoll nicht enthalten. Eine Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit für die Geschäftsführertätigkeit des Klägers erfolgte im Anstellungsvertrag nicht.

Die bei der GmbH angestellte Klägerin erhielt nach dem mit ihr geschlossenen Anstellungsvertrag vom 1. März 1994 neben einem monatlichen Festgehalt sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit. Die wöchentliche Arbeitszeit war vertraglich festgelegt. Daneben war die Klägerin verpflichtet, zweimal monatlich Telefonbereitschaft an Wochenenden und Feiertagen zu leisten, die gesondert zu vergüten waren. Während des Urlaubs oder bei Krankheitsabwesenheit des Geschäftsführers der GmbH war die Klägerin zum Bereitschaftsdienst an allen Wochenenden oder Feiertagen während der Dauer der Abwesenheit verpflichtet. Mit dem zweiten Nachtrag zum Anstellungsvertrag vom 1. Mai 1997 wurde das Entgelt von 2.700 DM auf 3.500 DM erhöht. Einen Anspruch auf Gewinntantieme besaß die Klägerin lt. Anstellungsvertrag nicht. Hinsichtlich der Vergütung der Angestellten wird auf die mit Schriftsatz vom 20. April 2009 eingereichten Unterlagen verwiesen.

Der Beklagte (das Finanzamt) änderte jeweils mit Bescheid vom 14. November 2002 die bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre 1997 und 1998 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) aufgrund von geänderten Feststellungsbescheiden für die Beteiligung des Klägers an der Grundstücksgemeinschaft ... (Grundstücksgemeinschaft) und erhöhte die festgesetzte Einkommensteuer 1997 von 43.386 DM auf 56.990 DM (29.138,52 EUR) bzw. die festgesetzte Einkommensteuer 1998 von 72.712 DM auf 126.275 DM (64.563,38 EUR). Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der GmbH und der Grundstücksgemeinschaft war der Prüfer u.a. zu dem Ergebnis gekommen, dass die gezahlten Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit an den Kläger durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und damit als vGA zu behandeln seien. Da zu diesem Zeitpunkt von einer Betriebsaufspaltung zwischen der GmbH und der Grundstücksgemeinschaft in den Streitjahren 1997 und 1998 ausgegangen worden war, wurden die verdeckten Gewinnausschüttungen in den geänderten Feststellungsbescheiden für die Grundstücksgemeinschaft für 1997 und 1998 jeweils vom 17. Oktober 2002 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt. Dabei wurden nun für 1998 neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von 1.948 DM und Einkünften aus Kapitalvermögen von 16 DM gewerbliche Einkünfte i.H.v. 71.898 DM sowie ein tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn i.H.v. 59.277 DM festgestellt. Im ursprünglichen Feststellungsbescheid für 1998 waren lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 3.841 DM und Einkünfte aus Kapitalvermögen von 16 DM festgestellt worden.

Auch für das Streitjahr 1999 wurde die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO mit Bescheid vom 14. November 2002 von 52.381,85 EUR auf 59.376,33 EUR erhöht. Dabei wurden neben der Berücksichtigung einer Mitteilung über einen geänderten Feststellungsbescheid für die Grundstücksgemeinschaft aufgrund einer Kontrollmitteilung vom 12. Juni 2002 beim Kläger u.a. die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt.

In den Änderungsbescheiden vom 14. November 2002 für die Streitjahre 1998 und 1999 wurde ferner der im Rahmen der Berechnung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigende Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Einkommensteuergesetz in den in den Streitjahren geltenden Fassungen (EStG 98/99) um 8.840 DM (1998) bzw. 11.124 DM (1999) gekürzt. In den bestandskräftig gewordenen vorhergehenden Einkommensteuerbescheiden war zunächst nur im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin jeweils eine Kürzung um 7.560 DM vorgenommen worden, da ursprünglich trotz Angabe in den Steuererklärungen nicht berücksichtigt worden war, dass aufgrund einer Pensionszusage an den Kläger der Vorwegabzug in weiterem Umfang zu kürzen ist. Die zusätzliche Kürzung des Vorwegabzugs in den Bescheiden für 1998 und 1999 vom 14. November 2002 beruhte bis zu einem Betrag von 8.840 DM auf der Kontrollmitteilung vom 12. Juni 2002, wonach dem Kläger in den Streitjahren ein betrieblicher Pkw zur privaten Nutzung überlassen worden sei und die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit deshalb um jeweils 8.000 DM zu erhöhen seien. Die weitere Kürzung des Vorwegabzugs für 1999 bis zu dem Betrag von 11.124 DM ergab sich aus der Zuordnung der Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Wegen des Ansatzes von verdeckten Gewinnausschüttungen wurden zunächst zum einen Einsprüche gegen die Bescheide zur Körperschaftsteuer 1997 bis 1999 der GmbH eingelegt. Diese wurden jedoch später zurückgenommen.

