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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 27.06.2007
Aktenzeichen: 9 K 961/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

9 K 961/04

Einkommensteuer 2001

In der Streitsache

...

hat der 9. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

xxx ohne mündliche Verhandlung

am 27. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen i.H.v. 70.204,17 DM als nachträgliche Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsverlustes nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Kläger, der im Streitjahr mit seiner Ehefrau beim Finanzamt (FA) M zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt wurde, war an der mit notarieller Urkunde vom 23. Dezember 1970 gegründeten K-Gesellschaft mit beschränkter Haftung i.L. (GmbH i.L.) zunächst mit einem Kapitalanteil von 10.000 DM zu 50 v.H. und nach einer Kapitalerhöhung mit notariellem Vertrag vom 28. Januar 1985 mit einem Kapitalanteil von weiteren14.500 DM zu insgesamt 49 v.H. beteiligt.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 29. April 1998 wurde aus dem Bilanzgewinn 1996 i.H.v. 115.715,19 DM ein Betrag i.H.v. 103.448,00 DM an die Gesellschafter ausgeschüttet. Der auf den Kläger entfallende Gewinnanteil i.H.v. insgesamt (50.689,52 DM Dividende ./. anrechenbare Kapitalertragsteuer i.H.v. 12.672,38 DM ./. Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer i.H.v. 950,42 DM =) 37.066,72 DM wurde am 13. Mai 1998 seinem Verrechnungskonto gutgeschrieben. In der Bilanz zum 30. Juni 1998 wies die Gesellschaft auf der Passivseite unter dem Posten Eigenkapital neben dem gezeichneten Kapital einen Verlustvortrag i.H.v. 109.231,94 DM und einen Jahresüberschuss i.H.v. 99.136,59 DM aus.

Am 2. Juli 1998 beschlossen die Gesellschafter die Auflösung der Gesellschaft und meldeten diese zur Eintragung ins Handelsregister an. Im weiteren Verlauf erbrachte der Kläger aufgrund einer für ein Darlehen der GmbH i.L. gegenüber der B-Bank - nach seiner Aussage - vor über 10 Jahren eingegangenen Bürgschaft an die B-Bank eine Zahlung i.H.v. 30.735,81 DM, die seinem Verrechnungskonto am 9. September 1999 gutgeschrieben wurde. Außerdem wurden auf dem Verrechnungskonto des Klägers insgesamt weitere 8.868,94 DM als erbrachte bzw. 6.653,59 DM als erhaltene Zahlungen gebucht, so dass dieses zum 29. Juni 2001 zugunsten des Klägers einen Betrag i.H.v. insgesamt 70.204,17 DM auswies. Bezüglich der Zusammensetzung des Kontos im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 29. September 2006 Bezug genommen.

Am 30. Juni 2001 wurde das Guthaben des Klägers auf seinem Verrechnungskonto als Darlehen umgebucht. Eine Darlehensvereinbarung bestand laut Auskunft des Klägers nicht (vgl. Schriftsatz vom 8. Juni 2006). Die Gewinn- und Verlustrechnung der Liquidationsschlussbilanz der GmbH i.L. zum 30. Juni 2001 wies auf der Aktivseite einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H.v. 128.548, 31 DM und auf der Passivseite unter dem Konto "Sonstige Verbindlichkeiten" u.a. ein Darlehen des Klägers i.H.v. 70.204,17 DM aus.

In seiner ESt-Erklärung 2001 machte der Kläger einen Betrag i.H.v. insgesamt (24.000 DM Verlust Stammkapital + 70.204 DM Verlust Gesellschafterdarlehen =) 94.204 DM als Veräußerungsverlust nach § 17 EStG im Rahmen der Auflösung der GmbH i.L. geltend. Da entsprechende Unterlagen trotz Aufforderung des FA nicht vorgelegt wurden, erkannte das FA im ESt-Bescheid vom 3. September 2003 im Rahmen der gewerblichen Einkünfte den Verlust nur i.H.v. 24.000 DM (Verlust des Stammkapitals) an, verweigerte außerdem den Abzug der im Rahmen der sonstigen Einkünfte geltend gemachten Werbungskosten i.H.v. 395 DM und setzte die ESt 2001 mit 5.275,51 EUR fest. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb - ebenfalls mangels vorgelegter Unterlagen - erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2004).

Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage reichte der Kläger hinsichtlich der im Rahmen der sonstigen Einkünfte geltend gemachten Werbungskosten eine Rechnung seines Rentenberaters, Herrn A, ein und trägt weiter vor, er habe im Übrigen übersehen, in der ESt- Erklärung 2001 die richtige Höhe seines Kapitalanteils bei der GmbH i.L. anzugeben. Dieser betrage 24.500 DM, so dass sich der gesamte Verlust auf 94.704,17 DM belaufe.

Die Krisensituation der Gesellschaft sei zum Zeitpunkt der Gewinnausschüttung für 1996 im Jahr 1998 bereits bekannt gewesen. Die Gesellschafter wären sich dieser Situation auch bewusst gewesen und hätten gerade im Hinblick auf diese Situation einverständlich auf die Auszahlung verzichtet, um eine geordnete Abwicklung bzw. Liquidation der Gesellschaft zu ermöglichen. Folgerichtig habe man dann am 2. Juli 1998 die Liquidation der Gesellschaft beschlossen, worüber intern bereits seit längerem Einverständnis bestanden habe, und zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet.

Die Gewinnausschüttung mit gleichzeitiger Überlassung der daraus resultierenden Mittel an die Gesellschaft als kapitalersetzende Mittel sei im Interesse der Gesellschaft geboten gewesen und habe durch die damit verbundene Steuergutschrift zur Freisetzung erheblicher Mittel geführt. Eine Rückforderung bzw. Rückgängigmachung dieser Gewinnausschüttung durch die Liquidatoren hätte einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursacht, während das hier angewendete sog. "Schütt-aus-hol-zurück"-Verfahren einen erheblichen Vorteil gebracht habe. Durch dieses Verfahren habe die eigentlich erforderliche Kapitalerhöhung vermieden werden können. Es habe aus der Sicht der Gesellschafter darüber hinaus die Notwendigkeit zur Bereitstellung entsprechender Mittel gegenüber der Hausbank bestanden, da die Gesellschafter im Falle nicht ausreichend vorhandener Mittel für eine ordnungsgemäße Liquidation persönlich für die Verbindlichkeiten gegenüber der Hausbank hätten eintreten müssen. Der Einsatz derartiger eigenkapitalersetzender Mittel stelle daher nachträgliche Anschaffungskosten dar, die im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG zu berücksichtigen seien.

Die Umbuchung des Saldos seines Verrechnungskontos bei der Gesellschaft sei ein rein technischer Vorgang gewesen, um den Ausweis an zutreffender Stelle der Bilanz zu erreichen. Damit sei keine Umqualifizierung der Mittel verbunden gewesen.

Einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung zwischen der GmbH i.L. und ihm habe es nach der fortgesetzten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht bedurft. Es gebe dafür auch keine gesetzliche Regelung. Im Übrigen beweise die tatsächliche Erfüllung die Ernsthaftigkeit mit im Zweifel heilender Wirkung. Eine schriftliche Vereinbarung sei nach der Rechtsprechung allenfalls erforderlich, wenn im Zuge einer Liquidation eine solche Verbindlichkeit übernommen, aber nicht sofort erfüllt werde.

Ein dem Grunde nach bestehender Anspruch auf Erstattung der im Rahmen der Bürgschaft entstandenen Aufwendungen gegen die Gesellschaft sei mit Abschluss der Liquidation untergegangen. Ein Anspruch gegen den weiteren Gesellschafter sei nicht entstanden, da dieser sich in gleicher Weise an der Tilgung der Verbindlichkeit gegenüber der B-Bank beteiligt habe.