Zum anderen legten die Kläger Einspruch gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1997 bis 1999 vom 14. November 2002 ein. Im Laufe dieses Einspruchsverfahrens ergingen geänderte, auf den 24. Februar 2006 datierte Feststellungsbescheide für die Grundstücksgemeinschaft für die Jahre 1997 und 1998, die nun nicht mehr von einer Betriebsaufspaltung ausgingen und keine verdeckten Gewinnausschüttungen mehr umfassten. Für 1998 wurden nun wieder lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 3.856,50 DM und Einkünften aus Kapitalvermögen von 15,88 DM festgestellt. Die Änderung der Feststellungsbescheide erfolgte im Zuge eines Einspruchsverfahrens.

Bei der Auswertung der geänderten Feststellungsbescheide wurden am 2. Januar 2007 nach §§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 174 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre erlassen. Es wurden nun beim Kläger vGA und, nachdem im Laufe des Einspruchsverfahrens Steuerbescheinigungen der GmbH vorgelegt worden waren, die hierauf anrechenbare Körperschaftsteuer als Einkünfte aus Kapitalvermögen für 1997 i.H.v. 23.854 DM und für 1998 i.H.v. 26.200 DM erfasst. Für 1999 wurden die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 14.277 DM vermindert und die Einkünfte aus Kapitalvermögen um verdeckte Gewinnausschüttungen und anrechenbare Körperschaftsteuer i.H.v. 20.395 DM erhöht. Dies führte für die Streitjahre 1997 und 1998 gegenüber den Bescheiden vom 14. November 2002 zu einer Verringerung der festgesetzten Einkommensteuer von 29.138,52 EUR auf 26.320,28 EUR (1997) bzw. von 64.563,38 EUR auf 44.162,32 EUR (1998). Für das Streitjahr 1999 erhöhte sich die festgesetzte Einkommensteuer von 59.376,32 EUR (116.130 DM) auf 61.278,33 EUR (119.850 DM). Nach Anrechnung der Körperschaftsteuer verringerte sich die verbleibende Einkommensteuer 1999 jedoch von 29.925,91 EUR (58.530 DM) auf 18.082,86 EUR (35.367 DM).

In den Änderungsbescheiden vom 2. Januar 2007 für die Streitjahre 1998 und 1999 wurde der Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG jeweils in voller Höhe gekürzt.

Nachdem in der Folgezeit der Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre nicht zurückgenommen worden war, wies ihn das Finanzamt als unbegründet zurück. Es führte aus, dass sich eine gesonderte Vergütung zusätzlicher Arbeitszeiten mit dem Aufgabenbild eines Geschäftsführers nicht vertrage. Da nicht nachgewiesen worden sei, dass die Zahlung der Sonn- und Feiertagsvergütungen aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt gewesen sei, liege kein Fall vor, ausnahmsweise eine vGA zu verneinen. Im Übrigen stehe dem Kläger jährlich eine Gewinntantieme zu, die allen anderen Arbeitnehmern der GmbH nicht zugestanden habe. Ferner liege eine vGA vor, da nicht von vornherein klar und eindeutig bestimmt sei, nach welcher Bemessungsgrundlage die Zuschläge zu ermitteln seien. Ergänzend wird auf die Einspruchsentscheidung vom 26. März 2007 Bezug genommen.

Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger geltend, bei der GmbH handle es sich um ein kleines Bestattungsunternehmen. In den Streitjahren seien neben dem Kläger noch drei bis vier Festangestellte beschäftigt gewesen. Das Unternehmen müsse aufgrund seines Tätigkeitsfeldes sieben Tage in der Woche und 24 Stunden Tag und Nacht erreichbar sein. Regelmäßige und festgesetzte Öffnungszeiten gebe es nicht. Anhand eines Dienstplans würden die monatlichen Dienste, insbesondere an Sonn- und Feiertagen festgelegt. In diesen Plan sei der Kläger wie ein normaler Angestellter eingebunden. Für zusätzliche Nachtarbeitsdienste erhielten weder der Geschäftsführer noch ein Mitarbeiter steuerfreie Zuschläge. Lediglich für Sonn- und Feiertage erhielten alle Mitarbeiter der GmbH inklusive des Klägers steuerfreie Zuschläge. Zudem hätten die Mitarbeiter zusätzlich zu ihrem Gehalt einmalige Prämien, meistens im November, erhalten.