Im Falle einer Inanspruchnahme im Rahmen eines formellen Insolvenzverfahrens gebe es keine Zweifel, dass es sich bei diesem Aufwand um nachträgliche Anschaffungskosten handle. Es habe zwar keine formelle Inanspruchnahme durch die B-Bank stattgefunden. Dies sei aber ohne Bedeutung, da im Streitfall das Ergebnis das gleiche sei, man jedoch weitere Kosten gespart habe und es keinen Sinn gemacht hätte, es auf eine formelle Inanspruchnahme ankommen zu lassen, zumal es sich um eine freiwillige Liquidation gehandelt habe.

Der Liquidationsbeschluss sei nämlich nicht auf wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gesellschaft zurückzuführen. Veranlassung für die Liquidation sei vielmehr die Kündigung der Geschäftsräume in Ismaning durch den Vermieter gewesen vor dem Hintergrund des Wunsches des Gesellschafter-Geschäftsführers W, sich aus dem aktiven Geschäft zurückzuziehen. Eine Weiterführung der Gesellschaft hätte eine sehr aufwendige Beschaffung neuer Geschäftsräume erfordert. Da der Gesellschafter W dazu nicht mehr bereit gewesen sei, habe man die Liquidation und ordentliche Abwicklung der Gesellschaft beschlossen. Eine Liquidationslücke sei zum Zeitpunkt des Liquidationsbeschlusses nicht erkennbar gewesen. Diese sei im Hinblick auf die zunächst unbekannten Kosten für die Auflösung aber nicht auszuschließen gewesen und auch bewusst in Kauf genommen worden. Der dann tatsächlich aufgetretene Verlust sei vor allem darauf zurückzuführen gewesen, dass die Auflösung des umfangreichen Lagers kundeneigenen und gebrauchten Messe-Materials langwierig und aufwendiger gewesen sei als zunächst angedacht.

Der von ihm gebrauchte Begriff der Krise habe jedoch nur die Situation der Gesellschaft im Hinblick auf die Kündigung der Geschäftsräume durch den Vermieter und die sich dadurch ergebende Notwendigkeit einer Betriebsverlagerung und die fehlende Bereitschaft des Gesellschafters W zur Weiterführung der Gesellschaft als Grundlage gehabt. Eine Krise in der Form, dass die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vorliege und damit Insolvenz drohe, habe zu keiner Zeit vorgelegen. So sei vom 1. Januar bis 30. Juni 1998 ein Gewinn i.H.v. 99.136,59 DM erzielt worden. Von einer wirtschaftlichen Krise könne also weder zu diesem Zeitpunkt noch später die Rede sein.

Mit der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens bestehe Einverständnis.

Auf die Schriftsätze vom 8. Juni, 31. August und 29. September 2006 sowie vom 13. Februar, 18. April, 18., 29. und 30. Mai 2007 sowie die jeweils eingereichten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.

Das FA änderte den ESt-Bescheid 2001 während des Klageverfahrens unter dem Datum vom 12. Mai 2006 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) aufgrund von Kirchensteuererstattungen im Jahr 2003 für das Jahr 2001, unter dem Datum vom 17. Juli 2006 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO unter Anerkennung der bei den sonstigen Einkünften geltend gemachten Werbungskosten i.H.v. 395 DM und unter dem Datum vom 31. Oktober 2006 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO unter Berücksichtigung eines der Beteiligung des Klägers am Stammkapital entsprechenden Verlustes nach § 17 EStG i.H.v. insgesamt 24.500 DM und setzte die ESt 2001 mit 5.243,81 EUR fest.

Die Kläger beantragen nunmehr,

unter Änderung des ESt-Bescheids 2001 vom 31. Oktober 2006 bei den gewerblichen Einkünften einen weiteren Verlust nach § 17 EStG i.H.v. 70.204,17 EUR anzuerkennen und die ESt 2001 entsprechend herabzusetzen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung und führt weiter aus, eine Berücksichtigung von Darlehensverlusten sei bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns/-verlustes nach § 17 EStG grundsätzlich nicht vorgesehen. Zum Zeitpunkt, als die Gewinnausschüttung beschlossen worden sei, habe sich die GmbH i.L. noch nicht in der Krise befunden, sonst hätte die Gesellschaft weder eine Gewinnausschüttung beschlossen, noch hätten die Gesellschafter auf ihre Gewinnansprüche verzichtet. Die GmbH i.L. sei vielmehr erst im Jahr 2001 aufgrund des erwirtschafteten Fehlbetrags i.H.v. 167.847,96 DM in die Krise gestürzt.

Als die Gesellschafter die Liquidation der GmbH i.L. beschlossen hätten, seien die Forderungen wertlos geworden. Im Bewusstsein dieser Wertlosigkeit hätten die Gesellschafter folgerichtig auf die Ausschüttung verzichtet. Denn die ausgeschütteten Dividenden hätten das zur Erhaltung des Stammkapitals der Gesellschaft erforderliche Vermögen angegriffen, so dass der Liquidator der GmbH i. L. diese Ausschüttungen gemäß §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbH-Gesetz von den Gesellschaftern zurückfordern hätte müssen. Nachträgliche Anschaffungskosten lägen daher nicht vor.

Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, weshalb Gutschriften der Berufsgenossenschaft, des FA wegen Umsatzsteuererstattung oder der B-Bank dem Kläger als eigene Forderungen gutgeschrieben würden.

Schließlich sei zu berücksichtigen, dass im Streitfall das Halbeinkünfteverfahren zur Anwendung komme. Nach § 11 Körperschaftsteuergesetz werde bei abzuwickelnden Körperschaften, also auch der GmbH i.L., der Gewinn besteuert, der im Zeitraum der Abwicklung erwirtschaftet worden sei. Der Liquidationszeitraum - hier vom 1. Juli 1998 bis einschließlich 30. Juni 2001 - sei jedoch kein Wirtschaftsjahr im handels- und steuerrechtlichen Sinn. Es gelte daher § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 3 Nr. 40 c EStG mit der Folge, dass das Halbeinkünfteverfahren auf alle Liquidationsgewinne/-verluste gemäß § 17 Abs. 4 EStG anzuwenden sei, die nach dem 31.Dezember 2000 erwirtschaftet würden. Auf die Schriftsätze vom 6. Juli und 9. November 2006 sowie vom 1. März, 22. Mai und 12. Juni 2007 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO -).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht hat das FA die geltend gemachten Aufwendungen i.H.v. 70.204,17 DM nicht als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG berücksichtigt.

1.

a) Zu den bei der Ermittlung eines Veräußerungsverlustes gemäß § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigenden Anschaffungskosten einer Beteiligung gehören auch nachträgliche Aufwendungen, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur dann gegeben, wenn und insoweit die vom Gesellschafter getätigte Finanzierungsmaßnahme eigenkapitalersetzenden Charakter hat. Das damit verbundene Haftungsrisiko rechtfertigt es, eigenkapitalersetzende Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters in der Frage der Anschaffungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 EStG den gesellschaftsrechtlichen Einlagen gleichzustellen (BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 9/98, BFH/NV 2000, 262 m.w.N.).

b) Ein Darlehen ist durch das Gesellschaftsverhältnis u.a. dann veranlasst, wenn im Zeitpunkt seiner Gewährung oder Weitergewährung die Gesellschaft entweder konkursreif ist oder wenn die Konkursreife zwar noch nicht eingetreten ist, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (sog. Krise).

Was im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehenlässt, obwohl er es hätte abziehen können, und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird (BFH-Urteile vom 31. Oktober 2000 VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589 und vom 24. April 1997 VIII R 16/94, Bundessteuerblatt - BStBl - 1999, 339 jeweils m.w.N.).

Auf die Prüfung, wann die Krise eingetreten ist und wann der Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt hat, kann verzichtet werden, wenn der Gesellschafter schon in einem früheren Zeitpunkt mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftsgläubigern zu erkennen gegeben hat, dass er auf sein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 610 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) a.F. im Fall eines späteren Kriseneintritts verzichten (BGH-Urteil vom 9. Oktober 1986 II ZR 58/86, NJW 1987,1080) und das Darlehen auch in der Krise stehenlassen werde. Denn zu einer solchen Erklärung wäre ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, mit Rücksicht auf das ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht im Allgemeinen nicht bereit (BFH in BStBl 1999, 339).