Die Berechnung der Sonn- und Feiertagszuschläge erfolge bei allen Mitarbeitern gleich. Das Grundgehalt werde für eine übliche und vertraglich festgelegte 40-Stunden-Woche berechnet. Die Berechnungsgrundlagen für die Zuschläge seien beim Kläger analog der anderen Mitarbeiter durchgeführt worden. Aufgrund der Größe und des Tätigkeitsfelds des Unternehmens sei der Kläger seinen Angestellten bei der Behandlung der Zahlung von Sonn- und Feiertagszuschlägen gleich zu stellen. Überstunden seien für den Kläger nicht ausbezahlt worden. Es könne nicht ausschlaggebend sein, dass kein weiterer leitender Angestellter und Prokurist beschäftigt gewesen sei, der ein annähernd gleich hohes Gehalt wie der Kläger bezogen habe. Auf die vorgelegten Kopien der Lohnkonten werde Bezug genommen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

in Änderung der Einkommensteuerbescheide 1997 bis 1999 jeweils vom 2. Januar 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 26. März 2007 die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen für 1997 und 1998 mit 0 DM sowie für 1999 mit 37.795 DM anzusetzen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.

Mit Hinweis vom 25. Februar 2009 wurden die Beteiligten auf die Problematik der Berichtigungsfähigkeit der unzutreffenden Berechnung des Vorwegabzugs hingewiesen. Mit richterlicher Anordnung vom 20. März 2009 wurden die Kläger aufgefordert, die Vergütung der anderen Angestellten der GmbH im Einzelnen darzustellen.

Wegen des weiteren Sachverhalts und hinsichtlich des weiteren rechtlichen Vortrags wird auf die Einspruchsentscheidung vom 26. März 2007, die vom Finanzamt vorgelegten Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

1. Nach Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung hält der Senat es für sachdienlich, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO).

2. Die Klage hat für das Streitjahr 1999 insoweit Erfolg, als der Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr 1999 geltenden Fassung (EStG 99) über den Betrag von 8.840 DM hinaus gekürzt wurde. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

a) Entgegen dem Vorbringen der Kläger behandelte das Finanzamt die an den Kläger in den Streitjahren gezahlten Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit in den Einkommensteuerbescheiden für 1997 bis 1999 vom 2. Januar 2007 zu Recht als vGA und erfasste sie als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.

aa) Eine vGA i.S.d § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt (§§ 8, 11 Abs. 1 EStG; BFH-Urteile vom 6. Dezember 2005 VIII R 70/04, BFH/NV 2006, 722; vom 19. Juni 2007 VIII R 54/05, BStBl II 2007, 830; vom 5. Oktober 2004 VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526).

Gesonderte Vergütungen, die eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer für die Ableistung von Überstunden zahlt, sind aus steuerrechtlicher Sicht regelmäßig vGA (BFH-Urteile vom 19. März 1997 I R 75/86, BStBl II 1997, 577; vom 27. März 2001 I R 40/00, BStBl II 2001, 655). Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeiten ausschließlich die in § 3b EStG genannten Zuschläge erhält und diese anhand des Festgehalts berechnet werden (BFH-Urteil vom 14. Juli 2004 I R 111/03, BStBl II 2005, 307).

Ausnahmsweise kann bei der Zahlung von Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzuschlägen an einen Gesellschafter-Geschäftsführer keine vGA vorliegen, wenn eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall durch überzeugende betriebliche Gründe gerechtfertigt ist, die geeignet sind, die Vermutung für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu entkräften (BFH-Urteil vom 14. Juli 2004 I R 111/03, BStBl II 2005, 307). Ob eine Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ausschließlich betrieblich oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, muss im gerichtlichen Verfahren anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilt werden (BFH-Urteil vom 23. Juli 2003 I R 80/02, BStBl II 2003, 926)

bb) Nach diesen Grundsätzen sind die an den Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer in den Streitjahren zusätzlich zum laufenden Entgelt gezahlten Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit als vGA zu qualifizieren.

Vorliegend fehlt es an überzeugenden betrieblichen Gründen, die die Vermutung für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis entkräften könnten. So ist nach dem Vortrag und den eingereichten Unterlagen der Kläger die mit dem Kläger vereinbarte Vergütungsstruktur nicht auch mit vergleichbaren gesellschaftsfremden Angestellten vereinbart worden (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 2004 I R 111/03, BStBl II 2005, 307). Die in den Streitjahren neben dem Kläger in der GmbH Beschäftigten, die ebenfalls Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit erhielten, bezogen nach den vorgelegten Lohnkonten geringere laufende Bezüge. Ferner hatten sie auch keinen ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbarten Anspruch auf Zahlung einer Gewinntantieme. Sofern die Kläger vortragen, dass im November auch den Angestellten Prämien gezahlt worden seien, ist dies aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar. Es spricht vielmehr dafür, dass es sich bei dem zusätzlichen November-Entgelt um die Zahlung des arbeitsvertraglich vereinbarten Weihnachtsgeldes handelt und nicht um eine erfolgsabhängige Prämie.