Der Verzicht auf das außerordentliche Kündigungsrecht im Fall des Kriseneintritts kann durch eine ausdrückliche Erklärung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft und/oder gegenüber Gesellschaftsgläubigern erfolgen. Die Bestimmung des Darlehens zur Krisenfinanzierung kann sich aber auch im Wege der Auslegung einer schlüssigen Erklärung des Gesellschafters ergeben. Ein solcher konkludenter Kündigungsverzicht kann z.B. bei einem rechtlich bindend erklärten Rangrücktritt zur Vermeidung der Überschuldung der Gesellschaft anzunehmen sein.

Insgesamt gesehen muss die Erklärung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftsgläubigern hinreichende Anhaltspunkte dafür bieten, dass die "Vertragsparteien" an einen späteren Krisenfall gedacht und den Einsatz des Darlehens für diesen Fall billigend in Kauf genommen haben. Kein krisenbestimmtes Darlehen liegt dagegen vor, wenn der Rangrücktritt erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sich die GmbH bereits in der Krise befindet (BFH-Urteile vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BStBl II 1999, 348; vom 13. Juli 1999 VIII R 31/98, BStBl II 1999, 724; vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BStBl II 1999, 344; vgl. auch Hoffmann in EFG 2004, 109 Anmerkung).

c) Maßgeblich für die Höhe der Anschaffungskosten ist im Falle der Hingabe des Darlehens in der Krise dessen Nennwert, im Falle eines stehengelassenen Darlehens grundsätzlich der Wert in dem Zeitpunkt, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht. Diese Beurteilung beruht auf der Erwägung, dass Wertverluste bis zu diesem Zeitpunkt die Privatsphäre des Gesellschafters belasten (BFH in BFH/NV 2001, 589 und BStBl 1999, 339).

d) Die Bürgschaftsübernahme ist im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH eigenkapitalersetzend, #wenn die Bürgschaft zu einem Zeitpunkt übernommen wird, in dem sich die Gesellschaft bereits in der sog. Krise befindet oder wenn die Bürgschaft (auch) für den Fall der Krise bestimmt ist. Diesen in der Krise übernommenen Bürgschaften und krisenbestimmten Bürgschaften stehen die sog. Finanzplanbürgschaften gleich, die vom Gesellschafter im Rahmen eines erkennbaren Finanzplans übernommen worden sind. Weiterhin kann eine Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter erlangen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft noch nicht in der Krise befand, sie aber bei Eintritt der Krise stehengelassen wird (BFH-Beschluss vom 5. Oktober 2005 XI B 39/04, BFH/NV 2006, 286; BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 34/94, BFH/NV 2001, 757 jeweils m.w.N.). Die Darlehensgrundsätze und -fallgruppen gelten entsprechend (Schmidt/ Weber-Grellet, EStG 25. Aufl., § 17 Rz. 175).

Hingegen setzt die Anerkennung nachträglicher Anschaffungskosten aufgrund der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft keinen als Einlage zu qualifizierenden Verzicht des Gesellschafters voraus. Die Entscheidung des Großen Senats des BFH ist nur zum Forderungsverzicht ergangen und berührt die Grundsätze zur Bewertung nachträglicher Anschaffungskosten auf eine Beteiligung nicht (BFH in BFH/NV 2000, 262).

f) Hinsichtlich der Höhe nachträglicher Anschaffungskosten ist dabei auf die Grundsätze zurückzugreifen, die der BFH bezüglich eigenkapitalersetzender Darlehen entwickelt hat; diese Grundsätze sind mit der Maßgabe anwendbar, dass statt des Wertes des Rückforderungsanspruchs aus dem Darlehen auf den Wert der Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft abzustellen ist (BFH in BFH/NV 2006, 286 und BFH/NV 2001, 757).