Auch war die wöchentliche Arbeitszeit wie z.B. im Anstellungsvertrag mit der nicht an der Gesellschaft beteiligten Klägerin im Gegensatz zum Kläger genau festgelegt. Die Entlohnung und sonstigen Beschäftigungsbedingungen der gesellschaftsfremden Personen in der GmbH sind folglich nicht vergleichbar mit denen des Klägers, so dass hieraus keine Rechtfertigung für die zusätzliche Zahlung von Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsarbeit abgeleitet werden kann.

Vielmehr spricht der mit dem Kläger vereinbarte deutlich höhere Grundlohn i.V.m dem Anspruch auf eine Gewinntantieme dafür, dass bereits dadurch der besondere Einsatz des Klägers an Sonn- und Feiertagen sowie außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeiten berücksichtigt werden sollte. Bei der Bemessung der Vergütung für den Geschäftsführer kommt es entscheidend auf das Ergebnis des Arbeitseinsatzes des Geschäftsführers an. Deshalb wird auch vom Geschäftsführer erwartet, dass er die ihm übertragenen Aufgaben auch dann erfüllt, wenn er dazu die etwaigen für die anderen Beschäftigten des Unternehmens geltenden Arbeitszeiten überschreiten muss, denn von einem Geschäftsführer wird eine höherer persönlicher Einsatz erwartet, der sich nicht an abzuleistenden Wochenstunden orientiert (vgl. BFH-Urteil vom 27. März 2001 I R 40/00, BStBl II 2001, 655). Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine zusätzliche Vergütung für Tätigkeiten eines Geschäftsführers an Sonn- und Feiertagen vereinbart hätte. Dies gilt auch dann, wenn diese Zuschläge nach ihrer Intention keine Überstunden vergüten sollen.

Vorliegend war nach dem Tätigkeitsfeld der GmbH und der Unternehmensstruktur und - größe von vornherein absehbar und geplant, dass der Kläger neben der Wahrnehmung von Geschäftsführeraufgaben auch im Kundengeschäft mitwirken und an Sonn- und Feiertagen tätig sein wird. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte dies bereits bei der Bemessung einer angemessenen Geschäftsführervergütung berücksichtigt. Ferner war eine feste wöchentliche Arbeitszeit im Vertrag nicht festgelegt. Daraus ergibt sich, dass sich die Bezahlung am Arbeitsergebnis und nicht an der Ableistung fester Arbeitszeiten orientierte. Unter diesen Umständen greift die Vermutung, dass die zusätzlich gezahlten Zuschläge in den Streitjahren ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hatten, um auch dem Kläger die Möglichkeit der in § 3 b EStG vorgesehene Steuervergünstigung zu verschaffen (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1997 I R 75/86, BStBl II 1997, 577).

b) Das Finanzamt hat, nachdem im Laufe des Einspruchsverfahrens Steuerbescheinigungen nach § 44 Körperschaftsteuergesetz in den in den Streitjahren geltenden Fassungen (KStG) vorgelegt worden waren, zu Recht in den Änderungsbescheiden vom 2. Januar 2007 auch die anrechenbare Körperschaftsteuer gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG in den in den Streitjahren geltenden Fassungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt (vgl. BFH-Urteil vom 18. April 2000 VIII R 75/98, BStBl II 2000, 423).

c) Das Finanzamt konnte auch trotz Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre die vGA und die anrechenbare Körperschaftsteuer in den Einkommensteuerbescheiden vom 2. Januar 2007 berücksichtigen.

aa) Soweit das Finanzamt in den Änderungsbescheiden für 1997 und 1998 vom 2. Januar 2007 als Rechtsgrundlage für die Änderung § 174 Abs. 4 AO anführt, kann offen bleiben, ob diese Änderungsvorschrift vorliegend anwendbar ist (verneinend v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 174 AO Rz. 45) und ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Zumindest ist eine Berücksichtigung der vGA und der anrechenbaren Körperschaftsteuer aufgrund § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO möglich. Die insoweit bedingte unzutreffende Angabe der Änderungsnorm ist unschädlich (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1989 VIII R 83/86, BStBl II 1990, 458).

§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfasst auch die Fälle, in denen ein bestimmter Sachverhalt, der in einem Steuerbescheid (Folgebescheid) zu regeln ist, zunächst in einem Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) berücksichtigt war und durch dessen Aufhebung oder Änderung aus der bis dahin bestehenden Bindungswirkung entlassen wird (BFH-Urteil vom 14. Juli 1993 X R 34/90, BStBl II 1994, 77).