2.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall gelangt der Senat unter Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalles zu der Auffassung, dass ein eigenkapitalersetzendes Darlehen bzw. eine eigenkapitalersetzende Bürgschaftsübernahme nicht vorliegen. Keine der vom BFH aufgestellten Fallgruppen ist im Streitfall einschlägig:

a) Es liegt weder ein in der Krise gegebenes noch ein stehengelassenes Darlehen vor. Nach der Überzeugung des Senats befand sich die GmbH i.L. weder zum Zeitpunkt der Ausschüttung - die im Übrigen entgegen der Auffassung des FA mit Buchung auf dem Verrechnungskonto zugeflossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 1973 I R 144/71, BStBl II 1973, 806) - im Jahr 1998 noch im Zeitpunkt der Zahlung auf die Bürgschaft im Jahr 1999 in einer Krise. Die Krise ist frühestens zum 30. Juni 2001 mit Überschuldung der GmbH i.L. eingetreten. Dies folgt aus den eindeutigen Aussagen des Klägers in den beiden letzten Schriftsätzen vom 29. und 30. Mai 2007. Darin trägt der Kläger selbst vor, der Liquidationsbeschluss sei nicht auf wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gesellschaft zurückzuführen. Veranlassung für die Liquidation sei vielmehr die Kündigung der Geschäftsräume in Ismaning durch den Vermieter gewesen und der Wunsch des Gesellschafter-Geschäftsführers W., sich aus dem aktiven Geschäft zurückzuziehen. Eine Liquidationslücke sei zum Zeitpunkt des Liquidationsbeschlusses nicht erkennbar gewesen. Der von ihm gebrauchte Begriff der Krise habe nur die Situation der Gesellschaft im Hinblick auf die Kündigung der Geschäftsräume und die sich daraus ergebenden Folgen als Grundlage gehabt. Eine Krise in der Form, dass die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vorliege und damit Insolvenz drohe, habe zu keiner Zeit vorgelegen. So sei vom 1. Januar bis 30. Juni 1998 ein Gewinn i.H.v. 99.136,59 DM erzielt worden. Von einer wirtschaftlichen Krise könne also weder zu diesem Zeitpunkt noch später die Rede sein. Der Umstand, dass laut der vorgelegten Buchungsliste des Verrechnungskontos noch nach dem Zeitpunkt der Zahlung auf die Bürgschaft Zahlungseingänge von Kunden erfolgten, untermauert das Vorbringen des Klägers.

Dass eine Liquidationslücke - wie der Kläger weiter vorträgt - im Hinblick auf die zunächst unbekannten Kosten für die Auflösung nicht auszuschließen gewesen und auch bewusst in Kauf genommen worden sei, reicht für die Annahme einer Krise im Sinne der BFH- Rechtsprechung nicht. Die frühere Behauptung im Schriftsatz vom 13. Februar 2007, die Krisensituation sei den Gesellschaftern zum Zeitpunkt der Gewinnausschüttung bekannt gewesen und die Gesellschafter seien sich dieser Situation bewusst gewesen, bezieht sich, wie der Kläger in seinem letzten Schriftsatz vom 30. Mai 2007 klarstellt, nur auf die organisatorischen, nicht aber auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft.

Zum Zeitpunkt der Buchung der Forderung als Darlehen am 30. Juni 2001 fehlt es für ein stehen gelassenes Darlehen an der Voraussetzung, dass der Kläger das Darlehen noch hätte abziehen können.

b) Für ein krisenbestimmtes Darlehen fehlt es an einer entsprechenden Darlehensvereinbarung i.S. des § 601 BGB in der im Streitjahr geltenden Fassung bzw. an einer für ein krisenbestimmtes Darlehen erforderlichen Erklärung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftsgläubigern, die hinreichende Anhaltspunkte dafür bietet, dass die "Vertragsparteien" an einen späteren Krisenfall gedacht und den Einsatz des Darlehens für diesen Fall billigend in Kauf genommen haben.