Vorliegend waren die dem Kläger in den Streitjahren 1997 und 1998 zugeflossenen vGA zunächst im Feststellungsbescheid für die Grundstücksgemeinschaft vom 17. Oktober 2002 erfasst worden und somit einer unmittelbaren Berücksichtigung in den Einkommensteuerbescheiden 1997 und 1998 entzogen. Nachdem die vGA nicht mehr in den Feststellungsbescheiden der Grundstücksgemeinschaft für 1997 und 1998 vom 24. Februar 2006 enthalten waren, waren die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfüllt. Die vGA konnten nun in den Einkommensteuerbescheiden für 1997 und 1998 vom 2. Januar 2007 unmittelbar berücksichtigt werden.

bb) Soweit das Finanzamt im Änderungsbescheid für 1999 vom 2. Januar 2007 als Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der vGA und der anrechenbaren Körperschaftsteuer § 174 Abs. 4 AO benennt, ist dies zwar unzutreffend. Jedoch war eine Berücksichtigung der vGA und anrechenbaren Körperschaftsteuer gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bzw. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO möglich. Die unzutreffende Angabe der Änderungsnorm ist unschädlich (vgl. BFH-Urteil vom 28.November 1989 VIII R 83/86, BStBl II 1990, 458).

aaa) Im Gegensatz zu den Streitjahren 1997 und 1998 war die vGA nicht im geänderten Feststellungsbescheid 1999 für die Grundstücksgemeinschaft vom 17. Oktober 2002, der zur Änderung der Einkommensteuer 1999 mit Bescheid vom 14. November 2002 führte, enthalten. Unzutreffend hat daher das Finanzamt den Änderungsbescheid insoweit auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt. Jedoch waren die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt, da das Finanzamt erst mit der Kontrollmitteilung vom 12. Juni 2002 von den durch die Betriebsprüfung bei der GmbH bekannt gewordenen Umständen bzgl. der Zuschläge des Klägers für Sonn- und Feiertagsarbeit Kenntnis erlangte.

Zwar wurden im Einkommensteuerbescheid 1999 vom 14. November 2002 zu Unrecht die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit anstatt der Einkünfte aus Kapitalvermögen um 14.277 DM erhöht. Dieser (Begründungs-)Fehler hatte jedoch keine Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer und konnte im Änderungsbescheid vom 2. Januar 2007, der im Laufe des Einspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 14. November 2002 erging, korrigiert werden.

bbb) Die Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaftsteuer für die vGA im Streitjahr 1999 als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Bescheid vom 2. Januar 2007 ist gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO möglich. Die Voraussetzungen zur Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaftsteuer (§§ 20 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1999) waren erst nach Erlass des Änderungsbescheids vom 14. November 2002 mit Vorlage der Steuerbescheinigung nach § 44 KStG vom 28. Juli 2003 erfüllt, und konnte damit in diesem Bescheid noch nicht berücksichtigt werden. Erst mit Vorlage der Steuerbescheinigung waren die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Körperschaftsteuer als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfüllt. Die Vorlage der Steuerbescheinigungen für 1999 stellt ein rückwirkendes Ereignis auf das Streitjahr 1999 dar (vgl. BFH-Urteil vom 18. April 2000 VIII R 75/98, BStBl II 2000, 423).

ccc) Da hinsichtlich der anrechenbaren Körperschaftsteuer § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO greift, kann offen bleiben, ob durch den Bescheid vom 2. Januar 2007 eine Änderung der Einkommensteuer 1999 zum Nachteil der Kläger i.S.d. § 367 Abs. 2 Satz 2 AO eingetreten ist und ob das Schreiben des Finanzamts vom 6. Juni 2006, in dem dem steuerlichen Vertreter der Kläger die beabsichtigten Änderungen angezeigt worden waren, den Anforderungen dieser Vorschrift genügt. Der Hinweis nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO soll den Einspruchsführer aus Gründen rechtlichen Gehörs auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung aufmerksam machen, damit er einer Verböserung durch Rücknahme des Einspruchs zuvorkommen kann (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 1989 VI R 124/88, BStBl II 1990, 414; vom 10. Juli 1996 I R 5/96, BStBl II 1997, 5). Dieser Zweck kann jedoch nicht erreicht werden, wenn - wie vorliegend - sich die Verböserung durch Rücknahme des Einspruchs ohnehin nicht vermeiden lässt (BFH-Urteil vom 12. Juli 2005 II R 10/04, BFH/NV 2006, 228).

Ein Hinweis nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO war folglich im Hinblick auf die Änderung der Einkommensteuer 1999 mit Bescheid vom 2. Januar 2007 auch dann nicht notwendig, wenn man für die Frage, ob durch die Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 14. November 2002 ein Nachteil für die Kläger eintritt, auf die festgesetzte und nicht auf die verbleibende Einkommensteuer abstellt.

d) Das Finanzamt hat zwar zu Recht im Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 2. Januar 2007 den Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1998 in voller Höhe gekürzt. Für das Streitjahr 1999 ist die Kürzung des Vorwegabzugs im Bescheid vom 2. Januar 2007 über den Betrag von 8.840 DM hinaus nicht zulässig. Eine Berichtigung des materiellen Fehlers ist insoweit nicht möglich, da weder die Voraussetzungen einer Berichtigungsnorm (§§ 172 ff. AO), einer Fehlersaldierung nach § 177 AO noch die Voraussetzungen für eine Verböserung nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO erfüllt sind.

aa) Das Finanzamt hat für die Streitjahre 1998 und 1999 zunächst unzutreffend nur im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin eine Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG 98/99 i.H.v. 12.000 DM um 7.560 DM vorgenommen. Es hatte trotz Angabe in den Steuererklärungen übersehen, dass aufgrund einer Pensionszusage an den Kläger der Vorwegabzug in vollem Umfang zu kürzen gewesen wäre. Die bestandskräftigen Festsetzungen der Einkommensteuer 1998 und 1999 waren materiell fehlerhaft.

bb) Das Finanzamt konnte in den Bescheiden vom 14. November 2002 für 1998 und 1999 den Kürzungsbetrag nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2a) EStG 98 /99 jeweils um 16% von 8.000 DM (= 1.280 DM) auf 8.840 DM gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erhöhen und damit insoweit die Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzungen für 1998 und 1999 durchbrechen.

Im Rahmen der Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen 1998 und 1999 durch die Bescheide vom 14. November 2002 wurde ebenfalls aufgrund der Kontrollmitteilung vom 12. Juni 2002 unstreitig ein geldwerter Vorteil des Klägers für die private Nutzung eines Firmen-Pkw im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers bei der GmbH i.H.v. 8.000 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt. Diese nachträglich bekannt gewordene Tatsache konnte das Finanzamt auch gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO im Rahmen der Berechnung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen berücksichtigen und den Vorwegabzug entsprechend um 1.280 DM (16% von 8.000 DM) weiter kürzen.

cc) Soweit das Finanzamt aber für das Streitjahr 1999 mit Bescheid vom 14. November 2002 bis zu dem Betrag von 11.124 DM eine weitergehende Kürzung des Vorwegabzugs aufgrund des unzutreffenden Ansatzes der vGA als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorgenommen hat, erfolgte dies zu Unrecht. Bei den vGA handelt es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen, die gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 a) EStG 1999 nicht zur Kürzung des Vorwegabzugs berechtigen.

Der Bescheid für 1999 vom 14. November 2002 wurde mit Einspruch angefochten, so dass hinsichtlich dieser verfahrensrechtlich unzulässigen weitergehenden Minderung des Vorwegabzugs über den Betrag von 8.840 DM hinaus keine Bestandskraft eingetreten ist. Da dieser Fehler nicht durch den im Laufe des Einspruchsverfahrens ergangenen Bescheid vom 2. Januar 2007 "geheilt" werden konnte (vgl. unter 2. d) ee)), ist er zugunsten der Kläger zu berichtigen.

dd) Soweit das Finanzamt für das Streitjahr 1998 mit Bescheid vom 2. Januar 2007 den Kürzungsbetrag nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 a) EStG 98 von 8.840 DM auf 12.000 DM erhöhte, war dies verfahrensrechtlich zulässig.

aaa) Liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen vor, so sind gemäß § 177 Abs. 2 AO, soweit die Änderung reicht, zuungunsten und zugunsten des Steuerpflichtigen solche materiellen Fehler zu berichtigen, die nicht Anlass der Aufhebung oder Änderung sind.

bbb) Vorliegend wurde mit Bescheid vom 14. November 2002 die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung für 1998 aufgrund eines geänderten Feststellungsbescheids für die Grundstücksgemeinschaft vom 14. Oktober 2002 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO von 72.712 DM auf 126.275 DM (64.563,38 EUR) erhöht. Die Folgeänderung der Einkommensteuer 1998 war aufgrund der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids zwingend vorzunehmen, auch wenn der Feststellungsbescheid fehlerhaft war (vgl. von Wedelstädt in Beerman/Gosch, AO/FGO, § 175 AO Rn 25). Die Folgeänderung steht nicht im Ermessen der dafür zuständigen Finanzbehörde. Diese ist vielmehr verpflichtet, die Folgerungen aus dem Grundlagenbescheid zu ziehen (BFH-Urteil vom 10. Juni 1999 IV R 25/98, BStBl II 1999, 545).