Zwar kann ein derartiger Darlehensvertrag grundsätzlich - wie der Kläger richtig feststellt - auch mündlich geschlossen werden. Nach der unstreitigen Aussage des Klägers im Schriftsatz vom 8. Juni 2006 bestand eine Darlehensvereinbarung jedoch nicht. Das bloße Vorbringen, eine Darlehensvereinbarung könne auch mündlich getroffen werden, reicht für den Nachweis einer Darlehensvereinbarung angesichts der eindeutigen Aussage des Klägers nicht. Gegen das Vorliegen einer Vereinbarung spricht auch, dass die Umbuchung erst im Rahmen der Abschlussbuchungen zum 30. Juni 2001 erfolgt ist. Ein konkludenter Darlehensabschluss durch Buchung der Ausschüttung bzw. der Zahlung auf die Bürgschaft auf dem Verrechnungskonto ist für den Senat weder glaubhaft noch rechtlich möglich. Für einen wirksamen Darlehensvertrag bedarf es mindestens der Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile, wie die Zinshöhe und den Zinsbindungszeitraum (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl., Einf vor § 145 Rz. 3). Die Frage einer heilenden Wirkung einer Erfüllung stellt sich insoweit daher nicht. Im Übrigen läge ein krisenbestimmtes Darlehen selbst dann nicht vor, wenn man in der Umbuchung eine entsprechende verpflichtende Erklärung i.S. des BFH sehen wollte, da diese dann erst zu einem Zeitpunkt erfolgt wäre, in dem sich die GmbH bereits in der Krise befunden hat bzw. aufgelöst war.

Der Hinweis des Klägers auf das im Rahmen der Ausschüttung für das Jahr 1996 im Jahr 1998 durchgeführte Schütt-aus-hol-zurück"-Verfahren geht - unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen dieses Verfahrens erfüllt sind - ins Leere. Auch wenn man dem Vortrag des Klägers insoweit folgt, lässt sich daraus keine Aussage für die Frage einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Darlehenshingabe in der Krise ableiten. Dies beurteilt sich allein an den vom BFH aufgestellten Grundsätzen, die im Streitfall nicht erfüllt sind.

c) Auch die Bürgschaftsübernahme erfüllt - für sich betrachtet - nicht die Voraussetzungen des Eigenkapitalersatzrechts im Sinne der BFH-Rechtsprechung. Da insoweit die Darlehensgrundsätze gelten, wird auf die Ausführungen hierzu verwiesen.

Es fehlt sowohl zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme, als auch zum Zeitpunkt der Zahlung im Jahr 1999 schon am Merkmal der Krise. Außerdem liegt hier nicht der Fall vor, dass die Anerkennung nachträglicher Anschaffungskosten aufgrund der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft keinen als Einlage zu qualifizierenden Verzicht des Gesellschafters voraussetzt. Die Entscheidung des BFH erging zum Fall einer Inanspruchnahme durch die Bank im Rahmen eines Konkurses. Hier ergibt sich die Krisenbestimmtheit der Bürgschaftsübernahme bereits durch das Stehenlassen der Bürgschaft im Zeitpunkt der Krise. Einer weiteren Verzichtserklärung im Zeitpunkt der Zahlung bei Inanspruchnahme bedarf es daher nicht mehr. Entgegen der Ansicht des Klägers stellt sich die Situation bei der freiwilligen Zahlung im Streitfall jedoch anders dar. Da hier noch keine Krise der GmbH i.L. bestanden hat, kann es sich auch nicht um eine in der Krise stehengelassene Bürgschaft handeln.

Für eine krisenbestimmte Bürgschaft fehlt es aus den unter 2. b) genannten Gründen an einer entsprechenden Vereinbarung des Klägers mit der GmbH i.L. Dass der Bürgschaftsvertrag selbst eine derartige Verpflichtung enthält, wurde ebenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Der Bürgschaftsvertrag wurde trotz entsprechender Aufforderung nicht vorgelegt.

f) Entsprechendes gilt - unabhängig von einem entsprechenden Zahlungsnachweis - für die übrigen geltend gemachten gebuchten Zahlungen.

g) Auf die Frage der Werthaltigkeit der Forderung sowie der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens kommt es daher für die Entscheidung nicht an. Es kann damit dahinstehen, ob unter Anrechnung des vom FA ohne Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes zu hoch berücksichtigten Nennkapitals allenfalls weitere Verluste i.H.v. (70.204 DM : 2 = 35.102 DM ./. 12.250 DM =) 22.852 DM angesetzt werden können.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.



Ende der Entscheidung

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