Nachdem der Feststellungsbescheid für die Grundstücksgemeinschaft am 24. Februar 2006 erneut geändert worden war, änderte das Finanzamt die Einkommensteuerfestsetzung zu Recht erneut mit Bescheid vom 2. Januar 2007 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Da im Feststellungsbescheid vom 24. Februar 2006 nun keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 71.898 DM bzw. kein Veräußerungsgewinn i.H.v. 59.277 DM mehr festgestellt sind, waren die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuer zugunsten der Kläger erfüllt. Im Rahmen der Folgeänderung mit Bescheid vom 2. Januar 2007 konnte das Finanzamt folglich den materiellen Fehler bei der Kürzung des Vorwegabzugs gemäß § 177 Abs. 2 AO zuungunsten der Kläger berücksichtigen und den Kürzungsbetrag von 8.840 DM auf 12.000 DM erhöhen, da sich diese Fehlerberichtigung in dem durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gesetzten Änderungsrahmen hält, der nach oben durch die Einkommensteuerfestsetzung vom 14. November 2002 begrenzt wird.

ccc) Nach Auffassung des Senats ist dieses Ergebnis vom Regelungszweck der Korrekturvorschriften insbesondere des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sowie des § 177 AO gedeckt, auch wenn die Korrektur des materiellen Fehlers zu Ungunsten der Kläger vorliegend nur deshalb möglich ist, weil zunächst ein materiell-rechtlich fehlerhafter Feststellungsbescheid erging. Es ist keine Saldierung der Korrekturrahmen zeitlich nachfolgender Grundlagenbescheide vorzunehmen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Feststellungsbescheid auf Einspruch hin korrigiert wurde und gleichzeitig neben der Anfechtung des Feststellungsbescheids Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung als Folgeänderung erhoben worden ist.

Vorliegend war eine Korrektur des materiellen Fehlers bei der Berechnung des Vorwegabzugs im Jahr 1998 nur deshalb möglich, weil im Feststellungsbescheid vom 17. Oktober 2002 gewerbliche Einkünfte festgestellt worden waren und das Finanzamt mit Bescheid vom 14. November 2002 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998 erließ. Wäre dieser materiell fehlerhafte Feststellungsbescheid nicht ergangen oder hätte das Finanzamt den fehlerhaften Feststellungsbescheid nicht ausgewertet, bevor die erneute Änderung des Feststellungsbescheids mit Bescheid vom 24. Februar 2006 erfolgte, wäre keine Korrekturmöglichkeit geschaffen worden, die eine Fehlerberichtigung nach § 177 Abs. 2 AO ermöglicht.

Aus diesem Umstand kann aber noch keine Einschränkung des Saldierungsrahmens gefolgert werden. Das Ergebnis entspricht dem gesetzlichen Regelungszusammenhang der §§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 177, 182 AO. Ebenso wie in dem Fall, dass mehrere unterschiedlich (zugunsten und zu Ungunsten) wirkende Änderungsvorschriften greifen, keine Saldierung der Änderungsrahmen stattfindet (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 1993 X R 34/90, BStBl II 1994, 77 unter 4 b) aa)), ist auch bei zeitlich nachfolgenden Folgeänderungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO der durch den jeweiligen Grundlagenbescheid geschaffene Änderungsrahmen isoliert zu bestimmen, auch wenn die erneute Änderung des Grundlagenbescheids durch einen Einspruch veranlasst ist. Das Finanzamt ist bei einem wirksamen Feststellungsbescheid aufgrund § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO verpflichtet, die Einkommensteuerfestsetzung entsprechend zu ändern, unabhängig davon, ob der Feststellungsbescheid mit einem Rechtsbehelf angefochten oder materiell fehlerhaft ist (vgl. BFH-Urteil vom 8. Mai 1985 I R 108/81, BStBl II 1985, 523; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 175 AO Rz. 151, 183). Ein Folgebescheid kann sogar erlassen werden, wenn der Grundlagenbescheid von der Vollziehung ausgesetzt wurde (§ 361 Abs. 3 Satz 2 AO). Der Einkommensteueränderungsbescheid 1998 vom 14. November 2002 erging somit zu Recht und legte für spätere Änderungen zugunsten der Kläger die obere Grenze für die Berichtigung von zuungunsten der Kläger wirkenden materiellen Fehlern nach § 177 Abs. 2 AO fest.

Eine Einschränkung der Fehlerberichtigung nach § 177 AO scheitert vorliegend auch nicht an den Grundsätzen von Treu und Glauben (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1992 X R 38/90, BFHE 167, 1, BStBl II 1992, 504). Hierfür sind weder Umstände erkennbar noch wurden solche vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, dass die maßgeblichen Bescheide in der Absicht erlassen wurden, einen Berichtungsrahmen zur Beseitigung von materiellen Fehlern zu schaffen.

Auch der Umstand, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Anfechtung des Folgebescheids, die mit Einwendungen begründet wird, die sich gegen den Grundlagenbescheid richten (§ 361 Abs. 2 AO, § 42 FGO), nicht unzulässig, sondern allenfalls unbegründet ist (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 1972 I B 27/72, BFHE 107, 8, BStBl II 1973, 24; zum Streitstand vgl. von Groll in Gräber, FGO, 6. Auflage, § 42 Rz. 36), führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch wenn man davon ausgeht, dass der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 erfolgreich war, da der Feststellungsbescheid 1998 tatsächlich rechtswidrig war und zugunsten der Kläger geändert werden musste, entfällt dadurch nicht die zunächst bestehende Verpflichtung zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 1998 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aufgrund des Feststellungsbescheids vom 17. Oktober 2002. Der Einkommensteueränderungsbescheid 1998 vom 14. November 2002 wurde hinsichtlich der gesondert festzustellenden Einkünfte erst in dem Zeitpunkt rechtswidrig als der geänderte Feststellungsbescheid vom 24. Februar 2006 erging. Lediglich in dem Fall, in dem der Einspruch gegen dem Einkommensteuerbescheid 1998 wegen unzutreffender Auswertung oder Unwirksamkeit des Feststellungsbescheids vom 17. Oktober 2002 von Anfang an begründet gewesen wäre, könnte eine Fehlerberichtigung nach § 177 AO ausgeschlossen sein.

ee) Soweit das Finanzamt für das Streitjahr 1999 mit Bescheid vom 2. Januar 2007 den Kürzungsbetrag nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 a) EStG 99 über 8.840 DM hinaus auf 12.000 DM erhöhte, war dies verfahrensrechtlich unzulässig.

aaa) Die Voraussetzungen einer Änderungsnorm (§§ 172 ff. AO) sind hinsichtlich dieses materiellen Fehlers für das Streitjahr 1999 nicht erfüllt.

bbb) Auch § 177 Abs. 1 AO greift nicht.

Die Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaftsteuer für die vGA im Streitjahr 1999 als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Bescheid vom 2. Januar 2007 ist gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO möglich. Die Voraussetzungen zur Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaftsteuer (§§ 20 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1999) waren erst nach Erlass des Änderungsbescheids vom 14. November 2002 mit Vorlage der Steuerbescheinigung nach § 44 KStG vom 28. Juli 2003 erfüllt, und konnte damit in diesem Bescheid noch nicht berücksichtigt werden. Erst mit Vorlage der Steuerbescheinigung waren die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Körperschaftsteuer als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfüllt. Die Vorlage der Steuerbescheinigungen für 1999 stellt ein rückwirkendes Ereignis auf das Streitjahr 1999 dar (vgl. BFH-Urteil vom 18. April 2000 VIII R 75/98, BStBl II 2000, 423).

ccc) Auch eine Verböserung aufgrund § 367 Abs. 2 Satz 2 AO ist vorliegend nicht möglich. Eine Verböserung in einem Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid ist nur eingeschränkt zulässig. § 367 Abs. 2 AO ermöglicht der Finanzbehörde nicht, den ursprünglichen, bestandskräftigen Erstbescheid in vollem Umfang in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erneut zu überprüfen. Die Prüfung ist auf den Verfahrensgegenstand des Einspruchsverfahrens beschränkt. Das Finanzamt kann eigene Fehler in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nur im Hinblick auf den Änderungsbescheid, nicht im Hinblick auf den Erstbescheid überprüfen (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2000 IX R 62/97, BStBl II 2001, 124). Es kann offen bleiben, ob das Schreiben vom 6. Juni 2006 einen hinreichenden Verböserungshinweis enthielt, da die Umstände die zu einer Änderung der Bescheide vom 14. November 2002 und 2. Januar 2007 berechtigten (für 1999: vGA, Nachreichung der Bescheinigung nach § 44 KStG 1999) nicht im Zusammenhang mit dem Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1999 stehen.

e) Die festzusetzende Einkommensteuer für das Streitjahr 1999 errechnet sich folgendermaßen :

...

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

4. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick auf die Rechtsfrage zuzulassen, ob sich der für die Berichtigung materieller Fehler nach § 177 AO maßgebliche Änderungsrahmen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) im Falle von Grundlagenbescheiden, die zunächst zu einer Folgeänderung zuungunsten und auf Einspruch hin zugunsten des Steuerpflichtigen führen, zu saldieren ist, sofern auch gegen den Folgebescheid Einspruch eingelegt wurde.

Ende der Entscheidung

Zurück